Josef Gung’l

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Portrat Gung’ls von Wilhelm Trubner (1877)

Josef Gung’l [1] (Taufname: Josephus Kunkel , * 1. Dezember 1809 in Schambeck , Komitat Pest-Pilis-Solt ; † 1. Februar 1889 in Weimar ) [2] war ein osterreichischer Komponist und Militarkapellmeister.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Josef Gung’l wurde laut dem Kirchenbuch am 1. Dezember 1809 in Schambeck (heute Zsambek, Komitat Pest) als ?Josephus, Sohn des Georgius Kunkel“ geboren. Schambeck war ein deutsches Kolonistendorf in der Nahe von Ofen ( Budapest ), besiedelt von Familien aus dem suddeutschen Raum.

Im Mai 1828 trat er in das 5. Artillerie-Regiment in Pest ein, wo er in die Offiziersschule aufgenommen wurde. 1835 verdingte er sich 26-jahrig als Militarmusiker im 4. Artillerie-Regiment in Graz , wo sich sein musikalisches Talent entfaltete, insbesondere da er nun auch das Violinspiel virtuos beherrschte. Seit dieser Zeit schrieb er sich stets Gung’l , d. h. ohne e und mit Apostroph. Er wurde als Regimentskapellmeister sehr beliebt, denn er komponierte Marsche und Tanze, die allgemein gefielen und bei offentlichen Konzerten und Ballveranstaltungen mit Beifall aufgenommen wurden. Er fugte als einer der ersten Militarkapellmeister bei seinen Veranstaltungen den Blasinstrumenten auch die Streichinstrumente hinzu; das hatte zur Folge, dass er den Ruf eines ?Gratzer Lanner “ bekam.

Der Berliner Verlag Bote & Bock wurde auf den jungen Musiker aufmerksam und verlegte eines seiner erfolgreichen Fruhwerke, den Ungarischen Marsch als opus 1.

Am 2. Februar 1843 heiratete er 34-jahrig die 22-jahrige Grazerin Cajetana Reichel; die beiden bekamen funf Tochter. Am 26. April 1843 nahm er Abschied vom Regiment und bildete aus 16 jungen steiermarkischen Musikanten, Mitglieder der Schwarzenbacher Musikgesellschaft, eine eigene Kapelle. Bote & Bock hatte inzwischen schon uber zwanzig seiner Werke im Druck in Berlin erscheinen lassen, darunter seinen originellen Eisenbahn-Dampf- Galopp , den Walzer Die Berliner mit einem Schluss-Galopp im Stile von Lanner, den popularen Marsch Kriegers Lust und dann wohl eines seiner beruhmtesten Werke, den Ober landler Klange aus der Heimath .

Nach Erfolgen in Linz , Salzburg , Munchen , Augsburg und Nurnberg traf er im Oktober 1843 in Berlin ein. Er gab dort am 16. Oktober in dem angesehenen Lokal ?Sommer’s Salon“ sein erstes Konzert. Durch sein gut eingeubtes, umfangreiches Programm, das außer seinen Tanzkompositionen auch Werke von Johann Strauss (Sohn) , Opern - Ouverturen u. a. enthielt, gewann er bald die Sympathien der Berliner Bevolkerung. Gung’l bewahrte sich durch seine Qualitaten als Dirigent , Orchester-Erzieher und Organisator. In kurzer Zeit beherrschte er das Konzertwesen der Stadt. In diesen Konzerten spielte er mit verstarktem Orchester auch Symphonien , so z. B. Louis Spohrs 3. Symphonie ?Weihe der Tone“ am 15. Juli 1846 in Gegenwart von Giacomo Meyerbeer .

Im Marz 1846 trat er seine erste großere Kunstreise nach Pest an. Es war wohl das einzige Mal, dass er in seiner Heimat mit seinem Orchester auftrat. Seinen ersten großen Konzertzyklus in Hamburg veranstaltete er im Oktober 1847, wo er auch mit seinem Orchester an der Auffuhrung des Oratoriums Elias am 9. Oktober in der Hamburger Tonhalle teilnahm.

Am 15. Oktober 1848 verließ Gung’l mit 28 Musikern auf dem Dampfschiff Washington Bremen mit dem Ziel New York . Auf der Uberfahrt komponierte er seinen Meister-Walzer Traume auf den Ocean . Anfangs verlief die Tournee sehr erfolgreich. Hohepunkt war die offizielle Teilnahme an den Einsetzungsfeierlichkeiten des neuen Prasidenten Zachary Taylor im Marz 1849 in Washington, D.C. Teile seiner Kapelle fielen aber dem Goldrausch anheim und verschwanden uber Nacht. So musste er im Mai 1849 die Heimreise antreten.

Er nahm wieder seine alte Konzerttatigkeit in Berlin auf und wurde mit der Verleihung des Titels ?kgl. preuß. Musikdirektor“ am 4. Januar 1850 geehrt. Im gleichen Jahr wurde ihm die Leitung der Sommerkonzerte in der Vauxhall in Pawlowsk bei St. Petersburg angeboten. Dieses Engagement hatte er sechs Jahre inne.

Wegen Konzertubersattigung in Berlin ließ er sich Ende 1855 in Wien nieder. Dort konnte er sich nicht auf Dauer behaupten. Von 1856 bis 1864 war er Kapellmeister des Inf. Rgt. Nr. 23 ?Airoldi“ in Brunn. 1863 bekam Gung’l eine Einladung der in Munchen 1843 nach seinem damaligen Gastspiel gegrundeten ?Musikgesellschaft a la Gung’l“, zu deren zwanzigjahrigem Jubilaum mehrere ?Produktionen“ in verschiedenen Ballsalen und Lokalen zu leiten, was so erfolgreich war, dass man fur Ende 1864 eine dauernde Zusammenarbeit vereinbarte.

Gung’l quittierte seinen Militardienst und zog Ende 1864 mit seiner Familie nach Munchen, wo er wieder großen Erfolg hatte. Die endgultigen Vertragsverhandlungen mit der ?Musikgesellschaft a la Gung’l“ scheiterten aber an seinen hohen finanziellen Forderungen.

Nachdem er ein eigenes Orchester zusammengestellt und eingeubt hatte, begann Anfang 1865 seine Konzerttatigkeit in Munchen. Unter den zahlreichen zivilen und militarischen Blaskapellen nahm sein Orchester bald eine Sonderstellung ein, da er als vorzuglicher Geiger verstarkt Streicher aufnahm und die Qualitat der Auffuhrungen erheblich steigerte. Auch das Repertoire wurde durch Aufnahme beliebter klassischer Kompositionen und eigener Werke attraktiver gestaltet.

Konzertreisen fuhrten ihn 1865 nach Amsterdam und 1866 nach Leipzig . Am 30. August 1866 verstarb seine 44-jahrige Frau Cajetana, eine Reise nach Paris musste er deshalb absagen.

Erst 1868 konnte er wieder ein langeres Engagement annehmen. Von Juli bis Oktober gab er in Genf Promenaden- und Symphoniekonzerte mit seinem Orchester. Ebenfalls im Jahr 1868 grundete er in Bad Reichenhall die ? Bad Reichenhaller Philharmonie “, die auch heute noch besteht. Gung’l war 1868 und 1869 der erste Chefdirigent dieses Orchesters.

Nach einem erfolgreichen Sommerengagement in Stockholm im Jahre 1871 war eine Wiederholung geplant. Gung’l erreichte 1872 mit seiner Kapelle aber nur Kopenhagen und Malmo ; der Vertrag in Stockholm kam doch nicht zustande. Aus den finanziellen Schwierigkeiten heraus musste er im August 1872 sein Orchester in Norddeutschland auflosen. Auch seinen Wohnsitz in Munchen musste er aufgeben. Er zog mit seinen Kindern wieder nach Berlin, wo er ein Engagement im ?Concert-Haus“ fand. Im Sommer 1873 konzertierte er als Gastdirigent in Warschau und im Herbst 1873 dirigierte er in London im Rahmen der Promenadenkonzerte seine Tanzmusikwerke. Fur die Herbstveranstaltungen 1874, 1875 und 1880 in London wurde er erneut engagiert. Sein letzter Triumph war die Leitung der vier beruhmten Opernballe in Paris im Januar/Februar 1881.

Die letzten Lebensjahre verbrachte er bei seiner Tochter Virginie , einer erfolgreichen Opernsangerin , und begleitete sie in ihre Engagementstadte ? zuletzt nach Weimar. Dorrt starb er am 1. Februar 1889 und wurde in einem Familiengrab beigesetzt. Die Grabstatte wurde 1956 durch die DDR-Behorden eingeebnet.

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gung’l komponierte uber vierhundert Walzer , Polkas , Mazurken und Marsche . Seine popularsten Werke sind der Konzertwalzer Traume auf dem Ozean und der Ungarische Marsch , der auch von Liszt fur Klavier transkribiert wurde. Einen Uberblick gibt die 2014 erschienene Einspielung der Nurnberger Symphoniker unter Christian Simonis .

Auch von seinem Neffen Johann Gungl (* 5. Marz 1828 in Zsambek; † 27. November 1883 in Pecs ), der von 1848 bis 1862 Violinist der Hofkapelle von Sankt Petersburg war, sind uber einhundert Tanze uberliefert.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Joseph Gungl  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Zur Schreibweise des Namens siehe: Stanley Goscombe: Josef Gung’l (1809?1889) . In: Deutsche Johann Strauss Gesellschaft (Hrsg.): Neues Leben. Heft 45, 1/2014, S. 32?35
  2. Alfred Dreher: Josef Gung’l ? Ein Tanzkomponist der Strauß-Zeit. Neuveroffentlicht in Neues Leben ? Mitteilungsblatt der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft. Heft 45, Nr. 1/2014, S. 26?31. Ursprunglich in: Wiener Bonbons. Zeitschrift der Johann-Strauss-Gesellschaft Wien. Heft 3, 1993, S. 14?16. Mit zahlreichen Nachweisen, auch auf Fehler in diversen Lexika.