Kishida Toshiko
(
japanisch
岸田 俊子
; *
14. Januar
1863
(
traditionell
: Man’en 1/12/4) in der
Prafektur Ky?to
; †
25. Mai
1901
)
[1]
, spater
Nakajima Toshiko
(
中島 俊子
), war eine der ersten
japanischen
Feministinnen
. Ihr Schriftstellername war
Sh?en
(
湘煙
).
Kishida Toshiko wurde als Tochter der Second-Hand-Kleidungshandler Kishida Moh? (
岸田 茂兵衛
) und Taka (
タカ
) geboren.
[1]
Sie wuchs wahrend der
Meiji-Zeit
(1868?1912) auf, einer Zeit der politischen
Restauration des japanischen Kaisertums
nach dem Untergang des
Tokugawa-Shogunats
, das von dessen Hauptstadt
Edo
aus, dem heutigen Tokio, Japan beherrschte. Die Westmachte, vor allen Dingen die USA, hatten durch die
Entsendung von Kanonenbooten
unter dem Kommando von Commodore
Matthew C. Perry
ab 1858 die Offnung Japans fur den internationalen Handel erzwungen und damit eine uber 300 Jahre wahrende
Abschottung Japans
von der Außenwelt beendet. Im Zusammenhang mit den daraufhin einsetzenden tiefgehenden Umwalzungen der japanischen Gesellschaft bildete sich eine japanische Frauenbewegung unter dem Schlagwort ?Frauenrechte von einst bis jetzt“.
Kishida war die Tochter einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aus
Ky?to
und ihre Mutter verschaffte ihrer Tochter Toshiko die Bildung, die einem Madchen jener Zeit in Japan uberhaupt moglich war. Schon mit 9 Jahren bestand sie eine Schulprufung, die fur 15-jahrige vorgesehen war. Zu ihrer Klugheit gesellte sich eine außergewohnliche Schonheit. Das japanische Kaiserhaus berief sie mit 16 Jahren als literarische Ratgeberin von Kaiserin
Haruko
an den Hof nach Tokio. Doch bereits nach zwei Jahren gab sie ihre Stellung vorgeblich krankheitshalber auf, denn sie wollte nicht weiter in einem Palast dienen, der ?
ein Haus voll schoner Frauen, voll Langeweile und ein Symbol fur die Ausbeutung von Frauen als
Konkubinen
- und eine Schandtat
“ war.
Anschließend bereiste Kishida mit ihrer Mutter Japan und nahm jede Gelegenheit wahr, Aktivisten der
japanischen Burgerrechtsbewegung
zu treffen und Frauen zu animieren, Diskussions- und Selbsthilfegruppen, sowie Literaturzirkel zu grunden.
Bereits im Alter von 20 Jahren war Kishida zu einer Personlichkeit herangereift, die sich einen Ruf als eloquente Rednerin erworben hatte. 1884 heiratete Kishida den liberalen Politiker
Nakajima Nobuyuki
und das Paar konvertierte zum Christentum. Gegen Kishida gerichtete polizeiliche Maßnahmen und die Auflosung der
Liberalen Partei
1884, deren stellvertretender Vorsitzender ihr Mann war, zwangen Kishida die Rednertatigkeit einzustellen und sich hauptsachlich journalistisch zu betatigen. Ab etwa 1885 schrieb Kishida vorwiegend in der christlichen Zeitschrift
Jogaku zasshi
. In ihren Beitragen geißelte Kishida die Benachteiligung der Frauen im Bildungswesen und die mannlich gepragten japanischen Konventionen, insbesondere die sexuelle Doppelmoral und das anhaltende Konkubinenwesen. 1887 wurden sie und ihr Ehemann aus Tokyo ausgewiesen und ließen sich in Yokohama nieder. Dort lehrte sie an der Ferris-Englisch-Japanisch-Madchenschule (
フェリス英和女?校
, heute:
Ferris-Frauenuniversitat
).
[1]
1890 kehrte das Paar nach Tokio zuruck, nachdem ihr Mann in das japanische Unterhaus gewahlt worden war. Sie engagierte sich dort in der 1886 gegrundeten christlichen
Ky?f?kai
(engl.
Tokyo Women’s Reform Society
). Im Zeichen des zunehmenden Konservatismus in Japan verabschiedete der japanische Gesetzgeber 1890 den Artikel 5 des ?Ordnungs- und Polizeigesetzes“ (
治安警察法
,
chian-keisatsu-h?
), der Frauen alle politischen Aktivitaten untersagte. 1892 wurde ihr Mann als Gesandter nach Italien berufen, beiden kehrten aber bereits nach einem Jahr aufgrund einer
Lungentuberkulose
-Infektion zuruck. Ihre Erlebnisse dort beschrieb sie im Tagebuch
Sh?en Nikki
(
湘煙日記
).
[1]
Erst in der
Taish?-Zeit
(1912?1926) lebte die Frauenbewegung in Japan im Zusammenhang mit der von England ausgehenden
Suffragettenbewegung
wieder auf, doch Kishida Toshiko konnte den Erfolg ihrer Vorarbeit nicht mehr erleben, denn sie starb bereits im Alter von 38 Jahren an ihrer Krankheit.
1884 schrieb Kishida Toshiko in der von ihr herausgegebenen feministischen Zeitschrift
Die Fackel der Freiheit
provokativ: ?
Wenn es wahr ist, dass Manner besser als Frauen sind, weil sie starker sind, dann frage ich mich: warum sind unsere
Sumo
-Ringer nicht in der Regierung?
“ Kishida Toshiko engagierte sich fur die Menschenrechte von
Geishas
und Zwangsprostituierten, forderte den uneingeschrankten Zugang von Frauen zu den japanischen Bildungseinrichtungen und beklagte auf offentlichen Platzen die rechtliche Benachteiligung der Frauen.
Eine der provokantesten Auftritte Kishida Toshikos war ihre bei einem Kongress der
Liberalen Partei
in Otsu am 12. Oktober 1883 unter dem Titel
Tochter in Kafigen
(
函入娘
,
hako iri musume
) gehaltene Rede, die zu ihrer unverzuglichen Verhaftung fuhrte, da sie diese Rede ohne vorherige Genehmigung durch die staatlichen Autoritaten gehalten hatte, eine gesetzliche Vorschrift des japanischen Versammlungsrechts von 1880, das Frauen verbot an politischen Aktionen teilzunehmen und Reden zu halten. Kishida bezeichnete in dieser Rede drei ?Kafige“, in denen japanischen Madchen gefangen gehalten wurden: die Einschließung im Haus der Familie, die Verpflichtung zu absolutem Gehorsam, die Beschrankung auf den klassischen Bildungskanon und dessen Verehrung der ?weisen und heiligen Manner der Vergangenheit“. Diesem konservativen Entwurf stellte sie die Idee der gut ausgebildeten Frau und Mutter gegenuber, die selbstbewusst ihre Talente dem Fortschritt des modernen Japan zur Verfugung stellt.
- ↑
a
b
c
d
三鬼浩子
:
岸田俊子
. In:
朝日日本?史人物事典
.
Asahi Shimbun
-sha, Tokio 1994 (
Online bei kotobank.jp
).
- Progressive-Radical Women in Meiji & Taisho Japan;
[1]
- S. Noma (Hrsg.):
Kishida Toshiko
. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993.
ISBN 4-06-205938-X
, S. 791.
Japanischer Name:
Wie in Japan ublich, steht in diesem Artikel der Familienname
vor
dem Vornamen. Somit ist
Kishida
der Familienname,
Toshiko
der Vorname.