Joseph Rudolf Valentin Meyer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Joseph Rudolf Valentin Meyer im Jahr 1785

Joseph Rudolf Valentin Meyer (* 25. Juli 1725 in Luzern ; † 5. Dezember 1808 in Rheinau ) stammte aus der gleichnamigen Luzerner Patrizierfamilie , deren Namenszusatz ?Meyer von Schauensee“ der Regierungsrat 1895 schutzte, wie dieser das auch bei andern Luzerner Patrizierfamilien tat. Valentin Meyer selbst fuhrte diesen Zusatz nicht, vielmehr nannte er sich spater ?Meyer von Oberstaad“ nach dem Ort seiner Verbannung.

(Joseph Rudolf) Valentin Meyer war ein Sohn des Kleinrats Joseph Leodegar Valentin Meyer (1696?1765) und der Barbara Benigna geborene Keller, deren Vater der Tagsatzungsgesandte Anton Leodegar Keller war. Valentin Meyer vermahlte sich 1754 mit Maria Emerentia Thuring (1732?1795). Eine Tochter, Liberata, heiratete 1793 den Aargauer Regierungsrat Franz Vorster . Der Bruder von Valentin Meyer war Furstabt Gerold II. ; ein weiterer Bruder war Franz Xaver Benignus (1735?1805), ab 1789 Abt Bernhard III. im Kloster Rheinau . Von 1767 bis 1770 war Meyer Besitzer des Gutes Meggenhorn .

Valentin Meyer besuchte das Jesuitenkollegium in Luzern und war 1742?1749 Hauptmann im Luzerner Regiment Keller in Sardinien-Piemont (Oberst Hans Martin Keller war sein Onkel). Nach seiner Ruckkehr wurde er 1750 in den Grossen Rat gewahlt. 1763 wurde er Mitglied des Kleinen Rates , 1765?1767 war er Landvogt im Entlebuch und 1767?1769 Salzdirektor. 1767 war er Gesandter an der ordentlichen Tagsatzung in Frauenfeld, 1768 an der ausserordentlichen Tagsatzung der katholischen Stande in Luzern sowie an derjenigen aller eidgenossischen Orte in Baden.

Meyer gehorte der aufgeklarten Fortschrittspartei an und prasidierte 1765 und 1785 die Helvetische Gesellschaft . Seine Rhetorik, sein kraftiges politisches Handeln und ein gewisses selbstherrliches Auftreten fuhrten dazu, dass er mit dem Beinamen ?der Gottliche“ versehen wurde. Dies ging auf Johann Caspar Lavater zuruck, der ihn bewunderte und der in seiner 1762 anonym verfassten Klageschrift Der ungerechte Landvogt oder Klagen eines Patrioten den ?patriotischen Heldenmut“ pries, den Meyer im Prozess gegen Seckelmeister Jost Niklaus Joachim Schumacher gezeigt hatte.

1769 verfasste Meyer anonym die kirchenkritische Schrift ?Widerlegung der Reflexionen eines Schweizers“. Eine zuvor erschienene, ebenfalls anonyme Schrift ?Reflexionen eines Schweizers“ wurde Meyer zugeschrieben, konnte aber spater dem Zurcher Buchhandler und Verleger Johann Heinrich Heidegger (1738?1824) zugeordnet werden (Klosterhandel von 1769). [1]

Parteienkampf und Familienfehde

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Neben der Durchsetzung seiner Reformplane zur Erhaltung des patrizischen Staates fuhrte Valentin Meyer auch einen personlichen Kampf gegen die ihm verhasste Familie Schumacher (vgl. Schumacher-Meyer-Handel ). Diese dominierte die Staatsverwaltung und hielt an der konservativen Richtung fest. In einer statischen Epoche des Verharrens, wie sich das 18. Jahrhundert auszeichnete, nutzte Meyer die Vorteile des dynamischen Angreifers. Er stutzte seinen Kampf auf den Vorwurf der ungetreuen Amtsfuhrung und erreichte die Verbannung von Jost Niklaus Joachim Schumacher und Franz Plazid Schumacher ebenso wie die Verurteilung des wegen Hochverrates angeklagten Lorenz Plazid Schumacher .

Verbannung und Ruckkehr

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mit dem erfolgreichen Kampf gegen die Familie Schumacher hatte Meyer seinen Zenit uberschritten. Im Mittelpunkt stand jetzt seine eigene politische Tatigkeit sowie seine kirchenkritisch- josephinische Haltung. [2] Beides erzurnte die Geistlichkeit und das Landvolk. Letzterem war insbesondere die Wirtschaftsreform Meyers eine Belastung.

Uberzeugt, dass der Volkszorn und eine zerstrittene Regierung den Untergang der aristokratischen Verfassung bedeuten konnten, aber auch um eine Versohnung der Parteien zu ermoglichen, wurde Meyer nahegelegt, das Land fur 15 Jahre zu verlassen. Dem stimmte dieser zu unter der Bedingung der Beibehaltung seiner Ehren und Rechte, einschliesslich seiner Ratsstelle. [3] Nach zweijahrigem Aufenthalt bei seinem Bruder in Bischofszell kaufte er 1773 die Burg Oberstaad am Bodensee in der Nahe von Ohningen und nannte sich fortan ?Meyer von Oberstaad“. [4] [5]

Nach seiner Ruckkehr nahm er 1785 seine politische Tatigkeit im Kleinen Rat wieder auf und ubte verschiedene Ehrenamter aus. Das einstige Gewicht aber hatte er nicht mehr.

Er war wiederum Gesandter an den gemeineidgenossischen Tagsatzungen 1792 in Frauenfeld und Aarau sowie 1795 und 1797 in Frauenfeld. [6] 1787 vermittelte er bei internen Problemen im Kloster St. Urban , wurde Pfalzrat der Furstabtei St. Gallen und war Landvogt in Ruswil (1793?1795) und Rothenburg (1797?1798).

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Christine Weber-Hug: Der Klosterhandel von Luzern 1769/70. Ein Beitrag zur Luzerner Geistesgeschichte. Verlag Peter Lang, Bern 1971, ISBN 978-3-261-00426-0 , S. 40 ff.
  2. Felix Balthasar: Der neun und sechziger Handel zu Luzern. Eine Religions- und Staatsgeschichte in den Jahren 1769 und 70. Sonderdruck aus: Joseph Anton Balthasar (Hrsg.): Helvetia. Denkwurdigkeiten fur die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Zurich 1823; S. 26.
  3. Hans Wicki: Staat, Kirche, Religionsitat. Luzerner Historische Veroffentlichungen, Rex-Verlag Luzern/Stuttgart, 1990; ISBN 978-3-7965-1619-1 ; Band 26, S. 113 f.
  4. Gotthard End: Die Burgen der Hori und Ihre Besitzer. Schaffhausen, 1940; S. 9?42.
  5. Gotthard End: Oberstad. in: Herbert Berner (Hrsg.): Dorf und Stift Ohningen. Burgermeisteramt Singen (Hohentwiel), 1966; S. 167?178.
  6. Liste der Amter und deren Inhaber (Typoskript im Staatsarchiv Luzern, 1993); Luzerner Staatskalender der Jahre 1786, 1792 und 1794.