Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Der Begriff
Karluk
oder
Qarluq
ist mehrdeutig, weitere Bedeutungen sind unter
Qarluq
aufgelistet.
Die
Karluken
(
altturkisch
Qarluq
;
arabisch
/
persisch
??????
,
tibetisch
Gar-log
) waren eine historische
Stammesfoderation
turkischer
Steppennomaden im fruhmittelalterlichen
Mittelasien
.
Aus den Reihen versklavter Karluken in Diensten der
Samaniden
gingen unter anderem die spateren
Ghaznawiden
-Herrscher von Chorasan und Nordindien hervor.
[1]
Um 600 lebten die Karluken nordlich des
Balchaschsees
.
[2]
Sie waren anfanglich von relativ untergeordneter Bedeutung. Selbst
Mahmud al-K?schghar?
erwahnt die Karluken nicht in der Aufzahlung der 20 turkischen Stamme in der Einleitung seines
diw?n lugh?t at-turk
. Nach
uigurischen
Quellen bildeten diese um 760 eine Stammesfoderation aus drei
Clans
. Das Werk
Hud?d al-??lam
erwahnt allerdings, dass die Karluken aus sieben Stamme bestanden. Um 700 lebten die Karluken in der spater so genannten
Dsungarei
.
[3]
Nach dem Verfall des
Zweiten Turk-Kaganats
und seiner Ablosung 745 durch das
Uigurische Kaganat
verlagerten die Karluken im 7. und 8. Jahrhundert ihre Wohnsitze schrittweise aus dem
Changai-Gebirge
und
Altai
an das Ostende des
Balchaschsees
und weiter in das
Siebenstromland
. Ab 744 wird von einem ?Reich der Karluken“ gesprochen,
[4]
das sich vor allem auf die reichen sogdischen Stadte des Siebenstromlandes stutzte. Da sich das Otuken-Gebirge, ein heiliger Ort fur die Turken, in ihrem Herrschaftsbereich befand, sahen sie sich als Nachfolger des vormaligen Reiches der Kok-Turken.
[5]
Etwa 766 losten die Karluken die damals vorherrschenden
Turgesch
als Oberschicht der
Nomaden
in
Turkestan
ab, besetzten die Stadte
Suy?b
(die ehemalige Hauptstadt der Turgi?) und
Tar?z
.
[6]
Sie gewannen auch Einfluss in
Ferghana
. Damit beherrschten die Karluken die Gebiete zwischen
Altai
und
Syrdarja
, verdrangten auch die
Oghusen
weiter westwarts an den
Aralsee
, standen aber weiterhin unter dem Druck und der Oberherrschaft der Uiguren.
791/792 galten die Karluken als Verbundete der
Tibeter
und versuchten mit ihnen gemeinsam die Herrschaft uber Ostturkestan zu erlangen, wurden jedoch von den Uiguren besiegt. Aber auch gegen die Araber in Mittelasien gab es verschiedene Bundnisse und Kampfe, z. B. unterstutzten sie um 776 den
Mukanna
-Aufstand. Um 800 siedelten die Karluk im
Siebenstromland
.
[7]
Schließlich wurden die Gebiete der Karluk nach einer massiven Kampagne des Uiguren-Khaqans
Qut Bulmish
(reg. 808?821, er kam bis an den Syrdarja und kampfte dort gegen die Araber) 820/821 dem Uiguren-Reich eingegliedert. Doch bereits 840 wurden sie wieder selbstandig und konnten sich einige Gebiete Ostturkestans aneignen.
Nach spateren Quellen (
Al-Marwazi
) vereinigten sich unter ihrer Fuhrung neun Stammesgruppen: drei Gruppen der
Tschigil
, drei Gruppen der B.gh.sk.l, dazu die
Bulaq
,
Kokerkin
und
Tukhsi
. Diese Zusammensetzung war aber nicht stabil und unterlag im Laufe der Zeit wahrscheinlich einer Anzahl von Veranderungen, wofur auch das Vorhandensein einiger weiterer Stammesnamen spricht. Vielleicht zahlten auch die
Yaghma
dazu, die im 10. Jahrhundert analog zu den Karluken uber verschiedene Gebiete Turkestans verstreut waren.
[8]
Die Karluken hatten, wie bei
Nomaden
damals ublich, zwei gemeinsam regierende Fursten uber sich: den ?
Arslan Qara Khaqan
“ im Osten und den ?
Bugra Qara Qagan
“ im Westen. Der westliche Teilherrscher
Oghulchak Kadir Khan
fuhrte beispielsweise Krieg gegen die
Samaniden
(893, 903?904). 893 wurde er von Ismail I. (reg. 892?907) geschlagen, der bis an den
Talas
vordrang und viele Gefangene machte. Dabei wurden viele Karluken versklavt, zum
Islam
bekehrt und standen in der Folge als Militar- und Hofsklaven (
ghul?m
) in den Diensten der Samaniden. Aus den Reihen dieser Militarsklaven gingen unter anderem die spateren
Ghaznawiden
-Herrscher von Chorasan und Nordindien hervor.
[1]
Die
turkische
Herrscherdynastie der
Karachaniden
, die im 11. und 12. Jahrhundert
Mittelasien
beherrschte, wird haufig auf einen Zweig der Karluken zuruckgefuhrt.
- V. V. Barthold
:
History of the Semirechye.
In: Ders.:
Four Studies on the History of Central Asia. Volume I.
E. J. Brill, Leiden 1956, Abschnitt
The Qarluq:
S. 86?92 (russische Erstveroffentlichung: Almaty 1893)
- Helmut Hoffmann:
Die Qarluq in der tibetischen Literatur.
In:
Oriens
, Vol. 3, No. 2, Oktober 1950, S. 190?208
- Denis Sinor
(Hrsg.):
The Cambridge History of Early Inner Asia.
Cambridge University Press, Cambridge 1990
- Marion Linska, Andrea Handl, Gabriele Rasuly-Paleczek:
Einfuhrung in die Ethnologie Zentralasiens
.
Skriptum. Wien 2003; abgerufen am 13. Dezember 2019.
- ↑
a
b
C. E. Bosworth:
Samanids
. In:
The Encyclopaedia of Islam. New Edition
. Band 8, Brill, Leiden 1995, S. 1025?1031, hier S. 1026 (“
One role which Ism?'?l inherited as ruler of Transoxania was the defence of its northern frontiers against pressure from the nomads of Inner Asia, and in 280/893 he led an expedition into the steppes against the Qarluq Turks, capturing ?alas and bringing back a great booty of slaves and beasts.
”)
- ↑
Siehe
Karte Asiens um 600 auf Commons
, abgerufen am 1. Januar 2020
- ↑
Siehe
Karte Asiens um 700 auf Commons
, abgerufen am 1. Januar 2020
- ↑
Linska, Handl, Rasuly-Paleczek, S. 61
- ↑
Linska, Handl, Rasuly-Paleczek, S. 61
- ↑
Michael Weiers
:
Qarluq
.
(PDF; 36 kB). In:
Abrisse zur Geschichte innerasiatischer Volker.
1998.
- ↑
Siehe
Karte Asiens um 800 auf Commons
, abgerufen am 1. Januar 2020
- ↑
Sinor:
The Cambridge History of Early Inner Asia.
S. 354?357.