Kanalinseln

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Kanalinseln
Der Armelkanal mit den Kanalinseln Guernsey und Jersey
Der Armelkanal mit den Kanalinseln Guernsey und Jersey
Gewasser Armelkanal
Geographische Lage 49° 25′  N , 2° 20′  W Koordinaten: 49° 25′  N , 2° 20′  W
Kanalinseln (Vereinigtes Königreich)
Kanalinseln (Vereinigtes Konigreich)
Anzahl der Inseln 14 (8 bewohnt)
Hauptinsel Jersey
Gesamte Landflache 198 km²
Einwohner 166.000
Karte der Kanalinseln
Karte der Kanalinseln

Die Kanalinseln oder Normannischen Inseln ( englisch Channel Islands , franzosisch Iles Anglo-Normandes , normannisch Iles de la Manche ) sind eine Inselgruppe im sudwestlichen Teil des Armelkanals ? in Kustennahe des franzosischen Departements Manche . Auf den sieben bewohnten Inseln leben ungefahr 166.000 Personen (Stand 2015). Funf der Inseln sind großer als 1 km².

Die Kanalinseln sind geologisch Gipfelreste des Armorikanischen Massivs und bestehen vor allem aus Tiefengesteinen (0,4 bis 2,6 Mrd. Jahre alt). Zu Inseln wurden sie nach dem Anstieg des Meeresspiegels nach der letzten Eiszeit vor rund 10.000 Jahren. Durch Erosion bildeten sich die heutigen Oberflachenformen: Jersey und Sark sind flache Plateaus mit hohen Kusten; Guernsey , Alderney und Herm dagegen ? weiter nordlich gelegen ? fallen von Suden nach Norden ab und haben im Norden flache Strande. Ihr vom Golfstrom beeinflusstes Klima begunstigt eine besondere Flora.

Im Zweiten Weltkrieg gelang es der deutschen Wehrmacht , sie als einziges britisches Gebiet zu besetzen ? von 1940 bis Kriegsende . Die Spuren der deutschen Besatzung, wie hohe Geschutzturme aus Beton, Bunkeranlagen, sowie das Untergrundhospital von Jersey (das nie in Betrieb genommen wurde) sind bis heute sichtbar, da die Deutschen die Inseln zu regelrechten Seefestungen ausbauten, so wie Helgoland.

Politisch sind sie in die Amtsbezirke oder Vogteien (englisch bailiwick ) von Guernsey und Jersey unterteilt. Die beiden Amtsbezirke haben eigene Parlamente , die States .

Als Rest des historischen Herzogtums Normandie , dessen Festlandgebiet heute zu Frankreich gehort, sind die Kanalinseln weder ein Teil des Vereinigten Konigreichs noch eine Kronkolonie , sondern als Kronbesitzungen (englisch crown dependency ) direkt der britischen Krone (in ihrer Funktion als Herzoge der Normandie) unterstellt (→  Suzeranitat ). Diesen Sonderstatus hat ansonsten nur noch die Isle of Man .

Obwohl die Kanalinseln geographisch nicht zu den britischen Inseln gehoren, werden sie oftmals aus politischen Grunden zu ihnen gezahlt. Beim Beitritt Großbritanniens 1973 zur Europaischen Gemeinschaft wurde der Status der Kanalinseln in einem Zusatzprotokoll geregelt. [1] Die Kanalinseln waren demnach nicht Mitglieder der EU , gehorten aber ihrem Zollgebiet an.

Die Kanalinseln sind mit mehr als 100 Finanzinstituten und 352 Versicherungsunternehmen (Stand: 2008) ein bedeutender Finanzplatz [2] und gelten bis heute als attraktive Steueroase . [3]

f1  Karte mit allen Koordinaten: OSM | WikiMap

Bailiwick of Jersey
Insel Flache
km²
Einwohner
(2014)
Koordinaten
Jersey 119,6 100.800 [4] 49° 13′ 0″ N, 2° 7′ 57″ W
Les Dirouilles [A 1] < 1 unbewohnt 49° 19′ 30″ N, 2° 2′ 30″ W
Ecrehous [A 1] < 1 unbewohnt 49° 17′ 30″ N, 1° 55′ 30″ W
Minquiers [A 1] < 1 unbewohnt 48° 58′ 30″ N, 2° 7′ 30″ W
Pierres de Lecq [A 1] < 1 unbewohnt 49° 17′ 30″ N, 2° 12′ 10″ W
La Motte unbewohnt 49° 9′ 38″ N, 2° 4′ 38″ W
Bailiwick of Guernsey
Insel Flache
km²
Einwohner
(2015)
Koordinaten
Guernsey 63,4 62.533 [5] 49° 27′ 21″ N, 2° 34′ 39″ W
Parish Saint Peter Port
Herm [A 2] 2 79 [5] 49° 28′ 22″ N, 2° 26′ 58″ W
Jethou 0,18 3 49° 27′ 28″ N, 2° 27′ 45″ W
Caquorobert 0,0014 unbewohnt 49° 27′ 56″ N, 2° 26′ 28″ W
Crevichon 0,0022 unbewohnt 49° 27′ 46″ N, 2° 27′ 53″ W
Grande Amfroque ? unbewohnt 49° 30′ 34″ N, 2° 24′ 37″ W
Parish Saint Pierre du Bois
Lihou [A 3] 0,156 unbewohnt 49° 27′ 38″ N, 2° 40′ 6″ W
Parish Torteval
Les Hanois [A 1] 0,002 unbewohnt 49° 26′ 13″ N, 2° 42′ 0″ W
Parish Vale
Les Houmets [A 3] ? unbewohnt 49° 29′ 43″ N, 2° 29′ 55″ W
Dependency Alderney
Alderney 7,8 2020 [6] 49° 42′ 0″ N, 2° 12′ 0″ W
Burhou 0,13 unbewohnt 49° 43′ 53″ N, 2° 15′ 7″ W
Casquets [A 1] 0,03 unbewohnt 49° 43′ 4″ N, 2° 22′ 7″ W
Ortac 0,003 unbewohnt 49° 43′ 23″ N, 2° 17′ 26″ W
Renonquet ? unbewohnt 49° 44′ 4″ N, 2° 16′ 38″ W
Dependency Sark
Sark 5,5 492 [7] 49° 26′ 0″ N, 2° 22′ 0″ W
Brecqhou 0,6 2 49° 25′ 53″ N, 2° 23′ 14″ W
  1. a b c d e f Gruppe von Riffen und Klippen
  2. inklusive Jethou
  3. a b Gezeiteninsel
Ansteigen des Meeresspiegels im Bereich der Kanalinseln von 8000 v. Chr. bis heute

Die Kanalinseln gehoren zu den Gebieten, die vor dem nacheiszeitlichen Meeresanstieg, der etwa 4000 v. Chr. abgeschlossen war, Teil des kontinentalen Festlands waren und bereits fruh besiedelt wurden. Alteste Funde aus dem Mittelpalaolithikum stammen aus der Hohle von La Cotte de St. Brelade . Als die altesten neolithischen Fundorte gelten Les Fouaillages auf Guernsey und Le Pinnacle auf Jersey, wenn auch die Zuordnung der Funde aus Les Fouaillages zur Bandkeramik nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Im weiteren Verlauf der Jungsteinzeit wurden zahlreiche Megalithanlagen und Steinkisten erbaut. Von den ursprunglichen Anlagen sind noch 25 erhalten. Es gibt einige Menhire , zwei davon (der Castel Church Menhir und die Gran’ Mere du Chimquiere , beide auf Guernsey) sind anthropomorph gestaltet. St. Peter Port war bereits in der Eisenzeit ein Handelsstutzpunkt. Zahlreiche romerzeitliche Funde, unter anderem ein Wrack im Hafen von Saint Peter Port , belegen Handel mit dem Festland.

Im Mittelalter waren die Kanalinseln Teil der Landereien des Herzogs der Normandie . Im Jahre 1066 eroberte Wilhelm der Eroberer , Herzog der Normandie, England und wurde englischer Konig. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte gingen alle Landereien in Frankreich verloren, nur die Kanalinseln blieben im Besitz der normannischen Herzoge; dieser Titel wird auch heute noch in Personalunion von den Konigen und Koniginnen des Vereinigten Konigreiches getragen. Die Franzosische Sprache wird von Teilen der Bevolkerung in Form eines speziellen Dialekts ( Patois ) noch heute gesprochen (siehe unten Sprache ).

Zweiter Weltkrieg

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Wahrend des Zweiten Weltkrieges wurden die Kanalinseln von der Krone Mitte Juni 1940 [8] demilitarisiert und zur offenen Stadt erklart. Am 28. Juni starben bei Luftangriffen der Luftwaffe 44 Menschen, ausschließlich Zivilisten. Die Deutschen wussten nicht, dass die Inseln demilitarisiert waren, da dies erst am 30. Juni mitgeteilt wurde. Am Abend des 30. Juni 1940 landeten die Deutschen mit funf Ju 52 ohne jegliche Gegenwehr auf dem menschenleeren Flughafen Jersey bei Saint Helier . Sie beschlagnahmten Fahrzeuge und fuhren in die Stadt. Am 1. Juli landeten zehn Ju-52 in Guernsey. 22.656 der rund 94.000 Einwohner, darunter fast alle Einwohner der Insel Alderney, waren kurz zuvor nach Großbritannien evakuiert worden. Nur auf Sark gab es keine Evakuierungen.

Die deutsche Besatzung galt als ?milde Besatzung“. [9] Die Besatzer praktizierten eine ? Indirekte Herrschaft “; die Verwaltung blieb in den Handen der ortlichen Behorden. [9] Wehrmachtsoldaten und britische Polizisten gingen gemeinsam auf Streife. [10] 1309 Einwohner der Kanalinseln wurden wegen Verstoßen gegen Anordnungen der deutschen Besatzer verhaftet und verurteilt. 200 bis 250 dieser Manner und Frauen wurden nach Frankreich und Deutschland deportiert. 29 von ihnen starben infolge der Haftbedingungen in Gefangnissen und Konzentrationslagern (KZ), darunter drei judische Frauen aus Osterreich und Polen, die 1942 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden. [11]

Hinweisschild zum Besatzungsmuseum auf Guernsey

Die Kanalinseln wurden von den Besatzern zu einem schwer befestigten Teil des Atlantikwalls umgerustet: Die Abwehrplane sahen verstarkte Betonbauten, unterirdische Kammern und Tunnel als Schutzraume sowie Eisenbahnschienen und Panzerabwehrmauern vor. Auf den Inseln gab es 16 Kustenbatterien sowie leichte und schwere Flak -Stellungen. Diese Anlagen spielten wahrend des Krieges allerdings keine Rolle, da Großbritannien die Bewohner nicht gefahrden wollte. Daher kam es nicht zu Kampfhandlungen.

Anfang Mai 1945 lag der britische Zerstorer Bulldog vor Guernsey, wo uber die Kapitulation der deutschen Truppen auf den Kanalinseln verhandelt wurde. [12] Die Kapitulation erfolgte schließlich an Bord des Schiffes am 9. Mai 1945 durch den deutschen Generalmajor Siegfried Heine [13] , der damit die Kanalinseln kampflos den britischen Truppen ubergab. Der 9. Mai wird seither als ?Liberation day“ gefeiert. Britische Truppen erreichten am 16. Mai 1945 Alderney.

Auf Guernsey gibt es das German Occupation Museum ( deutsch Deutsches Besatzungsmuseum ), das authentische Exponate aus der Zeit der Besatzung zeigt.

Als Untertanen des Herzogs der Normandie sprachen die Bewohner der Kanalinseln das von den Englandern mit Norman French bezeichnete mittelalterliche Franzosisch in seiner normannischen Variante. Der auf Jersey geborene Robert Wace (etwa 1110?1174), der erste dem Namen nach bekannte franzosische Dichter, verfasste seine um 1161 in Versform entstandenen Chroniken Roman de Brut und Roman de Rou [=  Rollo ] et des ducs de Normandie in dieser Sprache. Das normannische Patois hat sich vor allem auf Jersey und Guernsey in verschiedenen, von Kirchspiel zu Kirchspiel unterschiedlichen Varianten erhalten, die einige Inselfamilien noch beherrschen. Starker als im Standardfranzosischen haben sich skandinavische bzw. altnordische Einflusse erhalten. So stammt etacq bzw. etacquerel von altnordisch stakkr , was ?hoher Felsen“ bedeutet. Die Suffixe auf -ey werden ebenfalls als skandinavisch interpretiert: ey oder oy bedeutet Insel. Der Name der wichtigsten Kultstatte aus dem Neolithikum auf Jersey, La Hougue Bie , ist aus skandinavischen Wortern zusammengesetzt: Hougue bedeutet ?Hugel“ und Bie erinnert an by , Ort oder Statte. Auch der Name des Dehus-Dolmens auf Guernsey stammt aus dem Nordischen, wo dysse ? Dolmen “ bedeutet.

Daneben hielt die franzosische Sprache Einzug und wurde Amtssprache. Noch um 1700 waren die Inseln franzosischsprachig. Heute noch sind der uberwiegende Teil der Orts- und Flurbezeichnungen sowie zahlreiche Familiennamen franzosisch oder franzosischen Ursprungs. So war es selbstverstandlich, dass die ersten Ortszeitungen auf den Inseln auf Franzosisch erschienen und weit bis ins 19. Jahrhundert ihren Platz gegen die auf den Markt drangende englischsprachige Presse halten konnten.

Englisch wurde erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den gesetzgebenden Versammlungen der einzelnen Inseln gebrauchlich, in den Schulen sogar noch spater. Doch blieben franzosische Formulierungen besonders fur Rechtsgeschafte bis heute erhalten. Zwar ist Englisch heute die Umgangssprache, doch das einheimische Patois ist noch auf den großen Inseln ? mit Ausnahme von Alderney ? zu horen; in St. Helier und im Sudwesten von Guernsey auch in Pubs, die vor allem Ortsansassige besuchen. In den letzten Jahren haben sich auf Jersey und Guernsey Patois-Gruppen gebildet, deren Ziel die Erhaltung der fur die Kultur und Tradition der Kanalinseln so wichtigen Sprache ist. Von den drei (mehr oder weniger) gebrauchlichen Sprachen hat das Patois den schwersten Stand; denn Franzosisch wird zumindest in einigen Kirchen noch regelmaßig gesprochen.

Siehe auch, andere Namenstrager

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Channel Island ist auch der Name folgender Inseln:

in den Vereinigten Staaten:

in Australien:

in Neuseeland:

Oder ganzer Inselgruppen, siehe:

  • Heather Sebire: Archaeology and Early History of the Channel Islands. Tempus, Stroud 2005, ISBN 0-7524-3449-7 .
  • Margaret Rule , Jason Monaghan: A Gallo-Roman Trading Vessel from Guernsey. The Excavation and Recovery of a Third Century Shipwreck. (=  Guernsey Museum Monograph. Bd. 5). Guernsey Museums & Galleries, Candie Gardens 1993, ISBN 1-871560-03-9 .
  • Roy McLoughlin: Britische Inseln unterm Hakenkreuz. Die deutsche Besetzung der Channel Islands. Ch. Links, Berlin 2003, ISBN 3-86153-305-7 .
  • John Nettles : Jewels and Jackboots. Hitler's British Channel Islands. The story of the German Occupation of the Channel Islands 1940?1945. Channel Island Publishing, Jersey 2012, ISBN 1-905095-42-2 .
  • John Nettles: Hitlers Inselwahn. Die britischen Kanalinseln unter deutscher Besatzung 1940?1945. Osburg Verlag, Hamburg 2015, ISBN 978-3-95510-094-0 .
Wiktionary: Kanalinsel  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Protokoll Nr. 3 betreffend die Kanalinseln und die Insel Man , abgerufen am 18. Januar 2022
  2. Nikolaus Doll: Fluchtpunkte furs Geld in Europa. In: Die Welt online , vom 25. Februar 2008.
  3. "Who is who" der europaischen Steueroasen. 20. Mai 2013, abgerufen am 3. September 2013 .
  4. Jersey Resident Population Estimate 2014 Bericht der States of Jersey Statistics Unit vom 24. Juni 2015 ( PDF , englisch), abgerufen am 25. April 2016
  5. a b Guernsey Annual Electronic Census Report 31st March 2015 (englisch), S. 14, abgerufen am 25. April 2016 ( PDF ; 684 kB )
  6. Alderney Electronic Census Report 31st March 2015 Publikation der Inselverwaltung von Alderney (www.alderney.gov.gg; englisch), abgerufen am 25. April 2016
  7. Too many people ? or not enough? Jersey's population dilemma. In: Jersey Evening Post. 9. April 2015, abgerufen am 25. April 2016 . (englisch)
  8. etwa eine Woche vor der de-facto-Kapitulation Frankreichs
  9. a b Michael Hechter: Alien Rule. Cambridge University Press, Cambridge 2013, ISBN 978-1-107-33708-4 , S. 99.
  10. Madeleine Bunting: The Model Occupation. The Channel Islands Under German Rule 1940?1945. HarperCollins, London 1995, ISBN 0-00-255242-6 , darin das Kapitel Correct Relations , S. 37?73.
  11. Gilly Carr, Paul Sanders, Louise Willmot: Protest, Defiance and Resistance in the Channel Islands German Occupation, 1940?45. Bloomsbury, London 2014, S. 88 (englisch). Siehe auch http://www.frankfallaarchive.org/
  12. Rohwer: Seekrieg. 6. Mai ? 7. Juni 1945, Nord- / Westeuropa.
  13. Militarischer Lebenslauf Generalmajor Siegfried Heine auf der privaten Homepage Island Farm Special Camp 11 ? The German officers held in Bridgend, 1946?1948 , abgerufen am 9. Juni 2022.