Komplementarguter
sind in der
Mikrookonomie
Guter
, die gemeinsam nachgefragt werden, weil sie sich in ihrem
Nutzen
erganzen. Guter, die dieselben oder ahnliche Bedurfnisse stillen und deshalb andere Guter ersetzen konnen, sind
Substitutionsguter
(Substitute).
Die Unterscheidung zwischen Substitutions- und Komplementargut geht auf
Irving Fisher
zuruck, der in seiner 1892 erschienenen
Dissertation
zwischen Substitutionsgutern (damals noch
englisch
competing goods
) und Komplementargutern (
englisch
completing goods
) unterschied.
[1]
Technische und/oder physikalische Abhangigkeiten konnen dazu fuhren, dass einige Guter einander bedingen. Jedes kann fur sich alleine nicht seine optimale Funktion entfalten oder ist sogar nutzlos, sondern nur beide gemeinsam. Bereits
John D. Rockefeller
nutzte um 1870 diese Abhangigkeiten aus, als er
Petroleumlampen
in China verkaufte, wo er ein
Petroleummonopol
besaß. Im Jahre 1902 verschenkte
King Camp Gillette
Rasiergerate und verkaufte die von ihm patentierten Einweg-
Rasierklingen
. Je individueller die beiden Komplementarguter miteinander verbunden werden konnen, umso starker ist ihre
Komplementaritat
. Dies hat Auswirkungen auf die
Nachfrage
, die beide Guter ahnlich oder gleichzeitig betrifft. Diese
Marktstrategie
nutzen
Unternehmen
aus, um sich den
Lock-in-Effekt
nutzbar zu machen. Fur alle Komplementarguter gilt, dass sich ein Systemwechsel nur lohnt, wenn die
Wechselkosten
den durch einen Systemwechsel entstehenden
Nutzen
nicht ubersteigen wurden.
[2]
Beispielhaft fur diese okonomische Beziehung sind
Pfeifentabak
und
Tabakspfeifen
. Durch eine drastische Preissenkung bei Pfeifentabak steigt auch die Nachfrage nach Tabakspfeifen, da nur beide Guter gemeinsam Nutzen stiften. Weitere Beispiele sind:
Perfekte oder vollkommene Komplemente
nennt man in der
Wirtschaftswissenschaft
Guter, die sich notwendig erganzen und in der Regel nur zusammen nachgefragt werden.
Sind zwei Guter vollkommene Komplemente, so verlaufen ihre
Indifferenzkurven
rechtwinklig und haben die Form
(
Leontief-Funktion
).
Ein Beispiel fur perfekte Komplemente sind linke und rechte Schuhe. Besaße eine Person mehr linke als rechte Schuhe, so wurde das ihren Nutzen nicht erhohen, da man Schuhe nur paarweise tragen kann.
In der Realitat ist es schwer, vollkommene Komplemente zu finden, da sich fast immer eine anderweitige Verwendung denken lasst (Zum Beispiel: Ein weiterer rechter Schuh ließe sich an einen Einbeinigen verkaufen).
Der Gegensatz zu
vollkommenen Komplementen
sind
vollkommene Substitute
.
Im Gegensatz dazu sind
unvollstandige Komplemente
solche Guter, die sich zwar erganzen, aber auch einzeln am Markt nachgefragt werden. Zum Beispiel:
Computer
,
Drucker
und
Bildschirm
.
Der Konsum eines Substitutionsgutes beeinflusst den
Nutzen
eines anderen Gutes und umgekehrt. Bei zwei Substitutionsgutern vermindert der Mehrkonsum des einen Gutes den
Grenznutzen
des Konsums des anderen Gutes (Butter oder Margarine), wahrend sich bei zwei Komplementargutern der Grenznutzen erhoht (
Kraftfahrzeug
und
Motorenbenzin
).
Okonomisch betrachtet wird bei Komplementargutern deren
Kompatibilitat
genutzt. So kann beispielsweise eine
CD
nur auf einem
CD-Player
gespielt werden. Die meisten
Wiedergabegerate
konnen nur bestimmte
Tontrager
oder
Bildtrager
fur den Konsumenten wahrnehmbar machen. Auch
Elektrogerate
benotigen manchmal Kompatibilitat, denn
Fernsehgerate
konnen entweder nur das US-Bildverfahren
NTSC
oder das europaisch standardisierte
PAL
-
Farbubertragungssystem
storungsfrei empfangen. Der Konsum eines Produktes bringt nur optimalen Nutzen, wenn auch das Komplementargut konsumiert wird.
Ein weiterer Aspekt ist der
Lock-in-Effekt
, weil es Produzenten uber die technische Abhangigkeit gelingt, die Nachfrage der Verbraucher durch
Kundenbindung
auch kunftig auf sich zu lenken. Der erste große kommerzielle Erfolg nach diesem Lock-in-Effekt war im Jahre 1902 der
Gillette
-Rasierer von
King C. Gillette
. Statt der damals ublichen Rasiermesser, die nachgescharft werden konnten, verkaufte Gillette einen patentierten Klingenhalter, zu dem wegwerfbare Rasierklingen passten, die billig herzustellen waren und mit hoher
Marge
dauerhaft an die Besitzer der Gillette-Klingenhalter verkauft wurden.
- ↑
Irving Fisher,
Mathematical Investigations in the Theory of Value and Price
, 1892, S. 64 ff.
- ↑
Carl Shapiro
/
Hal R. Varian
,
Information Rules: A Strategic Guide to the Network Economy
, 1999, S. 103 ff.