Das
Katana
[
ka.ta.na
] (
japanisch
刀
) ist das
japanische
Langschwert
(
Dait?
大刀
). Im heute ublichen
Japanischen
wird der Begriff auch als allgemeine Bezeichnung fur
Schwert
verwendet. Heute gefertigte Waffen werden auch
Shinken
(
??
) ,?echtes Schwert“, genannt.
Das Wort
Katana
ist die
Kun-Lesung
des
Kanji
刀
, die
On-Lesung
lautet
t?
, vom
chinesisch
d?o
. Es bezeichnet eine bestimmte geschwungene Schwertform mit einfacher Schneide. Das Gegenstuck sind die zweischneidigen
Tsurugi
(auch
ken
?
, chin.
jian
genannt).
Die Klingenform ahnelt der eines
Sabels
, jedoch ist das Griffstuck (
Angel
) ? im Japanischen als
Nakago
bezeichnet ? nicht gegen die Schneidenseite gebogen wie oft beim klassischen Sabel. Der großte Unterschied besteht aber in der Handhabung. Wahrend das Katana meist zweihandig gefuhrt wird, ist der durchschnittliche Sabel als Einhandwaffe konzipiert. Dieser Unterschied fuhrt zu einer anderen Fechtweise.
Das Katana ging im 14. Jahrhundert aus dem
Tachi
太刀
(langes Schwert)
hervor und wurde ab Ende des 15. Jahrhunderts (fruhe
Muromachi-Zeit
) traditionell von japanischen
Samurai
verwendet, vor allem in Kombination (
Daish?
大小
,
groß-klein
) mit dem kurzen
Wakizashi
脇指
(
sh?t?
小刀
,
Kurzschwert
). Es hat große Ahnlichkeit mit dem fruher entstandenen, chinesischen
Miao Dao
und den Schwertern der nord-japanischen
Ainu
. Unverwechselbar macht eine echte japanische Klinge die durch spezielle Schmiede- bzw. Hartetechniken erzeugte
Hartezone
(
Hamon
刃文
) sowie (im
Koshirae
?え
) der ublicherweise mit
Rochenhaut
oder auch Haifischhaut (falsches Rochenleder)
[1]
(
samegawa
鮫皮
) uberzogene und zumeist kunstvoll mit
Seidenband
umwickelte Griff (
Tsuka
柄
). Es wurden jedoch teilweise auch Griffwicklungen aus Leder verwendet. Geschnitzte
Hartholz
- oder
Elfenbeingriffe
gab es nur fur Dekorations- oder Prasentationsschwerter. Eine Katana-Klinge besteht in der Regel aus mindestens zwei verschiedenen
Stahlsorten
, einer
duktilen
fur den Kern und einer harten fur die Schneide. Beide Komponenten wurden zunachst einzeln durch mehrfaches
Falten
und Verschweißen ?raffiniert“, bevor sie zusammen zu einer Klinge ausgeschmiedet wurden.
Das
Katana
im engeren Sinne ist ein zum Rucken hin gebogenes anderthalbhandiges Schwert mit einer Klinge von uber zwei
Shaku
尺
Lange (das sind circa 60,6 cm) und einem Griff von unterschiedlicher Lange
[2]
. Es wiegt ungefahr 900 bis 1400 Gramm
[3]
. Eine Klinge mit weniger als zwei
Shaku
ist ein einhandiges
Wakizashi
(oder
Sh?t?
= Kurzschwert) und eine mit weniger als ein
Shaku
ein Kampfmesser (
Tant?
,
Aikuchi
, Hamidashi). Die
Scheiden
aller drei Schwertarten werden
Saya
?
genannt und bestehen aus lackiertem Holz. Nur die massenhaft gefertigten
Militarschwerter
des 20. Jahrhunderts wurden mit Blechscheiden ausgeliefert, die allerdings ein Holzfutter hatten.
In Japan wurden aber auch noch andere Schwerter verwendet, z. B. eine langere und schwere Ausfuhrung der Katana, das
D?tanuki
. Dieses ist bekannt aus der Fernsehserie
Lone Wolf & Cub
sowie dem Film
Okami ? Das Schwert der Rache
. Auch wurde es von
Kat? Kiyomasa
, einem General von
Toyotomi Hideyoshi
, bevorzugt.
Die Schwerter bzw. die Klingen werden verschiedenen Perioden zugeteilt→
Nihont?
. Auch werden Katana nach den funf klassischen Schwertschmiedetraditionen
Gokaden
unterschieden.
Katana und Wakizashi wurden stets gemeinsam mit der Schneide nach oben durch den
Obi
(Gurtel) gesteckt getragen. Dies ist eine ?zivile“ Trageart, die sich durchsetzte, als nach Ende der
innerjapanischen Kriege
im fruhen 17. Jahrhundert das Tragen einer Rustung nicht mehr zum Alltag des Samurai gehorte. Beim Betreten eines Hauses wurde das Katana aus dem Obi gelost und, wenn Feindseligkeiten zu befurchten waren, einsatzbereit in der linken oder als Vertrauensbeweis in der rechten Hand mit dem Griff nach hinten getragen. Beim Sitzen lag das Katana in Reichweite auf dem Boden, wahrend das
Wakizashi
oft an der Hufte verweilte. Auf der Straße fuhrte man die Schwerter in einer passenden Montur (Koshirae), zu der eine lackierte Schwertscheide
(saya)
zahlte. Im eigenen Haus bewahrte man die Klinge, wenn sie nicht unmittelbar gebraucht wurde, in der
Shirasaya
auf, die durch eine besonders enge Passung und das unbehandelte Magnolienholz den
Stahl
vor Korrosion schutzte. Heutzutage werden vielfach auch so genannte
Shirasaya-Katana
angeboten, deren komplette Montur aus unbehandeltem Holz besteht. Diese unauffallige Montur ohne
Tsuba
oder sonstiges Dekor fand gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach dem kaiserlichen Verbot von Schwertwaffen haufig Verwendung, da die
Shirasaya
-Montur einem
Bokut?
, also einem Holzschwert, ahnelte. In spateren Zeiten (bis ins 20. Jahrhundert) gab es versteckte Klingen ahnlich den
Stockdegen
des Westens; dabei wurde oft eine (Kurz-)Schwertklinge in einer Montierung verborgen, die wie ein Wanderstock aus Bambus oder wie ein aus einem Ast geschnittener Stock aussah.
Zur Rustung gehorte bis in die fruhe Muromachi-Zeit (also das spate 14. Jahrhundert) das
Tachi
. Ab diesem Zeitpunkt wurden die mit der Schneide nach unten an einem Wehrgehange getragenen Tachi zunehmend durch
Katana
ersetzt. Diese hatten zur Sicherung ein textiles (Seiden-)Band (
Sageo
), mit dem die Saya am Obi fixiert werden konnte. Zum
Tachi
trug man ublicherweise ein typisches Kampfmesser (
Tant?
), das Katana wurde durch das
Wakizashi
erganzt.
Zur Herstellung eines Katana sind viele Arbeitsschritte notig. Die Herstellung eines solchen Schwerts dauert mehrere Tage bis Wochen.
Zuerst werden gebrochene Stucke des in einer Art
Rennofen
(Tatara) gewonnenen
Tamahagane
-Stahls zu einem Block zusammengelegt und mit Schlamm und Asche begossen. Dies sorgt dafur, dass sich Verunreinigungen damit verbinden und so aus dem Stahl gelost werden.
Danach wird das Ganze auf Schweißtemperatur (weißwarm) erhitzt, um die Bruchstucke des Tamahagane durch
Feuerschweißen
zu verbinden.
Nach diesem Vorgang wird der Block Tamahagane bis zu 15-mal gefaltet, damit sich der
Kohlenstoff
gleichmaßig verteilt. Diese Homogenisierung sorgt spater fur eine gleichmaßige Harte und Zahigkeit der Klinge, falls die Warmebehandlung gelang. Nach diesem Vorgang liegen bis zu 32.768 Lagen Stahl ubereinander.
In den Tamahagane-Block, der die Außenlage der Klingenkonstruktion bilden soll, wird jetzt ein zaherer Stahlkern eingeschmiedet, weil die Klinge sonst bei Belastung brechen konnte (es gibt auch andere Techniken).
Jetzt wird der Block in tagelanger Handarbeit in die Lange geschmiedet und zur Klinge ausgeformt. Mit einem speziellen Schaber (SEN) wird die Form der Klinge verfeinert.
Beim nachsten Arbeitsschritt, dem
Harten
, wird das Schwert zunachst mit Hilfe eines feinen Bambus- oder Metallspatels mit einer Schicht aus
Lehm
versehen. Diese wird an der Schneide dunner als am Rest der Klinge aufgetragen und dies in einem Muster, das fur den jeweiligen
Schmied
typisch ist. Nach dem Trocknen wird die Klinge im
Holzkohlefeuer
auf Hartetemperatur (etwa 800 °C) gebracht und schnell in warmem Wasser abgekuhlt. Dadurch erstarrt das
Gefuge
des Stahls, und es bildet sich
Martensit
, eine besonders harte Stahlmodifikation. Die Schneide wird durch den Hartevorgang schneller abgekuhlt und wird daher harter, wahrend der Klingenkorper weicher und zaher bleibt. Diese differentielle Hartung zeigt sich in der Schneide als
Hamon
, eine Struktur mit verschiedenen feinen Auspragungen von Martensit (NIOI und NIE). Es handelt sich dabei um einen mehr oder minder deutlich abgegrenzten Bereich der Schneide (der aber nur als Ergebnis der abschließenden traditionellen japanischen Politur der Klinge deutlich wird).
Danach wird die Klinge nochmals uberfeilt und gegebenenfalls mit einer Signatur (
Mei
) versehen, die mit einem kleinen Meißel in die Angel (
Nakago
) eingeschlagen wird. Nach dieser Behandlung bekommt der Schleifer
(togishi)
das Schwert. In etwa 120 Stunden verleiht er der Oberflache eines Katana die unvergleichliche Anmutung, aber auch die notige
Scharfe
. Manche Klingen erhalten dann beim Graveur noch eine Dekoration (
Horimono
), die mit kleinen Meißeln eingearbeitet wird.
[4]
Weitere spezialisierte Handwerker stellen in Maßarbeit den Griff
(tsuka)
, die Scheide
(saya)
und die Metall-Beschlage
(kodogu)
her.
Darstellungen des Schmiedevorgangs aus der Edo-Zeit
Traditionell bestehen japanische Schwertklingen aus
Tamahagane
. Sie werden auf nahezu einzigartige Weise in einem ausgefeilten Prozess gefertigt. Der Grund fur diese Fertigungsmethode liegt in dem verwendeten
Eisensand
, der unter hohen Temperaturen von Unreinheiten befreit wurde, um reineres Eisen zu erzeugen. Der Stahl wurde in einer
Tatara
(einem rechteckigen
Rennofen
) aus einheimischem Eisensand gewonnen. Er war zunachst noch inhomogen und hatte einen ungleichmaßigen
Kohlenstoffanteil
von etwa 0,6?1,5 % (Tamahagane). Fur die Klinge benotigt man aber Stahl mit gleichmaßigem
Kohlenstoff
anteil von etwa 0,6?0,7 %. Um alle Unreinheiten zu beseitigen und den Kohlenstoffanteil der Klinge zu steuern und gleichmaßig zu verteilen, wurde eine spezielle Falttechnik entwickelt, die sehr effektiv, aber auch arbeitsintensiv war. Eine Besonderheit der Eisensande ist ihre
Schwefel
- und
Phosphor
armut. Diese Elemente sind im Stahl unerwunscht, da sie zu
Seigerungen
(erhebliche Storungen im Stahlgefuge) fuhren. Daher wird auch beim Schmieden eine schwefelarme Holzkohle verwendet.
Zunachst wird der Stahl aus kleineren Bruchstucken zu einem Barren geschmiedet, der dann wiederholt erhitzt, abwechselnd quer und langs gefaltet und wieder ausgeschmiedet wird.
Beim
Schmieden
tritt ein deutlicher Materialverlust durch
Verzunderung
des Stahls ein, gleichzeitig reduziert sich ebenfalls durch
Oxidation
der Kohlenstoffgehalt. Um den Verlust auszugleichen und den Kohlenstoffgehalt zu steuern, werden im Laufe des Schmiedens Stahlbarren unterschiedlicher Kohlenstoffgehalte miteinander verbunden. Durch weiteres Falten und Ausschmieden ergeben sich so die zahlreichen hauchdunnen ?Lagen“ des Stahls, die sich durch spezielle Schleif- und Poliertechniken auf der Klingenoberflache sichtbar machen lassen (
Hada
).
Dieses Schmiedeverfahren dient ausschließlich dem Reinigen und
Homogenisieren
des Stahls und dem Steuern des Kohlenstoffgehalts (
Raffinierstahl
). Die Ansicht, dass ein gutes Katana aus moglichst vielen Lagen geschmiedet sein musse, beruht auf einem Missverstandnis. Je nach der Qualitat des
Tamahagane
und nach gewunschtem Kohlenstoffgehalt wird der Barren insgesamt etwa 10- bis 20-mal umgeschmiedet. Bei zehnmaliger einfacher Faltung ergeben sich bereits 1024 Lagen; wird der Stahl 20-mal umgeschmiedet, entstehen mehr als eine Million Lagen. Der Schmied setzte diesen Prozess nur so lange fort, bis er einen vollig gleichmaßigen Barren mit den gewunschten Eigenschaften erhielt. Unnotiges Weiterschmieden machte den Stahl nur weicher und hatte zu weiterem Verlust an Material durch Abbrand gefuhrt.
Bei maschinell gefertigten Katana aus dem
Zweiten Weltkrieg
(
Gunt?
) bestand der Stahl typischerweise aus 95,22 % bis 98,12 % Eisen und wies einen Kohlenstoffanteil von uber 1,0 % auf. Dadurch war der Stahl sehr hart. Zusatzlich beinhaltete er eine variable Menge an
Silizium
, die der Klinge eine hohere Flexibilitat und Widerstandsfahigkeit verlieh. In geringen Mengen waren auch je nach Herkunft des Rohstoffs
Kupfer
,
Mangan
,
Wolfram
,
Molybdan
und (unbeabsichtigte) Spuren von
Titan
im Klingenmaterial vorhanden.
Nicht jeder Stahl eignet sich fur Schwerter. Ein geschmiedetes Original besteht im Gegensatz zu billigen Kopien nicht aus rostfreiem 440-A-Stahl (1.4110)→
Messerstahl
. Hierbei handelt es sich um einen speziell entwickelten Messerstahl, der als Walzstahl mit einer
Rockwellharte
von bis zu 56 HRC zur Herstellung von Schwertklingen nicht geeignet ist. Zudem verfugt ein Original nicht uber einen
Wellenschliff
, eine Gravur oder eine Atzung, die einen
Hamon
nachahmen soll. Eine echte Hartezone ist nur durch eine spezielle Behandlung des Stahls zu erreichen (siehe:
Martensit
). Die Hartung des Schneidenbereichs auf bis zu 62 HRC macht bei der gleichzeitig gegebenen
Elastizitat
die besondere Qualitat der japanischen Klingen aus. Die hohe Harte von 60?62 HRC sorgt auch fur ein langes Halten der Scharfe (
Schnitthaltigkeit
). Der Grund fur die uberlegene Schneidleistung im Druckschnitt (Gegensatz ist der Zugschnitt mit Hin- und Zuruckbewegen der Klinge wie bei
Sagen
), der auch beim Rasieren wichtig ist und streng linear im
rechten Winkel
zur Schneide verlauft, ist jedoch das feine
Eisencarbid
, das eine sehr dunne Schneidkante ohne Ausbruche durch das scharfende Schleifen bewirkt. Dieses feine Eisencarbid findet man vorwiegend bei rostenden Stahlen, rostfreie High-Tech-Stahle konnen die feine, mikroskopisch schartenfreie Schneidkante nicht erreichen, sie sind jedoch durch die mikroskopisch feinen Scharten und Ausbruche, die wie eine Mikrosage funktionieren, beim Zugschnitt hervorragend. Im fruhen
Mittelalter
wurden schon bei den
Wikingern
die Klingenstahle auf kunstvolle Weise gefaltet; es gab sehr attraktive
damaszierte
Klingen, die es in dieser Form in Japan nie gab. Auch die
Franken
stellten guten Stahl her, und die daraus hergestellten Klingen konnten auf die Faltung des Stahls und die damit erzielte Homogenisierung verzichten. Die japanischen Stahlprodukte waren vom Herstellungsverfahren und den erzielten Eigenschaften sowie im Hinblick auf die Oberflachenbearbeitung nicht mit europaischen Klingen vergleichbar, weil sie einer vollig anderen Kriegstechnik dienten und weil sich die Rustungen in Japan vollig anders als europaische entwickelten.
Der Schwertschmied steht von jeher vor der Aufgabe, eine Waffe zu schaffen, die sowohl scharf als auch widerstandsfahig ist ? das Schwert darf nicht schnell stumpf werden, Rost ansetzen oder zerbrechen. Je nach Kohlenstoffgehalt des Stahls und Harteverfahren kann er eine Klinge produzieren, die reich an
Martensit
und damit sehr hart und schnitthaltig, aber auch sprode und zerbrechlich ist. Im Gegensatz dazu stumpft die Klinge bei der Verwendung eines
duktileren
Stahls schneller ab.
Dieser Zielkonflikt wird beim Katana durch eine
Sandwichkonstruktion
gelost. Die vorherrschende Technik bettet einen Kern aus
duktilem
, etwas weicherem, kohlenstoffarmerem Stahl in einen Mantel aus harterem, kohlenstoffreichem Stahl ein: Der Schmied faltet einen langen, schmalen Barren aus ?Hartstahl“ der Lange nach U-formig und schweißt im Feuer einen passenden Barren ?Weichstahl“ ein. Dieser kombinierte Barren wird so zur Rohklinge ausgeschmiedet, dass die geschlossene Seite des ?U“ zur Schneide der Klinge wird. Der kombinierte Barren wird dabei nicht mehr gefaltet.
Andere Konstruktionen konnen zum Beispiel umgekehrt den harten Klingenstahl in ein ?U“ aus Weichstahl einbetten, oder der Schmied kombiniert harten Klingenstahl und weichen Ruckenstahl mit zwei Seitenlagen aus mittelhartem Stahl. Es gibt eine Vielzahl aufwendigerer Techniken, die aber nicht unbedingt bessere Klingen ergeben, sondern oft vielmehr von schwacheren Schmieden eingefuhrt wurden, um die Schwierigkeiten des diffizilen Harteprozesses zu umgehen.
- Maru
Die billigste aller Konstruktionen, die gelegentlich fur Tant? oder Ko-Wakizashi verwendet wird; diese einfachen Klingen wurden nicht differentiell gehartet. Die Klinge besteht aus einer einzigen Stahlart.
- Kobuse
Eine einfachere Klingenkonstruktion, die auf Grund der preiswerteren Fertigung haufig in großeren militarischen Konflikten mit großem Materialbedarf bis hin zum Zweiten Weltkrieg verwendet wurde.
- Honsanmai
Die gebrauchlichste Konstruktion fur Klingen. Bei ihr werden die Seitenflachen der Klinge durch den ?Hartstahl“ geschutzt, was die Klinge robust macht und den Vorteil hat, dass der Klingenrucken (mit dem auch pariert werden konnte) nicht gehartet ist. Dadurch konnte ein Bruch der Klinge vermieden werden. Manche alten Klingen zeigen noch heute diese Spuren eines Kampfes.
- Shihozume
Eine Konstruktion, die der Honsanmai ahnelt, nur dass hier der Klingenrucken durch einen harten Eisenstrang geschutzt wird.
- Makuri
Eine einfachere Konstruktion, bei der ein Weicheisenkern komplett von einem harten Stahlkorper umgeben wird.
- Wariha Tetsu
Einfache Konstruktion, die aber sehr flexibel ist.
- Orikaeshi Sanmai
Eine leicht modifizierte Form der Honsanmai-Konstruktion.
- Gomai
Eine etwas ungewohnliche Variante mit einem Harteisenkern, dem sich eine Weicheisenschicht anschließt. Zum Schluss wird die Konstruktion von einer Hartstahlschicht umgeben.
- Soshu Kitae
Eine der aufwendigsten Konstruktionen mit sieben Stahllagen. Diese Konstruktion wurde vom Schmied
Masamune
verwendet und gilt als meisterhafte Arbeit.
Ahnlich wie westliche Schwertschmiede des Mittelalters, die differentielle Hartung verwendeten,
harten
japanische Schmiede die Klinge nicht gleichmaßig, sondern differenziert. Die Klinge wird haufig nahezu gerade geschmiedet und erhalt durch das Harten die typische Krummung, wobei die Klingenschneide etwa eine Harte von 60
Rockwell
, der Klingenrucken aber nur eine Harte von etwa 40 Rockwell aufweist. Die Hartung beruht dabei auf der Anderung der Gitterstruktur des Stahls,
Austenit
wird durch die Abschreckung, die durch das Temperaturgefalle des Hartebads (traditionell im Wasserbad) entsteht, in
Martensit
umgewandelt, das ein hoheres Volumen besitzt. So dehnt sich die Klinge an der Schneide aus und krummt sich. Die gekrummte Klinge hat den Vorteil, dass sie besser schneidet und den Hieb effektiver macht, weshalb sie sich im Laufe der Zeit durchgesetzt hat.
Vor dem Harten wird die Klinge mit einer Mischung von Tonschlamm, Holzkohlenpulver und anderen Zutaten uberzogen. Diese Schicht ist an der Schneide viel dunner als an der restlichen Klinge. Fur das Harten erhitzt der Schmied die Schneide auch starker als den Schwertrucken, wobei wesentlich ist, dass trotz dieses Hitzegefalles (zum Beispiel 750?850 °C) im Querschnitt die Schneide und der Rucken der Klinge der Lange nach gleichmaßig erhitzt werden. Beim Abschrecken in warmem Wasser kuhlt die heißere Schneide
(Ha)
schneller ab und bildet einen hoheren Anteil von hartem Martensit als die restliche Klinge. Die Abgrenzung dieser schmalen Zone ist nach dem Harten und Polieren der Klinge gut erkennbar (Hamon). Es ist keine definierte Linie, sondern eine mehr oder minder breite Zone.
Einige Schmiede gestalten die Hartezone der Schneide lebhafter, indem sie den Tonuberzug vor dem Trocknen wellig, unregelmaßig oder mit schmalen Querlinien gestalten. Die dadurch erzeugten Formen des
Hamon
konnen ein Hinweis auf die Schmiedeschule sein, sind in aller Regel aber kein Kennzeichen einer bestimmten Qualitat. Es gibt sehr hochwertige Klingen mit millimeterschmalem, geradem
Hamon
, und es gibt Formen mit sehr großen Wellen, die als wenig dezent angesehen werden (und umgekehrt). Ein
Hamon
mit vielen, sehr engen ?Wellen“ kann schmale elastischere Zonen (
Ashi
, ?Fuße“) in der Schneide produzieren, die verhindern konnen, dass ein Riss in der Schneide weiterlauft. Eine Klinge mit einem Querriss ist allerdings generell unbrauchbar fur den Einsatz.
Durch Variieren der Dauer und der Temperatur beim Erhitzen vor dem Abschrecken kann der Schmied weitere Effekte auf der Oberflache des Schwerts erzielen (zum Beispiel
Nie
und
Nioi
? nebelwolkenahnliche Martensitformationen mit unterschiedlichen Partikelgroßen, die auch agglomerieren und dadurch unterschiedliche Strukturen zeigen konnen).
Dem Hartevorgang (Austenitisieren und Abschrecken) kann ein
Anlassen
folgen, bei dem die gehartete Klinge in der Glut oder auf einem zuvor auf Rotglut erhitzten Kupferblock bis etwa 200 °C erwarmt wird, wodurch das Hartungsgefuge (der Martensit) sich entspannt. So erhalt die Klinge eine einzigartige Kombination von Harte und Zahigkeit.
Das
Verguten
(Harten und Anlassen) ist ein diffiziler Schritt in der Herstellung des Katana, der auch einem erfahrenen Schmied misslingen kann. In diesem Fall kann die Klinge erneut gehartet und angelassen werden. Dies kann nur wenige Male wiederholt werden und sind auch diese Rettungsversuche misslungen, so wird die Klinge verworfen.
Die Verbindung von harter Schneide mit elastischem Klingenkern verleiht der Klinge des Katana eine enorme Zahigkeit bei nachhaltig großer Scharfe.
Nachdem der Schmied seine Arbeit beendet hat, wozu auch eine erste Oberflachenbearbeitung mit dem
Sen
, einer Art Metallziehklinge, gehort, ubergibt er das Schwert einem Polierer,
Togishi
genannt. Dessen Aufgabe ist es, in einem etwa 120 Stunden dauernden Prozess die Klinge zuerst mit groben, spater immer feineren Steinen zu
schleifen
und zu
polieren
. Der Togishi scharft dabei nicht nur die Klinge, sondern lasst die oberflachlichen Stahlstrukturen mit unterschiedlichen Techniken zur Geltung kommen, also den
Hamon
und das
Hada
, die ?Haut“, die einen Einblick in die Schmiedetechnik gibt. Auch kleine Fehler konnen manchmal dabei kaschiert werden.
Mehr als der waffentechnische Aspekt der japanischen Klingen werden heute die hohe Qualitat des Stahls und die asthetischen Eigenschaften geschatzt und bewundert, die allerdings nur durch eine handwerklich gute Politur zu Tage treten. Dazu gehort, dass die Form und Geometrie der Klinge, wie sie der Schmied anlegte, genau erhalten bleiben. Deshalb umfasst das Handwerk des Polierers eine sehr genaue Kenntnis der Schmiedestile der einzelnen Schmiede und Schmiedeschulen vergangener Jahrhunderte.
Unkundige Hande konnen eine Klinge durch falsches Schleifen/Polieren unrettbar verderben.
Die unterschiedlich ausgepragte Krummung
(sori)
des Katana ist beabsichtigt; sie entstand in einem uber tausend Jahre langen Entwicklungsprozess (naturlich auch parallel zu den Rustungen der Samurai) und variierte standig, bis sie schlussendlich eine perfekte Verlangerung des leicht gebeugten Arms darstellte. Sie resultiert auch teilweise aus der angewandten Warmebehandlung: Beim differenzierten Harten dehnt sich der Schneideteil des Schwerts starker aus als der Rucken.
Innerhalb des Grundmusters des
Katana
sind viele Abwandlungen moglich, die teils von den Vorlieben des Schmieds und seiner Kunden, teils auch von der Tradition der jeweiligen Schwertschule abhangt. Die Geometrie der Klinge (
Tsukurikomi
) war auch vom Einsatzzweck bestimmt: Fur den Kampf gegen gepanzerte Gegner war sie im Querschnitt keilformiger und damit unempfindlicher, zum Gebrauch gegen ungepanzerte Gegner dunner und damit eher zum schneidenden Hieb geeignet.
Der Schmied kann das Ausmaß und das Zentrum der Krummung schon beim Ausschmieden der Rohklinge vorgeben und auch nach dem Harten noch nacharbeiten. Ebenso kann die Klinge eine gleichmaßige oder sich verjungende Breite erhalten, eine lange oder kurze Spitze (
Kissaki
). Der Schmied kann dem Klingenheft (
Nakago
) eine bestimmte Form geben, den Klingenrucken rund oder eckig gestalten, die Form der Hartelinie
(Hamon)
bestimmen sowie die Struktur und Optik des Stahls beeinflussen. In die ungeharteten Bereiche der Klinge konnen auch Rillen und Gravuren eingeschnitten werden.
All diese Faktoren werden von Kennern und Sammlern auch nach asthetischen Kriterien bewertet.
Es gibt viele Fehler, die beim Schmieden oder durch falsche Behandlung entstehen konnen. Man unterscheidet zwischen fatalen Fehlern, die die Klinge unbrauchbar machen, und nicht-fatalen Fehlern, die korrigierbar sind oder nur das Erscheinungsbild des Schwerts storen.
Die Fehler sind im Einzelnen:
- Karasunokuchi
(
烏の口
bzw.
からすのくち
, ?Krahenschnabel“): Ein Riss in der Klingenspitze. Wenn der Riss mehr oder weniger parallel zur Schneide verlauft, trennt er somit den geharteten vom ungeharteten Bereich. Ist dadurch die Form der Klinge stark beschadigt, so ist die Klinge verloren.
- Shinae
(
撓え
): Minimale Biegestellen, die eine Materialermudung durch Biegung anzeigen. Diese Stellen laufen meistens rechtwinklig zur Schneide im ungeharteten Stahl. Sie sind eher harmlos.
- Fukure
(
膨れ
): Einschlusse vom Falten des Stahls, meist Schweißfehler durch Zunder oder Kohle. Die Einschlusse konnen bei der Politur freigelegt werden und sind optisch außerst hasslich. Sie mindern die Schonheit und naturlich auch die Qualitat der Klinge.
- Kirikomi
(
切り?み
): Scharte im Klingenrucken, die bei einer Parade mit dem Schwert entsteht. Diese Fehler sind nicht fatal fur die Klinge. Im Rahmen einer kompetenten Politur werden sie nach Moglichkeit entfernt. Bei alten, bereits dunn gewordenen Klingen belasst man sie als Zeugnis eines Kampfeinsatzes.
- Umegane
(
埋め金
): Eine Korrekturstelle von einem Schmied, um einen Fehler auszugleichen oder zu uberdecken. Umegane sind auch Stahleinlagen, um den durch haufige Polituren hervortretenden Kernstahl zu kaschieren.
- Hagire
(
はぎれ
): Durch eine keilformige Scharte in der Hartelinie
(Hamon)
oder aber eine starke Biegung der Schneide kann ein Haar-Riss entstehen, der ?Hagire“ genannt wird. Die Scharte ist gewohnlich gut zu erkennen und fur die Klinge nicht allzu gefahrlich. Der Riss hingegen ist sehr schwer zu erkennen und zudem fatal fur die Klinge.
- Hakobore
(
刃?れ
): Eine grobe, zylindrische Scharte, die sich nicht durch den geharteten Stahl hindurch zieht, sehr wohl aber einen Riss verursachen kann.
- Hajimi
(
はじみ
): Durch Nachscharfen entstandene Mattierung der Klinge. Die Klinge verliert ihren Glanz. Dies ist eine haufige Alterserscheinung, ansonsten aber harmlos.
- Nioi Gire
(
?切れ
): Entweder eine Hartelinie, die an ihrer Grenze zu dem ungeharteten Stahl nicht klar konturiert ist, der Stahl ist aber vollstandig ausgehartet. Ein guter Schleifer kann diesen Fehler kaschieren. Oder aber ein fataler Hartefehler: die Hartelinie ist an einer Stelle durchgehend nicht vorhanden, der Stahl ist daher an dieser Stelle auch nicht ausgehartet und die Schneide hat keine ausreichende Harte.
- Mizukage
(
水影
): Eine Verschattung durch erneutes Abschrecken bzw. Harten einer Klinge, meistens an der Schneidekante am Klingenanfang.
- Shintetsu
(
しんてつ
): (ubersetzt: ?Herz-Eisen“). Durchpolierte Klinge; der manchmal nur wenige Zehntelmillimeter dicke Stahlmantel des Katana ist an einer Stelle durchpoliert, die darunter liegende Sandwichkonstruktion ist dann sichtbar. Meistens ist das Schwert dann ?ermudet“ (siehe
Tsukare
).
- Tsukare
(
疲れ
) (ohne Abbildung): Eine durch haufiges Nachscharfen entstandene dunne Klinge(nschneide). Da eine haufig benutzte Klinge oft nachgeschliffen werden musste, wurde Material abgetragen. Eine Klinge kann aber nicht nur an der Schneide geschliffen werden; damit die Gesamtform und die Proportionen erhalten bleiben, muss immer die Klinge komplett geschliffen werden. Die Ubersetzung fur Tsukare bedeutet: ?(Material-)Ermudung“
Nach dem Schleifen wird fur die fertige Klinge aus Magnolienholzbrettern eine Scheide (Saya) sowie ein Griff (Tsuka) gefertigt. Die Scheide kann einen achteckigen (mit eckigen oder gerundeten Kanten), ovalen oder elliptischen Querschnitt haben. Der Griff wird an der Schwertangel (Nakago) (
Angel
, versehen mit einem
Mekugi-ana
) mit einem durchgesteckten, konischen Stift aus Bambus
(Mekugi)
befestigt. Die Offnung der Scheide (
Koiguchi
, ?Karpfenmaul“) wird mit einem Abschluss aus Horn oder Knochen belegt. Die Scheide und der Schwertgriff konnen aber auch in ihrem Rohzustand belassen werden (
Shirasaya
, ?weiße Scheide“), wenn sie nur zur Aufbewahrung der Klinge benutzt werden.
Fur eine volle Montage
(Koshirae)
wird die Scheide staubfrei lackiert; sie kann vorher mit Rochenhaut
(Same)
belegt oder mit Einlegearbeiten dekoriert werden. Ihre Außenseite wird mit einem gelochten runden Knopf (
Kurigata
, ?Kastanienform“) versehen, an dem das Schwertband
(Sageo)
aus Seide, Baumwolle oder Leder befestigt wird. Militarische Waffen konnen zudem uber eine spezielle Arretierung verfugen, die das unbeabsichtigte Herausgleiten des Schwertes aus der Scheide verhindern soll.
Die vollstandige Montage eines Katana umfasst außerdem folgende Metallteile:
- das
Habaki
, eine Zwinge am Klingenansatz vor dem Stichblatt, mit der der straffe Sitz des Katana in der Scheide gesichert und das Tsuba gehalten wird
- das
Tsuba
(Stichblatt)
- zwei
Seppa
(Unterlegscheiben unter und uber dem
Tsuba
)
- das
Fuchi
(Zwinge zwischen
Tsuba
und Griff)
- das
Samegawa
(Griffbelag aus Rochenhaut
(Same)
oder anderer Fischhaut)
- das
Tsuka-ito
(Griffumwicklung, aus Seidenband oder seltener auch Leder, bei Deko-Schwertern auch Baumwolle. Heute vielfach auch Kunstseide)
- zwei
Menuki
(reliefartig gestaltete Einlagen unter der Umwicklung)
- das
Kashira
oder
Tsuka-Gashira
(Kappe am Ende des Griffs)
Die Verzierungen von Fuchi, Menuki und Kashira werden in der Regel mit gleichen Motiven oder nach gemeinsamer Thematik gestaltet.
Fur eine
Daisho
-Kombination werden die Verzierungen des
Wakizashi
(Kurzschwert) auf die des Katana abgestimmt.
Zum klassischen Wakizashi gehorten außerdem noch das Beimesser (
Kogatana
oder
Kozuka
(der Griff des Kogatana)) und die Schwertnadel
(
K?gai
)
? alternativ ein Paar metallene
Essstabchen
?, die auf beiden Seiten neben der Klinge in der
Saya
getragen und durch passende Offnungen im
Tsuba
gesteckt wurden. Die Schwertnadel diente etwa wie eine bei uns gebrauchliche Ahle dazu, die mit Seidenband verbundenen beweglichen Rustungsteile zu reparieren oder die Wicklung des Schwertgriffs zu richten.
Ein
Katana
wurde hauptsachlich als Hieb-, aber auch als Stichwaffe eingesetzt, die beidhandig wie auch einhandig verwendet werden kann. Die altesten japanischen Schwertkampfsysteme fuhren ihren Ursprung auf das 12. bis 13. Jahrhundert zuruck.
Zentrales Element der japanischen Schwertkampfkunst
(
Kenjutsu
)
und der darauf basierenden Kunste (wie
Iaid?
) ist, dass die Klingenachse nie senkrecht gegen das Ziel geschlagen wird, sondern immer in einer ziehend-schneidenden Bewegung gefuhrt wird. Somit sind die Hiebe eher als Schnitte zu sehen. Dem tragt auch die gebogene Form der Klinge Rechnung.
Der japanische Schwertmeister
Miyamoto Musashi
schrieb das Buch
Gorin no Sho
(
Das Buch der funf Ringe
), in dem er seine Zwei-Schwert-Form (Niten-Ryu) erklart und esoterisch begrundet. Das
Kenjutsu
, die Kunst des Schwertkampfes in der Praxis, hat sich zum heutigen
gendai budo
gewandelt. Die Kunst des Schwertziehens nennt sich
Iaid?
und ist eine eher meditative Form des Kampfes, bei dem gegen einen imaginaren Feind gekampft wird.
Kend?
ist die Kunst des Fechtens mit einem Bambusschwert
(Shinai)
, wobei ? ahnlich wie beim europaischen Fechten ? ein Kopfschutz mit schutzendem Gitter fur das Gesicht und eine Rustung getragen werden. Diese Art des Schwertkampfes schlagt, abhangig vom jeweiligen Stil (Ryu), zuweilen eine wettkampf-orientierte Richtung ein.
Noch heute existieren in Japan zahlreiche traditionelle
(
Kory?
)
-Schwertschulen, die das allgemeine Schwertverbot des Kaisers
Meiji
uberlebt haben. Zu den bekanntesten zahlen
Kashima Shinto Ryu
,
Kashima Shin Ryu
,
Hokushin Itt?-ry?
und
Katori Shinto Ryu
.
Japanische Schmiede genossen seit jeher eine große Wertschatzung, und der japanische Kaiser
Go-Toba
(1180?1239) hatte sogar selbst die Schwertschmiedekunst erlernt und teilte die Schmiede des Reiches in Rangklassen ein, von denen die erste besondere
Privilegien
hatte. Ebenso wird von beruhmten Schwertschmieden wie
Masamune
,
Muramasa
und anderen berichtet, deren Schwerter eine spirituelle Kraft besaßen, die sie anderen Schwertern uberlegen machte. In spateren Zeiten ? insbesondere im
Tokugawa-Shogunat
der
Edo-Periode
? wurde das Katana zur ?Seele des Samurais“ verklart. Allerdings waren zu dieser Zeit die großen kriegerischen Auseinandersetzungen in Japan bereits beendet und die Samurai mussten ihre Sonderstellung im neu entstandenen rigiden Standestaat durch Abgrenzung von den niederen Standen rechtfertigen.
Eines der haufigsten Missverstandnisse besagt, dass der Stahl einer Klinge unglaublich oft gefaltet werde, wodurch sie angeblich uberlegene Krafte und Qualitat gewinnen soll. Hierbei wird aber oft die Anzahl der
Faltvorgange
mit der Anzahl der
Lagen
verwechselt. Die Anzahl der Lagen entspricht zwei hoch der Anzahl der Faltvorgange, ein sechs Mal gefalteter Barren hat also bereits 2
6
= 64 Lagen und somit besteht schon ein 20-fach gefalteter Barren aus mehr als 1 Million Lagen. Ebenso ist im Westen die irrige Vorstellung verbreitet, dass fur das japanische Schwert die Kombination von Stahl und Eisen gemeinsam gefaltet und zur Klinge ausgeschmiedet werde. Dieser Faltprozess (
Garben
) betrifft aber die Vorstufe, namlich das Herstellen der Barren von Schneidenstahl und Kernstahl, die dann zur Rohklinge verschweißt werden. Dieses Missverstandnis beruht moglicherweise auf einer falschen Analogie zum
Damaszener Stahl
, der jedoch mit einer vollig anderen Schmiedetechnik gefertigt wird.
Das mehrfache Falten und Bearbeiten dient vor allem dazu, den vom Herstellungsprozess des Stahls bedingten unterschiedlichen Kohlenstoffgehalt uber die komplette Klingenlange gleichmaßig zu verteilen. Nur so kann man sichergehen, dass die fertig geschmiedete Klinge im Harteprozess und naturlich spater im Kampfeinsatz nicht springt und zu Bruch geht. Die sich daraus ergebende oberflachliche Stahlstruktur ? Hada genannt ? die gelegentlich der Maserung von Holz ahnelt (
Mokume- und Itame-Hada
), ist also eher ein Nebenprodukt. Mit der Zeit wurden aber die verschiedenen Arten des Hada nach den Schemata der Muster klassifiziert (zum Beispiel Ayasugi-Hada, Masame-Hada) und bilden ein wichtiges Merkmal bei der Beurteilung eines Schwerts.
Durch das Aufleben der
Romantik
in der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts wurde die Verklarung des europaischen
Mittelalters
, des
Nahen
und
Fernen Ostens
wieder popular. Vor allem die
japanische Kultur
ubt auf die Rezipienten des westlichen Kulturkreises eine anhaltende Faszination aus, die vor allem durch
japanische Filme
,
Anime
und
Manga
gespeist wird. Siehe dazu auch
Anime und Manga in Deutschland
. Die Darstellung der
Samurai
und ihrer Schwertkampfe sowie Duelle der Manga- und Anime-
Protagonisten
trugen wesentlich zur Entstehung vieler Missverstandnisse bei, die bis heute meist kritiklos angenommen werden. In den letzten zehn Jahren ist eine mediale Tendenz zur Verklarung der japanischen Schmiedekunst erkennbar, die auch bei popularwissenschaftlichen Formaten ? angeboten von
National Geographic
,
History Channel
und
Discovery Channel
? ihren Niederschlag findet.
Haufig wird, auch von Fachleuten in popularwissenschaftlichen Veroffentlichungen, die Meinung vertreten, dass das japanische Schwert den Hohepunkt der Schwertschmiedekunst der gesamten Menschheitsgeschichte darstelle. Diese Behauptung halt aber der archaologischen, metallografischen und historischen Quellenlage nicht stand. Die oben erwahnte Laminatstruktur der japanischen Klingen ist nichts Ungewohnliches oder Einzigartiges, denn bereits die
keltischen
Schwerter des 5. Jahrhunderts v. Chr. (knapp tausend Jahre vor der selbststandigen Eisenverhuttung in Japan) weisen ein zielgerichtetes Verschweißen verschiedener Stahlsorten auf. Dasselbe gilt auch fur den
Damaszener Stahl
. Untersuchungen an
romischen
und
germanischen
Schwertern (
Spathae
und
Gladii
) zeigen ebenfalls oft komplexe Damaststrukturen.
[5]
Besonders die wurmbunten europaischen Klingen des Fruhmittelalters sind in ihrer Komplexitat kaum zu uberbieten. Das belegt vor allem die Forschung von
Stefan Mader
, der im Rahmen eines Projekts fruhmittelalterliche Klingen in Japan von Fachleuten polieren ließ.
[6]
Die Ergebnisse belegen eindeutig, dass selbst die
Saxe
aus feinst gegarbtem Stahl mit gleichmaßiger Kohlenstoffverteilung bestanden, aus verschiedenen Stahlsorten zusammengesetzt, verschweißt (duktiler Kernstahl und kohlenstoffreicher Schneidenstahl) und selektiv gehartet wurden. Selektive Hartungen wurden ebenfalls an spatromischen Spathae aus dem
Nydam-Schiff
festgestellt. Demnach sind weder Laminatklingen noch Raffiniertechniken oder die selektive Hartung etwas exklusiv Japanisches oder ?Außergewohnliches“. Nahostliche und zentralasiatische Schmiede besaßen ihrerzeit ein ebenfalls umfangreiches Know-how wie ihre japanischen und europaischen Kollegen und verwendeten mindestens dieselben Verfahren zur Herstellung hochqualitativer Schwertklingen.
[7]
[8]
[9]
Schwerter in gleicher Qualitat wie die japanischen wurden in Europa seit den Zeiten des
Romischen Imperiums
hergestellt, parallel zu
Indien
und
Persien
, wo die Tiegelstahl-Produktion bereits in der Antike einen Hohepunkt erreichte.
[10]
Historisch lassen sich weder eine Uberlegenheit des japanischen Schwerts allen anderen gegenuber noch irgendwelche speziellen Eigenschaften des Klingenmaterials belegen.
Letztlich finden sich bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts keine wissenschaftlichen Veroffentlichungen, in der von grundsatzlich minderwertigem Ausgangsmaterial und schlechter Verarbeitung historischer europaischer Klingen die Rede ist. Historisch uberlieferte Berichte die Schmiedekunst der Kelten (
Diodori Siculi Bibliotheca historica
) und Franken
[11]
betreffend lassen keine Unterlegenheit der europaischen Stahlerzeugnisse anderen Kulturkreisen gegenuber erkennen. Bereits im 19. Jahrhundert erkannte man, dass die Schmiedeverfahren der europaischen Antike (
Kelten
,
Romer
) prinzipiell dieselben waren wie die heute noch in Japan praktizierten.
[12]
Auch konnte man materialwissenschaftlich nachweisen, dass moderner homogener Industriestahl rein technisch jeglichem Schweißverbund qualitativ uberlegen ist.
[13]
Ab den 1920er Jahren sind wissenschaftliche metallografische Studien uber alte Klingen verfugbar.
[14]
Es kann also festgestellt werden, dass alle historischen und modernen wissenschaftlichen Quellen die gute Stahlqualitat und das ausgepragte schmiedetechnische Konnen der europaischen Schmiede seit der Antike bezeugen. Die angeblich schlechte Stahlqualitat und unzureichende Schmiedekunst der europaischen Schmiede ist im Grunde ein Produkt der popularen Massenkultur der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts, als die japanische Schmiedekunst durch die Medien dem breiten Publikum zuganglich wurde. Der Kontrast zwischen uberlieferter japanischer Schmiedetechnik und der romantischen Vorstellung von Europaern der Antike und des Mittelalters als ?ungebildeten Barbaren“ wurde von der
Filmindustrie
erfolgreich in Szene gesetzt und vom breiten Publikum als ?historisch“ empfunden. Auch die angebliche Uberlegenheit der Damaste oder Tiegelstahle gegenuber homogenem
Garbstahl
lasst sich bis heute nicht wissenschaftlich belegen, sondern hat ihren Ursprung in der Romantik des 19. Jahrhunderts und nicht zuletzt in der romantischen Literatur von
Walter Scott
. Der Mythos von der Unterlegenheit der europaischen Stahlproduktions- und Schmiedetechnologie hat also keinerlei seriose Quellen.
Des Weiteren wird behauptet, dass das Katana wegen seines weichen duktilen Kerns und der sehr harten (bis zu 61 HRC) Schneide praktisch unzerstorbar sei und mit gleicher Effektivitat Stahl und organische Materialien schneide. Dieses Bild vom japanischen Schwert stammt aber ganzlich aus
Anime
und der romantischen Verklarung der japanischen Legenden. Abgesehen davon, dass warmebehandelter Stahl von 45?58 HRC einen ebensolchen Stahl nicht schneiden, sondern hochstens brechen kann, widerspricht eine solche Sichtweise den Gesetzen der Physik. Es ist eine Vielzahl von japanischen und europaischen historisch-literarischen Quellen belegbar, die von verbogenen, schartigen und zerbrochenen Schwertwaffen berichten.
[15]
[16]
[17]
[18]
Es gibt zwar auch Berichte uber Einsatz gegen Metall (mit ernsten Folgen fur die Waffe), aber eine Fahigkeit, ?Stahl wie Butter zu schneiden“ oder ?Seidentucher in der Luft durchschneiden“, lasst sich nirgendwo historisch belegen, was angesichts moderner Tests und metallografischer Untersuchungen der alten Schwertwaffen auch nicht verwundert.
[19]
Darstellungen in Filmen, Computerspielen und Anime, in denen mit einem Hieb und ohne nennenswerten Materialwiderstand Steine, solide Metallgegenstande oder Plattenrustungen entzweigeschnitten werden, sind Fiktion. In Anbetracht der Druck- bzw. Zugfestigkeit und Harte von Eisen, Stahl sowie Gesteinen sind solche Schnitte physikalisch nicht moglich.
Als ein exklusives Attribut des japanischen Schwertes wird gern seine angeblich phanomenale Scharfe angegeben. Dies scheint so gewesen zu sein, denn bei dem Besuch von
Hasekura Tsunenaga
in Europa im 17. Jahrhundert wurde dies bemerkt. Diese Behauptung wird aus der Tatsache abgeleitet, dass die Harte der Schneide des Katana fur gewohnlich die der europaischen Originale ubersteigt (55?58 HRC gegen 64?67 HRC des jap. Katana).
[20]
[21]
Die Harte der Schneide hat aber tatsachlich keine Auswirkung auf die Scharfe an sich ? hier werden
Schnitthaltigkeit
und Scharfe verwechselt. Tatsachlich kann eine geringere Duktilitat des Schneidenstahls der Scharfe im mikroskopischen Bereich sogar abtraglich sein.
[22]
Der weiche Kern und der Klingenrucken (
Mune
) des Katana sorgen außerdem dafur, dass sich die Waffe bei Belastung schnell verbiegt, denn nur so kann die Spannung absorbiert werden und die harte Schneide intakt bleiben. So erklaren sich auch viele Scharten und Verbiegungen an historischen japanischen Klingen. Bei steiferen Klingen und hoherer Harte des Kerns steigt erwartungsgemaß die Gefahr der Ausbruche an der Schneide bei zu hohen Belastungen. Die haufig zitierte ?Harte bei gleichzeitiger Elastizitat“ ist also ein Kompromiss und keine Vereinigung zweier gegensatzlicher Eigenschaften.
Auch gibt es die Meinung, dass Katana im Vergleich zu anderen Schwertern sehr dunn seien, was zu einer steilen Klingengeometrie und somit außerordentlichen Schnittleistung fuhre. Dabei werden oft ausgerechnet europaische Schwertwaffen als extrem dick angenommen; moglicherweise nur, weil die sichtbar breiteren Klingen automatisch auch fur dicker gehalten werden, oder wegen der aufgrund ihrer Schlagkante dick erscheinenden Fechtwaffen, die beim Szenenfechten und Schaukampf verwendet werden. Tatsache ist aber, dass eine Nihonto-Klinge 6 bis 9 Millimeter dick ist und diese Dicke bis zum Ort (Kissaki) hin kaum abnimmt, wahrend europaische Schwerter an der Klingenwurzel bis 8 mm und im Ortbereich zuweilen nur 2 mm Dicke aufweisen.
[23]
[24]
[25]
Japanische Schwerter sind also tatsachlich dicker als z. B. die Originalschwerter des europaischen Mittelalters.
Letztlich ist die Klingendicke nur eine makroskopische Große von mehreren, die zusammen mit dem mikroskopischen Aufbau die Scharfe einer Klinge definieren.
[22]
Das dem Katana zugehorige Fechtsystem
Kenjutsu
wird in popularwissenschaftlichen Printmedien und TV-Sendeformaten oft sehr unprazise behandelt. Die Grenzen zwischen
Kend?
, Kenjutsu und
Aikid?
werden meist verwischt und so ein moderner Sport wie Kend? oft irrtumlich als ?uralte Schwertkampfkunst“ bezeichnet. Die Vorstellung der Offentlichkeit uber den japanischen Schwertkampf basiert großtenteils auf Samurai-Filmen, Hollywood-Darstellungen des fernen Ostens oder besonders bei den jungen Rezipienten auf Anime-Serien wie
Naruto
oder
Kenshin
. Vorstellungen eines
intrinsischen
Totungspotentials einer Waffe stammen aus
Computerspielen
und haben mit realem Blankwaffengebrauch nichts gemein. Aufgrund dieser Tendenz und der weitraumigen Verbreitung der Missverstandnisse aus dem 18. und 19. Jahrhundert bezuglich der
europaischen Schwertwaffen
wird oft die Meinung geaußert, das Katana sei in puncto Geschwindigkeit allen anderen Schwertern uberlegen wegen seines im Vergleich zu anderen Klingenwaffen angeblich geringen Gewichts. Wenn man aber die Tatsache betrachtet, dass ein durchschnittliches Katana ebenfalls wie das europaische Kampfschwert (Typ X bis XIV nach der
Oakeshott-Klassifikation
) um 1100?1200 Gramm gewogen hat, bleibt die o. e. Behauptung zumindest zweifelhaft. Den
Sabel
(0,9?1,1 kg), das
Rapier
(bis 1,4 kg) und das romisch-germanische
Spatha
(0,6 bis 1,2 kg) gab es ebenfalls in Gewichten unter 800 Gramm (Bsp.: die russisch-kaukasische
Schaschka
). Damit befindet sich das Katana gewichtsmaßig eher im mittleren Bereich. Die beidhandige Fuhrung bei einer durchschnittlichen Klingenlange um die 70 cm hat in anderen Kulturkreisen ebenfalls ihre Entsprechungen (z. B. das europaische
lange Messer
). Hiermit existieren in Wirklichkeit keine logisch nachvollziehbaren Grunde fur eine bedeutend schnellere Fechtweise mit dem Katana als bei anderen historischen Fechtstilen. Argumente wie die historische Abwesenheit hochentwickelter Fechtlehren und qualitativer gebrauchstuchtiger Waffen bei anderen Volkern außerhalb des sino-japanischen Kulturkreises entsprechen aus wissenschaftlicher Sicht nicht den archaologisch und historisch belegten Tatsachen.
Es gibt auch Missverstandnisse, die in die andere Richtung gehen; so wird oft behauptet, dass
Nihont?
reine Hiebwaffen darstellten und nur zur Bekampfung ungepanzerter Gegner geeignet waren. Dabei spielt die Tatsache eine große Rolle, dass heute nahezu alle authentischen japanischen Schwerter fur sportliche Aktivitaten wie
Tameshigiri
und
Iaid?
geschmiedet werden. Die sogenannten Koto-Schwerter (?alte Schwerter“, grob gesagt vor und wahrend des 16. Jahrhunderts hergestellt) weisen eine hohe Variabilitat auf, was Klingengeometrie, Krummung, Balance und Gewicht angeht, wobei das Grundkonzept des Nihont? immer gleich blieb. Ihre primare Aufgabe war die Bekampfung der japanischen Rustungen, die unter anderem Eisen und Stahl (z. B. Helme) enthielten. Deswegen sind die klassischen japanischen Schwerter aus der Zeit der Kriege und Auseinandersetzungen vor dem
Tokugawa-Shogunat
bestens an die Rustungen der damaligen Zeit angepasst und eignen sich also fur mehr als nur zum Schneiden weicher Ziele.
[15]
Eine wichtige Unterscheidung: das Katana entstand in seiner heutigen Form erst im 17. Jahrhundert, die Schlacht-Schwerter vor dem Tokugawa-Shogunat waren in der Regel keine Katana und wurden entsprechend anders eingesetzt.
Das konkrete Einsatzgebiet des Katana wird sehr oft vernachlassigt oder verzerrt. Es wird unter anderem angegeben, dass das Katana sich bestens zur Bekampfung jeglicher Art von Rustung eigne und in nahezu jeder erdenklichen Kampfsituation eingesetzt werden konne. Solche Vorstellungen lassen aber zu deutlich den Einfluss der modernen Samurai- und Ninja-Filme erkennen, die gewohnlich mit der historischen Kriegsfuhrung nichts zu tun haben. Bis zur
Edo-Zeit
waren die Samurai primar berittene Bogenschutzen, wobei ihr Schwert
Tachi
nur in einer Notsituation eingesetzt wurde. Erst durch eine Verordnung des
Sh?guns
Tokugawa Ieyasu
wurde das im 15. Jahrhundert aus dem
Uchigatana
hervorgegangene Katana als ?Seele des Samurais“ verklart, wobei die klassischen Kriege zu Ross in
voller Rustung
fur immer in die Vergangenheit ruckten. Das Katana an sich war somit von vornherein eine personliche Duellwaffe fur schwach oder gar nicht gerustete Gegner, die ihre endgultige Form (Montierung, Politur, Gestaltung) erst im 17. Jahrhundert erlangte. Hiermit kam das Katana des 17. bis 19. Jahrhunderts so gut wie gar nicht in Beruhrung mit
Lamellenpanzern
, Brustpanzern oder traditionellen
?yoroi
-Rustungen der fruheren Zeiten. Seine angeblich panzerbrechenden Eigenschaften oder die universelle Eignung fur alle Belange des Schlachtfeldes entbehren hiermit jeglicher historischer Grundlage. Im Gegensatz dazu sei vermerkt, dass die europaischen Schwerter des
Hoch-
und
Spatmittelalters
, zentralasiatische
Sabel
sowie nahostliche Klingenwaffen bei der Bekampfung von
Kettenpanzern
, Lamellenpanzern oder gar
Plattenrustungen
oft Spitzenbelastungen ertragen mussten, die bei japanischen Rustungen so nie auftreten konnten ? das Durchhauen eines Kettenpanzers oder Durchstechen der Plattenrustung an der entsprechenden Stelle stellt sehr hohe Anforderungen an das Klingenmaterial und die
Warmebehandlung
der Klinge. Der Aufbau und die Hartung des Katana sind hiermit rein technisch ungeeignet zur Bekampfung von Plattenrustungen oder Kettenpanzern, diese konkrete relativ junge Schwertart (nicht zu verwechseln mit Tachi oder Nihont? an sich) diente ausschließlich reprasentativen Zwecken und als Duellwaffe gegen ungepanzerte Gegner.
Eines der haufigsten Argumente, das die Uberlegenheit der japanischen Klingen belegen soll, ist die Behauptung, dass die
Eisenluppe
?
Tamahagane
[26]
? aus dem japanischen
Rennofen
(
Tatara
) besonders rein sei oder durchgehend hohe Mengen an
Legierungsbestandteilen
wie
Molybdan
,
Vanadium
oder
Wolfram
enthielte. Die Rohluppe aus dem Rennofen ist jedoch ein Zufallsprodukt, dessen Gehalt an Schlacke und Kohlenstoff sehr weit auseinander liegen kann. Demzufolge ist jedes Stuck Tamahagane absolut individuell. Das Fachwissen des Schmiedes erlaubt diesem die Auswahl geeigneter Stucke, die moglichst schlackenfrei sein und einen Kohlenstoffgehalt zwischen 0,8?1,3 % besitzen sollen. Das japanische Eisenerz in Form des ?satetsu“ (Eisensand) war qualitativ gesehen nur von mittelmaßiger bis minderer Qualitat, weshalb auch die langwierigen Raffiniertechniken durch Falten und Ausschmieden zur Reinigung des Stahls notwendig waren (siehe Yoshihara, Tanimura). Die Qualitat des japanischen Stahls und das große Konnen der japanischen Schmiede besteht also eher in ihrer Fahigkeit, aus mittelmaßigen Ausgangsmaterialien qualitativ gute bis sehr gute Klingen zu schmieden. Das erklart auch, warum die japanischen Schmiede zur Zeit des
Namban-Handels
und danach gern europaischen Exportstahl (?Namban-Tetsu“) verwendeten. Die Qualitat der japanischen Klingen grundet demnach nicht auf der Qualitat des Ausgangsmaterials als solchem.
Was die angeblichen Legierungsbestandteile angeht, so sind diese bei metallografischen Untersuchungen nicht in signifikant erhohten Mengen festgestellt worden.
[27]
Abgesehen davon, dass ein Rennofen nicht die zur Herstellung von niedrig bzw. hochlegierten Stahlen erforderliche Temperatur aufbringen kann, weisen moderne Stahle trotz aller moglicher Kombinationen oben genannter Elemente keine ?erstaunlichen Eigenschaften“ auf, die oft dem japanischen Stahl durch die Medien zugeschrieben werden. Das Vorhandensein von Molybdan und Vanadium in signifikant hohen Anteilen sowie von Nano-Strukturen
[28]
im japanischen Stahl ist eigentlich bisher nicht nachgewiesen worden; es ist im Grunde eine falsche Analogie zu
Wootz
und der Rolle des Vanadiums als
Karbid
-Bildner,
[29]
die einer wenig sorgfaltigen Berichterstattung der Medien geschuldet ist.
Das Katana wird normalerweise in einer bestimmten Reihenfolge und mit diversen Utensilien gereinigt und gepflegt (sofern keine
Scharten
vorhanden sind, was den Einsatz von Schleifsteinen notig macht).
- Mit einem wenn moglich saurefreien, speziellen Papier (
Japanpapier
= Nuguigami) wird die Klinge von oberflachlichem Schmutz und altem
Kamelien
- (Tsubaki-Ol, Tsubaki Abura) oder
Nelkenol
(Choji-Ol) befreit. Nuguigami muss vor dem Verwenden intensiv ?geknetet“ werden, um alle groben Partikel zu entfernen, ansonsten kann es zu extrem feinen Kratzern auf der Klinge fuhren ? dies hangt von der Qualitat des Papiers ab. Moglich sind notfalls auch chlorfreies
Zellstoff
-Toilettenpapier oder -taschentucher ohne Parfumierung oder Wirkstoffe wie
Aloe vera
.
- Die Klinge kann bei Verschmutzungen mit
Kalksteinpuder
(Uchiko) eingepudert werden. Dieses hat eine reinigende und leicht polierende Wirkung, ohne Kratzer zu erzeugen. Mit einem neuen Stuck Japanpapier (Nuguigami) und dem Puder werden Olreste und Verunreinigungen wegpoliert.
Im Rahmen einer normalen Reinigung genugt ein leichtes Abwischen der Oberflache, ohne dabei wesentlichen Druck auszuuben.
Stellen mit sichtbarem, leichten Flugrost oder Folgen von Speichelspritzern, Fingerabdrucken o. a., kann im begrenzten Rahmen ebenfalls mit Uchiko entfernt werden. Hierbei darf man aber niemals versuchen, durch festes Reiben der betroffenen Stellen diese schnell zu 'reparieren'. Die Folge ware eine verkratzte oder blankpolierte Stelle und eine zerstorte Politur.
Unter Verwendung von Uchiko der hochsten Qualitat (d. h. feinst-gemahlen) sind die betroffenen Areale stattdessen mit nur minimal (gegenuber der Behandlung der ubrigen Klingenflache) erhohten Druck und nur jeweils kurz zu behandeln. Danach die Klinge leicht olen (s. u.) und die Prozedur erst nach einigen Tagen wiederholen. Diese Art der ?Reparatur“ kann durchaus mehrere Wochen oder gar Monate dauern und erfordert Ausdauer und Geduld, bis die Schadstelle verschwunden ist, aber nur so ist eine weitgehend politurerhaltende Reparatur moglich. Bei großeren Schaden oder wenn das empfohlene Verfahren nicht mehr hilft, bleibt nur die Neupolitur.
Allerdings tragt der langfristige Gebrauch von Uchiko aufgrund seiner minimal abradierenden (oberflachen-abtragenden) Eigenschaft auch letztendlich bedeutend zur ?Ermudung“ der Politur bei. Daher sollte die Haufigkeit des Gebrauch von Uchiko zur Klingenreinigung besser auf ein Minimum begrenzt werden. Die Erneuerung einer Politur ist immer ein Abrasionsprozess und ?Togi“ (japanischer Profi-Schwert-Polierer) sind außerhalb Japans selten.
Eine Alternative bzw. Erganzung zum Uchiko stellt hochreines
Ethanol
(Spiritus, Weingeist, mind. 90 %) aus der Apotheke dar.
Nach dem ersten, trockenen Abwischen der Klinge mit dem Nuguigami (Japanpapier, s. o.) bzw. einem Stuck chlor- und saurefreien, weichen Zellstoffs, erfolgt das maßvolle Tranken eines neuen, sauberen Stuckes Papier mit 90 % Ethanol, mit dem dann die Klinge in langen Zugen und ohne großen Druck abgewischt wird. Dabei wird die wischende Hand immer von der stumpfen Klingenruckenseite her an der Klinge entlanggefuhrt, um Schnittverletzungen zu vermeiden.
Man wartet kurz, bis der Alkohol sichtbar verdunstet und die Klinge trocken ist, wischt dann nochmals mit einem neuen, trockenen und weichen Stuck Papier kurz nach und olt wie nachfolgend beschrieben zum Abschluss die Klinge ein. 90 % Ethanol ist prinzipiell fur alle Katanastahle geeignet, sowohl historische (Tamahagane) wie auch moderne. Bei wertvollen Klingen empfiehlt sich sicherheitshalber vorab eine Testreinigung einer kleinen unkritischen Stelle, z. B. des Ji unter der Habakiflache.
Ein wichtiger Hinweis:
Die kleine Flache des Ji (seitliche Klingenoberflache) unter der Habaki (Klingenzwinge) muss bei jeglichen Reinigungen immer
in
Richtung der Nakago (Angel) hin abgewischt werden, niemals in Richtung der Klinge!
Diese Stelle ist ein Schmutzfanger, oft lagern sich dort auch Metallpartikel der Habaki oder Rostpartikel von der Nakago (Angel) an. Ein Wischen in Richtung der Klinge befordert diese dann auf die Klingenflache und verursacht mit der Zeit Kratzer.
Beim Einolen sollte man auch diesen Bereich eher mit einem Extra-Ol-Tuch oder mit der olbefeuchteten Fingerkuppe behandeln (in Angelrichtung arbeiten), aber nicht mit dem gleichen Tuch, mit dem der restliche Klingenkorper behandelt wird.
- Die Klinge wird nach dem Saubern wieder mit speziellem Kamelien- oder Nelkenol eingeolt. Man benutzt dazu ein
Yoshinogami
-Tuch (sehr dunnes Japanpapier) oder Watte. Dazu benutzt man ein frisches Stuck Zellstoff oder Japanpapier. Atherisches Nelkenol, wie man es in Europa in Apotheken kaufen kann, ist vollig ungeeignet und kann die Klinge beschadigen. Das Ol sollte sehr sparsam verwendet werden, so dass sich ein hauchdunner Olfilm bildet. Dieser Film schutzt die Klinge vor
Flugrost
und Luftfeuchtigkeit. 1?2 Tropfen genugen vollig. Es darf allerdings kein Ol auf der Klinge ?stehen“, weil sonst Holzpartikel und Staub aus der Scheide an der Klinge kleben wurden. Bei Bewegungen der Klinge in der Saya wurden dann Kratzer entstehen. Diese Pflegeprozedur sollte je nach Luftfeuchtigkeit wenigstens alle drei Monate wiederholt werden.
- Die Schwerter sind vollstandig zerlegbar; die Klinge wird durch einen Stift (Mekugi) aus Bambus, Horn oder auch Holz, selten aus Metall, im Griff (Tsuka) fixiert. Der Stift kann bei Bedarf herausgedruckt werden, wobei man ein kleines hammerahnliches Werkzeug (Mekuginuki) aus
Messing
benutzt. Bei alten Originalen sollte man die
Angel
bzw.
Nakago
nicht verandern (Rost entfernen, schleifen oder einolen), sondern einen Fachmann zu Rate ziehen, da die Angel, deren Zustand und gegebenenfalls die Inschriften fur die Einstufung (Alter/Echtheit) und Wertbeurteilung wichtig sind.
- Wenn man die Klinge begutachten oder halten will, benutzt man ein Stuck Seidenstoff (Fukusa). Man sollte eine Klinge nicht mit der Hand beruhren. Fruher musste man sogar ein Stuck Papier zwischen den Lippen halten, um durch das Atmen keine Verunreinigungen zu erzeugen.
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