Ferdinand Braun

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Karl Ferdinand Braun (* 6. Juni 1850 in Fulda ; † 20. April 1918 in New York ) war ein deutscher Physiker , Lehrer, Elektrotechniker und Nobelpreistrager (1909, gemeinsam mit Guglielmo Marconi ), der in besonderem Maße daran mitwirkte, die von Heinrich Hertz 1888 experimentell nachgewiesene elektromagnetische Strahlung nachrichtentechnisch nutzbar zu machen. Auch sehr bekannt wurde er durch die Erfindung der Halbleiterdiode , nachdem Frederick Guthrie einen anderen, auf Hitze basierenden Gleichrichtereffekt entdeckte.

Ferdinand Braun, 1909

Familie und Ausbildung

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Geburtshaus von Karl Ferdinand Braun, Fulda

Als sechstes von sieben Kindern des kurhessischen Gerichtsbeamten Konrad Braun besuchte Ferdinand das Domgymnasium Fulda . [1] Nach dem Abitur studierte er 1868/69 Mathematik und Naturwissenschaften an der Philipps-Universitat Marburg . 1868/69 wurde er Konkneipant , am 6. Mai 1878 Corpsschleifentrager der Teutonia Marburg . [2] [3] Dem Corps gehorten auch seine Bruder Philipp und Adolf an. Sein altester Bruder war Wunibald Braun , der Mitgrunder der Firma Hartmann & Braun .

1869 ging Braun nach Berlin, wo er im Privatlabor von Heinrich Gustav Magnus arbeiten durfte, was als besondere Auszeichnung galt. Nach Magnus’ Tod im Fruhjahr 1870 setzte Braun seine Studien bei Georg Hermann Quincke fort. Uber Saitenschwingungen promovierte er 1872 zum Doktor der Physik ( Dr. phil. ) [4] bei Quincke und folgte diesem als Assistent von 1872 bis 1874 an die Universitat Wurzburg . [5] Im Jahre 1885 heiratete Braun Amelie Buhler aus dem badischen Lahr; sie bekamen zwei Sohne und zwei Tochter.

Tatigkeit als Lehrer

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Braun legte 1873 in Marburg das Staatsexamen fur Gymnasiallehrer ab und nahm im folgenden Jahr eine Anstellung als zweiter Lehrer fur Mathematik und Naturwissenschaften an der Thomasschule Leipzig auf. Dort betrieb er nebenbei wissenschaftliche Untersuchungen der Schwingungs- und Stromleitung, wobei ihm die Entdeckung der Halbleiter - Diode gelang. Zu dieser außert er sich in den Annalen der Physik und Chemie von 1874: ?… bei einer großen Anzahl naturlicher und kunstlicher Schwefelmetalle … der Widerstand derselben verschieden war mit Richtung, Intensitat und Dauer des Stroms. Die Unterschiede betragen bis zu 30 % des ganzen Wertes“.

Dieser Gleichrichtereffekt an Bleisulfidkristallen widersprach dem Ohmschen Gesetz . Eine Erklarung fand Braun trotz intensiver Forschung nicht ? das gelang erst im 20. Jahrhundert nach der Entwicklung der Quantenphysik .

In Leipzig erschien 1876 sein einziges Buch: ?Der junge Mathematiker und Naturforscher ? Einfuhrung in die Geheimnisse der Zahl und Wunder der Rechenkunst“, das 2018 wiederaufgelegt wurde.

Tatigkeit als Professor

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1877 wurde Braun zum außerordentlichen Professor fur Theoretische Physik in Marburg ernannt. Er ging 1880 nach Straßburg und erhielt 1883 eine ordentliche Professur fur Physik an der Universitat Karlsruhe . Hier entwickelte er 1884 das Elektrische Pyrometer . 1884 erhielt er einen Ruf der Eberhard-Karls-Universitat Tubingen und wirkte dort ab 1. April 1885 in leitender Funktion an der Grundung und dem Aufbau des Physikalischen Instituts mit. Hier beschrieb er 1887 auch das Le Chatelier -Braun-Prinzip ( Prinzip vom kleinsten Zwang ) und entwickelte das Braunsche Elektrometer . Kurz darauf erfolgte 1889 die erste Demonstration der Braunschen Rohre , die noch eine kalte Kathode besaß und nur ein geringfugiges Vakuum aufwies. 1895 wurde er Direktor des Physikalischen Instituts und Professor der Kaiser-Wilhelms-Universitat Straßburg . Nach der Erfindung der drahtlosen Telegraphie 1898 gehorte er zu den Mitbegrundern der Funkentelegraphie GmbH in Koln. Kurze Zeit darauf, im Jahre 1903 war er Mitbegrunder des Unternehmens Telefunken in Berlin. 1905/06 war er Rektor der Universitat Straßburg. [6] Im Jahre 1906 war er an der Entwicklung des ersten Kristallempfangers mitbeteiligt.

Braun galt unter seinen Studenten als Meister des verstandlichen Vortrags und des auch fur Laien spektakularen Experiments, ein Stil, der sich auch schon in seinem schon erwahnten Lehrbuch ?Der junge Mathematiker und Naturforscher“, dessen Inhalt locker und teilweise humorig daherkommt, gezeigt hatte. Zudem verfasste er zahlreiche Beitrage fur die Satirezeitschrift Fliegende Blatter .

Von seinen Schulern sind Jonathan Zenneck , ein Pionier der Ionospharenforschung , sowie Leonid Isaakowitsch Mandelstam und Nikolai Dmitrijewitsch Papalexi als Begrunder der russischen Hochfrequenztechnik , hervorzuheben. Max Dieckmann war Doktorand und Assistent bei ihm.

Ferdinand-Braun-Denkmal in Fulda

Erfindungen und Entwicklungen

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Braunsche Rohre

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Die noch heute anhaltende Bekanntheit verdankt Braun seiner Kathodenstrahlrohre , die nach ihm auch oft Braunsche Rohre genannt wird. Heute versteht man darunter stets eine Hochvakuum-Rohre, in der ein Elektronenstrahl in Horizontal- und Vertikalrichtung abgelenkt werden kann. Die erste Version, sie entstand 1897 in Straßburg, fiel aber bei weitem noch nicht so perfekt aus: sie besaß nur eine kalte Kathode und ein maßiges Vakuum, was 100.000 V Beschleunigungsspannung erforderte, um eine Leuchtspur des magnetisch abgelenkten Strahls erkennen zu konnen. Auch betraf die magnetische Ablenkung nur eine Richtung, die andere lief uber einen vor der Leuchtflache aufgebauten Drehspiegel ab. Die Industrie interessierte sich aber sofort fur diese Erfindung, weswegen sie umgehend weiterentwickelt werden konnte. Schon 1899 fuhrte Brauns Assistent Zenneck Kippschwingungen zur magnetischen Y-Ablenkung ein, spater folgten Gluhkathode, Wehnelt-Zylinder und Hochvakuum. Diese Rohre konnte nicht nur fur Oszilloskope verwendet werden, sondern wurde erstmals durch Manfred von Ardenne auch als ein grundlegendes Bauteil bei der ersten vollelektronischen Fernsehubertragung am 14. Dezember 1930, als sogenannte Bildrohre fur Fernsehgerate verwendet, obwohl Braun diese selbst als fur das Fernsehen ungeeignet bezeichnet hatte.

Mit Erfindung seiner Rohre begann Braun auch auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie zu forschen. Ein Problem in der Funktechnik bestand in einem zuverlassig funktionierenden Empfanger: Braun war es als Physiker gewohnt, sich mit reproduzierbaren Versuchsbedingungen zu beschaftigen, diesen Bedingungen entsprachen die damals ublichen Koharer -Empfanger aber kaum. So ersetzte Braun den Koharer durch einen Kristalldetektor , was damals einen großen Fortschritt in der Empfindlichkeit der Empfanger brachte ? auch wenn der Kristalldetektor immer wieder neu eingestellt werden musste. Erst die Elektronenrohre konnte den Kristalldetektor ablosen, der aber ? neben beispielsweise Germaniumdioden ? weiterhin fur einige Zeit in einfachen Empfangern Verwendung fand. Auch die ersten UKW-Radaranlagen nutzten noch einen Detektor.

Der technikbegeisterte Kolner Schokoladeproduzent Ludwig Stollwerck grundete Ende 1898 in Koln ein Konsortium zur Verwertung der Braun’schen Patente. Stollwerck brachte 560.000 Mark Gesellschaftskapital ein. Nach Erreichen der Funkverstandigung uber eine großere Entfernung wurde das Konsortium in die ?Professor Braun’s Telegraphie Gesellschaft GmbH“ umgewandelt, aus der spater die Telefunken AG hervorging. 1900 stellte Stollwerck den Kontakt zu Professor August Raps , Vorstand der ?Telegraphen-Bauanstalt Siemens & Halske“ her, die spater den Apparatebau ubernahm.

Der Braun-Sender
24. September 1900, Funkbrucke Cuxhaven ? Helgoland Kopsel, Braun, Zenneck
Von Ferdinand Braun mitentwickelte ?fahrbare Station fur drahtlose Telegraphie zu mili­tarischen Zwecken“ (1903)

Sendeseitig konnte Braun der Funktechnik ebenfalls zu gewaltigen Fortschritten verhelfen: Guglielmo Marconi hatte seinen Sender vorwiegend empirisch zustande gebracht, so dass ihn Braun mit Betrachten des physikalischen Hintergrunds verbessern konnte. Waren Schwing- und Antennenkreis ursprunglich eins, so trennte Braun diese beiden Teile. Nun gab es einen Primarkreis, bestehend aus Kondensator und Funkenstrecke, und einen daran induktiv gekoppelten Antennenkreis , wodurch sich damit die ausgesendete Energie in diesem System steigern ließ.

So kam es schon 1898 zu derart leistungsfahigen Anlagen, dass der Begriff ?Ferntelegrafie“ seine Berechtigung erhielt: konnten bislang nur bis zu 20 km uberbruckt werden, stiegen die Entfernungsrekorde von Monat zu Monat. Am 24. September 1900 gelang eine Funkbrucke zwischen Cuxhaven und Helgoland uber eine Entfernung von 62 km. [9] Am 12. Dezember 1901 empfing Marconi Funksignale von seiner Station Poldhu (Cornwall) auf dem Signal Hill bei St. Johns, Neufundland . Marconi verwendete einen Sender in Braun-Schaltung. Ob dieser Empfang tatsachlich moglich gewesen ist, ist in der Literatur umstritten.

Parallel dazu versuchte Braun, die Knallfunken-Technik zu ersetzen, welche nur gedampfte Schwingungen erzeugte. Es gelang ihm mit Wechselstromgeneratoren, die ungedampfte Schwingungen erzeugten, wahrend ihm eine Ruckkopplungsschaltung mit Elektronenrohren noch nicht gelang.

Zusammen mit Georg Graf von Arco und Adolf Slaby gehorte Ferdinand Braun zu den Entwicklern des Konzepts von ?fahrbaren Stationen fur drahtlose Telegraphie zu militarischen Zwecken“, das 1903 in einer praktischen Umsetzung durch AEG und Siemens & Halske mundete. Das System bestand aus zwei von Pferden gezogenen Wagen (?Vorder- und Hinterwagen“), wobei im Vorderwagen alle Sende- und Empfangsapparate sowie eine Batterie, im Hinterwagen Hilfs- und Resevemittel sowie eine Reservebatterie untergebracht waren. Dies ermoglichte in schwierigem Gelande eine Trennung der Wagen, weil die Station auch mit dem Vorderwagen allein betrieben werden konnte. [10]

Ein fruhes Problem des Richtfunks , die gezielte Ausrichtung von Sende- und Empfangsantenne zueinander, beschaftigte Braun ebenfalls sehr. So war er einer der ersten, denen eine gerichtete Abstrahlung gelang. Er optimierte die Wirkung von Antennen anhand von Berechnungen. [11] [12]

Braunsches Elektroskop

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Braun gilt als Erfinder des Zeiger elektroskops , das daher nach ihm benannt ist. [13]

Braun gehorte zu den Mitbegrundern der Funkentelegrafie GmbH in Koln (1898) und der Gesellschaft fur drahtlose Telegrafie Telefunken in Berlin (1903). Letztere fuhrte ihn 64-jahrig und mit angeschlagener Gesundheit nach New York: Die Großfunkstelle Sayville, das Pendant zu Nauen , sollte aufgrund von Patentstreitigkeiten ihren Betrieb einstellen. Der Prozess zog sich hin, woraufhin Braun vom Kriegseintritt der USA uberrascht wurde und deswegen nicht mehr zuruckreisen durfte.

Letzte Jahre und Tod

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Todesanzeige von Siemens & Halske und Telefunken fur Ferdinand Braun
Grabstatte von Karl Ferdinand Braun, Fulda

Wahrend des Ersten Weltkriegs lebte er als Kriegsinternierter [14] weitgehend ungestort in Brooklyn, bis er am 20. April 1918 an den Folgen eines Unfalls starb.

Sein Wunsch war es, in seiner Heimatstadt Fulda beigesetzt zu werden. Da eine Uberfuhrung wahrend des Ersten Weltkrieges nicht moglich war, gelang es seinem Sohn Konrad erst im Jahre 1921, die Urne mit den sterblichen Uberresten nach Fulda zu uberfuhren. Die Beisetzung fand am 4. Juni 1921 statt. Es waren nur wenige Menschen erschienen, da zur gleichen Stunde die Hauptkundgebung eines Diozesan-Katholikentages stattfand. Der Magistrat war nur durch einen untergeordneten Beamten vertreten.

  • Der junge Mathematiker und Naturforscher. Geheimnisse der Zahl und Wunder der Rechenkunst . Otto Spamer , Leipzig 1876 ( online ), aus der Reihe ?Illustrierte Jugend- und Hausbibliothek“ ? gekurzte Neuauflage mit einer Einfuhrung von Hans-Erhard Lessing, rororo 60808, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-499-60808-1 .
  • Drahtlose Telegraphie durch Wasser und Luft . Veit & Company , Leipzig 1901 ( online ) ? Nachdruck der Originalausgabe bei Severus, Hamburg 2010, ISBN 978-3-942382-02-1 .

Literatur und Medien

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Commons : Karl Ferdinand Braun  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Ferdinand Braun  ? Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Conny Gies: Ferdinand Braun ? ein genialer Fuldaer Erfinder . In: Susanne Bohl und andere (Hrsg.): Fulda. 50 Schatze und Besonderheiten . Michael Imhof Verlag, Petersberg 2016, ISBN 978-3-7319-0425-0 , 155?158.
  2. Blaubuch des Corps Teutonia zu Marburg 1825 bis 2000
  3. Kosener Corpslisten 1930, 104/530
  4. Ferdinand Braun: Ueber den Einfluss von Steifigkeit, Befestigung und Amplitude auf die Schwingungen von Saiten . Berlin 1872, doi : 10.18452/114 (Dissertation, Friedrich-Wilhelms-Universitat zu Berlin).
  5. Universitat Wurzburg (Fakultat fur Physik und Astronomie): Karl Ferdinand Braun. Biografie .
  6. Rektoratsrede (HKM)
  7. Mitglieder der Vorgangerakademien. Karl Ferdinand Braun. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften , abgerufen am 1. Marz 2015 .
  8. Feierliche Promotion zu Ehrendoktoren der Wiener Technischen Hochschule. Zeitschrift des osterr. Ingenieur- und Architekten-Vereines , Jahrgang 1917, S. 665 (online bei ANNO ). Vorlage:ANNO/Wartung/zia
  9. Ferdinand Braun: Drahtlose Telegraphie durch Wasser und Luft. Veit & Comp., Leipzig 1901. Nachdruck: Severus-Verlag, Hamburg 2010, ISBN 978-3-942382-02-1 .
  10. Die drahtlose Telegraphie im Armeedienste. Elektrotechnik und Maschinenbau , Jahrgang 1903, S. 296 (online bei ANNO ). Vorlage:ANNO/Wartung/zfe
  11. Funkentelegraphie und -telephonie. Uber den Ersatz offener Strombahnen durch geschlossene in der drahtlosen Telegraphie. Elektrotechnik und Maschinenbau , Jahrgang 1914, S. 781 (online bei ANNO ). Vorlage:ANNO/Wartung/emb
  12. Funkentelegraphie und -telephonie. Zur Berechnung von Antennen. In:  Elektrotechnik und Maschinenbau , Jahrgang 1915, S. 149 (online bei ANNO ). Vorlage:ANNO/Wartung/emb
  13. Sven H. Pfleger: Aus dem Physiksaal: Grundlagen und Experimente der klassischen Schulphysik , Seite 172. Teilweise Online verfugbar bei Google-Books
  14. Gottlieb Tesmer, Walther Muller: Ehrentafel der Thomasschule zu Leipzig. Die Lehrer und Abiturienten der Thomasschule zu Leipzig 1912?1932. Im Auftrag des Thomanerbundes, Selbstverlag, Leipzig 1934, S. 1.