Als
Kardinalskollegium
(bis 1983
Heiliges Kardinalskollegium
) wird die Gesamtheit aller
Kardinale
der
romisch-katholischen Kirche
bezeichnet.
Der Ursprung des Kardinalskollegiums und dessen Gliederung in die drei
Kardinalsklassen
Kardinalbischof
,
Kardinalpriester
und
Kardinaldiakon
liegt in den kirchlichen Verhaltnissen des
Bistums Rom
im
8. Jahrhundert
begrundet.
Papst
Stephan III.
bestimmte, dass abwechselnd die sieben
Bischofe
der umgebenden (
suburbikarischen
)
Bistumer
Ostia
,
Porto und Silva Candida
,
Albano
,
Frascati und Tusculum
,
Velletri
,
Prenestre (Palestrina)
sowie
Sabina
in der
Lateranbasilika
, der damaligen Hauptkirche des
Bistums Rom
, den
liturgischen
Wochendienst wahrzunehmen hatten. Diese Bischofe wurden daher als
episcopi cardinalis
bezeichnet.
[1]
Die
Kardinalsklasse
der
Kardinalpriester
entstammt der Gruppe von romischen
Presbytern
, die an den
romischen Hauptbasiliken
St. Petrus
,
St. Paulus
,
Santa Maria Maggiore
und
San Lorenzo
tatig waren. Sie wirkten als
Priester
an so genannten ?Titelkirchen“, Hauskirchen, die von einem
Hausherren
mit einem
titulus
, der spatromischen Bezeichnung fur ein
Anwesen
, versehen und dem kirchlichen Gebrauch ubergeben worden waren. Ab dem 5. Jahrhundert wurde der alteste Priester einer solchen, aus einem
titulus
hervorgegangenen Kirche als
presbyter cardinalis
bezeichnet.
[2]
Der Ursprung der Kardinalsklasse der
Kardinaldiakone
liegt bei den in Rom tatigen
Diakonen
. Sie waren sowohl in der papstlichen Verwaltung als auch in den sieben
romischen Diakonien
tatig, ihre Aufgaben lagen in der Armenfursorge, der Krankenpflege und der Beherbergung Fremder. Sie bezeichneten sich bis ins 11. Jahrhundert nicht als ?Kardinal“, sondern als
Diaconi Sanctae Romanae Ecclesia
.
[2]
Die Mitglieder des Kardinalskollegiums stehen dem
Papst
einzeln oder als Gemeinschaft, z. B. in den
Konsistorien
, bei der Leitung der Weltkirche zur Seite. Auf diese Weise kommt den Kardinalen eine beratende Funktion zu. Die fruher benutzte Deklaration dieses Gremiums als ?Senat des Papstes“ wird im Kirchenrecht heute nicht mehr benutzt, um Parallelen zu weltlichen Regierungsinstitutionen zu vermeiden. Jedoch kommt dieser Begriff in der Literatur sowie in offiziellen papstlichen Verlautbarungen und Urkunden gelegentlich noch vor.
Die wichtigste Aufgabe des Kardinalskollegiums ist die
Papstwahl
. Daruber hinaus legt die
Apostolische Konstitution
Universi Dominici Gregis
Johannes Pauls II.
fest, dass wahrend der
Sedisvakanz
die Leitung der Kirche dem Kardinalskollegium obliegt. Allerdings sind die Befugnisse hier auf die Erledigung von Verwaltungstatigkeiten, die Entscheidung dringender, nicht aufschiebbarer Angelegenheiten und die Vorbereitung der Wahl eines neuen Papstes beschrankt. Genauso verhalt es sich im
Grundgesetz des Staates der Vatikanstadt
,
[3]
das dem Kollegium alle Rechte des Papstes als Staatsoberhaupt der Vatikanstadt mit diesen Einschrankungen einraumt. Das
Kirchenrecht
schrankt die Befugnisse des Kardinalskollegiums insoweit ein, als es Amtshandlungen, die allein dem Papst vorbehalten sind, oder Entscheidungen durch die Kardinale, die das Recht der Kirche, des
Apostolischen Stuhls
, die Anderung der Papstwahlordnung oder anderer papstlicher Gesetze betreffen, ausdrucklich untersagt.
Vom ersten Tag der Sedisvakanz bis zum Einzug in das Konklave versammelt sich das Kardinalskollegium taglich zu den sogenannten
Generalkongregationen
, um die wichtigsten Angelegenheiten zu besprechen. Wahrend am Konklave selbst nur Kardinale teilnehmen durfen, die das 80. Lebensjahr zum Zeitpunkt des Beginns der Sedisvakanz noch nicht vollendet hatten, durfen an den Generalkongregationen auch die uber 80-jahrigen Mitglieder des Kardinalskollegiums aktiv mitwirken.
Im Kardinalskollegium sind alle an der Kurie tatigen
Kardinale
, alle Kardinale, die ein
Erzbistum
oder
Bistum
leiten, sowie alle aus dem aktiven Leitungsdienst ausgeschiedenen und sonstige Kardinale vertreten.
Es existiert heute keine festgelegte Hochstzahl der Mitglieder mehr. Dennoch soll gemaß der von Papst Johannes Paul II. verfassten Apostolischen Konstitution
Universi Dominici Gregis
die Anzahl der wahlberechtigten, d. h. unter 80-jahrigen Kardinale, die Hochstzahl von 120 nicht uberschreiten. Jedoch hatte sich auch Johannes Paul II. in den Konsistorien von
1998
und
2001
uber diese Norm hinweggesetzt und diese Anzahl zeitweise uberschritten.
Das Kardinalskollegium ist in drei Klassen (
ordines
) unterteilt (Kardinalbischofe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone).
Der Vorsitzende des Kardinalskollegiums wird
Kardinaldekan
genannt; derzeitiger Amtsinhaber ist seit Januar 2020
Giovanni Battista Re
. Sein Stellvertreter,
Kardinalsubdekan
genannt, ist
Leonardo Sandri
.
- Markus Graulich
:
Kardinalat. Altehrwurdig und funktionsfahig
, in:
Riedel-Spangenberger, Ilona
(Hrsg.):
Leitungsstrukturen der katholischen Kirche. Kirchenrechtliche Grundlagen und Reformbedarf
, Herder, Freiburg/Basel/Wien 2002, S. 76?100.
- Petrus Canisius van Lierde
, Andre Giraud:
Das Kardinalskollegium
. (= Der Christ in der Welt, XII. Reihe: Bau und Gefuge der Kirche, Bd. 3). Pattloch, Aschaffenburg 1965.
- Ulrich Schludi:
Die Entstehung des Kardinalkollegiums. Funktion, Selbstverstandnis, Entwicklungsstufen
. (= Mittelalter-Forschungen; 45). Thorbecke, Ostfildern 2014 (
Digitalisat
)
- ↑
Martin Brauer:
Handbuch der Kardinale: 1846-2012
. Walter de Gruyter, 2014,
ISBN 978-3-11-026947-5
,
S.
1?2
.
- ↑
a
b
Martin Brauer:
Handbuch der Kardinale: 1846-2012
. Walter de Gruyter, 2014,
ISBN 978-3-11-026947-5
,
S.
2
.
- ↑
Artikel 1.2 des Grundgesetzes der Vatikanstadt