Kalligrafie

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Kalligrafie , auch Kalligraphie ( altgriechisch καλλιγραφ?α kalligraphia , von κ?λλο? kallos ?Schonheit“ und -graphie ), ist die ?Kunst des schonen Schreibens“ von Hand (Chirografie) mit Federkiel , Pinsel , Filzstift oder anderen Schreibwerkzeugen. Die Kalligrafie unterscheidet sich von Typografie (Setzen von Schrift aus vorgefertigten Buchstabenformen) und Lettering (konstruierendes Zeichnen von Schriftzugen). Im Schulfach Schonschreiben wird nicht Kalligrafie unterrichtet, sondern leserliches Schreiben.

Das Ansehen der Kalligrafie ist in der Kulturgeschichte uberall dort gegeben, wo das Abschreiben heiliger Texte selbst als sakraler Vorgang eingestuft wird: So etwa traditionell im Christentum bei der Kopie der Bibel oder im Islam , wo die Basmala die haufigste kalligrafische Form ist. Noch heute ist auch fur die chinesische und japanische Schriftkultur die Kalligrafie wichtig und inspirierend. Wichtiger als die Leserlichkeit ist dabei die Erzielung perfekter asthetischer Ausgewogenheit und das Sichtbarmachen von Emotionen.

Viele Kalligrafen verweisen auf den fast meditativen Charakter ihrer Arbeit:

?Die Ruhe dieser Arbeit erfullt das ganze Wesen mit einer umfassenden Zufriedenheit, wo Zeit und Raum, fur kurze Zeit wie weggewischt, uns nicht mehr kummern noch belasten.“

? Andreas Schenk [1]

Westliche Kalligrafie

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Schriftprobe der im Hochmittelalter verwendeten Textura quadrata
Moderne westliche Kalligrafie findet heute meist bei der Erstellung festlicher Urkunden ihren Einsatz

In der abendlandischen mittelalterlichen Kultur spielte die Kalligraphie eine kaum zu uberschatzende Rolle als einzig bekannte Form der Ubermittlung von Literatur. Um allerdings die Texte immer klar lesbar zu halten, wurde die Schrift nur in gewissen Maßen kalligraphisch verandert, so in Form von Abbreviaturen (Abkurzungen) und Ligaturen (Ineinanderschreibungen von Buchstaben). Der eigentliche Buchschmuck erstreckte sich in Europa immer auch auf die Bilder und Illustrationen, da im Christentum kein Bilderverbot gilt, anders als in Islam und Judentum . In Deutschland waren besonders Augsburg und Nurnberg Zentren der Buch- und Schriftkunst. Der Augsburger Ulrich Taler und die Nurnberger Familien Glockendon und Neudorffer waren bekannte Schriftkunstler. Die eigentliche Kalligraphie wurde als eigene Kunstform eher im Bereich der Uberschriften verwendet. In der Renaissance und im Barock entstand als Antwort auf die als nicht allzu schon empfundene gedruckte Schrift dann die eigentliche, bewusst auf die Schonheit der Schrift ausgerichtete europaische Kalligraphie, besonders in Italien, Frankreich und England. Spezielle Schreibmeisterbucher zeigen ein hohes Niveau.

Auch wenn die Kalligrafie in Europa seit Beginn der Neuzeit stark an Prestige verloren hat, ist sie als Kunstform und Hobby doch noch lebendig, erlebt sogar seit der Einfuhrung der Heimcomputer eine gewisse Renaissance. Praktische Anwendung findet sie bei der Gestaltung von Urkunden, Plakaten oder Eintragungen z. B. in ein Goldenes Buch .

In ganz Europa finden sich historische Werke antiker und mittelalterlicher Kalligrafen, die vielfach in Klostern entstanden sind und durch ihre teure Ausstattung und reichhaltigen Details bestechen.

In neuerer Zeit ist als bekannter Kalligraf z. B. Edward Johnston zu nennen, der mit seiner Foundational Hand und der serifenlosen Johnston Sans , die in der Londoner U-Bahn bis heute verwendet wird, beruhmt wurde.

Hebraische Kalligrafie

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Seit talmudischer Zeit bezeichnet Sofer (Betonung auf dem ?e“) einen Schreiber hebraischer Texte. Der Beruf des Sofers erfordert eine jahrelange Ausbildung und ist innerhalb des Judentums sehr angesehen. Die biblischen Texte werden mit einer Vogelfeder ( Gansekiel ) und einer Tinte ohne Metallzusatze, die der Sofer meist selber herstellt, geschrieben. Die Unterlage ist stets ein nur fur diesen Zweck handproduziertes Pergament . Die hebraischen Texte sind unvokalisiert , haben aber besondere Verzierungen, die auch als Kronchen bezeichnet werden. Die Texte mussen absolut fehlerfrei und prazise geschrieben werden. Der Sofer darf nicht aus dem Gedachtnis schreiben, sondern muss jeden Buchstaben einzeln aus der Vorlage kopieren .

Chinesische, koreanische und japanische Kalligrafie

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Kalligrafie am Sun Yat-sen -Schrein in Taipeh

In Asien, hauptsachlich im chinesischen Raum, Korea und Japan hat die Kalligrafie immer noch einen hohen Stellenwert im gesellschaftlichen und kunstlerischen Leben. Die am meisten verwendeten Werkzeuge sind Pinsel , Tuschestange und Tuschestein , sowie das Papier als wesentlicher Bestandteil des Schreibprozesses. Vor dem eigentlichen Schreiben wird Tusche von der Tuschestange im Reibstein mit Wasser oder Wein angerieben. Der Schreibakt ist heutzutage oftmals impulsiv, was die Schriftzeichen schwer leserlich, aber umso ausdrucksstarker macht. Schriftstile wie die Grasschrift stellen den eigentlichen Text und seine Lesbarkeit sogar bewusst hinter die kalligraphische Gestaltung zuruck, selbst gebildete Chinesen konnen Grasschriften oft nicht lesen. Sie gelten als Bild, nicht als Text.

Kalligrafische Kunstwerke zieren als paarige senkrechte Schrifttafeln und als waagerechte Namensschilder den chinesischen Garten. Sie sind von den Gartenbauten fast nicht zu trennen und bilden wichtige Schmuckelemente im chinesischen Landschaftsgarten . Der Inhalt der Tafeln und Schilder ist im Allgemeinen auf die Umgebung der Gebaude bezogen. Haufig handelt es sich um Zeilen aus beruhmten Gedichten, in denen Besonderheiten der Szenerie angedeutet sind.

Arabische Kalligrafie

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Koran aus Andalusien

Aufgrund des Bilderverbots im Islam wurde die kursive arabische Schrift in kalligrafischen Kunstwerken wie Linien verwendet, wodurch Bilder aus Buchstaben, sogenannte Kalligramme , entstanden. Da in den meisten Landern der islamischen Welt die Kalligraphie als einzige erlaubte Kunstform galt, bildet sie im islamischen Raum das Haupt-Schmuckelement in der Architektur.

Eine der kunstvollsten Arten der arabischen Kalligrafie, die Osmanische Kalligrafie , entwickelte sich bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Osmanischen Reich .

Altagyptische Kalligrafie

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Papyrus Sallier II aus der 19. Dynastie, geschrieben in Buchhieratisch

Wahrend Agyptische Hieroglyphen vorrangig fur Inschriften und Objektaufschriften verwendet wurden, fanden auf mobilen Schrifttragern wie Papyri oder Ostraka hauptsachlich die Kursivschriften Hieratisch und Demotisch Verwendung. Hieratisch wurde mit weich gekauter Binse auf Papyrus geschrieben, ab der Romerzeit fand auch der Kalamos Verwendung. Vor allem literarische und religiose Texte wurden sehr sorgfaltig geschrieben, wobei die Hieratogramme uberaus ausladend und schwungvoll ausfallen konnten. Vor allem das Buchhieratisch der Ramessidenzeit gilt als manieriert.

Portal: Schrift  ? Ubersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Schrift
  • Herbert Becker: Kalligraphie. Die Kunst des schonen Schreibens . E. A. Seemann Verlag, Leipzig 2011, ISBN 978-3-86502-130-4 .
  • Julius de Goede: Kalligraphie. Schonschreiben lernen. Weltbild Verlag, Augsburg 1991, ISBN 3-8043-2665-X .
  • Nuesret Kaymak: Schreiben als Kunst . Regionalia Verlag, Rheinbach 2012, ISBN 978-3-939722-59-5 .
Graffiti & Kalligrafie
Commons : Kalligrafie  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kalligrafie  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Andreas Schenk: Kalligraphie: die stille Kunst, eine Feder zu fuhren: [das Werkbuch zum Schonschreiben] . AT-Verlag, 1989, ISBN 3-85502-375-1 .