Kalmucken

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Portrat eines Kalmucken. Von Ilja Repin (1871)
Lage der Republik Kalmuckien in Russland, Siedlungsgebiet von fast 90 % der Kalmucken

Die Kalmucken ( kalmuckisch хальмг ; russisch калмыки ; deutsch auch Kalmuken oder Kalmyken geschrieben) sind ein westmongolisches Volk, das vorrangig in der Autonomen Russischen Teilrepublik Kalmuckien lebt. Der Begriff wurde bereits im fruhen 14. Jahrhundert von islamischen Historikern fur die Oiraten verwendet und spater von den Russen fur an der Wolga siedelnde Splittergruppen der Oiraten ubernommen.

Die Kalmucken sind das einzige buddhistische und das einzige mongolischsprachige Volk innerhalb der geografischen Grenzen Europas. Nach der Volkszahlung 2002 lebten 173.996 Kalmucken in Russland. [1] Nach der Volkszahlung 2010 lebten 183.372 Kalmucken in Russland, [2] davon 162.740 in Kalmuckien (57,4 % der Bevolkerung Kalmuckiens). [3]

Sprache und Literatur

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Karte der Verbreitung mongolischer Sprachen. In Brauntonen werden die oiratische und, weit im Westen, die ihr sehr ahnliche kalmuckische Sprache dargestellt.

Die kalmuckische Sprache zahlt neben der oiratischen Sprache zum westlichen Zweig der Sprachfamilie der mongolischen Sprachen und wird von rund 174.000 (Stand: 2002) Sprechern in Russland gesprochen. Die Unterschiede zwischen der oiratischen und kalmuckischen Sprache sind gering und nur durch die raumliche Entfernung der letzten 200 Jahre und durch Sprachpolitik verursacht. Dagegen ist die Verstandigung mit Sprechern anderer mongolischer Sprachen kaum moglich.

Ursprunglich wurde Kalmuckisch (sowie Oiratisch) in einer eigenen, senkrechten Alphabetschrift geschrieben, der Klarschrift oder oiratischen Schrift . 1923 wurde diese jedoch auf Anordnung durch das kyrillische Alphabet ersetzt. In den 1930er Jahren wurde kurzzeitig versucht, das lateinische Alphabet zu ubernehmen, ohne dass dies dauerhaft blieb. Die Oiraten in Xinjiang (China), in chinesischen Provinzen weiter ostlich und seltener in der westlichen Mongolei schreiben noch immer ihre eigene oiratische Schrift, die von der mongolischen Schrift abgeleitet ist (im engeren Sinne, zur allgemeinen Ubersicht siehe Mongolische Schriften ).

Zu den bedeutendsten Werken kalmuckischer Sprache gehort das aus dem 15. Jahrhundert mundlich uberlieferte Heldenepos D?angar (Dschangar; kalmuckisch und oiratisch Dschanghr) in zwolf Gesangen.

Traditionelle Lebensweise

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Kalmuckische Siedlung transportabler Jurten (kalmuckisch: ?Gher‘) vor der Zeit der Sowjetunion.

Als Nomaden und Halbnomaden lebten die Kalmucken bis ins 20. Jahrhundert vorwiegend von Viehzucht, auch von Fischfang und vereinzelt Ackerbau. Als Viehzuchter hielten die Kalmucken vorwiegend Rinder (das Kalmucken-Rind ist nach ihnen benannt), aber auch Kamele, Pferde, Schafe und Ziegen. Obwohl Kalmuckien teilweise fruchtbare Boden hat, ist Ackerbau in der fast wasserlosen Steppe traditionell nur in den wenigen Flusstalern moglich.

Eine kalmuckische Teezeremonie Ende 19. Jahrhundert im Don-Bezirk.

Der nomadischen Lebensweise entsprechend war der traditionelle Familienbund stark auf Zusammenhalt ausgerichtet. Eltern, verheiratete Kinder mit Familien und unverheiratete Kinder bildeten die Großfamilie . Mehrere dieser Sippenverbande bildeten nomadische Dorfverbande, von denen wiederum mehrere entsprechend ihrer Abstammungslinien einen Klan bildeten. Mehrere Klans bildeten einen traditionellen Stamm. Die kalmuckisch-oiratische Gesellschaft besteht aus vier großen und mehreren kleinen Stammen (siehe unten). Traditionell standen Fursten ( tayischi oder khan genannt) den verschiedenen Stammen vor. Obwohl sich jeder Kalmucke und Oirate seiner ererbten Stammeszugehorigkeit bewusst ist, kam es nach militarischen Niederlagen einzelner Stammesfursten in der Geschichte immer wieder vor, dass sich seine Anhanger anderen Stammesfursten anschlossen. Dadurch leben in Kalmuckien und auch im westlichen China die Angehorigen mehrerer Stamme gemischt. Neben den Fursten und dem nachrangigen niederen Adel gab es die Gemeinen sowie einen buddhistischen Priester- und Monchsstand. Die kalmuckische Kultur ahnelte der Kultur anderer Mongolen.

Infolge der vom Sowjetregime in den 1930er Jahren betriebenen Ansiedlung leben die Kalmucken seither in festen Dorfern und Stadten, die Gesellschaft ist sozial differenzierter und moderner. Außerdem wurde in sowjetischer Zeit die vollstandige Alphabetisierung der Kalmucken durchgesetzt. Allerdings schadigte die sowjetische Wirtschaftspolitik die Landwirtschaft, denn in den Wirtschaftsplanen seit den 1960er Jahren war Kalmuckien vorwiegend fur die Haltung von Merinoschafen bestimmt, die die Vegetation so stark abfraßen, dass es in einigen Regionen zur Wustenbildung kam. [4]

  •  Gebiet in Europa, in dem der tibetische Buddhismus die Mehrheit der Religionsanhanger stellt. [5]
  • Der ?Goldene Tempel“ in Elista fur Buddha Shakyamuni, eingeweiht am 27. Dezember 2005

    Viele Kalmucken sind, wie andere mongolische Volker, Anhanger des tibetischen Buddhismus , der auch Lamaismus genannt wird, der Gelug (pa)-Schule (?Gelbmutzen“). Zu dieser Religion konvertierten sie im Laufe des 17. Jahrhunderts, vorwiegend in der ersten Halfte, zuvor waren sie schamanistisch . [6] Der erste Oiraten-Stamm, der zum Gelug-Lamaismus konvertierte, und der zweite mongolische Stamm uberhaupt (nach dem Stamm unter Altan Khan ) waren die Choschuten , die weit im Osten in Tibet und nordlichen Nachbargebieten siedeln. Der Choschuten-Herrscher Gushri Khan (1582?1655) half dem Oberhaupt der Gelugpa, dem funften Dalai Lama Ngawang Lobsang Gyatsho (1617?1682) mit militarischen Mitteln an die Macht in Tibet im Krieg gegen die Oberhaupter anderer Schulen, besonders gegen das Oberhaupt der Karma-Kagyu -(?Schwarzmutzen“-)Schule, den zehnten Karmapa Choying Dorje und gegen die tibetische Tsangpa-Dynastie . Dadurch begrundeten die oiratischen Choschuten die Herrschaft der Dalai Lamas in Tibet. Gleichzeitig schickten die Choschuten Missionare des Gelug-Lamaismus zu den anderen Oiraten bis ins Gebiet der unteren Wolga , die ebenfalls konvertierten. Bekanntester Missionar war Zaya Pandita .

    Teilweise besuchten die Kalmucken fruher buddhistische Zeremonien in mobilen Jurten , seit dem 17. Jahrhundert entstanden auch mehrere Kloster und Tempel (kalmuckisch: Churul ). Vor der Zeit der Sowjetunion existierten etwa 60 davon. Alle wurden in sowjetischer Zeit abgerissen oder anders verwendet, und der Atheismus wurde gefordert. Fast alle bestehenden Tempel und Kloster in Kalmuckien und den Nachbarregionen wurden erst nach dem Untergang der Sowjetunion neu erbaut, nur einer wird rekonstruiert.

    Neben den Buddhisten gibt es auch einige muslimische Kalmucken und kleine christliche Gemeinden sowie viele Atheisten .

    Fruhe Geschichte der Oiraten und die oiratische Expansion 13.?17. Jahrhundert

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    Reste des Mongolenreiches (brauner Hintergrund) vor 1500. Grune Schrift: Nachfolgestaaten, alle inzwischen turksprachig und (außer dem Khanat Sibir ) auch islamisiert. Blaue Schrift: Mongolische Stammesverbande, darunter die vier Oiratenstamme ( Dorben Oirat ). Schwarze Schrift: andere Staaten und Volker.

    Die westmongolischen Oiraten sind etwa seit 1200 sudlich des Altaigebirges nachweisbar und wurden dort von Dschingis Khan unterworfen und beteiligten sich an der mongolischen Expansion im 13. Jahrhundert. Nach dem Zerfall des Mongolenreiches und dem Ruckzug der Mongolen aus China 1368 lebten sie wieder in der Umgebung des Altai. Dort bildeten sie ab 1400 bis 1636 die Stammes-Konfoderation Dorben Oirat aus den vier Hauptstammen der Durbeten ( Dorbod ), Torguten ( Torghuud ), Choschuten ( Choschuud ) und Chorosen ( Choros ). Daneben gibt es einige kleinere Oiratenstamme. Die Angehorigen dieser Konfoderation wurden als Oiraten von mongolisch Oirad (oiratisch/ kalmuckisch Oord ) bezeichnet. Eine andere Bezeichnung ?Dsungaren“ von mongolisch: Dschuun Ghar (?linker Flugel“) bezeichnete ursprunglich alle Oiraten, wurde aber seit dem 17. Jahrhundert in anderen Sprachen nur noch fur den Teilstamm der Chorosen verwendet. [7] Eine weitere Alternativbezeichnung ?Kalmucken“ von turksprachig : chalmach (einige Autoren deuten diesen Begriff als ?Rest“, weil sie sich von den ubrigen turksprachigen und muslimischen Nomaden unterschieden, die Bedeutung ist aber umstritten und nicht hinreichend geklart) ist bereits seit dem 14. Jahrhundert nachweisbar. [7] Daraus entwickelte sich der russische Name kalmyk , der sich spater als Begriff fur die weit im Westen lebenden Gruppen etablierte.

    Nach dem Ruckzug der Mongolen in die Steppe im Jahr 1368 folgt eine lange Phase von Konflikten zwischen den verschiedenen Stammesverbanden um die Vorherrschaft, bei denen die Oiraten zeitweilig unter Esen Tayishi (1439/40?55) zur dominierenden Macht wurden. Spater wurden sie von den Khalkha -Mongolen unter Dayan Khan (ca. 1470?1543) und spater nochmals 1552 und 1577 geschlagen. In der Folgezeit von 1600 bis 1630 wanderte die Mehrheit der Oiraten, besonders Angehorige der vier großen Stamme, aus ihrer alten Heimat aus.

    Die meisten Choschuten wandten sich nach Osten und etablierten sich als Nomaden im Westen des chinesischen Autonomen Gebiets Innere Mongolei , in der Provinz Gansu und in der tibetischen Region Amdo , die etwa der chinesischen Provinz Qinghai entspricht. Sie waren diejenigen, die zuerst zum Gelug-Lamaismus konvertierten, die Vorherrschaft der Dalai-Lamas in Tibet durchsetzten und die anderen Oiraten zu dieser Religion missionierten. Ihre Fursten bezeichneten sich selbst als ?Konige von Tibet“. Sie beherrschten faktisch nur ihre Siedlungsgebiete direkt und bildeten im ubrigen Tibet fur 100 Jahre eine zweite Macht nach den verbundeten Dalai Lamas.

    Die Torguten unter Khu Urluk († 1643) zogen von ihrer ursprunglichen Heimat in Xinjiang aus dagegen am weitesten westwarts. Dabei wanderten sie durch das sudliche Sibirien erst in Richtung Ural , um sich ab 1632 zuerst links, dann auch rechts der unteren Wolga niederzulassen. Der bedeutendste Khan des kalmuckischen oder torgutischen Khanats war Ayuki (reg. 1670?1724), der einzelne russische Stadte (z. B. Kasan ) angriff, bis er von Zar Peter I. mit dem russischen Grenzschutz betraut wurde.

    Im Gebiet zwischen den Choschuten im Osten und den Torguten im Westen nomadisierten die Durbeten und die Dsungaren ( Chorosen ) und kleinere Stamme, die Durbeten anfangs weiter westlich, etwa zwischen Mittel- Kasachstan und dem Balchaschsee und die Dzungaren ostlich davon, vom Balchaschsee bis etwa Urumqi .

    Die große Ausdehnung dieses Gebietes sollte nicht daruber hinwegtauschen, dass die meisten Bewohner weit zahlreichere, aber unterworfene Tibeter , Uiguren , Kirgisen und Kasachen waren. In der Geschichte Kasachstans wird die Zeit der Angriffe der Oiraten und der oiratischen Herrschaft als zweite Mongolenzeit oder als ?Großes Ungluck“ bezeichnet. Auch bildeten die Oiraten kein einheitliches Reich, weil die oiratische Stammes-Konfoderation in den 1630er Jahren zerfallen war und jeder Stammesfurst selbstandig agierte.

    Das Torgutenkhanat und inneroiratische Konflikte 17.?18. Jahrhundert

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    Die Torguten unter Khu Urluk eroberten und besiedelten Anfang des 17. Jahrhunderts im Bundnis mit den Durbeten unter Dalay-Bagatur das untere Wolgagebiet. Dabei gerieten sie in Konflikt mit den muslimischen nomadischen Vorbewohnern der Nogaier , die sich nach einigen Niederlagen anfangs unterwarfen, schließlich aber 1635 nach Westen abwanderten. Die ?Kleine Horde“ der Nogaier emigrierte in die Umgebung von Asow und fluchtete nach Kriegsvorbereitungen Khu Urluks 1636/1637 weit nach Westen in die damals noch osmanisch beherrschten Regionen Dobrudscha , Jedisan und Budschak . Die Mehrheit emigrierte im 18./19. Jahrhundert weiter ins Osmanische Reich. Die ?Große Horde“ der Nogaier fluchtete dagegen ins Steppenvorland Nordkaukasiens . Khu Urluk starb bei einem Feldzug im Kaukasus gegen sie. Seit dem Abzug der Nogaier wurden die Steppengebiete des Wolga-Uralgebietes vom Steppenreich der Torguten/Kalmucken dominiert.

    Ausbreitung des Dsungarischen Khanates (grun) von West-Tibet bis zum Uralfluss auf einer franzosischen Karte 1720. Nordwestlich ist auch das ?Camp de l’Ajuku Chan“ (=?Camp des Ayuki “) eingezeichnet.

    In der zweiten Halfte des 17. Jahrhunderts folgten oiratische Kriege um die Vorherrschaft in der 1636 zerfallenen Oiratenkonfoderation, die im 18. Jahrhundert von den Kasachen zum Aufstand gegen die Oiraten und von China und Russland zur Unterwerfung der ubrigen Kalmucken und Oiraten genutzt wurden. Anfangs versuchten die Dsungaren (Chorosen) unter Khungtaidschi Batur und seinen Nachfolgern durch Unterwerfung der Durbeten die Einheit gewaltsam zu erneuern. Khu Urluks Nachfolger Daichin unterwarf die fluchtenden Durbeten und beendete die Expansion des Dsungarischen Khanates nach Westen etwa am Uralfluss. Dadurch stromten auch Oiraten, die nicht zum Stamm der Torguten gehorten, in großerer Zahl ins westliche Kalmuckenkhanat. Im Osten kamen die Dsungaren bei einer Invasion im westlichen Tibet in Konflikt mit den Choschuten, die Tibet verteidigten. Der Choschutenherrscher Lhabsang Khan starb 1717 bei der Verteidigung der Hauptstadt Lhasa gegen die Dsungaren.

    Diese oiratischen Konflikte nutzte zuerst die chinesische Armee der mandschurischen Kaiser der Qing-Dynastie 1715?24 zur Expansion Chinas nach Westen. Zuerst wurden das Choschutenkhanat beseitigt und ihre Hauptsiedlungsgebiete als chinesische Provinz Gansu und abhangiges Gebiet Qinghai angeschlossen, die sudlicheren Teile des Hochlandes von Tibet wurden zum Qing- Protektorat unter den Dalai Lamas. Auch die Dsungaren mussten 1720 eine Niederlage gegen die chinesische Armee hinnehmen und sich aus dem westlichen Tibet zuruckziehen, woraufhin sie Anlehnung an Russland suchten und unter Galdan Tsereng (1727?45) erneut großere Teile Kasachstans unterwarfen. Das Verhaltnis zum Torgutenkhanat mithin den ?Kalmucken“ im Westen blieb politisch angespannt. Das Dsungarenreich wurde 1745?1757 von China im Osten beseitigt und gleichzeitig beendeten im Westen die Kasachen die Herrschaft der Dsungaren. Die Oiraten aus dem heutigen Kasachstan fluchteten entweder nach Osten in die nun chinesisch beherrschte Dsungarei oder zu den westlichen Kalmucken. Durch diese Ereignisse Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Kalmucken im Westen raumlich etwa 2000 Kilometer weit von den ubrigen Oiraten im Osten getrennt.

    Ubaschi Khan. Gemalde nach der Ruckkehr nach China, wahrscheinlich von dem chinesischen Hofmaler Ignaz Sichelbarth (Ai Q?m?ng)

    Lange Zeit pflegten die Kalmucken im Westen Bundnisse mit Russland vor allem gegen die Nogaier. Seit Ende des 16. Jahrhunderts, verstarkt aber seit Anfang des 18. Jahrhunderts expandierten mit Russland verbundete Terekkosaken und Kubankosaken ins sudrussische Vorland Nordkaukasiens . Dabei wurden die Nogaier auch mit Hilfe kalmuckischer Verbande allmahlich an den oberen Kuban (vgl. Rajon der Nogai in Karatschai-Tscherkessien ) und an den mittleren Terek abgedrangt (beispielsweise in den Rajon der Nogai in Dagestan ). Seit Anfang des 18. Jahrhunderts wurde das Kalmuckenkhanat faktisch ein Vasall Russlands. [8]

    In der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts wurden die Kalmucken mit einer Ansiedlungspolitik von Kosaken , Wolgadeutschen konfrontiert, die ihre Weideflachen verkleinerte. [8] Unzufrieden mit dieser Politik beschlossen die Kalmucken unter Ubaschi Khan (reg. 1761?1771/5) Anfang 1771 zur großen Mehrheit, ins alte Siedlungsgebiet am Altai zuruckzukehren. Vom Januar 1771 bis 1786 kehrten sie unter starken Verlusten durch den Widerstand der Kasachen zuruck ins alte Stammland. Nur 66.000 von uber 169.000 Menschen uberlebten und kamen am Ili an, wo ihnen der Qing -Kaiser Weideplatze zuwies. Die Gruppen westlich der Wolga blieben aufgrund der Unpassierbarkeit des Flusses und weil Kosaken die einzige Wolgabrucke gesprengt hatten, in jenem Fruhjahr zuruck und lebten dadurch in Russland. [9]

    Die Kalmucken in Russland seit dem 18. Jahrhundert

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    Ein ehemaliger Gedachtnistempel nahe Astrachan fur kalmuckische Einheiten, die 1812 gegen die franzosische Armee kampften.

    Die verbliebenen Kalmucken lebten bis ins 20. Jahrhundert als Nomaden und Halbnomaden zwischen der unteren Wolga und dem unteren Don . Obwohl die Kalmucken nicht zum Wehrdienst verpflichtet waren, gehorten kalmuckische Einheiten in den Kriegen des 18. und 19. Jahrhunderts zur Armee Russlands . Eine Minderheit trat in die Verbande der Kosaken ein und wurde dabei christlich getauft.

    Kalmuckischer Exiltempel in Belgrad 1929?44

    Nach der Februarrevolution 1917 bildeten die Kalmucken wie viele andere Minderheiten Russlands einen Nationalrat, der unter Furst Dmitri Tundutow, einem ehemaligen Adjutanten Kaiser Nikolaus’ II. stand. Im Russischen Burgerkrieg 1918?20 standen viele westlichere ?Don-Kalmucken“ auf der Seite der gegen die Bolschewiki kampfenden Weißen Armee , wahrend die ostlicheren ? Astrachan -Kalmucken“ von der Roten Armee beherrscht wurden. Ein Teil der Kalmucken emigrierte am Ende des Krieges ins Ausland. Durch Emigration und Opfer in der Kriegszeit ging die kalmuckische Bevolkerung von 190.648 zur Volkszahlung 1897 [10] auf 127.651 im Jahre 1926 [11] zuruck.

    In der Sowjetunion erhielten die Kalmucken ein Autonomes Gebiet, das spater zur Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR) innerhalb der Russischen SFSR ausgerufen wurde. Im Zuge der Zwangskollektivierung wurden die Kalmucken zur Sesshaftigkeit gezwungen. Diese abrupte Zwangsansiedelung fuhrte anfangs zu Hungersnoten, vom benachbarten Nomadenvolk der Kasachen starben 1932/1933 zwischen 1,3 und 1,5 Millionen Menschen . Teilweise unterstutzten die Kalmucken nach diesen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg die einmarschierende Wehrmacht und begleiteten sie auf ihrem Ruckzug. [12] Die Kalmuckische ASSR wurde in Vergeltung fur die Kollaboration aufgelost und die restliche kalmuckische Bevolkerung nach Sibirien zwangsumgesiedelt. Ein Drittel der Deportierten kam ums Leben. Die nach Polen und Deutschland ausgewanderten Kalmucken wurden uberwiegend repatriiert . Strafdeportationen nach Mittelasien und Sibirien trafen unter Stalin auch andere sowjetische Volker, wie die Krimtataren , Karatschaier , Balkaren , Inguschen und Tschetschenen . In allen Fallen war die Zahl der gegen die Rote Armee kampfenden Menschen kleiner als die Zahl der in der Roten Armee kampfenden Menschen. Unter Chruschtschow durften die Deportierten ab 1958 in die wiedergegrundete Kalmuckische ASSR zuruckkehren. Bei der Volkszahlung 1959 lebten nur 106.066 Kalmucken. [13]

    Mit uber 180.000 Menschen im Jahr 2010 lag die Bevolkerungszahl der Kalmucken unter dem Stand von 1890. Nach Berichten von 2006 verfolgte Kirsan Iljumschinow, damals Prasident der russischen Republik Kalmuckien, eine Politik der Rucksiedlung der etwa 150.000 Kalmucken aus Westchina , deren Vorfahren 1771?1786 abwanderten, und die Regierungen Russlands und Chinas befurworteten damals diese Plane. [14]

    Bekannte Kalmucken

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    Jewgenia Mandschiewa
    als Model (2007)
    Commons : Kalmucken  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
    • Kalmyk (Kalmyk/Oirat) Kalmuckische Sammlung der Kommission "Vanishing Languages and Heritage", Osterreichische Akademie der Wissenschaften, mit Aufnahmen von Chingis Azydov, Thede Kahl und Ioana Nechiti
    • Video aus der Reihe 360° GeoReportage auf arte (14. Februar 2017): Kalmuckien, die Ruckkehr der Monche

    Einzelnachweise

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    1. Russische Volkszahlung 2002 . Zeile “Калмыки”. In: Demoskopische Abteilung des russischen Institutes fur Ethnologie und Anthropologie (Hrsg.): Demoskop Weekly (Online) . 481-482, 10.-23. Oktober, 2011, ISSN   1726-2887 ( demoscope.ru [abgerufen am 19. Oktober 2011] Originaltitel: Демоскоп Weekly .).
    2. Offizielle Ergebnisse der Volkszahlung Excel-Tabelle 5, Zeile 81 ( Memento des Originals vom 30. April 2020 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.gks.ru .
    3. Ergebnisse der Volkszahlung Russlands 2010. ( Memento des Originals vom 30. April 2020 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.gks.ru Excel-Tabelle 7, Zeile 341.
    4. Oxana Dordzhieva: Preventing desertification and achieving sustainability in the Black Lands, Republic of Kalmykia, Russia. A system analysis approach . (PDF; 364 kB) Lund 2005
    5. Der Anteil der Buddhisten unter den Kalmucken wird nach Umfragen auf knapp 60 % geschatzt, siehe S.B. Filatow, R.N. Lunkin: Russische Religionsstatistik: Magie der Daten und nicht korrelierende Realitat. (PDF; russisch) In: Religionssoziologie 2005 , S. 38. Bei der Zusammensetzung der Bevolkerung Kalmuckiens , (s. a. Volkszahlung 2010: gks.ru ( Memento des Originals vom 1. Juni 2012 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.gks.ru Zeilen 339?352) ergibt das eine relative religiose Mehrheit des Buddhismus, weil auch der religiose Anteil anderer Ethnien auf 60 % geschatzt wird, mit Ausnahme der muslimischen Darginer, Tschetschenen und Awaren mit 81?95 % (siehe Filatow; Lunkin). Der Anteil der Religionslosen liegt - je nachdem ob unter der russischen Minderheit die Russisch-Orthodoxen dem von Filatow und Lunkin 2005 geschatzten landesweiten Durchschnitt von 59 % entsprechen, oder eher in dieser landlichen Region mehr sind - etwas uber oder eher etwas unter dem der Buddhisten. Die Buddhisten an der unteren Wolga sind traditionell die Kalmucken, eine andere lamaistische Gruppe gab es dort nie. In der Gegenwart gibt es neben den kalmuckischen auch einige wenige nichtkalmuckische Buddhisten.
    6. vergleiche Dietmar Schorkowitz: The Orthodox Church, Lamaism, and Shamanism among the Buriats and Kalmyks 1825?1925. In: Robert P. Geraci, Michael Khodarkovsky: Of religion and empire: missions, conversion, and tolerance in Tsarist Russia . Ithaca/ New York 2001, S. 201 ff.
    7. a b Michael Weiers (Hrsg.): Die Mongolen. Beitrage zu ihrer Geschichte und Kultur . Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1986, ISBN 3-534-03579-8 , S.   185 u. 210 .
    8. a b Andreas Kappeler: Rußland als Vielvolkerreich: Entstehung - Geschichte - Zerfall . 2. Auflage. Beck, Munchen 2008, ISBN 978-3-406-57739-0 , S.   46   f .
    9. Michael Khodarkovsky: Where two worlds met: The Russian State and the Kalmyk nomads 1600-1771 . Cornell University Press, Ithaca, New York 1992, ISBN 0-8014-2555-7 , S.   207?235 .
    10. Volkszahlung 1897
    11. Volkszahlung 1926
    12. Artikel aus "Der Freitag" ( Memento vom 24. November 2005 im Internet Archive ), zu beachten ist, dass nur eine Minderheit von ca. 10.000 Menschen nach den Erfahrungen unter Stalin mit der Wehrmacht kollaborierte.
    13. Volkszahlung 1959
    14. Irina Wolkowa: Iljumshinow ruft Landsleute zuruck - Russlands Republik Kalmykien plant Volkerwanderung , Neues Deutschland 18. April 2006, auf der Webseite der AG Friedensforschung
    15. Profil ?Eugenia Mandzhieva“ auf Fashionmodeldirectory
    16. Berliner Filmkritik: ?Die Mowen“ (russisch, 2015)