Karl Ludwig von Knebel
, auch
Carl Ludwig von Knebel
(*
30. November
1744
auf
Schloss Wallerstein
bei
Nordlingen
; †
23. Februar
1834
in
Jena
) war ein deutscher
Lyriker
und
Ubersetzer
, sowie der ?Urfreund“ von
Johann Wolfgang Goethe
.
Karl Ludwig
Knebel
war der Sohn von Johann Georg Friedrich Knebel (* 13. Oktober 1697 in Bayreuth; † 3. Marz 1787 ebenda) und dessen Ehefrau Elisabeth Magdalene, geborene Mayer (* 7. Marz 1720 in Bayreuth; † 6. Marz 1805 in
Ansbach
). Sein Vater war
markgraflich Ansbacher
Geheimrat
,
Kreisgesandter
und
Lehnsprobst
, seine Mutter die Tochter des Hof- und Regierungsrates Martin Gottlieb Mayer. Der Vater erhielt den preußischen Adel 1756. Er hatte mehrere Bruder: Wilhelm (1741?1799), braunschweigischer Gesandter am Hof in Stuttgart, und
Christian Friedrich
(1743?1802), preußischer Generalmajor. Seine Schwester
Henriette
(1755?1813) war Erzieherin am Weimarer Hof und spater Gesellschafterin von
Karoline Luise von Sachsen-Weimar-Eisenach
.
Nach der
humanistischen
Schulbildung in
Nordlingen
begann Knebel 1764 in
Halle
ein
Jurastudium
, das er jedoch bald abbrach. 1765 wurde er im Regiment des Prinzen von
Preußen
Offizier. In dieser Zeit ubersetzte er romische Klassiker und unternahm erste eigene dichterische Versuche.
1773 beendete er seinen militarischen Dienst und reiste nach
Weimar
zu
Wieland
. Dort wurde er 1774 von Herzogin
Anna Amalia
von
Sachsen-Weimar-Eisenach
als Erzieher des Prinzen
Constantin
und als
Hofmeister
eingestellt. Er hielt sich mit seinem Zogling in
Tiefurt
auf, wo er den Grundstein zu ersten Anlagen des bekannten
Parkes
legte und am
Tieffurter Journal
mitarbeitete.
Von Dezember 1774 bis Mai 1775 begleitete er die Prinzen
Carl August
und Constantin auf einer Reise oder
Grand Tour
uber
Frankfurt am Main
,
Mainz
,
Karlsruhe
,
Straßburg
nach
Paris
, besuchte bei einem Zwischenhalt in Frankfurt
Goethe
und machte diesen mit den Prinzen bekannt.
[1]
Daraus ergab sich, dass Goethe nach Weimar eingeladen wurde. Knebel vermittelte klug, dass Goethe sich mit Wieland aussohnte, den er mit
Gotter, Helden und Wieland
satirisch attackiert hatte.
Als Goethe nach Weimar ubersiedelte, wurde Knebel dessen engster Freund (?Urfreund“). 1780 gab er sein Erzieheramt auf.
Im Jahr 1785 begleitete er Goethe auf seiner Reise von Weimar nach
Karlsbad
. Das von Knebel gefuhrte Tagebuch verzeichnet gemeinsame Beobachtungen zur
Geologie
in Ostthuringen, in deren Rahmen sich beide besonders fur vermeintlich
basaltische
Gesteine interessierten, die Goethe schon als
Pflasterstein
in
Neustadt an der Orla
aufgefallen waren. Daraufhin untersuchte Knebel die ihm von Goethe benannten
Aufschlusse
bei
Neunhofen
nach Ausdehnung und Erscheinungsformen. Goethe ging von seiner Vermutung, es seien ?Basalte“, wieder ab und hielt die dichten schwarzen Gesteine fur
Tonschiefer
. Spater wurden sie jedoch als
Grauwacken
identifiziert, die in
Wechsellagerung
mit Tonschiefern liegen. Auf ihrer weiterfuhrenden Reise nach
Hof
und
Wunsiedel
sammelten beide weitere Beobachtungen im
Thuringischen Schiefergebirge
, wobei sie keine Indizien fur ein vermutetes ?
basaltisches Gebirge
“ fanden. Knebel und Goethe leisteten auf diesem Wege einen fruhen Beitrag zur geologischen Erkundung dieser Region.
[2]
Im Jahr 1798 heirateten Karl Ludwig Knebel und Luise von Rudorff. Sie war von 1791 bis 1794
Kammersangerin
in Weimar und Geliebte des Herzogs
Carl August von Sachsen-Weimar
. Das Ehepaar adoptierte Rudorffs Sohn
Carl
(1796?1861), spater Major und Polizeidirektor in Ebersdorf, aus Luises Verhaltnis mit Carl August. Ihre Eltern waren der preußische
Rittmeister
Friedrich Wilhelm Rudorff
und dessen Ehefrau
Catharina Charlotte von Britzke
. Luises Lebenswandel wurde allgemein missbilligt, so dass man Goethes
Xenion
An den neuen Sankt Antonius
[3]
(?Herr Bruder, Welch Luder Bringst du in deine Einsiedelei! … Gott steh uns bei!“) auf die Heirat Knebels bezieht. Er zog mit seiner Ehefrau zunachst nach
Ilmenau
, 1805 siedelte das Paar nach
Jena
uber. Dort starb Knebel am 23. Februar 1834.
Die Weimarer Klassik ist ohne Karl Ludwig von Knebel nicht zu denken: Der einfuhlsame Denker und hochbegabte Kopf war nicht nur Goethe, sondern auch
Johann Gottfried Herder
ein unersetzlicher Begleiter. Mit seiner Fahigkeit, sich in die Werke seiner Freunde hineinzudenken und daran Anteil zu nehmen, hat er auch Einfluss auf die Entstehung ihrer Schriften genommen: ?Man darf seine Stellung fur den deutschen Idealismus nicht unterschatzen“, sagt Knebels erster Biograf,
Hellmuth von Maltzahn
, ?sind es doch gerade die aufnehmenden und weitergebenden Geister, die erst wahrhaft eine Kultur schaffen, und ohne die die Anreger und Schopfer vergeblich wirken wurden“.
[4]
Es ist gewiss auch bedeutsam, dass sich ein gemaltes Portrat von Knebel auch im Rokokosaal der
Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek
befindet. Nicht zufallig befindet es sich unter dem bekannten Bild von
Johann Joseph Schmeller
, wo Goethe seinem Schreiber John einen Text diktiert. Die Beziehung Goethes zu seinem ?Urfreund“ wird auch damit angedeutet.
- 1770 veroffentlicht er im
Gottinger
Musenalmanach
;
- 1779, am 6. April, spielte er den Thoas in Goethes
Iphigenie auf Tauris
;
- ubersetzt er das
Trauerspiel
?Saul“
von
Vittorio Alfieri
;
- 1815 erscheint seine Sammlung ?
Kleine Gedichte
“;
- 1821 erscheint dann seine Ubersetzung von
Lukrez
’
De rerum natura
sowohl in einer einsprachigen als auch in einer zweisprachigen Fassung bei
Goschen
, noch ohne Namensnennung;
- 1831 erscheint, diesmal unter Knebels Namen, die einsprachige Version der Lukrez-Ubersetzung in der zweiten verbesserten Auflage, sie wird, teilweise in uberarbeiteter Fassung, bis 1960 mehrfach nachgedruckt. Knebel ist damit der erfolg- und einflussreichste der fruhen deutschen Lukrez-Ubersetzer.
Goethe erwahnt seinen Vertrauten im Gedicht
Ilmenau
.
- Varnhagen von Ense, Karl August
& Mundt, Theodor (Hrsg.):
K. L. von Knebel's literarischer Nachlaß und Briefwechsel.
3 Bde. Leipzig 1835?1840.
- Duntzer, Heinrich
(Hrsg.):
Karl Ludwig von Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette (1774-1813).
Jena 1858.
- Duntzer, Heinrich (Hrsg.):
Zur deutschen Literatur und Geschichte : ungedruckte Briefe aus Knebels Nachlaß.
2 Bde. Nurnberg 1858. (
Digitalisate
in der Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern)
- Ders.:
Von und an Herder. Ungedruckte Briefe aus Herders Nachlaß.
3 Bde. Weimar 1861/62.
- Guhrauer, G. E.
(Hrsg.):
Briefwechsel zwischen Goethe und Knebel. (1774?1832).
2 Theile in 2 Bdn. Lpz.: Brockhaus, 1851.
- Jakob Minor
:
Karl Ludwig von Knebel
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 275?278.
- Hellmuth von Maltzahn:
Karl Ludwig von Knebel. Goethes Freund.
Jena 1929.
- Adalbert Elschenbroich:
Knebel, Karl Ludwig von.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980,
ISBN 3-428-00193-1
, S. 169?171 (
Digitalisat
).
- Walter Hettche
:
Mit dem zartlichsten Gefuhle. Karl Ludwig von Knebel im Briefwechsel mit Johann Wilhelm Ludwig Gleim.
In: Schriften der Darmstadter Goethe-Gesellschaft, Heft 1, S. 7?37, Bernstein-Verlag, Bonn 2011,
ISBN 978-3-939431-59-6
.
- Arne Eppers:
Knebel. Eine Erzahlung
. Hannover: Wehrhahn 2014.
ISBN 978-3-86525-364-4
- ↑
Gero von Wilpert
:
Goethe-Lexikon
(=
Kroners Taschenausgabe
.
Band 407). Kroner, Stuttgart 1998,
ISBN 3-520-40701-9
, S. 571.
- ↑
Rudolf Hundt:
Goethe und die Geologie Ostthuringens
. Gera 1949, S. 33?35
- ↑
Goethe
:
Zahme Xenien VIII
- ↑
Hellmuth von Maltzahn:
Karl Ludwig von Knebel. Goethes Freund
. Frommannsche Buchhandlung, Jena 1929, S. 160.