Julius Plucker
(*
16. Juni
oder
16. Juli
1801
in
Elberfeld
(heute zu
Wuppertal
); †
22. Mai
1868
in
Bonn
) war ein deutscher
Mathematiker
und
Physiker
. Heute ist er vor allem als Mathematiker bekannt. Er gilt mit seinem Schuler
Johann Wilhelm Hittorf
als
Entdecker
der
Kathodenstrahlen
und nahm auch Forschungen zur
Spektralanalyse
von
Robert Bunsen
und
Gustav Robert Kirchhoff
vorweg.
Julius Plucker wuchs in Elberfeld als Enkel des
Johannes Plucker
und Nachfahre der
reformierten
Elberfelder Industriellen-Familie Plucker auf, die seit 1589 der durch Herzog
Johann III. von Kleve-Julich-Berg
verliehenen
Garnnahrung
angehorte und zahlreiche Elberfelder Burgermeister und Stadtrichter stellte. Ab 1784 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gehorte der Familie und deren Nachfahren
Schloss Luntenbeck
bei Elberfeld. Nach seiner Schulzeit in Elberfeld und Dusseldorf, wo er von Anfang 1816 bis zum Schulabschluss 1819 das nach dem Zweiten Weltkrieg in
Gorres-Gymnasium
umbenannte humanistische Gymnasium besuchte, studierte Plucker in
Bonn
,
Berlin
,
Heidelberg
und
Paris
. 1824 promovierte er uber
Generalem analyseos applicationem ad ea quae geometriae altionis et mechanicae basis et fundamenta sunt, e serie Tayloria deducit
in
Marburg
bei
Christian Ludwig Gerling
(einem Schuler von
Carl Friedrich Gauß
), wurde 1825 in Bonn
habilitiert
und arbeitete als
Privatdozent
. 1828 erhielt er eine außerordentliche
Professur
fur Mathematik in Bonn. 1832 ging er als Privatdozent nach Berlin und unterrichtete zugleich auch am dortigen
Friedrich-Wilhelms-Gymnasium
. 1833 folgte er einem Ruf an die
Universitat Halle
. 1835 kehrte er, nunmehr als
Ordinarius
, zuruck an die
Universitat Bonn
und lehrte dort bis zu seinem fruhen Tod. 1844/45 und 1855/56 amtierte er als
Rektor
der Universitat.
Die
Bayerische Akademie der Wissenschaften
wahlte ihn 1859 zu ihrem auswartigen Mitglied.
[1]
1864 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Gottinger
Akademie der Wissenschaften
gewahlt.
[2]
Seit 1867 war er korrespondierendes Mitglied der
Academie des sciences
.
[3]
Sein Grab befindet sich in Bonn auf dem
Alten Friedhof
.
Gemeinsam mit
Heinrich Geißler
schuf Plucker die Voraussetzung zur modernen
Vakuumtechnik
. Seine Grundlagenforschungen sind spater fur die Atomphysik wichtig geworden.
In der Mathematik erfand er die
Liniengeometrie
, in der ein Punkt durch die durch ihn hindurchgehenden Geraden charakterisiert wird, und arbeitete uber
algebraische Kurven
sowie deren
Singularitaten
. Nach ihm benannt sind die
Plucker-Matrix
und
Plucker-Koordinaten
zur eindeutigen Reprasentation von Geraden sowie die
Pluckerschen Formeln
, die eine einfache Relation zwischen den Anzahlen spezieller Punkte einer Kurve herstellen. In der
Kombinatorik
lieferte er eine der fruhesten Beschreibungen von
Blockplanen
(er konstruierte S (2,3,9) in seinem Buch
System der analytischen Geometrie
von 1835). Er fuhrte
Regelflachen
ein und eine spezielle Regelflache (
Plucker-Konoid
) ist nach ihm benannt.
In der Physik beschaftigte er sich unter anderem mit dem
Magnetismus
der
Kristalle
(so beim
Turmalin
) sowie mit
elektrischen Entladungen
im
Vakuum
. 1859 entdeckte er die
Kathodenstrahlen
bei Versuchen, elektrischen Strom durch Vakuum zu leiten.
[4]
Als eigentlicher Entdecker gilt aber sein Schuler
Johann Wilhelm Hittorf
, der die magnetische Ablenkung der Kathodenstrahlen beobachtete und verschiedene Vakuumrohren erfand. Dieser hatte bei ihm in Mathematik promoviert und mit Hittorf untersuchte er auch die Spektren gasformiger Substanzen, wobei die chemische Erfahrung von Hittorf hilfreich war.
[5]
Plucker entdeckte vor
Robert Bunsen
und
Gustav Robert Kirchhoff
in Heidelberg die ersten drei Spektrallinien des
Wasserstoffs
.
[5]
Seine physikalischen Arbeiten, in denen er vielfach
Michael Faraday
folgte, mit dem er auch korrespondierte, fanden in Deutschland weniger Anerkennung als in Großbritannien.
[5]
Seit 1855 gehorte er als auswartiges Mitglied der
Royal Society
an, mit deren
Copley Medal
er 1866 ausgezeichnet wurde.
Der
Asteroid
(29643) Plucker
wurde nach ihm benannt.
- Analytisch-geometrische Entwicklungen
, Band 1, Essen 1828,
Archive
, Band 2, 1831,
Archive
- System der analytischen Geometrie auf neue Betrachtungsweisen gegrundet
, Berlin 1835,
Archive
- Theorie der algebraischen Kurven
, Bonn 1839,
Archive
- System der Geometrie des Raumes in neuer analytischer Behandlungsweise
, Dusseldorf 1846,
Archive
,
Zweite wohlfeilere Auflage
, Dusseldorf 1852,
Archive
- Gesammelte Wissenschaftliche Abhandlungen
, Band 1, Mathematische Abhandlungen (Hrsg.
Arthur Schoenflies
,
Friedrich Pockels
), Teubner 1895,
Archive
, Band 2, Physikalische Abhandlungen (Hrsg. Fr. Pockels), 1896,
Archive
- Werner Burau
:
Plucker, Julius.
In:
Dictionary of Scientific Biography
, Band 11, S. 44?47.
- Heiko Giermann:
Stammfolge der Familie Plucker.
In:
Deutsches Geschlechterbuch
.
217. Bd., A. Starke Verlag, Limburg a.d.L. 2004
- Gustav Karsten
:
Plucker, Julius
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 26, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 321?323.
- Josef Niesen
:
Bonner Personenlexikon.
Bouvier, Bonn 2007,
ISBN 978-3-416-03159-2
.
- J. W. Hittorf, J. Plucker:
On the spectra of ignited gases and vapours with especial regard to the same elementary gaseous substance.
Phil. Trans. Royal Soc. (London) 155, 1865, S. 1.
- Michael Wiescher
:
Julius Plucker: Kaufmann? Nein danke! Der Bonner Mathematiker und Physiker Julius Plucker (1801?1868)
. Bonner Geschichtsblatter, Band 67 (2017), S. 7?44.
- Literatur von und uber Julius Plucker
im Katalog der
Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und uber Julius Plucker
in der
Deutschen Digitalen Bibliothek
- Thomas Becker:
Julius Plucker ? Mathematiker und Physiker (1801?1868)
? Internetportal Rheinische Geschichte
- John J. O’Connor,
Edmund F. Robertson
:
Julius Plucker.
In:
MacTutor History of Mathematics archive
(englisch).
- Julius Plucker
im
Mathematics Genealogy Project
(englisch)
Vorlage:MathGenealogyProject/Wartung/name verwendet
- Alfred Clebsch,
Zum Gedachtnis an Julius Plucker
, Abhandlungen der Koniglichen Gesellschaft der Wissenschaften in Gottingen, Band 16, 1871.
- Julius Plucker in der philosophischen Fakultat der Universitat Halle
(
PDF
)
- Julius Plucker und die Stammfolge der Familie Plucker, Deutsches Geschlechterbuch, 217. Bd., A. Starke Verlag, Limburg a.d.L. 2004
- ?Ein streitbarer Gelehrter im 19. Jahrhundert. Der Mathematiker Julius Plucker starb vor 140 Jahren.“
? Pressemitteilung der Universitat Bonn vom 21. Mai 2008
- Eintrag zu
Plucker, Julius (1801?1868)
im Archiv der
Royal Society
, London
- Spektrum.de:
Von der Geometrie zu elektrischen Entladungen im Vakuum
1. Dezember 2018
- ↑
Franz von Kobell
:
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Sitzungsberichte der konigl. bayer. Akademie der Wissenschaften zu Munchen
.
Band
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, 1869,
S.
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(
online
[PDF; abgerufen am 23. Marz 2017]).
- ↑
Holger Krahnke:
Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen 1751?2001
(=
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen, Philologisch-Historische Klasse.
Folge 3, Band 246 =
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen, Mathematisch-Physikalische Klasse.
Folge 3, Band 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2001,
ISBN 3-525-82516-1
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- ↑
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- ↑
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Chemie: Das Basiswissen der Chemie.
Stuttgart 2015,
ISBN 978-3-13-484312-5
, S. 34.
- ↑
a
b
c
Werner Burau, Artikel Julius Plucker in Dict. Sci. Biogr.