Ein
Koaxialrotor
ist eine Rotor-Anordnung von
Hubschraubern
, bei der zwei gegenlaufig drehende
Hauptrotoren
ubereinander in einer
Drehachse
angeordnet sind. Durch die sich aufhebenden Drehmomente kann auf einen
Heckrotor
verzichtet werden.
Ein 1910 patentiertes und 1924 gebautes Modell war die spanische
Libelula Viblandi
.
Zu Beginn der Entwicklung von Hubschraubern wurde das Koaxialsystem haufig eingesetzt, da man sich davon die hochste Effizienz versprach, so beim
Gyroplane-Laboratoire
von 1933.
Die Mehrzahl der produzierten Koaxial-Hubschrauber kommt heute vom russischen Hersteller
Kamow
, der sich auf diese Bauweise spezialisiert hat. Einige Typen werden auch im deutschsprachigen Raum als ?Kran“ fur prazise Installationen eingesetzt, z. B. von Masten, Antennen oder Seilbahnanlagen. Kamow produziert(e) unter anderem
In letzter Zeit findet das Koaxialrotor-Prinzip dank neuartiger Materialien und Produktionsmoglichkeiten wieder großeres Interesse der Hersteller.
Sikorsky
baute den
Sikorsky X2
(Erstflug 2008). Der X2 hat einen zusatzlichen Schubpropeller am Heck, der dem
Flugschrauber
eine Geschwindigkeit von bis zu rund 460 km/h ermoglicht. Auch der
Mars-Helikopter Ingenuity
beruht auf diesem System.
Der untere
Rotor
wird durch eine Hohlwelle angetrieben, darin lauft die zweite Antriebswelle zum oberen, gegenlaufigen Rotor. Die beiden Rotorebenen werden uber Steuerstangen zu den jeweiligen Blatthaltern angesteuert, um den Anstellwinkel der Rotorblatter wahrend des Umlaufes verstellen zu konnen. Die Steuergestange fur den oberen Rotor mussen aber von einer zweiten
Taumelscheibe
zwischen den Rotorebenen, die von der Haupttaumelscheibe uber gesonderte Gestange mitbetatigt wird, angelenkt werden, um der gegenlaufigen Drehrichtung Rechnung zu tragen (siehe Bild der Kamow Ka-32 im Artikel). Alternativ konnen elektrische oder hydraulische Leitungen in der Welle hochlaufen und den oberen Rotorkopf mittels
Servos
ansteuern.
Der Flug um die
Nick-
und
Roll-Achse
wird wie bei Einzelrotoren uber die zyklische Blattverstellung (siehe
Taumelscheibe
) gesteuert. Die Drehung um die Hochachse (
Gierachse
) wird jedoch durch eine zwischen den Rotoren gegensinnige kollektive Blattverstellung erreicht, so dass der eine Rotor durch einen hoheren
Anstellwinkel
mehr Auftrieb erzeugt, was einen hoheren
Luftwiderstand
induziert, somit mehr (Gegen-)
Drehmoment
auf den Rumpf ubertragt und damit das gewunschte Gieren erzeugt. Da der andere Rotor mit proportional weniger Anstellwinkel weniger Gegendrehmoment, Widerstand und auch weniger Auftrieb erzeugt, wird der Gesamtauftrieb durch diese Weise der Giersteuerung nicht verandert und der Hubschrauber behalt weitgehend die Flughohe bei.
- Ein Vorteil dieser Bauweise gegenuber der gangigen
Heckrotor-Konfiguration
besteht darin, dass kein gesonderter
Drehmomentausgleich
notwendig ist, weil sich die Momente der beiden Rotoren aufheben. Das Gegendrehmoment, welches in einem Heckrotor erzeugt wird, beansprucht Antriebsleistung, welche nicht zur Auftriebserzeugung und damit Nutzlast bzw. Dienstgipfelhohe zur Verfugung steht.
- Ferner steigt aus demselben Grund die Reichweite.
- Das System ermoglicht so einen besonders ruhigen Schwebeflug, da kein Drift ? eine seitliche Schubkomponente des Heckrotors, die mittels Rollsteuerung auszugleichen ware ? auftritt (siehe auch
Abdrift
).
Auch kann die volle Motorleistung in Auftrieb umgesetzt werden.
- Der Nachteil dieser Bauweise ist der hohere Bau- und Wartungsaufwand fur die zwei
Rotorkopfe
mit der aufwandigeren Ansteuerung des oberen Rotors und das
Getriebe
. Die Verbreitung des Koaxial-Systems wird durch die hoheren Kosten (und moglicherweise kurzere Wartungsintervalle) begrenzt.
Bei
Modellhubschraubern
wird heutzutage eine einfachere Variante des Koaxialrotors mit festem Blattanstellwinkel benutzt, da die fehlende Drift und die hohe Eigenstabilitat einen Betrieb auf begrenztem Raum oder in
Innenraumen
erleichtert. Um die
Gierachse
wird uber das Verhaltnis der Drehzahl der zwei elektronisch geregelten
Elektromotoren
gesteuert, die jeweils einen der beiden gegenlaufigen Rotoren antreiben.
Auf die obere
Taumelscheibe
kann durch die tiefe Schwerpunktlage, den großen Abstand der Rotorebenen und auch wegen der Verwendung einer Stabilisatorstange am oberen Rotorkopf verzichtet werden; die Bauweise ist damit kosten- und gewichtssparend.
Andere
Hubschrauber-Systeme
mit Doppelrotor sind die
Tandem-Konfiguration
,
transversale Rotoren
und der
Flettner-Doppelrotor
.