Hydrostatisches Paradoxon
: Der Wasserstand in
kommunizierenden Rohren
ist gleich hoch, unabhangig von ihrer Form und ihrem Verlauf.
Heberleitung
zum Ausgleich der Wasserspiegel zweier Behalter oder Gerinne in beide Richtungen (hier in der Grafik Wasserfluss von links nach rechts)
Animation zur Befullung kommunizierender Rohren
Als
kommunizierende Rohren
oder
kommunizierende Gefaße
bezeichnet man oben offene, aber unten miteinander verbundene
Gefaße
. Eine
homogene
Flussigkeit
steht in ihnen gleich hoch, weil
Schwerkraft
und
Luftdruck
konstant sind.
Die Verbindung zwischen den Rohren kann sogar oberhalb des gemeinsamen Flussigkeitsspiegels liegen, solange die Verbindungsleitung vollstandig mit Flussigkeit gefullt ist und ihre Anschlusse an die Gefaße unterhalb deren Flussigkeitsspiegel mundet.
[anm 1]
Dieses Prinzip wird bei der
Heberleitung
und auch beim
Hotoppschen Heber
zur Entleerung von
Schleusenkammern
angewandt. Beim Hotoppschen Heber wird die Fullung des ?Verbindungsrohres“ bzw. des Ablaufrohres durch Unterdruck, der durch einen kleinen
hydraulischen Kolben
erzeugt wird, herbeigefuhrt;
[anm 2]
wodurch das
Saugheberprinzip
anspringt.
Eine leichte Flussigkeit steigt hoher.
Wenn jede Rohre vollstandig mit einer unterschiedlichen Flussigkeiten befullt ist, verhalten sich die Hohen der im Gleichgewicht stehenden Flussigkeitssaulen umgekehrt proportional zum
spezifischem Gewicht
. (Sofern sich -wie in der Abbildung unten- in einer einzelnen Rohre zwei verschiedene Flussigkeiten befinden, trifft dieser Zusammenhang unmittelbar nur zu, wenn die Kontaktflache zwischen den beiden Flussigkeiten als Referenzhohe angenommen wird.) Leichtere Flussigkeiten steigen also hoher.
Schematische Darstellung eines Dukers
Das
Prinzip
der kommunizierenden Gefaße wird fur
Nivelliergerate
zur Ermittlung der
Horizontale
genutzt, etwa bei der
Schlauchwaage
und der
Kanalwaage
, mit der man Hohenunterschiede auf Bruchteile von Millimetern genau messen kann.
Beim
Heber
, einer Form der Saugpumpe, wird der Flussigkeitstransfer erst beim Gleichstand der beiden Flussigkeitsspiegel gestoppt.
Siphons
und
Duker
sind hinunter- und wieder hinauffuhrende Wasserleitungen, mit denen sich eine Senke uberbrucken lasst.
Wasserturme
nutzen ebenfalls das Prinzip der kommunizierenden Rohren, um in Wasserleitungen konstanten Druck herzustellen.
Mit einem
Duker
konnen Flussigkeiten (meist Wasser) unter Hindernissen hindurchgeleitet oder durch ein zwischen Bergen liegendes Tal gefuhrt werden, ohne ein
Aquadukt
zu errichten. Die
Romer
nutzten das Prinzip bei innerstadtischen Druckleitungen.
Werden nebeneinander aufgestellte Behalter wie
Regenwassertanks
durch kommunizierende Rohren miteinander verbunden, so stellt sich dadurch in allen Behaltern der gleiche
Fullstand
ein, auch wenn nur ein einzelner Behalter einen Zu- oder Ablauf hat. So kann ein großer Behalter durch eine Batterie von kleineren Gefaßen ersetzt werden.
Als
Fullstandanzeige
eines verschlossenen undurchsichtigen Behalters dienen ein nahe dem Boden angeschlossenes Glasrohr (
Schauglas
) oder ein transparenter Schlauch, die von dort nach oben gefuhrt werden und dessen Flussigkeitsspiegel anzeigen.
Bei der
Rohrenzentrifuge
wird das unterschiedlich hohe Aufsteigen verschieden dichter Flussigkeiten zur Trennung von Flussigkeitsgemischen genutzt (
Flussig-Flussig-Trennung
).
Bei einem Hochwasser kann eine Mauer oder ein Damm das Wasser nur aufhalten, wenn das Fundament so beschaffen ist, dass keine Wasserfuhrung im Boden stattfindet. Sonst wurde sich auf beiden Seiten derselbe Wasserpegel einstellen.
Aus einem
Artesischen Brunnen
stromt das Wasser aufgrund des Drucks der Wassersaule in den wasserfuhrenden Bodenschichten. Der Wasserdruck kann fur
Wasserspiele
und
Springbrunnen
genutzt werden.
Der kommunizierende
Flussigkeitsspiegel
liegt auf einer Niveau- oder
Aquipotentialflache
, entlang welcher das
Schwerepotential
der Erde konstant ist.
Fur genaue
Hohenmessungen
mussen storende Effekte vermieden werden. Dazu gehoren vor allem
Schwingungen
des Systems, die den
Pegelstand
an beiden Enden schwanken lassen. Bereits kleine Luftdruckdifferenzen durch den Einfluss von
Wind
oder
Temperaturunterschiede
konnen sich je nach Bauart und Lange der
Rohren
merklich auswirken. Bei sehr dunnen Rohren oder Schlauchen macht sich der
Kapillareffekt
bemerkbar.
Wenn all diese Effekte durch kontrollierte Bedingungen genau erfasst oder vermieden werden, konnen mit Prazisions-Schlauchwaagen Hohenunterschiede uber Distanzen von hunderten Metern bis auf eine Abweichung von 0,01 mm genau gemessen werden. Auf diese Art lasst sich z. B. ein
Hohennetz
auf den beiden Seiten eines Flusses genauer nachvollziehen, als es mit Messungen auf
optischer
Basis moglich ware, da es hierbei zur Storung der
Lichtbrechung
durch die in der
Luft
enthaltene Feuchtigkeit kommt.
- Dieter Meschede
(Hrsg.):
Gerthsen Physik
. 23. Auflage. Springer, Berlin 2006,
ISBN 978-3-540-25421-8
, 3.1 Ruhende Flussigkeiten und Gase ? insb. 3.14 Der Schweredruck,
S.
96–98
.
- E. Jochmann:
Grundriss Der Experimentalphysik.
Nachdruck des Originals von 1883 1. Auflage (2012), Salzwasser Verlag GmbH, Paderborn,
ISBN 978-3-84600-754-9
.
- Orest D. Chwolson, Gerhard Schmitt (Hrsg.):
Die Lehre von den gasformigen, flussigen und festen Korpern.
Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden 1913.
- Alfred Boge, Wolfgang Boge:
Technische Mechanik.
Statik ? Reibung ? Dynamik ? Festigkeitslehre ? Fluidmechanik, 31. Auflage, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015,
ISBN 978-3-658-09154-5
.
- Kommunizierende Rohren.
VIDEO. Fakultat fur Physik und Astronomie der Julius-Maximilians-Universitat Wurzburg,
abgerufen am 5. November 2020
(Alternative Webseiten der Physik in Wurzburg).
- Kommunizierende Rohren.
Bedienungsanleitung. Conatex-Didactic Lehrmittel GmbH,
abgerufen am 5. November 2020
(Beschreibung eines Lehrmittels).
- ↑
Die maximale Hohe ist von Luftdruck und Schwerkraft begrenzt. Bei einem Luftdruck von
, einer Schwerebeschleunigung von
und einer Dichte der Flussigkeit von
betragt die maximale Hohe
hochstens
. Ab dieser Hohe wurde ein Vakuum entstehen, meist wird die Flussigkeit jedoch vorher schon gasformig.
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siehe dazu auch die Grafik bei Friedrich Engelhard:
Kanal- und Schleusenbau.
Springer-Verlag, 2013,
ISBN 978-3-709-19963-3
, S. 205 (
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche).