Kose Mihal

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kose Mihal (* 13. Jahrhundert; † um 1340; deutsch: Michael der Bartlose , auch Michael der Spitzbart [1] ) begleitete Osman Ghazi bei dessen Aufstieg zum selbststandigen Emir und Grunder des Osmanischen Reiches . Er gilt als der erste bedeutende, vom Christentum zum Islam ubergetretene byzantinische Renegat in osmanischen Diensten.

Die mit Kose Mihal verbundenen Geschehnisse, deren historische Wahrheit nicht mehr zu ergrunden ist und die weitgehend als mythisch und sagenhaft einzuschatzen sind, wurden erst im 15. Jahrhundert aufgeschrieben. [2] [3] Die alteste osmanische Quelle, Menakıb-ı Ali-i Osman von Yah?i Fakıh aus der Zeit des Sultans Bayezid I. , ist zwar verschollen, war jedoch offensichtlich eine der Grundlagen fur spatere Chronisten wie Aschikpaschazade [4] und Mehmed Ne?ri [5] , die auch uber Kose Mihal berichteten. In ihren grundlegenden Werken stutzten sich die deutschsprachigen Orientalisten und Historiker Joseph von Hammer-Purgstall [6] und Nicolae Iorga [7] in Bezug auf Kose Mihal zudem auf ?dris-i Bitlisi [8] , Hodscha Sa’eddin Mehmet [9] und Leunclavius [10] . Hinweise auf diese und weitere, teilweise neu erschlossene Quellen findet man bei Klaus Kreiser : Der Osmanische Staat 1300-1922 . [11] Die Aussagen aller alten Quellen uber Kose Mihal beschranken sich im Wesentlichen auf dessen Verhaltnis zu Osman Ghazi und Orhan Ghazi . Uber ihn als Person wird nur aus diesem engen Blickwinkel berichtet. [12]

Nach den genannten Geschichtsschreibern war Kose Mihal byzantinischer Statthalter von Chirmenkia ( Harmankaya , heute Harmankoy ) und griechischer Herkunft. [13] Schon vor seinem Ubertritt zum Islam wurde er vom Gegner zum ?treue[n] Freund“ [14] Osman Ghazis. Er beteiligte sich als Verbundeter mit seinen Dienstleuten an dessen Kriegszugen und unterstutzte ihn zudem als ortkundiger Fuhrer, Berater und diplomatischer Vermittler. [15] [16] Die Berichte uber Zeitpunkt und Anlass seines Glaubenswechsels sind widerspruchlich. Einerseits sei er gezwungenermaßen oder Osman Ghazi zuliebe, andererseits wegen eines bedeutungsvollen Traumes aus Uberzeugung zum Muslim geworden. [17] [18] Als zeitlicher Rahmen dafur gelten die Jahre 1304 und 1313. [19] [20] [21] Als Muslim wurde Kose Mihal auch ?Abd Allah“ (Abdullah) genannt. [22]

Bei der Eroberung Bursas 1326 spielte Kose Mihal vor allem als Berater und diplomatischer Gesandter Orhan Ghazis, des Sohnes und Nachfolgers Osman Ghazis, eine bedeutende Rolle. [23] Orhan Ghazi soll es gewesen sein, der ihm den erblichen Oberbefehl uber die Akıncı gab. Kose Mihal war damit der erste der ehemals christlichen Renegaten, die in allen Bereichen des osmanischen Staates tragende Funktionen ubernahmen. [24] [25] Kose Mihals Nachkommen, als Mihalo?lu beruhmt, wurden besonders im 15. und 16. Jahrhundert politisch und militarisch erfolgreiche osmanische Wurdentrager und Heerfuhrer in Rumelien . Sie gelangten aber nicht in die hochsten Staatsamter, was auf einen Traum Sultan Murads II. zuruckgehen soll. [26]

Nach der Einnahme Bursas wird Kose Mihal in den Quellen nicht mehr erwahnt. Kreutel merkt an, Kose Mihal sei um 1340 gestorben. [27]

Dass Kose Mihal in Adrianopel in einer Turbe bei einer von ihm selbst gestifteten Moschee beerdigt sei, fuhrte Babinger in E. J. Brill's first encyclopaedia of Islam an. [22] Demnach hatte Kose Mihal mindestens bis nach der Eroberung Adrianopels durch Murad I. im Jahre 1361 gelebt und damit ein sehr hohes Alter erreicht. Doch Babinger unterlief ein Fehler. Er verwechselte Kose Mihal mit Ghazi Mihal Bey , einem Enkel Kose Mihals, dessen Moscheekomplex mit Imaret (zerstort) und Hamam (Ruinen) in Adrianopel unter Sultan Murad II. 1422 fertiggestellt wurde. Auf dem angegliederten Friedhof steht die Turbe des Stifters Ghazi Mihal Bey. [28]

  • Derwisch Ahmet-i ‘A?ıki (genannt ‘A?ık-Pa?a-Sohn): Menakıb u tevarih-i ‘Al-i ‘Osman (Denkwurdigkeiten und Zeitlaufte des Hauses Osman). In Richard Franz Kreutel (Hrsg./Bearbeiter): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte . Osmanische Geschichtsschreiber Bd. 3, Graz 1959
  • Joseph Hammer-Purgstall: Geschichte des Osmanischen Reiches . Bd. 1, Pest 1827
  • Nicolae Jorga: Die Geschichte des Osmanischen Reiches nach Quellen dargestellt , unveranderte Neuausgabe, Primus Verlag Darmstadt 1997
  • Johannes Leunclavius: Annales Svltanorvm Othmanidarvm, A Tvrcis Sva Lingva Scripti Frankfurt a. M. 1588/1596, deutsch: Neuwe Chronica Turckischer Nation von Turcken selbst beschrieben ... Frankfurt a. M. 1590
  • Ferenc Majoros u. Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300-1922 , Wiesbaden 2004
  • Mihalo?lu Mehmet Nuzhet Pa?a: ?Ahval -i al-i Gazi Mihal“ . 1897 (osmanisch)
  • Mehmed Ne?ri: Kitab-I Cihan-Numa . Teilweise ediert und ubersetzt in Zeitschrift der Deutschen morgenlandischen Gesellschaft . 13. Band 1859

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Joseph Hammer-Purgstall: Geschichte des Osmanischen Reiches . Erster Band, Pest 1827, S. 48
  2. Ferenc Majoros u. Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300-1922 , Wiesbaden 2004, S. 381
  3. Klaus Kreiser: Der Osmanische Staat 1300-1922 . 2., aktualisierte Auflage, Munchen 2008, S. 99f
  4. Derwisch Ahmet-i ‘A?ıki (genannt ‘A?ık-Pa?a-Sohn): Menakıb u tevarih-i ‘Al-i ‘Osman (Denkwurdigkeiten und Zeitlaufte des Hauses Osman). In Richard Franz Kreutel (Hrsg./Bearbeiter): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte . Osmanische Geschichtsschreiber Bd. 3, Graz 1959
  5. Mehmed Ne?ri: Kitab-ı Cihannuma .
  6. Joseph von Hammer-Purgstall: Geschichte des osmanischen Reiches . Erster Band, Pest 1827
  7. Nicolae Iorga: Geschichte des Osmanischen Reiches . Gotha 1908?1913
  8. Idris-i Bitlisi: He?t Bihi?t . (Die acht Paradiese)
  9. Hodscha Sa’eddin Mehmet: Tac ut-tevarih (Krone der Geschichten) . Eine Reichsgeschichte von der Staatsgrundung bis zum Tode Selims I.
  10. Johannes Leunclavius: Historiae Musulmanae Turcorum, De Monumentis Ipsorum Exscriptae, Libri XVIII . Frankfurt/M. 1591 unter dem deutschen Titel Hansen Lowenklaus Neue Chronika turkischer Nation . Frankfurt 1590, 1595
  11. Klaus Kreiser: Der Osmanische Staat 1300-1922 . 2., aktualisierte Auflage, Munchen 2008. II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung, B. Die Quellen, S. 93?111.
  12. Derwisch Ahmet-i ‘A?ıki (genannt ‘A?ık-Pa?a-Sohn): Menakıb u tevarih-i ‘Al-i ‘Osman (Denkwurdigkeiten und Zeitlaufte des Hauses Osman). In Richard Franz Kreutel (Hrsg./Bearbeiter): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte . Osmanische Geschichtsschreiber Bd. 3, Graz 1959, S. 7?16.
  13. Ferenc Majoros u. Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300-1922 , Wiesbaden 2004, S. 96
  14. Nicolae Jorga nach Leunclavius (Lewenklaw): Annales sultanorum othmanidarum , Frankfurt 1596, Sp. 129
  15. ?brahim Kaya - ?ahin: A?IKPA?A-ZADE AS HISTORIAN: A STUDY ON THE TEVARiH-i AL-i OSMAN . Istanbul 2002, S. 14
  16. Derwisch Ahmet-i ‘A?ıki (genannt ‘A?ık-Pa?a-Sohn): Menakıb u tevarih-i ‘Al-i ‘Osman (Denkwurdigkeiten und Zeitlaufte des Hauses Osman). In Richard Franz Kreutel (Hrsg./Bearbeiter): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte . Osmanische Geschichtsschreiber Bd. 3, Graz 1959, S. 32ff
  17. Derwisch Ahmet-i ‘A?ıki (genannt ‘A?ık-Pa?a-Sohn): Menakıb u tevarih-i ‘Al-i ‘Osman (Denkwurdigkeiten und Zeitlaufte des Hauses Osman). In Richard Franz Kreutel (Hrsg./Bearbeiter): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte . Osmanische Geschichtsschreiber Bd. 3, Graz 1959, S. 46
  18. ?brahim Kaya - ?ahin: A?IKPA?A-ZADE AS HISTORIAN: A STUDY ON THE TEVARiH-i AL-i OSMAN . Istanbul 2002, S. 125
  19. Leunclavius: Annales sultanorum othmanidarum , Frankfurt 1596, Sp. 129
  20. Mehmed Nesri: Kitab-I Cihan-Numa - Nesri Tarihi 1.Cilt, Hrsg.: Prof. Dr. Mehmed A. Koymen und Faik Resit Unat
  21. ?smail Hakkı Uzuncar?ılı: Osmanlı Tarihi Cilt I -IV Ankara 1972 - 1978
  22. a b Franz Babinger : M?KH?L-OGHLU . In E. J. Brill's first encyclopaedia of Islam . Leiden 1913 - 1936, S. 493?495
  23. Mehmed Ne?ri, zitiert in Zeitschrift der Deutschen morgenlandischen Gesellschaft . 13. Band 1859, S. 214
  24. Nicolae Jorga: Die Geschichte des Osmanischen Reiches nach Quellen dargestellt , unveranderte Neuausgabe, Primus Verlag Darmstadt 1997, Bd. 2, S. 204
  25. Hans Joachim Kissling : Dissertationes orientales et balcanicae collectae, III. Die Osmanen und Europa . Munchen 1991, S. 217?225
  26. Richard F. Kreutel: Leben und Taten der turkischen Kaiser. Die anonyme vulgargriechische Chronik Codex Barberinianus Graecus 111 (Anonymus Zoras) . Graz et altera 1971, S. 94f
  27. Derwisch Ahmet-i ‘A?ıki (genannt ‘A?ık-Pa?a-Sohn): Menakıb u tevarih-i ‘Al-i ‘Osman (Denkwurdigkeiten und Zeitlaufte des Hauses Osman). In Richard Franz Kreutel (Hrsg./Bearbeiter): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte . Osmanische Geschichtsschreiber Bd. 3, Graz 1959, S. 299
  28. Gazi Mihal Bey Camii (Bild, Text turkisch) abgefragt am 12. Januar 2016