Konrad Graf von Preysing
Johann Konrad Augustin Maria Felix Kardinal Graf von Preysing-Lichtenegg-Moos
(kurz:
Konrad Kardinal von Preysing
) (*
30. August
1880
im
Schloss Kronwinkl
bei
Landshut
,
Niederbayern
; †
21. Dezember
1950
in
Berlin
) war
Bischof
von
Eichstatt
und
Berlin
.
Konrad, aus dem bayerischen Adelsgeschlecht
Preysing
, war das vierte von elf Kindern des
Kaspar Graf von Preysing
und seiner Ehefrau
Hedwig Maria Ida geb. Grafin von Walterskirchen
. Nach dem Besuch des
Gymnasiums
in Landshut studierte er
Jurisprudenz
an den Universitaten
Munchen
und
Wurzburg
. Nach dem Abschluss 1905 folgte eine kurze Tatigkeit im bayerischen Staatsdienst: 1906 war er Ministerialpraktikant im Bayerischen Staatsministerium des Außeren, 1907
Attache
bei der bayerischen Gesandtschaft am
Quirinal
zu
Rom
.
Ab 1908 studierte von Preysing
katholische Theologie
in
Innsbruck
und empfing dort am 26. Juli 1912 das
Sakrament
der
Priesterweihe
. 1913 wurde er in Innsbruck zum
Doktor der Theologie
promoviert
. Noch im selben Jahr berief ihn der Munchener Erzbischof
Franziskus von Bettinger
zu seinem
Sekretar
. Nach dem Tode Bettingers wurde Konrad von Preysing Stadtpfarrer an
St. Paul
in Munchen. Anfang 1921 ernannte ihn
Michael von Faulhaber
zum
Domprediger
an der Munchner
Frauenkirche
. In dieser Zeit wurde Preysing Ehrenmitglied des Katholischen Studentenvereins
Rheno-Bavaria
im
KV
.
Er lernte den seit 1917 in Munchen, seit 1920 zugleich auch in Berlin akkreditierten
Apostolischen Nuntius
Eugenio Pacelli
kennen, der sich in den 1920er-Jahren wiederholt seiner diskreten Assistenz bediente. Die enge Beziehung zu Pacelli, dem spateren
Pius XII.
, der 1930 das Amt des
Kardinalstaatssekretars
ubernommen hatte, war wohl nicht ohne Einfluss auf den Entschluss von
Pius XI.
, Preysing am 9. September 1932 zum Bischof von Eichstatt zu ernennen. Die
Bischofsweihe
spendete ihm der Erzbischof von
Bamberg
,
Johann Jakob von Hauck
, am 28. September 1932 in Eichstatt.
Mitkonsekratoren
waren der Bischof von
Wurzburg
,
Matthias Ehrenfried
, und der Bischof von
Passau
,
Sigismund Felix von Ow-Felldorf
.
[1]
Preysing im Berliner Sportpalast am 8. September 1935
Grabplatte in der Unterkirche der
Sankt-Hedwigs-Kathedrale
1935 wurde Preysing durch Wahlentscheid des Berliner
Domkapitels
zum Bischof von Berlin erhoben (Wahlbestatigung durch den Papst am 5. Juli 1935, Inthronisation am 31. August 1935). Das erst 1930 neu errichtete Bistum war eine Diozese in einem
Diaspora
-Gebiet. Ein Erfolg seines Einsatzes waren 36 neue Kirchen und zahlreiche neue Seelsorgestellen.
Fur den
Heiligen Stuhl
war Preysing als
Diplomat
in der deutschen Hauptstadt wichtig. Als Pressereferent der
Fuldaer Bischofskonferenz
wurde er mit harten Auseinandersetzungen um den Fortbestand der katholischen Presse konfrontiert. Das Scheitern der Verhandlungen fur das katholische Verbandswesen (Kirchenpressewesen) 1936 und die von Pius XI. im Marz 1937 publizierte
Enzyklika
Mit brennender Sorge
waren Wegmarken hin zu einer klaren Abgrenzung vom
NS-Staat
. Preysing forderte innerkirchlich offentliche Gegenwehr und das Eintreten fur die
Menschenrechte
.
Nach der Verhaftung des Meißner Bischofs
Petrus Legge
im Oktober 1935 wurde er am 15. Oktober 1935 zum Apostolischen Administrator des
Bistums Meißen
. Legge wurden
Devisenvergehen
vorgeworfen. Preysings Aussage wahrend des Prozesses konnte eine Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen fahrlassiger Devisenverschiebung nicht verhindern. Am 15. Marz 1937 wurde er von diesem Amt entbunden, da der Bischof zuruckkehrte.
[2]
[1]
Im Protest gegen den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal
Adolf Bertram
, der im April 1940, ohne von den deutschen Bischofen dazu autorisiert worden zu sein, aber in deren Namen einen Geburtstagsgluckwunsch mit ?heißen Gebeten“ an den ?hochgebietenden Fuhrer“ absandte, bot Preysing
Pius XII.
seinen Rucktritt vom Bischofsamt an. Auf Drangen des Papstes blieb er im Amt. In seinen Predigten und
Hirtenbriefen
war er ein scharfer Gegner des Nationalsozialismus und trat gegen das Unrecht des
Zweiten Weltkriegs
ein. Preysing ging in seinem Hirtenwort im September 1939 nicht auf den Krieg ein und bezeichnete im Gegensatz zu vielen seiner Amtskollegen die Kriegsteilnahme nie als
patriotische
Pflicht. 1941 wandte er sich gegen die Morde des
Euthanasieprogramms
, vergleichbar mit
Clemens August Graf von Galen
, einem entfernten Cousin, und doch anders in seiner Konsequenz. In einem Hirtenbrief vom 13. Dezember 1942 uber die Begriffe ?Recht“ und ?Gerechtigkeit“ brachte er zum Ausdruck, dass es ein
?einziges, außerhalb menschlichen Willens liegendes, von Gott garantiertes Recht“
gebe,
?das sich auch gegen das Interesse des einzelnen und der Nation durchsetzen muß“
. Mit Aussagen (aus demselben Hirtenbrief) wie
?Der einzelne kann und darf nicht vollig aufgehen im Staate oder im Volke oder in der
Rasse
. Er, wer immer es sei, hat seine unsterbliche
Seele
, sein ewiges Schicksal.“
?Aber das eine ist und bleibt sicher, daß keine Gewalt der Erde es unternehmen darf, einen Menschen zu Außerungen oder Handlungen zu zwingen, die gegen sein
Gewissen
, die gegen die Wahrheit waren.“
?Wer immer Menschenantlitz tragt, hat Rechte, die ihm keine irdische Gewalt nehmen darf. […] All die Urrechte, die der Mensch hat, das Recht auf Leben, auf Unversehrtheit, auf
Freiheit
, auf
Eigentum
, auf eine
Ehe
, deren Bestand nicht von staatlicher Willkur abhangt, konnen und durfen auch dem nicht abgesprochen werden, der nicht unseres Blutes ist oder nicht unsere Sprache spricht.“
setzte er sich von der nationalsozialistischen Ideologie und Praxis ab. In zahlreichen Briefen informierte er den Papst uber die Lage in Deutschland.
Aus Anlass der Premiere des
?Euthanasie“
-Propagandafilms
Ich klage an (1941)
in Berlin stellte er eine Warnung vor diesem Film zusammen, die er an alle anderen Bischofe in Deutschland verschickte. Er verurteilte den Film auch offentlich.
[3]
Wahrend des Zweiten Weltkriegs setzte sich Preysing nachdrucklich fur die Verfolgten des
NS-Regimes
, besonders fur die
Juden
und
christlichen ?Nichtarier“
, ein: Unter anderem grundete er bei seinem Berliner
Ordinariat
ein kirchliches
Hilfswerk
, vor allem zur Vermittlung von Auswanderungsmoglichkeiten, Versorgung mit Lebensmitteln und Beschaffung von Wohnraum. Als 1941 dessen Leiter, der Berliner
Dompropst
Bernhard Lichtenberg
, verhaftet wurde, ubernahm Preysing personlich die Leitung des Hilfswerks beim Bischoflichen Ordinariat, um nicht weitere Mitarbeiter zu gefahrden.
[4]
Kurz nach der
Wannseekonferenz
erhielten Preysing und
Margarete Sommer
Kenntnis vom Inhalt des Konferenzprotokolls.
[5]
Im August 1942 wurde er, wie auch
Otto Dibelius
, von
Kurt Gerstein
uber die Morde in Polen in Kenntnis gesetzt, was jedoch folgenlos blieb.
[6]
Wahrend der
Judendeportationen
1943 appellierte Preysing schließlich an Pius XII., ?fur die vielen Unglucklich-Unschuldigen einzutreten“.
Preysing hatte Verbindungen zu
Helmuth James Graf von Moltke
und dem
Kreisauer Kreis
.
Wappen von Kardinal Preysing
1945 erstreckte sich sein Bistum uber die
vier Sektoren Berlins
und einen Teil der
sowjetischen Besatzungszone
; sein Amtssitz lag im amerikanischen Sektor in Berlin-Zehlendorf. In dieser Zeit war er eine der wenigen interzonalen Institutionen.
Am 18. Februar 1946 wurde Preysing von Papst Pius XII. als
Kardinalpriester
mit der
Titelkirche
Sant’Agata dei Goti
in das
Kardinalskollegium
aufgenommen. 1947 reiste er, Nothilfe erbittend, in die
USA
. Wie er fur die Verfolgten und Geachteten des Nationalsozialismus eingetreten war, so fanden nunmehr die Verfolgten der
Roten Armee
und der sich etablierenden
Sozialistischen Einheitspartei
in ihm einen energischen Anwalt.
[7]
Er verbot Priestern, jegliche politische Stellungnahmen abzugeben, um sie vor Konflikten mit der Militarverwaltung zu schutzen.
[8]
Die letzten Lebensjahre Preysings waren von Krankheit uberschattet. Er starb am 21. Dezember 1950 an den Folgen eines
Herzinfarkts
. Zunachst wurde er auf dem St.-Hedwigs-Friedhof in Berlin begraben und fand 1969 seine letzte Ruhestatte in der
Krypta
der dann wieder aufgebauten
Sankt-Hedwigs-Kathedrale
. Vor der Kapelle des St.-Hedwig-Kirchhofs steht sein Name zusammen mit denen anderer katholischer Wurdentrager auf einem Grabstein.
[9]
Straßennamenschild an der Preysingstraße Ecke Malteserstraße in Berlin-Lankwitz
Von Preysing ist Namensgeber des Konrad-von-Preysing-Hauses, eines Wohnverbundes fur erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung in Tragerschaft des
Caritasverbandes
Frankfurt
. Rund einen Monat vor seinem zehnten Todestag wurde er mit der Preysingstraße in
Berlin-Lankwitz
gewurdigt.
[10]
Zu seinen Werken gehoren vor allem Ubersetzungen und bischofliche Verlautbarungen.
- Der Leserkreis der Philosophumena
Hippolyts
.
In:
Zeitschrift fur katholische Theologie
, 38, 1914, S. 421?445.
- Kardinal Bettinger
. Nach personlichen Erinnerungen.
Regensburg 1918.
- Gesellschaftssitten und Sittengesetz.
Munchen 1927.
- Thomas Morus
zum Gedachtnis.
In:
Hochland
32/I (1934/35), S. 1?11. (erster Beitrag eines Bischofs in dieser bedeutenden katholischen Kulturzeitschrift)
- Des Heiligen Hippolytus von Rom Widerlegung aller Haresien.
Munchen 1922.
- Hirtenbriefe und amtliche Verlautbarungen aus der Eichstatter Bischofszeit sind zu finden im
Pastoralblatt des Bistums Eichstatt
1932?1935.
- Hirtenbriefe, Kanzelverkundigungen und Eingaben aus der Berliner Bischofszeit wahrend der NS-Herrschaft in: Dokumente aus dem Kampf der katholischen Kirche im Bistum Berlin gegen den Nationalsozialismus. Hrsg. vom Bischoflichen Ordinariat Berlin, Berlin 1948.
- Hirtenbriefe der Nachkriegszeit in: Hirtenwort in ernster Zeit. Kundgebungen des Bischofs von Berlin Konrad Kardinal Preysing in den Jahren 1945 bis 1947, Berlin 1947.
- Stephan Adam:
Konrad Kardinal von Preysing. Ein Lebensbild.
Friedrich Pustet / Willibaldverlag, Regensburg / Eichstatt 2010,
ISBN 978-3-7917-2344-0
/
ISBN 978-3-9813219-4-4
.
- Akten deutscher Bischofe uber die Lage der Kirche 1933?1945
I?VI (= Veroffentlichungen der Kommission fur Zeitgeschichte. Reihe A: Quellen, Bde. 5, 20, 25 bearb. von Bernhard Stasiewski; 30, 34, 38 bearb. von Ludwig Volk). Mainz 1968?1985.
- Walter Adolph
:
Geheime Aufzeichnungen aus dem nationalsozialistischen Kirchenkampf 1935?1943.
Bearb. von
Ulrich von Hehl
(= Veroffentlichungen der Kommission fur Zeitgeschichte. Reihe A: Quellen, Bd. 28), Mainz 1979.
- Walter Adolph:
Hirtenamt und Hitlerdiktatur.
Morus-Verlag, Berlin 1965.
- Walter Adolph:
Kardinal Preysing und zwei Diktaturen. Sein Widerstand gegen die totalitare Macht.
Morus-Verlag, Berlin 1971.
- Walter Adolph:
Die katholische Kirche im Deutschland Adolf Hitlers.
Berlin 1974.
- Erwin Gatz
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Kirchenkampf oder Katholikenverfolgung? Ein Beitrag zu dem gegenseitigen Verhaltnis von Nationalsozialismus und christlichen Bekenntnissen.
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Katholischer Protest gegen ?Euthanasie“ und Kinopropaganda fur die Mordaktionen,
von
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Diozesanarchiv mit Informationen Zum Katholischen Hilfswerk
- ↑
Antonia Leugers
: ?Zu den neuesten Funden, die jetzt belegen, was die katholische Kirche wusste, gehort das Auftauchen eines Dokumentes, das untermauert, die katholische Kirche, in diesem Fall Margarete Sommer und Bischof Preysing, haben kurz nach der ?Wannsee-Konferenz? im Januar 1942 den Inhalt des Protokolls zur Kenntnis bekommen.“ zitiert in:
Jurgen Bevers
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Der Mann hinter Adenauer
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mdr.de:
Die katholische Kirche in der DDR | MDR.DE.
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siehe
commons:Category:Konrad-Wolf-Straße (Berlin-Alt-Hohenschonhausen)
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Straßennamenlexikon des
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(beim
Kaupert
)