Dieser Artikel behandelt den deutschen Rabbiner; zu dem US-amerikanischen Mediziner siehe
Joseph C. Aub
.
Joseph Aub
Joseph Aub
(geboren am
4. Dezember
1804
in
Baiersdorf
; gestorben am
22. Mai
1880
in
Berlin
) war ein deutscher
Reformrabbiner
in
Bayreuth
,
Mainz
und Berlin. Er predigte als einer der ersten in deutscher Sprache.
Joseph Aub war Sohn von Simon und Therese Aub.
Nach dem Besuch des Gymnasiums und der
Jeschiwa
in
Furth
bei
Wolf Hamburg
studierte Aub ab 1822 in
Erlangen
und
Munchen
, wo er 1829 mit einer Arbeit
De chaldaicae linguae causis
bei
Schelling
promovierte
. Im selben Jahr absolvierte er die Bayerische Staatsprufung und ubernahm das
Distriktsrabbinat in Bayreuth
, wo er an dessen Gymnasium auch
hebraisch
lehrte. Wahrend der Zeit in Bayreuth kam es zu mehreren Konflikten. Aub bewarb sich erfolglos nach Furth, Kassel und Frankfurt am Main. In den Jahren 1833 und 1834 setzte er eine neue
Synagogenordnung
fur
Bayern
durch, die seinem
liberalen Judentum
entgegenkam. Die konigliche Regierung forderte, Gottesdienste in deutscher Sprache abzuhalten, was Aub als einer der ersten Rabbiner Bayerns durchfuhrte. Am 9. Dezember 1837 erhielt er ein Lob von der Regierung. Aubs Einfluss war die Rucknahme der Begrenzung von Eheschließungen judischer Paare in Bayern, die durch ein Matrikelgesetz begrundet gewesen war, zu verdanken. Auch andere Einschrankungen, unter denen Juden in Bayern leben mussten (
Bayerisches Judenedikt von 1813
), wurden durch Aubs Einwirkungen gelockert. Am 30. Januar 1846 reichte er im Namen der 60.000 Juden, die im Konigreich Bayern lebten, eine
Petition
an die
Standeversammlung
ein, in der die Anerkennung der judischen
Religionsgemeinschaft
als offentliche Kirche gefordert und auf zahlreiche Missstande hingewiesen wurde.
Am 4. Dezember 1852 wechselte Aub zum Rabbinat in Mainz. Wenig spater spaltete sich seine Gemeinde, nachdem die neue
Synagoge
mit
Orgel
und einer Predigt in deutscher Sprache eingeweiht worden war. Bis 1865 blieb Aub der Rabbiner der liberalen Gemeinde in Mainz. Die orthodoxe Gemeinde wurde von
Marcus Lehmann
geleitet.
[1]
Die Neue Synagoge Berlin 1866
1866 wurde Aub Oberrabbiner an der
Neuen Synagoge
in der
Oranienburger Straße
in Berlin, nachdem der ursprungliche Kandidat Manuel Joel zuruckgetreten war. Im selben Jahr kam ein dreiteiliges Gebetbuch heraus, dem eine deutsche Ubersetzung beigegeben war, und 1868 ein Biblisches Spruchbuch. Das Gebetbuch enthielt theologisch begrundete liturgische Anderungen. So wurde in diesem Werk etwa auf das Bekenntnis zur nationalen Wiedergeburt in
Palastina
ebenso verzichtet wie auf das zum Wiederaufbau des
Jerusalemer
Tempels. Die Gottesdienste in der Neuen Synagoge wurden bald zum Vorbild fur Gottesdienste in anderen Orten, obwohl Aub von seiner Gemeinde oft kritisiert und an seinem Amtsvorganger
Michael Sachs
gemessen wurde. Die Wahl Aubs wurde gar als Fehlschlag bezeichnet;
[2]
sein Auftreten im
Habitus
eines alten protestantischen Dorfpfarrers und seine vom
frankischen Dialekt
gefarbte Sprache (?Dora“ statt Thora) irritierten das großstadtische Publikum.
[3]
Ab 1869 war
Abraham Geiger
zweiter Berliner Rabbiner. Er war der Nachfolger des letzten
orthodoxen
Rabbiners Elkan Rosenstein. Noch bevor Geiger, der wie Aub dem liberalen Judentum angehorte, sein Amt antreten konnte, spaltete sich die Gemeinde. Die orthodoxe Minderheit wurde von
Esriel Hildesheimer
gefuhrt. Innerhalb der liberalen Gemeinde hatte Aub gegenuber dem theologisch uberlegenen Geiger einen schweren Stand.
Aub wirkte neben seinem Rabbineramt auch als Dozent an der Veitel-Heine-Ephraimschen Lehranstalt, die 1783 eroffnet worden war, und als Religionslehrer am Lehrerbildungsseminar seiner Gemeinde. Ferner war er Vorsitzender des Kuratoriums der Nauenschen Erziehungsanstalt.
Hirsch Aub
, langjahriger Rabbiner in Munchen, war ein Cousin von Joseph Aub.
Im Jahr 1879 ging Aub in den Ruhestand. Er starb im folgenden Jahr im Alter von 75 Jahren in Berlin und wurde auf dem
Judischen Friedhof Schonhauser Allee
bestattet. Das Grab ist erhalten.
[4]
- Grundlage zu einem wissenschaftlichen Unterrichte in der mosaischen Religion.
Mainz 1865 (ebenso Leipzig 1874 und 1881).
- Betrachtungen und Widerlegungen.
Nurnberg 1839.
- (Hrsg.):
Sinai. Wochenblatt fur die religiosen und burgerlichen Angelegenheiten Israels.
Bayreuth 1846/47.
- Judisches Lexikon
, Band 1, Berlin 1927, Sp. 559
- Philo Lexikon
, 3. Aufl., Berlin 1936, Sp. 55
- Biographisches Handbuch der Rabbiner
, hrsg. von
Michael Brocke
und
Julius Carlebach
s. A., bearbeitet von
Carsten Wilke
, Teil 1: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, bohmischen und großpolnischen Landern 1781?1871, 1. Band, K. G. Saur, Munchen 2004, S. 152 ff.
- Jeannette Strauss Almstad,
Matthias Wolfes
:
Aub, Joseph.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 27, Bautz, Nordhausen 2007,
ISBN 978-3-88309-393-2
, Sp. 63?70
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
.
- ↑
Eugen Ludwig Rapp
:
Chronik der Mainzer Juden. Die Mainzer Grabdenkmalstatte.
Herausgegeben von der Judischen Gemeinde Mainz, Mainz 1977.
- ↑
Isidor Kastan
,
Berliner Erinnerungen
, in:
Jahrbuch fur judische Geschichte und Literatur
27 (1926), S. 138?139.
- ↑
Der Reformer und die liebe Dora
in:
Nordbayerischer Kurier
vom 1. Juli 2021, S. 12.
- ↑
Hans-Jurgen Mende
:
Lexikon Berliner Begrabnisstatten
. Pharus-Plan, Berlin 2018,
ISBN 978-3-86514-206-1
, S. 350.