Kapitalmarkt

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Schematische Gliederung des Finanzmarktes

Der Kapitalmarkt ist derjenige Teilmarkt des Finanzmarktes , auf dem der mittel- und langfristige Kapitalbedarf auf das Kapitalangebot trifft. Kurzfristige Transaktionen erfolgen auf dem Geldmarkt .

Das Kompositum ?Kapitalmarkt“ setzt sich aus dem Homonym ?Kapital“ und Markt zusammen. Unter Kapital ist hier nicht der Produktionsfaktor zu verstehen, sondern die auf diesem Markt als Handelsobjekte dienenden mittel- oder langfristigen Finanzierungsinstrumente . Marktteilnehmer sind alle Wirtschaftssubjekte ( Privathaushalte , Unternehmen , der Staat mit seinen Untergliederungen (wie offentliche Verwaltung und Staatsunternehmen oder Kommunalunternehmen ). Sie treten als Kapitalgeber ( Anleger ), Finanzintermediare ( Kreditinstitute , Versicherungen , Investmentfonds ) oder Kapitalnehmer auf. Handelsobjekte sind konkret mittel- oder langfristige Kredite ( Investitionskredite , Kommunalkredite ), Darlehen ( Hypothekendarlehen , Immobilienfinanzierungen ) oder Mezzanine-Kapital ( Kreditmarkt ), Anleihen jeder Art ( Rentenmarkt ), Aktien und Partizipationsscheine oder Genussscheine ( Aktienmarkt ). Sind die Handelsobjekte in Form von Wertpapieren verbrieft ( Effekten : Aktien, Anleihen und Investmentzertifikate ), so heißen sie Kapitalmarktpapiere und konnen wegen ihrer Verkehrsfahigkeit an der Wertpapierborse gehandelt werden. [1] Der Preis auf dem Kapitalmarkt ist verallgemeinernd der Kapitalmarktzins , der jedoch wegen der Verschiedenartigkeit der Finanzprodukte keinen einheitlichen Zins darstellt. Als Marktzins fungieren bei Anleihen die Emissionsrendite ( Primarmarkt ) oder die Umlaufrendite ( Sekundarmarkt ) bei Aktien die Dividendenrendite , bei Krediten der Kreditzins . Den einzigen organisierten Kapitalmarkt bilden die Borsen mit dem Borsenkurs .

Der Kapitalmarkt unterscheidet sich vom Geldmarkt vor allem durch die Fristigkeit der Handelsobjekte. Diese Einteilung fuhrte im Jahre 1909 der Okonom Arthur Spiethoff ein. [2] Sie betrifft auf dem Kapitalmarkt Laufzeiten oder Falligkeiten von mehr als vier Jahren, wobei die Abgrenzung unterschiedlich vorgenommen wird. Die mittlere Fristigkeit (2?4 Jahre) wird in der Fachliteratur entweder dem Geldmarkt [3] oder dem Kapitalmarkt zugeordnet. [4] Der Kapitalmarkt wird haufig auch auf den Wertpapiermarkt verengt, welcher sowohl Dividendenwerte, beispielsweise Aktien, als auch festverzinsliche Wertpapiere, wie Anleihen beinhaltet. [5]

Marktstrukturen

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Samtliche klassischen volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren werden auf Faktormarkten gehandelt, und zwar die Arbeit auf dem Arbeitsmarkt , der Boden auf dem Immobilienmarkt , Geld auf dem Geldmarkt und das Kapital auf dem Kapitalmarkt:

Markt Angebot Nachfrage Preis
Arbeitsmarkt Arbeitsnachfrage Arbeitsangebot Arbeitsentgelt
Gutermarkt Guterangebot Guternachfrage Marktpreis
Geldmarkt Geldangebot Geldnachfrage Geldmarktzins
Kapitalmarkt Kapitalangebot Kapitalnachfrage Kapitalmarktzins
Kreditmarkt Kreditangebot Kreditnachfrage Kreditzins
Immobilienmarkt Angebot an Wohn- und
Gewerbeimmobilien ,
Agrar- und Waldflachen
Nachfrage Kaufpreis / Immobiliarmiete /
Bodenrente / Pacht

Wahrend Arbeits- und Bodenangebot stark von Natureinflussen abhangen ( Witterung , Bodenbeschaffenheit ), wird das Geld- und Kapitalangebot ausschließlich von wirtschaftlichen Erwagungen beeinflusst. [6]

Kreditmarkt-/Kapitalmarktakteure

Das Kapitalangebot stammt von Anlegern , die bereit sind, ihr Kapital langfristig zwecks Geldvermogensbildung zur Verfugung zu stellen. Das sind einerseits diejenigen Anleger, die von vorneherein hierzu bereit waren ( Sparer ), und andererseits die Anleger, denen der Geldmarktzins auf dem Geldmarkt zu niedrig erscheint. Bei letzteren wirkt sich ihre Anlageentscheidung negativ auf das Geldangebot auf dem Geldmarkt und erhohend auf das Kapitalangebot auf dem Kapitalmarkt aus. Steigt das Kapitalangebot bei gegebener Kapitalnachfrage, sinkt der Kapitalmarktzins und umgekehrt. [7] Der Grenzertrag nimmt fur den Kapitalanbieter mit steigendem Kapitalangebot ab. Die Hohe des Kapitalmarktzinses ist einerseits ein Signal fur die Knappheit , andererseits auch stets ein Risikomaß fur das mit der Kapitaluberlassung verbundene Kreditrisiko . Stammt das Kapitalangebot aus dem Ausland , spricht man vom Kapitalimport .

Kapitalnachfrage

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Als Kapitalnachfrager kommen die offentliche Hand ( Kommunalanleihen , Kommunalobligationen ), die Privatwirtschaft ( Industrie : Investitionskredite , Unternehmensanleihen ; Immobilienwirtschaft : Wohnungsbau , Gewerbeimmobilien ), der Staat ( Staatsanleihen ) und Privathaushalte ( Immobilienfinanzierung ) in Betracht. Kapitalnachfrager werden nur dann investieren, wenn die Grenzleistungsfahigkeit des Kapitals den aktuellen Marktzins ubersteigt. [8] Steigt der Kapitalmarktzins uber die Grenzleistungsfahigkeit des Kapitals, sinkt die Kapitalnachfrage und umgekehrt. Steigt die Kapitalnachfrage bei gegebenem Kapitalangebot, steigt auch der Kapitalmarktzins und umgekehrt. Auslandische Kapitalnachfrage fuhrt zum Kapitalexport .

Marktgleichgewicht

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Der Kapitalmarkt befindet sich im Marktgleichgewicht , wenn das gesamtwirtschaftliche Kapitalangebot ( Sparen ) der gesamtwirtschaftlichen Kapitalnachfrage ( Investitionen ) entspricht: [9] [10]

Das langfristige Marktgleichgewicht ist hergestellt, wenn sich die Kapitalintensitat (Kapitalausstattung pro Kopf) nicht mehr verandert. [11] Befindet sich der Kapitalmarkt im Gleichgewicht, so gelangen Ersparnis und Investitionen beim Gleichgewichtszinssatz zum Ausgleich. Ein hoher Kapitalmarktzins kann Privathaushalte zur Kapitalanlage (zu Lasten des Konsums) anregen und damit uber ein hoheres Kapitalangebot zur Reduzierung des Zinses beitragen und umgekehrt.

Die Aufgabe der Intermediare liegt darin, das Gleichgewicht zwischen Kapitalangebot und -nachfrage zu erleichtern, indem sie Transaktionen in den Zahlungsstromen der Kapitalnachfrager und -anbieter durchfuhren, den Informationsstand verbessern und Transaktionsabwicklungen unterstutzen. [12]

Funktionen von Kapitalmarkten

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Zu unterscheiden ist zwischen der Allokations-, Informations- und Bewertungsfunktion [13] [14] [15] [16] :

  • Die Allokationsfunktion betrifft die Verteilung von Kapitalangebot und -nachfrage. Die Kapitalallokation gilt als effizient, wenn diejenigen Kapitalnachfrager die angebotenen Finanzierungsmittel erhalten, die mit dem Kapitaleinsatz den hochsten Nutzen erzielen konnen. [17] Effizienzmaßstab ist der Kapitalmarktzins.
  • Die Informationsfunktion hat fur die Funktionsfahigkeit der Kapitalmarkte entscheidende Bedeutung, weil die Marktteilnehmer ihre Entscheidungen auf der Grundlage verfugbarer Informationen treffen mussen. Kapitalanbieter mussen Zugang zu Informationen uber ihr Kreditrisiko beispielsweise durch den Jahresabschluss der Kapitalnachfrager erhalten. [18]
  • Die Bewertungs- und Preissetzungsfunktion entfaltet sich vor allem an Borsen, wo Borsenkurse ( Aktienkurse oder Anleihekurse ) den zukunftigen Erfolg des Emittenten reflektieren. Außerborslich gehandelte Finanzkontrakte werden durch Ratingagenturen oder Kreditinstitute ( Kreditwurdigkeitsprufung ) [19] sowie durch die Risikoklassen der Finanzkontrakte bewertet.
  • Die Koordinationsfunktion sorgt dafur, dass die dezentral erstellten und meist nicht miteinander harmonierenden Wirtschaftsplane der Kapitalmarktteilnehmer so weit wie moglich in Einklang gebracht werden. [20]
  • Individualschutz : Durch diese Schutzfunktion erhalten die Investoren einen Schutz gegenuber anderen Teilnehmern, die sich einen Vorteil mit Informationsvorsprungen zu Lasten der Anleger verschaffen wollen. [21]

Transformationsfunktionen

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Man unterscheidet zwischen Mengentransformation, Fristentransformation, Losgroßentransformation und Risikotransformation.

Mengentransformationen

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Die Mengentransformation umfasst die Ansammlung der in einer Volkswirtschaft gebildeten Ersparnisse und deren Verteilung zu den Investoren in gewunschter Fristigkeit und Mengenordnung. [22]

Fristentransformation

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Die Fristentransformation ermoglicht den Ausgleich der Fristen zwischen Kapitalgebern und -nehmern. Dabei handelt es sich um die Frist, wahrend der ein Kredit durch einen Anleger in Anspruch genommen wird und um die Frist, die verstreicht, bis ein Sparer seine finanziellen Mittel zur Verfugung stellt. Diese Fristen weichen in der Regel voneinander ab.

Losgroßentransformation

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Die Losgroßentransformation ermoglicht durch eine Zusammenfuhrung von mehreren Kapitalgebern eine Ubereinstimmung, der durch die Kapitalnehmer nachgefragten Betrage, die ein einzelner Kapitalgeber nicht zur Verfugung stellen konnte. [23]

Risikotransformation

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Eine Risikotransformation findet auf Kapitalmarkten statt, wenn Finanzintermediare zwischen die Marktteilnehmer mit unterschiedlicher Risikobereitschaft treten und das Ausfallrisiko verandern. Durch die Risikotransformation erhalten die Sparer die Moglichkeit, ihr Kreditrisiko abzusichern oder zu verteilen. Unsichere Zahlungsstrome konnen so in sichere Zahlungsstrome umgewandelt werden. So konnen beispielsweise Risiken durch schwankende Wechselkurse umgewandelt werden. [24]

Entwicklung der Kapitalmarkte

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Marcus Tullius Cicero berichtete im Jahre 66 vor Christus daruber, dass eine Finanzkrise in der Provinz Asia wegen ihrer Verflechtungen auch Rom ansteckte: ?Dieses Kreditwesen und diese Geldgeschafte, welche in Rom, welche auf dem Forum getatigt werden, sind eng verflochten mit jenen Geldern in Asien“. [25]

Im Spatmittelalter kam es zwischen der zweiten Halfte des 14. Jahrhunderts und dem Ende des 15. Jahrhunderts durch die herrschende Edelmetallknappheit und die hieraus resultierende monetare Kontraktion zu einer Liquiditatskrise . Die europaische Edelmetallforderung versiegte, die Munzstatten verringerten ihre Produktion oder stellten sie sogar vollig ein. Das Geldangebot verknappte sich, weil auch die Kreditversorgung auf den Edelmetallvorraten beruhte. [26] Grund war aber nicht nur das geringere Edelmetallangebot, sondern auch die Hortung von Munzen. Zwischen 1331?1340 und 1491?1500 schatzte man den Ruckgang der europaischen Munzproduktion auf 80 %. [27]

Kapitalmarkte begannen institutionell mit der Errichtung von Borsen. Die Antwerpener Borse startete 1532 mit einem geregelten Handel von Anleihen, worunter sich niederlandische Hofbriefe ( Staatsanleihen ), Privat-Obligationen der niederlandischen Staatsbeamten und Magnaten (fur Rechnung der Regierung), Obligationen der niederlandischen Provinzialstande, Stadtobligationen, Rentmeisterbriefe und Obligationen der englischen Krone und des Konigs von Portugal befanden. [28] Die erste Aktienborse entstand mit der Amsterdam Stock Exchange ( niederlandisch Amsterdam beurs ) im Jahre 1612. Sie gilt als erste Aktienborse, die im 17. Jahrhundert einen dauerhaften Aktienhandel ermoglichte. [29] Es folgten Borsen in Konigsberg (1613), Lubeck (1614), Frankfurt am Main (1615) oder Leipzig (1635), die zunachst ausschließlich mit Wechseln und Sorten handelten. [30]

Wiener Borse ? Schwarzer Freitag am 9. Mai 1873

Eine der ersten Kapitalmarktkrisen war der Grunderkrach , der erstmals am 5. Mai 1873 zu großeren Kursverlusten an der Wiener Borse fuhrte, wo die Kurssturze am 9. Mai 1873 ( Schwarzer Freitag ) ihren vorlaufigen Hohepunkt erreichten. Die Krise ubertrug sich vor allem im Wege des Contagion-Effekts als Große Depression auf das Deutsche Reich .

Der Volkswirt Rudolph Eberstadt hat fur seine Monographie aus dem Jahre 1901 uber den deutschen Kapitalmarkt sein Material hauptsachlich durch direkte Anfragen bei den Stadtverwaltungen beschafft. Er wies hierin darauf hin, dass die ?dauernde Schwache des deutschen Kapitalmarktes, die Unfahigkeit, zu produktiven Zwecken das notige Kapital aufzubringen, durfte durch die Anspruche der Bodenverschuldung [Hypothekendarlehen, d. Verf.] … zur Genuge erklart sein“. [31] Eberstadts Hinweis entstand noch in einer Zeit, als die Kapitalmarkte wenig entwickelt und noch weniger erforscht waren.

Klassische Kapitalmarkttheorie

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Die systematischen Untersuchungen uber Kapitalmarkte begannen in der Volkswirtschaftslehre erst mit der Entstehung der Kapitalmarkttheorien. Die klassische Kapitalmarkttheorie analysiert, welche Wertpapierkurse oder Wertpapierrenditen sich im Marktgleichgewicht auf einem vollkommenen Kapitalmarkt einstellen. Sie beruht auf dem Prinzip, dass es eine lineare Beziehung zwischen Risiko und Rendite gibt, wonach hohere Renditen nur durch hoheres Risiko erzielt werden konnen. Sie geht von der Existenz eines vollkommenen Kapitalmarktes aus.

Die klassische Kapitalmarkttheorie entwickelte Harry Markowitz im Jahre 1952. [32] James Tobin wandte 1958 das Markowitz-Modell bei der Entwicklung seiner Geldnachfragetheorie an. [33] Dabei erweiterte er die klassische Theorie um die Moglichkeit einer risikofreien Kapitalanlage. William F. Sharpe definierte 1964 das Risiko einer Kapitalanlage ausschließlich als deren statistische Volatilitat , also das Ausmaß der Schwankungen der Borsenkurse. [34] Jack Treynor trug 1965 mit der nach ihm benannten Kennzahl Treynor-Quotient [35] zum weiteren Verstandnis des Capital Asset Pricing Model (CAPM) bei. Jan Mossin vervollstandigte 1966 das nunmehr entstandene CAPM, [36] das als das wichtigste Preisbildungsmodell auf dem Kapitalmarkt gilt.

Eugene Fama entwickelte 1970 den Begriff der Markteffizienz . Demnach ist ein Markt effizient, wenn seine Marktpreise alle verfugbaren Informationen reflektieren. [37] Robert C. Merton erweiterte 1973 die CAPM durch die Mitarbeit am Black-Scholes-Modell zur Bewertung von Finanzoptionen. [38] Die von Stephen Ross 1976 entwickelte Arbitragepreistheorie fordert im Gegensatz zum CAPM kein Marktgleichgewicht mehr, sondern lediglich einen arbitragefreien Wertpapiermarkt. [39]

Neoklassische Kapitalmarkttheorie

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Die neoklassische Kapitalmarkttheorie baut auf der durch John von Neumann und Oskar Morgenstern 1944 entwickelten Erwartungsnutzentheorie [40] auf, bei der rational handelnde Akteure den Erwartungswert ihrer Risikonutzenfunktion maximieren. Sie bildet die Grundlage rationalen Handelns bei Entscheidungen unter Risiko . Sie postuliert, dass, wenn die Praferenz eines entscheidenden Akteurs bezuglich riskanter Handlungsalternativen die Axiome der Vollstandigkeit, Stetigkeit und Unabhangigkeit erfullt, eine Nutzenfunktion existiert, deren Erwartungsnutzen die Praferenz abbildet. [41]

Kapitalmarktunvollkommenheit

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Sowohl die Klassiker als auch die neoklassische Kapitalmarkttheorie gehen zunachst vom idealtypischen Zustand vollkommener Kapitalmarkte aus. In der Realitat liegt jedoch aufgrund von Transaktionskosten , Informationsasymmetrien , begrenzt rationalem Verhalten, Liquidationskosten und nicht risikodiversifizierten Portfolios eine Kapitalmarktunvollkommenheit vor. [42]

Unterscheidungskriterien

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Kapitalmarkte werden anhand des Organisationsgrads und der Einteilung in Primar- oder Sekundarmarkte unterschieden.

Der Kapitalmarkt wird in der Praxis in zwei Hauptsegmente gegliedert, den Primarmarkt und den Sekundarmarkt . Der Primarmarkt liefert Informationen uber den Emittenten und dessen Finanzprodukt und ist daher besonders fur die Anleger von großer Bedeutung. Der Sekundarmarkt umfasst die Durchfuhrung und Abwicklung der Wertpapiergeschafte. Der Primarmarkt beschaftigt sich mit dem Angebot von neu herausgebrachten Wertpapieren, die von Investoren nachgefragt werden sollen. Dieser Markt wird auch als Emissionsmarkt bezeichnet, da unter diesem Segment die Erstplatzierung der Aktien und Anleihen wahrend des Emissionsverlaufs zu verstehen ist. Der Sekundarmarkt, auch als Zirkulationsmarkt bezeichnet, umfasst den Wertpapierhandel zwischen den Marktteilnehmern, also den Wiederverkauf der neu emittierten Wertpapiere durch den Ersterwerber an die neuen Anleger. Der bekannteste Ort des Sekundarmarktes sind die Wertpapierborsen .

Organisationsgrad

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Beim Organisationsgrad wird unterschieden in organisierte Markte und in nicht organisierte Markte .

Organisierte Markte

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Ein hoch organisierter Kapitalmarkt, wie der borslich organisierte Markt, zeichnet sich durch kostengunstige, schnelle, sichere und jederzeit handelbare, staatlich genehmigte Transaktionen aus. Die Wertpapierborsen, wie beispielsweise die Frankfurter Wertpapierborse , sind die hochst organisierten Kapitalmarkte weltweit. Der organisierte Kapitalmarkt untergliedert sich unter anderem in die Aktien- und Rentenmarkte, Emissionsmarkte und Markte fur Schuldscheindarlehen .

Nicht organisierte Markte

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Der freie Kapitalmarkt und der Interbankenhandel weisen hingegen, mit nur wenigen Marktregulierungen , einen sehr geringen Grad an Organisation auf. Dort finden hauptsachlich Transaktionen ohne Mitwirkung von Banken, Borsen und Versicherungen statt, die meist unsicher und nicht uberschaubar sind. Der in Deutschland am geringsten organisierte Markt wird als Grauer Kapitalmarkt bezeichnet, an dem beispielsweise der Handel von Anteilen an Immobilienfonds im Vordergrund steht. [43]

Theoretische Modelle

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Sowohl in der Volkswirtschaftslehre als auch in der Betriebswirtschaftslehre wird versucht, die oben genannten charakteristischen Merkmale durch Modelle abzubilden. Dabei kommen insbesondere die theoretischen Konstruktionen des vollkommenen und unvollkommenen Kapitalmarktes zur Anwendung.

Charakteristisch fur dieses vereinfachte theoretische Modell des vollkommenen Kapitalmarktes ist, dass die Handelsobjekte auf dem Markt homogen sind und vollkommene Markttransparenz vorliegt. Die Moglichkeiten der Aufnahme und Anlage von Kapital sind unbegrenzt. Die Teilnehmer des Marktes konnen schnell auf Anderungen von Menge und Preis reagieren, da es keine Zeitverzogerungen ( englisch time lags ) gibt. Auf dem vollkommenen Kapitalmarkt werden Eigen- und Fremdkapital nicht unterschieden, womit es folglich nur einen einheitlichen und gleich bleibenden Marktzins gibt. Diese Annahmen werden schrittweise an die Realitat angepasst.

Von einem unvollkommenen Kapitalmarkt (auch imperfekter Kapitalmarkt genannt) spricht man, wenn mindestens eine der vorangegangenen Annahmen nicht erfullt ist.

Von einem vollstandigen Kapitalmarkt wird gesprochen, wenn durch Linearkombinationen der gehandelten Zahlungsstrome ( Wertpapiere ) der gesamte Zustandsraum abgebildet werden kann.

  • Stefan Wilhelm: Kapitalmarktmodelle , in Schriften des Instituts fur Finanzen Vol. 3, Universitat Leipzig, 2001.
  • Manfred J. Matschke/Thomas Hering/Heinz E. Klingelhofer: Finanzanalyse und Finanzplanung , 1. Auflage, Munchen : Oldenbourg-Verlag, 2002.
  • Wolfgang Kursten/Bernhart Nietert (Hrg.): Kapitalmarkt, Unternehmensfinanzierung und rationale Entscheidungen , Springer, 2006, ISBN 978-3-540-27691-3 .

Einzelnachweise

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  1. Alfred B. J. Siebers/Martin M. Weigert (Hrsg.), Borsen-Lexikon , 1998, S. 229
  2. Arthur Spiethoff, Die außere Ordnung des Geld- und Kapitalmarktes , in: Gustav von Schmoller (Hrsg.), Jahrbuch fur Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Heft 2, 1909, S. 17 ff.
  3. Joachim von Spindler , Geldmarkt ? Kapitalmarkt ? Internationale Kreditmarkte , 1960, S. 34
  4. Karl Friedrich Hagenmuller , Kapitalmarkt , in: Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Band II, 1962, Sp. 3008
  5. Leif Steinhauer, Die Objektivierung des kapitalmarktorientierten Value Reporting , Band 13, 2007, S. 10 ff.
  6. Wolfgang Heller, Theoretische Volkswirtschaftslehre , 1927, S. 144
  7. Rudiger Diedrigkeit, Atlas Geld und Wertpapiere: Handel der Banken mit Geld und Wertpapieren , 1987, S. 258
  8. Bernhard Felderer/Stefan Homburg, Makrookonomik und neue Makrookonomik , 1989, S. 110 f.
  9. Dietmar Wellisch, Finanzwissenschaft III: Staatsverschuldung , 2014, S. 18
  10. Herbert Muller, Angewandte Makrookonomik , 1999, S. 24
  11. Dietmar Wellisch, Finanzwissenschaft III: Staatsverschuldung , 2014, S. 19
  12. Anja Benker, Vor- und Nachteile einer kapitalmarktorientierten Unternehmensfuhrung , 2008, S. 9 ff.
  13. Viktor O. Ledenyov/Dimitri O. Ledenyov: Forecast in capital markets . LAP LAMBERT Academic Publishing, Saarbrucken 2016, ISBN 978-3-659-91698-4 (englisch).
  14. Viktor O. Ledenyov/Dimitri O. Ledenyov: Investment in capital markets . LAP LAMBERT Academic Publishing, Saarbrucken 2017, ISBN 978-3-330-05708-1 (englisch).
  15. Viktor O. Ledenyov/Dimitri O. Ledenyov: Business cycles in economics . LAP LAMBERT Academic Publishing, Dusseldorf 2018, ISBN 978-6-13838864-7 (englisch).
  16. Viktor O. Ledenyov/Dimitri O. Ledenyov: Money investment time . LAP LAMBERT Academic Publishing, Dusseldorf 2018, ISBN 978-6-13985998-6 (englisch).
  17. Ulrich Pape: Grundlagen der Finanzierung und Investition . 2015, S. 11.
  18. Ulrich Pape: Grundlagen der Finanzierung und Investition , 2015, S. 12.
  19. Ulrich Pape: Grundlagen der Finanzierung und Investition , 2015, S. 11 f.
  20. Karl Hauser: Kapitalmarkt , in: Wolfgang Gehrke (Hrsg.): Handworterbuch des Bank- und Finanzwesens , 1995, S. 1124.
  21. Leif Steinhauer: Die Objektivierung des kapitalmarktorientierten Value Reporting , Band 13, 2007, S. 11 ff.
  22. Werner Ehrlicher: Kompendium der Volkswirtschaftslehre , 5. Auflage, 1975, S. 386.
  23. Armin Varmaz: Rentabilitat im Bankensektor Identifizierung, Quantifizierung und Operationalisierung werttreibender Faktoren , 1. Auflage, 2006, S. 20 ff.
  24. Anja Benker: Vor- und Nachteile einer kapitalmarktorientierten Unternehmensfuhrung , 2008, S. 8 ff.
  25. Marcus Tullius Cicero, De Imperio Cn. Pompei , 19
  26. Michael North, Kleine Geschichte des Geldes , 2009, S. 38
  27. John Day, The question of Monetary Contraction in Late Medieval Europe , 1981, S. 20
  28. Richard Ehrenberg, Die Weltborsen und Finanzkrisen des 16. Jahrhunderts , 1922, S. 26 ff.
  29. Pravir Malik, Redesigning the Stock Market , 2011, o. S.
  30. Horst Gericke, Die Borsenzulassung von Wertpapieren , 1961, S. 107
  31. Rudolph Eberstadt, Der deutsche Kapitalmarkt , 1901, S. 236
  32. Harry Markowitz, Portfolio Selection , in: Journal of Finance, Vol. 7, 1952, S. 77 ff.
  33. James Tobin, Liquidity Preference as a Behavior Towards Risk , in: Review of Economic Studies, Vol. 26, 1958, S. 65 ff.
  34. William F. Sharpe, Capital Asset Prices: A Theory of Market Equilibrium Under Conditions of Risk , in: Journal of Finance, Vol. 19, September 1964, S. 425 ff.
  35. Jack Treynor, How to rate management of investment funds , in: Harvard business review 43.1, 1965, S. 63 ff.
  36. Jan Mossin, Equilibrium in a Capital Asset Market , in: Econometrica, Vol. 34, Oktober 1966, S. 768 ff.
  37. Eugene Fama, The Behavior of Stock Market Prices , in: Journal of Business, Januar 1965, S. 34 ff.
  38. Robert C. Merton, A intertemporal Capital Asset Pricing Model , in: Econometrica, September 1973, S. 867 ff.
  39. Stephen Ross, The Arbitrage Theory of Capital Asset Pricing , in: Journal of Economic Theory, Dezember 1976, S. 343 ff.
  40. Oskar Morgenstern/John von Neumann, Theory of Games and Economic Behavior , 1944, S. 1
  41. Gunter Bamberg/Adolf Gerhard Coenenberg, Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre , 1996, S. 74
  42. Andrei Shleifer, Inefficient Markets: An Introduction to Behavioral Finance , 2000, S. 1857 ff.
  43. Holger von Daniels, Private equity secondary transactions: Chancen und Grenzen des Aufbaus eines institutionalisierten secondary market , 1. Auflage, 2004. S. 78 ff.