Kondensstreifen
oder
Homomutatus
[1]
sind lange und dunne kunstliche
Wolken
, die insbesondere im Gefolge von
Luftfahrzeugen
aus von den Antrieben ausgestoßenem
Wasserdampf
und sonstigen kondensierbaren Abgasbestandteilen durch
Kondensation
,
Resublimation
infolge Abkuhlung oder
Unterdruck
entstehen konnen.
[2]
Diese Eiswolken sind insbesondere typisch und dauerhaft fur Flughohen oberhalb von etwa acht Kilometern, wenn dampf- und rußhaltige
Flugzeug
-
Triebwerksabgase
auf relativ kalte Luft treffen.
Kondensstreifen konnen in ansonsten wolkenfreien Gebieten entstehen und auch langer fortbestehen, wenn fur eine naturliche Wolkenbildung
Kondensationskeime
fehlen. Sie zahlen zur Gruppe der
Cirren
und stellen auch eine wichtige Klasse
anthropogener
Wolken dar. In feuchter Luft konnen sie auch in niedrigeren Hohen auftreten. Dort konnen sie statt aus Eiskristallen auch aus Tropfchen der Kondensate bestehen.
In der
Reiseflughohe
von Langstreckenjets ist es unter ?40 °C kalt, sodass auch in relativ trockener Luft Kondensstreifen entstehen. Im Prinzip
kondensieren
oder
resublimieren
(ausfuhrlicher erklart bei
Sublimation
) gasformige oder gefrieren flussige Bestandteile der Luft und der Abgase, gefordert durch gleichzeitiges Auftreten von
Rußteilchen
aus dem Abgas, die dabei als Kondensationskeim oder
Kristallisationskeime
dienen.
Eine
Keimbildung
und somit Kondensation/Frieren kann bei diesen Umgebungsbedingungen aber auch spontan
[3]
aus lokalen
Dichte
fluktuationen
, d. h.
ohne
Kern oder Keim entstehen. Bei der
Verwirbelung
mit kalter Umgebungsluft nimmt der
Sattigungsdampfdruck
viel starker ab als der Partialdruck des Wassers, mit der Folge einer
Ubersattigung
. Die Rußteilchen im Abgas erlauben die rasche Keimbildung, indem sich Wassermolekule daran anlagern. Bei tiefen Temperaturen entstehen direkt
Eiskristalle
.
Die hauptsachlichen
Verbrennungsprodukte
von
Kerosin
sind
Kohlendioxid
und
Wasserdampf
, sowie in geringeren Anteilen Rußpartikel,
Schwefelsaure
[4]
,
Salpetersaure
[5]
und die
Verbrennungs-
und
Rekombinations
produkte der
Treibstoffadditive
. Kerosin ist kein Reinstoff mit einheitlicher Zusammensetzung, sondern ein Gemisch diverser Stoffe, die im Zusammenspiel erst die Verwendung als Brennstoff bei diesen extremen Anforderungen ermoglichen (siehe dazu auch beispielsweise
JP-8
oder die zahlreichen
Treibstoffspezifikationen fur die Militarluftfahrt
).
Auch bereits in der Luft flussig oder gasformig vorhandene Luftverschmutzungen, wie beispielsweise
Freone
oder sonstige
Losungsmittel
oder naturliche
Terpene
konnen unter diesen Bedingungen zur Verbrennung angesaugt werden oder im Abgasstrom aus der Umgebungsluft kondensieren oder resublimieren.
Bis zu einer Große von etwa 100 Nanometern
streuen
die Kristalle kaum Licht, dann zunachst vorwiegend blaues Licht. Erst durch Anlagerung weiterer Wasserteilchen erreichen sie eine Große, in der sie Licht unabhangig von dessen
Wellenlange
streuen und hell weiß werden. Das und die restliche Abhitze erklaren die charakteristische Lucke zwischen Triebwerken und Kondensstreifen. Die Streifen nehmen an Breite zu und beruhren sich bei vierstrahligen Jets zunachst paarweise.
Durch das Auseinanderweichen der Luft im unteren Teil der
Wirbelschleppe
wird aber die Lucke in der Mitte zunachst breiter und die Streifen von den innen liegenden Triebwerken tauchen unter den außeren Strahlen weg. Weitere Turbulenz erzeugt einen einzigen breiten Streifen, der insgesamt absinkt.
Die Kondensstreifen einer vierstrahligen Maschine von ihrer Entstehung bis zu ihrem Verblassen.
Der weitere Verlauf hangt stark von der Situation ab, insbesondere der
relativen Feuchte
. In zirka 70 Prozent der Falle ist die Luft untersattigt, die relative Feuchte liegt also unter 100 Prozent, und die Kondensstreifen losen sich innerhalb weniger Minuten auf. Die vertikale Erstreckung betragt dann je nach Flugzeugtyp 300 bis 500 Meter.
Bei einer Feuchte um 100 Prozent lost sich der Kondensstreifen dadurch auf, dass die relative Feuchte durch sein Absinken abnimmt. Wie schnell einzelne Volumenelemente unsichtbar werden, hangt uber die Partikelgroße von der ursprunglichen Lage im Strahl ab. Es konnen sich
mammatusahnliche
Ausstulpungen bilden.
Bei großerer Ubersattigung der Umgebungsluft bleiben die Kondensstreifen langere Zeit bestehen. In großer Hohe sind Feuchten bis uber 200 % moglich. Die Menge des aus der Atmosphare aufgenommenen Wasserdampfs kann dann den Triebwerksausstoß um einige Großenordnungen ubersteigen. Die Lebensdauer kann mehrere Stunden betragen, in einem Fall war ein einzelner Kondensstreifen uber 17 Stunden auf einem Satellitenbild zu erkennen.
[6]
Je nach anliegender
Windscherung
kann die Breite der Kondensstreifen auf uber 20 km anwachsen; sie sind dann nur noch schwer von naturlich gebildeten
Cirren
zu unterscheiden. In der Fachwelt wird dann von
Kondensstreifen-Cirren
gesprochen. Diese konnen uber mehrere Tage am Himmel verbleiben.
[7]
[8]
[9]
Meist jedoch losen sie sich durch großraumiges Absinken der Luft bald auf oder gehen durch großraumige Hebung in eine geschlossene Wolkendecke uber.
Fliegt ein Flugzeug dicht uber oder unter einer dunnen Wolkendecke, so kann der von ihm bewirkte Abwind die Wolke auflosen.
Der Kondensstreifen kann auch einen Schatten auf eine darunter liegende dunne Wolkenschicht werfen, was ebenfalls zu einem dunklen Streifen fuhrt.
[10]
Ferner konnen Kondensstreifen auch bei Nacht sichtbar werden, wenn sie das Mondlicht absorbieren oder streuen und den Mond dadurch teilweise verdecken.
Der Luftverkehr beeinflusst das Klima durch die Emission von Kohlendioxid und Stickoxiden, die Verbringung von Wasser(dampf) in sonst deutlich trockenere Luftschichten, sowie durch die Bildung von Kondensstreifen. Die anthropogenen Kondensstreifen bedecken einen kleinen Teil des Himmels und reduzieren damit durch Reflexion an ihrer Oberseite tagsuber die
Sonneneinstrahlung
(kuhlender Effekt) und erhohen so die planetare
Albedo
(vgl.
Wolke
).
Andererseits absorbieren Eiskristalle die vom Erdboden kommende Strahlung und re-emittieren weniger energiereiche Strahlung (
Treibhauseffekt
), was eine Erwarmung nach sich zieht. Es wird daher vermutet, dass das
Klima
durch die Kondensstreifen des
Flugverkehrs
beeinflusst wird. Die Starke dieses Effekts und seine Rolle in Bezug auf die
globale Verdunkelung
bzw. auch
globale Erwarmung
sind bisher nur mit großen Unsicherheiten bekannt, es wird jedoch lokal ein Einfluss auf die
Globalstrahlung
von bis zu 2
W
/
m
2
geschatzt.
Linienformige Kondensstreifen bedecken dabei im Mittel etwa 0,5 % des Himmels uber Zentraleuropa, am Tag 0,7 %, knapp 0,3 % nachts.
[11]
Dabei sind die schwer messbaren Kondensstreifen-Zirren nicht berucksichtigt und es gibt Anzeichen, dass der Bedeckungsgrad aller Kondensstreifen weitaus hoher liegt. Eine
DLR
-Studie fand heraus, dass die Kondensstreifen-Zirren uber Zentraleuropa zeitweilig bis zu zehn Prozent des Himmels bedecken konnen.
Die Aufwarmung der
Erdatmosphare
durch Kondensstreifen-Zirren ist mit 31 mW/m
2
etwas großer als der Effekt durch das beim Fliegen ausgestoßene CO
2
. Der
Strahlungsantrieb
von Kondensstreifen alleine wird durch Kondensstreifen-induzierte Bewolkung sogar um das Neunfache ubertroffen. Durch dieses Wissen konnten durch einfache Maßnahmen der Einfluss auf den
Klimawandel
verringert werden ? beispielsweise indem besonders feuchte Gebiete umflogen (wobei der dadurch verbundene Mehrausstoß berucksichtigt werden muss) oder Modifikationen an Treibstoff oder Triebwerk vorgenommen werden, damit der Ausstoß von Ruß und Wasserdampf reduziert werden kann.
[7]
[8]
[9]
[11]
[12]
Im Umkehrschluss bedeutet der Umstand, dass ca. zwei Drittel des Klimaeffektes des Fliegens
nicht
auf Kohlenstoffdioxid zuruckzufuhren sind, allerdings auch, dass z. B. selbst eine Umstellung von fossilem Kerosin auf
E-Fuels
, die mit 100 % erneuerbaren Energien produziert werden, den Klimaeffekt des (Langstrecken)-Luftverkehrs nur um etwa ein Drittel senken kann.
[13]
Auch konnen die sonstigen
Aerosolpartikel
der Flugzeugabgase noch uber Tage und vergleichsweise großraumig die naturliche Wolkenbildung verandern.
Auch bei der Verbrennung von
Raketentreibstoffen
entstehen im Wesentlichen ? je nach Art des Treibstoffs ? Wasserdampf und gegebenenfalls auch feste Bestandteile wie Ruß. Die
Booster
von
Feststoffraketen
beinhalten vorwiegend
Ammoniumperchlorat
und
Aluminium
, woraus dann in allen Hohen sehr dichte
Aerosolstreifen
aus
Salzsaure
und
Aluminiumoxid
entstehen. Kondensstreifen von Raketen zeigen wegen des meist senkrechten Flugverlaufs und der Wirkung des
Windes
eine starke Abhangigkeit von
Windrichtung
und
Windstarke
. Daraus resultiert oft ein zickzackformiger Verlauf, der nicht mehr der eigentlichen Flugbahn entspricht.
Auch die Abgase großer Schiffsmotoren konnen lange, bodennahe Kondensfahnen hinterlassen.
[14]
[15]
In feuchter Luft kann ein starker Druckabfall rasch zu sichtbarer Kondensation fuhren. Uber den Tragflachen von Flugzeugen und hinter der Stoßfront, die von Uberschallflugzeugen ausgeht, siehe
Wolkenscheibeneffekt
, lost sich der Nebel sofort wieder auf. Im Kern von
Randwirbeln
besteht der Unterdruck jedoch langer, sodass dort langere Kondensstreifen entstehen konnen.
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