Kalifornien (historische Landschaft)

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Kalifornien ( spanisch California ) bezeichnet ursprunglich eine Landschaft in Nordamerika , die den nordwestlichen Teil der spanischen Kolonialbesitzungen in Amerika , der Mexiko nach dessen Unabhangigkeit zufiel, umfasste. Der Nordteil dieser Landschaft hat seinen Schwerpunkt im heutigen US-Bundesstaat Kalifornien im Westen der USA , dessen Ostgrenze erst seit 1850 genau definiert ist. Er hieß bis Mitte des 19. Jahrhunderts Oberkalifornien (spanisch Alta California , engl. Upper California ). Der Sudteil der historischen Landschaft ist die Halbinsel Niederkalifornien (span. Baja California , engl. Lower California ) und entspricht heute den mexikanischen Bundesstaaten Baja California und Baja California Sur .

Geschichte und Entwicklung

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Karte von 1766

Erste Spuren menschlicher Besiedlung fanden sich bereits in palaoindianischer Zeit um 9000 bis 10.000 v. Chr. auf den heutigen Kanalinseln . [1] Bereits vor 8000 v. Chr. jagten kleine Gruppen Wild, Bergschafe und Vogel und fischten. Hinzu kam das Sammeln von Eicheln und Wildgrasern. Ackerbau und Korbflechterei wurden von einigen Gruppen weit entwickelt. [2]

Entdeckungsreisen

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Die ersten europaischen Entdecker segelten vom fruhen 16. Jahrhundert an vor der Kuste Kaliforniens. Ihre Schiffe fuhren unter den Flaggen Spaniens und Englands . Die bedeutendste Kolonialmacht, Spanien, fokussierte sich auf ihre Gebiete in Mexiko , Peru und auf den Philippinen . Doch waren die Spanier bestrebt, ihre Macht um die Kustenlinien des ganzen Pazifiks auszudehnen, wodurch ihr Augenmerk auch auf Kalifornien gelenkt wurde. Dabei spielte die Sicherung der Manila-Galeonen , also des Handelsverkehrs zwischen den sudostasiatischen und den amerikanischen Besitzungen Spaniens, eine bedeutende Rolle. Allerdings erschien den Entdeckern das Gebiet nur als hugliges Grasland, das fur die Kolonisierung unattraktiv war. Sie konnten nicht ahnen, dass die Goldvorkommen in Kalifornien ihre Vorstellung vom Eldorado wohl weit ubertroffen hatte. Erst im 18. Jahrhundert setzte die spanische Kolonisierung ein, und Anfang des 19. Jahrhunderts grundeten russische Fellhandler den Stutzpunkt Fort Ross .

Hernan Cortes

Etwa um 1530 wurde dem damaligen Prasidenten der Audiencia von Neuspanien , Nuno Beltran de Guzman , von einem Sklaven von den Sieben Stadten berichtet, deren Straßen mit Gold und Silber gepflastert seien. Etwa um die gleiche Zeit horte Hernan Cortez Berichte uber ein wundervolles Land im Nordwesten, das von Amazonen bevolkert sei und wo es Gold, Perlen und Edelsteine im Uberfluss gebe.

Im Jahre 1533 entdeckte Cortez eine Bucht, vermutlich jene von La Paz , vor der er durch Schwierigkeiten zur Ruckkehr gezwungen wurde. Er unternahm 1534 und 1535 weitere Expeditionen, ohne jedoch das gesuchte Land zu finden. Schließlich beanspruchte er die Isla de Santa Cruz (heute Baja California ) fur Spanien und grundete eine Stadt, die spater den Namen La Paz bekommen sollte. Noch lange Zeit hielt man Kalifornien fur eine dem amerikanischen Kontinent vorgelagerte Insel ( Insel Kalifornien ).

Francisco de Ulloa

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Merkatorkarte von 1587, auf der Kalifornien korrekt als Halbinsel dargestellt ist.

Im Juli 1539 sandte Cortez, von neuerlichen sagenhaften Geschichten getrieben, Francisco de Ulloa mit drei kleinen Schiffen aus. Der erreichte die Mundung des Colorado River und umsegelte die Halbinsel bis nach Cedros . Die Straße von Anian , die de Ulloa ebenfalls zu finden hoffte, fand er jedoch nicht, ganz im Gegenteil fand er Hinweise darauf, dass Kalifornien nur eine Halbinsel bildete.

Juan Rodriguez Cabrillo

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Vermutete Lage der Straße von Anian , Rom 1687
Die Halbinsel von Kalifornien erscheint auf dieser Karte von 1650 noch als Insel.

Der erste Europaer, der die kalifornische Kuste bereiste, war Juan Rodriguez Cabrillo, ein spanischer Kapitan, der fur die spanische Krone in See gestochen war. Er war von der Westkuste Mexikos aus aufgebrochen und am 28. September 1542 in der Bucht von San Diego an Land gegangen und hatte die ?Insel“ Kalifornien fur Spanien in Besitz genommen.

Beim Versuch die Reise weiter nach Norden fortzusetzen, um den Landweg nach Asien zu finden, verungluckte Cabrillo und kam ums Leben. Kommandant an seiner Stelle wurde Bartolome Ferrelo , der etwa bis zur Mundung des Rogue River im sudlichen Oregon kam. [3] Fur die indigene Bevolkerung bedeutete die Expedition Cabrillos moglicherweise einen starken Einbruch der Bevolkerungszahlen durch eingeschleppte Pocken. [4]

Sir Francis Drake

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Am 7. Juni 1579 entdeckte der englische Entdecker Sir Francis Drake einen Hafenplatz, der ihm sehr geeignet zum Ankern erschien. Er nannte die Stelle Nova Albion . Wo dieser Hafen gelegen hat, ist heute nicht mehr bekannt. Eine 1936 gefundene Steinplatte, die von dieser Landung berichtete, entpuppte sich als eine Falschung. Dennoch nannten fortan alle englischen Karten das Gebiet nordlich von Baja California, New Granada und New Mexico ?Nova Albion“.

Sebastian Vizcaino

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Weitere Entdecker, wie Pedro de Unamuno (1587) und Sebastian Rodriquez Cermeno (1595) erkundeten die Kuste. Im Jahr 1602 umfuhr der Spanier Sebastian Vizcaino die kalifornische Kustenlinie bis zur Bucht von Monterey , wo er an Land ging. Er reiste der Kuste entlang nach Suden und erreichte vermutlich Carmel . Bedeutung fur die Geschichte des Staates erlangte er durch seine Reiseberichte, die insbesondere das Gebiet um Monterey als fur eine Besiedlung sehr geeignet darstellten, aber auch durch seine detaillierten Landkarten von den Kustengebieten, die fast zweihundert Jahren verwendet wurden. [5]

Spanische Kolonisierung

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Kalifornisches Wappen unter den Spaniern

Die Besiedlung Kaliforniens wurde schließlich erst Ende des 17. Jahrhunderts vom spanischen Konig beschlossen und den Jesuiten anvertraut, die unter der Bedingung der Anerkennung der koniglichen Autoritat auf dem kalifornischen Territorium auch alle weltliche Autoritat innehatten, insbesondere die Oberhoheit uber die sie begleitenden spanischen Truppen.

Durch die Mission ierung wurde die Halbinsel Baja California von den Jesuiten kolonisiert. Die erste Mission und Siedlung, die Bestand hatte, wurde von ihnen 1697 im Zentrum Niederkaliforniens errichtet ( Loreto ). Die Missionssiedlung wurde zur ?Hauptstadt“ Kaliforniens ausgebaut, und es folgten weitere Missionsgrundungen in Niederkalifornien. Dabei ist Eusebio Francisco Kino besonders hervorzuheben.

Das spatere Alta California (Oberkalifornien) ruckte 1769 mit der ersten Grundung einer Mission im heutigen San Diego (de Alcala) in den Mittelpunkt der spanischen Kolonialpolitik.

Im Jahre 1774 zog Capitano Juan Bautista de Anza von Tucson , Arizona, uber den Colorado River bei Yuma und weiter zum Pazifischen Ozean. Entlang der Kuste stieß er bis zur Bucht von San Francisco vor und grundete dort den Militarstutzpunkt Presidio San Francisco . Seine Begleiter vom Orden der Franziskaner , die nach dem Jesuitenverbot die Missionierung ubernommen hatten, grundeten die benachbarte Mission San Francisco de Asis . Fur die mitgereisten Bauern wurde die Siedlung Pueblo de San Jose errichtet. In den folgenden Jahren wurden drei Militarstutzpunkte in Monterey , Santa Barbara und San Diego gegrundet, von denen aus die Provinz in der Folge verwaltet wurde. Ihnen war zunachst jeweils eine Missionsstation und ein Pueblo zugeordnet. In den folgenden Jahren entstanden weitere Missionen und Pueblos, insgesamt errichteten die Spanier 21 Missionen in California. Sie alle waren durch El Camino Real , die konigliche Straße, verbunden, die sich entlang der Kuste zog.

1781 zerstorten Indianer vom Volk der Yuma die Mission San Pedro y San Pablo de Bicuner in Arizona und unterbrachen damit die Straßenverbindung zwischen Mexiko und Kalifornien. Die Verbindung wurde zu spanischen Zeiten nie wiederhergestellt, seitdem war die Provinz nur noch auf dem Seeweg erreichbar. Auf Grund der vorherrschenden Windrichtungen dauerte die Fahrt von Mexiko nach San Diego oder weiter nordlich oft drei Monate, weshalb die Anbindung der Provinz an das Vizekonigreich Neuspanien nur locker war.

Im Jahr 1804 wurde Kalifornien in zwei administrative Gebiete, das nordliche Ober- und das sudliche Niederkalifornien , geteilt. Im Mexikanischen Unabhangigkeitskrieg von 1810 bis 1821 erreichten die Mexikaner die Unabhangigkeit von Spanien, allerdings zu einem sehr hohen Preis.

Abspaltung von Oberkalifornien

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Im mexikanisch-amerikanischen Krieg wurde der Nordteil 1846 von den USA besetzt und dann 1848 mit dem Vertrag von Guadalupe Hidalgo den USA uberlassen; bis 1857 gab es Annexionsabsichten fur den Sudteil. Bald danach wurde der bei Mexiko verbliebene Teil in die noch heute bestehenden Gebiete Baja California und Baja California Sur geteilt.

Nach der Trennung entwickelten sich das US-amerikanische Oberkalifornien und das mexikanische Niederkalifornien unabhangig voneinander. Oberkalifornien sah unter anderem durch den Goldrausch eine wahre Bevolkerungsexplosion, wahrend der Suden ebenso wie das im Osten benachbarte Sonora weiterhin eine dunn besiedelte Randzone Mexikos darstellten. So kam es, dass der Norden allmahlich auf das ?Ober-“ verzichtete und alleine den Namen ?Kalifornien“ tragt. Auch im Spanischen bezeichnet heutzutage ?California“ in erster Linie den US-Bundesstaat, nicht die historische Landschaft.

Wahrend der Mexikanischen Revolution war Baja California Operationsgebiet des Partido Liberal Mexicano (PLM). Die kurzfristige Eroberung Baja Californias durch den PLM loste zunachst neue Spekulationen uber eine Annexion durch die Vereinigten Staaten aus. Gouverneur Esteban Cantu nutzte die Wirren der folgenden Jahre schließlich dazu, sich eine von der schwachen mexikanischen Zentralregierung vollig unabhangige Machtstellung aufzubauen, die er von 1915 bis 1920 beibehalten konnte. Mit dem Wiedererstarken der Zentralgewalt in Mexiko kam auch das Ende der De-facto-Unabhangigkeit Baja Californias. Nachdem alle Versuche gescheitert waren, Cantu zum freiwilligen Machtverzicht zu bewegen, setzte die mexikanische Bundesregierung eine Expeditionsstreitmacht zur Ruckeroberung Baja Californias in Bewegung. Angesichts der fur ihn aussichtslosen militarischen Lage gab Cantu schließlich auf und begab sich im August 1920 ins US-amerikanische Exil.

Die ungleiche Bevolkerungsentwicklung der beiden kalifornischen Bundesstaaten halt praktisch bis zum heutigen Tage an. Der US-Bundesstaat wachst unaufhorlich in seiner Bevolkerung. Dagegen ist Niederkalifornien bis auf die direkt an (Ober-)Kalifornien grenzenden Randbezirke mit den Millionenstadten Tijuana und Mexicali eine der am dunnsten besiedelten Regionen Mexikos, die erst in jungster Zeit (auch durch Hollywoodfilme, zum Beispiel die Schlussszene in Terminator 1 ) durch den Tourismus eine Art Boom erlebt. Besonders die Sudspitze mit Cabo San Lucas und San Jose del Cabo hat sich in den letzten Jahren zu einem sehr beliebten Ferienziel fur US-Amerikaner und Kanadier entwickelt.

Dennoch teilen beide Kalifornien die großtenteils wustenahnliche Landschaft mit hohen Gebirgen in unmittelbarer Kustennahe. Im menschenleeren Niederkalifornien kann man sich ein Bild machen, wie die heute praktisch vollkommen besiedelte Kustenlandschaft Kaliforniens vor 200 Jahren ausgesehen haben muss.

Wahrend der Zeit der spanischen und der mexikanischen Herrschaft uber Kalifornien war ein Gouverneur mit der politischen Fuhrung des Landes betraut. Bis 1822 waren alle Gouverneure beider Kalifornien (?Las Californias“) und danach von Alta California Spanier. 1822 wurde mit Luis Antonio Arguello erstmals ein in Amerika geborener Mann Gouverneur in Kalifornien.

Einzelnachweise

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  1. In der Daisy Cave, im Norden der Channel Islands, fanden sich unter anderem Uberreste aus der Zeit um etwa 10.300?9100 v. Chr. Vgl. Torben C. Rick, Jon M. Erlandson & Rene L. Vellanoweth: Paleocoastal Marine Fishing on the Pacific Coast of the Americas: Perspectives from Daisy Cave, California. In: American Antiquity 66/4 (2001) S. 595?614.
  2. Die Fundstatte ist die Arlington Spring Site im Arlington Canyon , die Orr 1959 entdeckte. Vgl. Phil C. Orr: The Arlington Spring Site, Santa Rosa Island, California. In: American Antiquity 27/3 (Januar 1962), S. 417?419. Dazu auch: John R. Johnson: Ancient Bones May Rewrite History , Santa Barbara Museum of Natural History ( Memento vom 9. Marz 2009 im Internet Archive )
  3. U.S. National Park Service official website about Juan Cabrillo. (abgerufen am 18. Dezember 2006)
  4. Jon M. Erlandson, Torben C. Rick, Douglas J. Kennett und Phillip L. Walker: Disease: Cultural Contacts and Possible Evidence for Old World. Epidemics Among the Protohistoric Island Chumash. In: Pacific Coast Archaeological Society Quarterly 37/3 (2001), S. 11?26.
  5. Information from Monterey County Museum about Vizcaino's voyage and Monterey landing (abgerufen am 18. Dezember 2006); Summary of Vizcaino expedition diary (abgerufen am 18. Dezember 2006)