Jonas Mekas (2008)
Jonas Mekas in
Bir?ai
1971.
Jonas Mekas 1977.
Jonas Mekas
(*
24. Dezember
1922
in
Semeni?kiai
, jetzt
Rajongemeinde Bir?ai
,
Litauen
; †
23. Januar
2019
in
New York City
) war ein litauisch-amerikanischer
Filmregisseur
,
Autor
und
Kurator
. Er wurde oft ?der Pate des
amerikanischen Avantgardekinos
“ genannt.
Mekas wuchs in einer
litauischen evangelisch-reformierten
Familie auf. Wahrend des Zweiten Weltkriegs tippte er Texte fur eine Anti-Nazi-Zeitung mit einer
Schreibmaschine
, die dann von der
Gestapo
im Stall entdeckt wurde. Von 1943 bis 1944 wohnte Mekas auf dem Dachboden seines Onkels, eines protestantischen Pfarrers, in
Bir?ai
.
[1]
Im Jahre 1944 wurden Mekas und sein jungerer Bruder
Adolfas
von den
Nazis
inhaftiert und fur acht Monate in ein Arbeitslager in
Elmshorn
gesperrt. Aufgrund der
sowjetischen Besetzung
konnte er nach dem
Krieg
nicht nach Litauen zuruckkehren und galt als heimatlose
displaced person
. Unterkunft fand er in
DP-Lagern
in
Wiesbaden
und
Kassel
. Von 1946 bis 1948 studierte Mekas Philosophie an der
Johannes Gutenberg-Universitat Mainz
.
Ende 1949 emigrierte Jonas Mekas mit seinem Bruder in die Vereinigten Staaten, wo er sich in
Williamsburg
, New York, niederließ. Kurz nach seiner Ankunft kaufte sich Mekas eine
16-mm
-Kamera von
Bolex
und begann, Momente aus seinem Leben zu filmen. Bei Veranstaltungen wie beispielsweise
Amos Vogels
Cinema 16
entdeckte er den
Avantgardefilm
fur sich und begann ab 1953 eigene Filme zu drehen. Wichtig war die Begegnung mit dem Dadaisten
Hans Richter
, dessen Filmklasse er besuchte.
[2]
Bald gehorte Mekas zu den Schlusselfiguren des
New American Cinema
.
Er grundete die Zeitschrift
Film Culture
(1954?1996), die heute als maßgebliche Institution fur die Entstehung des US-amerikanischen
Autorenfilms
gilt. Ab 1958 schrieb er Filmkritiken fur das New Yorker Stadtmagazin
The Village Voice
in seiner Kolumne
Movie Journal
. 1962 grundete er mit
Emile de Antonio
die unabhangige
Film-makers’ Cooperative
, einen Zusammenschluss freischaffender
Experimentalfilmer
, und 1964 die ihm angeschlossene
Film-Makers’ Cinematheque
als Forum zur Auffuhrung von deren Filmen. Fur das Zeigen der expliziten Filme
Flaming Creatures
und
Ein Liebeslied
an der Film-Makers’ Cinematheque wurde Mekas im Jahr 1964 verhaftet.
[3]
Aus der Cinematheque ging 1970 das ebenfalls von Mekas gegrundete Projekt
Anthology Film Archives
hervor, das die weltgroßte Sammlung von
Avantgarde
-Filmkunst beherbergt. Er arbeitete mit Kunstlern wie
Andy Warhol
,
Nico
,
Yoko Ono
,
John Lennon
,
Salvador Dali
und seinem Landsmann
George Maciunas
zusammen.
Obwohl seine erzahlenden und seine Dokumentarfilme hoch geschatzt werden, ist Mekas besonders fur seine Tagebuchfilme bekannt, darunter
Walden
(1969),
Lost, Lost, Lost
(1975),
Reminiscences of a Journey to Lithuania
(1972), und
Zefiro Torna
(1992). Im Jahr 2000 kam ein vierstundiger Tagebuchfilm mit dem Titel
As I Was Moving Ahead, Occasionally I Saw Brief Glimpses of Beauty
heraus, den Mekas aus dem Material zusammenstellte, das er in rund 30 Jahren (1970?1999) taglich mit seiner Bolex aufgenommen hatte.
[4]
2007 wurde Mekas mit dem Sonderpreis zum
Roswitha Haftmann-Preis
ausgezeichnet. 2008 erhielt er von Bundesprasident
Heinz Fischer
das
Osterreichische Ehrenzeichen fur Wissenschaft und Kunst
. 2013 wurde er zum Mitglied der
American Academy of Arts and Sciences
gewahlt. 2017 wurden seine Filme wahrend der
documenta 14
gezeigt.
2007 erhielt Mekas wieder die
litauische Staatsangehorigkeit
aufgrund einer Verordnung des litauischen Prasidenten
Valdas Adamkus
.
[5]
Mekas lebte und arbeitete in New York City (USA).
Der deutsche Regisseur
Peter Sempel
beschaftigte sich in drei Filmen mit Mekas:
Jonas in the Desert
(1991),
Jonas at the Ocean
(2004) und
Jonas in the Jungle
(2013).
[6]
[7]
Mekas war von 1974 bis 2005 verheiratet mit der Fotografin Hollis Melton, die
irischer
Herkunft ist. Ihre Tochter, Oona Mekas (* 1974), arbeitet als Schauspielerin. Der Sohn, Sebastian Mekas (* 1981), absolvierte ein Mathematik- und Astrophysik-Studium und war ebenfalls als Schauspieler tatig.
[8]
[9]
?Zuerst muss ich sagen, dass ich kein sehr nachdenklicher Mensch bin. Die Leute denken zu viel. Und sie nehmen sich zu ernst. Ich lebe ohne Plan. Mein grosste Entdeckung war zu verstehen, dass ich nichts tun muss: Alles, was ich tun muss, ist zuzulassen, dass die Dinge passieren konnen […] ihnen nicht im Weg stehen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich andere Filmemacher oder Kunstler beeinflusst habe. Meine Aufgabe war die einer Hebamme, die zerbrechlichen, neugeborenen Wesen hilft, die ersten Schritte in dieser Welt zu uberleben. Meine Aufgabe war die eines Beschutzers, der hilflose Neugeborene vor den Angriffen des Establishments schutzt. Sich selbst ernst zu nehmen, sei es in der Kunst oder im Leben, ist unsinnig. Kunst oder Leben ohne Humor ist nicht lebenswert.“
?
Revolver
. Zeitschrift fur Film, Heft 12, 2005
- Scrapbook of the Sixties: Writings 1958?2010.
Spector Books, Leipzig 2015,
ISBN 978-3-95905-033-3
.
- Ich hatte keinen Ort. Tagebucher 1944?1955.
Spector Books OHG, 2017. Amerikanische Originalausgabe:
I had nowhere to go.
Spector Books. Franzosische Ubersetzung:
Je n’avais nulle part ou aller.
P.O.L., 2004.
- A Dance with Fred Astair.
Anthology Editions, 2017. (Erinnerungen)
- Conversations with Film-Makers
. Spektor, Leipzig 2018.
- Ann-Christin Eikenbusch / Philipp Scheid (Hrsg.):
Jonas Mekas
(= Film-Konzepte, Bd. 61). edition text+kritik, Munchen 2021.
ISBN 978-3-96707-482-6
- Barbara Engelbach (Hrsg.):
Jonas Mekas
(Ausstellungskatalog Museum Ludwig, Koln). Koenig, London 2008.
ISBN 978-3-86560-562-7
- Jonas Mekas: The Camera Was Always Running
, hrsg. von Inesa Brasiske, Lukas Brasiskis, Kelly Taxter, Ed Halter, Melissa Ragona, Yale University Press 2022.
ISBN 0300253079
- ↑
Jautrus Jono Meko pasakojimas: K??ios menininkui pa?adindavo skaud?ius prisiminimus
(Tageszeitung
Lietuvos rytas
)
- ↑
Thomas Haemmerli
:
Jonas Mekas: Der grosse Experimentalfilmer ist gestorben.
SonntagsZeitung
vom 22. April 2001, abgerufen am 26. Januar 2019.
- ↑
Jonas Mekas 1922 - 2019.
Abgerufen am 11. Marz 2019
.
- ↑
Patrick Straumann:
Nachruf auf den Avantgarde-Filmemacher Jonas Mekas: ?Die Realitat und das Ich zum Fusionieren bringen“.
NZZ
vom 23. Januar 201p, abgerufen am 24. Januar 2019.
- ↑
[1]
- ↑
Peter Sempel.
Abgerufen am 12. Februar 2018
.
- ↑
Wilfried Hippen:
Dokumentarfilmer Peter Sempel: Der Seelenverwandte
. In:
Die Tageszeitung: taz
. 12. Marz 2014,
ISSN
0931-9085
(
taz.de
[abgerufen am 12. Februar 2018]).
- ↑
[2]
- ↑
Oona Mekas
imdb.de. Abgerufen am 24. Januar 2019.