Sir
John de St John
(†
6. September
1302
in
Lochmaben Castle
) war ein
englischer
Adliger und Diplomat. Als fahiger Militar und Ritter des koniglichen Haushalts diente er vor allem Konig
Eduard I.
bei dessen Kriegen in Frankreich und Schottland. Der Konig betraute ihn dabei mit zahlreichen Amtern und Aufgaben.
John de St John war ein Sohn von
Robert de St John
und von dessen Frau Agnes de Cantilupe. Vaterlicherseits war er ein Enkel von William de Port. Sein Großvater hatte als Ehemann von Mabel, der Erbin von
Roger de St John
aus
Sussex
den Namen St John angenommen. Nachdem Johns Vater im Marz 1267 gestorben war, erbte John die Herrschaft
Halnaker
sowie weitere Besitzungen in Sussex,
Hampshire
,
Herefordshire
,
Berkshire
,
Warwickshire
und
Kent
.
Wahrend der unruhigen Zeit des
Zweiten Kriegs der Barone
in den 1260er Jahren blieb St John ein loyaler Gefolgsmann von Konig
Heinrich III.
und von dessen Sohn Lord
Eduard
. Nach dem Ende des Kriegs der Barone begnadigte der Konig 1269 St John und sein Gefolge fur alle Vergehen, die sie wahrend des Burgerkriegs begangen hatten. Er nahm nicht am
Kreuzzug des Lord Eduard
teil, sondern blieb in England. Nachdem Heinrich III. 1272 gestorben war, gehorte St John dem Rat an, der Lord Eduard informierte, dass sein Vater gestorben war und er nun englischer Konig sei. Als Ritter des koniglichen Haushalts nahm er 1277 und 1282 an den
Feldzugen von Eduard I. zur Eroberung von Wales teil
, und im September 1283 gehorte er dem
Parlament
in
Shrewsbury
an, bei dem der letzte walisische Furst
Dafydd ap Gruffydd
zum Tode verurteilt wurde. Von 1286 bis 1289 gehorte St John zum Gefolge des Konigs, als dieser Frankreich und seine Besitzungen in
Aquitanien
besuchte. Dabei vermittelte Eduard I. von Sudwestfrankreich aus in dem Streit zwischen den
Konigen von Aragon
und Konig
Karl von Anjou
uber das
Konigreich Sizilien
. St John wurde dabei von Oktober 1288 bis Marz 1289 als Geisel fur die Erfullung des 1288 geschlossenen
Vertrags von Canfranc
gestellt. Nachdem der Konig erfahren hatte, dass wahrend seiner Abwesenheit in der Gascogne zahlreiche Richter in England ihre Stellung missbraucht hatten, gehorte St John ab Oktober 1289 der siebenkopfigen Kommission an, die Beschwerden uber die koniglichen Richter sammelte.
[1]
1290 reiste er als Gesandter des Konigs zu Papst
Nikolaus IV.
, um uber einen weiteren Kreuzzug sowie uber die Besteuerung der englischen Geistlichkeit mit einem
Zehnten
zu dessen Finanzierung zu verhandeln. Von 1291 bis 1292 reiste er als Gesandter nach
Tarascon
, um weiter im Streit zwischen Neapel-Sizilien und Aragonzu vermitteln. Von Februar bis Marz 1292 war er als Gesandter bei Papst Nikolaus IV. in Rom, um die papstliche Bestatigung der Rolle des englischen Konigs als Schiedsrichter zwischen den
Anwartern auf den schottischen Thron
einzuholen.
Am 12. Juli 1293 ernannte Eduard I. St John zum
Lieutenant von Aquitanien
, wofur er jahrlich 2000
livres tournois
erhalten sollte. Schon lange bestehende Spannungen zwischen sudwestfranzosischen Untertanen von Eduard I. und franzosischen Untertanen hatten im Mai 1293 zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Seeleuten in
Bordeaux
gefuhrt, wofur der franzosische Konig den englischen Konig zur Verantwortung ziehen wollte. Nach seiner Ankunft in Aquitanien bemuhte sich St John deshalb, die dortigen englischen Burgen und Stadte mit Vorraten und Besatzungen zu verstarken.
Edmund of Lancaster
, der Bruder von Eduard I., konnte derweil in Paris einen Waffenstillstand erreichen, fur den er am 3. Februar 1294 den Franzosen die zeitweise Besetzung der Gascogne zugestehen musste. Am 20. Februar 1294 kam es in der Burg von
Saint-Macaire
zu einer Konfrontation zwischen St John und zwei franzosischen Gesandten, die die Burg aufgrund des Waffenstillstands ubernehmen wollten. Vermutlich hatte St John die Nachricht von der Ubergabe der Burgen noch nicht erreicht, denn er verwehrte den Franzosen zunachst den Zutritt in die Burg. Schließlich ließ er sie in die Burg, empfing sie aber erst nach langer Wartezeit. Dann erkannte er die franzosischen Vollmachten, die Burg zu ubernehmen, nicht an und schickte die beiden Gesandten zuruck zum
Connetable von Frankreich
. Vor dem 3. Marz erhielt er jedoch Anweisungen von Lancaster, worauf er widerstrebend die Burg sowie alle weiteren Burgen in Aquitanien ubergab. Anschließend reiste er uber Paris zuruck nach England.
Entgegen der mit Lancaster getroffenen Vereinbarung weigerte sich die Franzosen danach, die Burgen zuruckzugeben. Daraufhin widerrief der englische Konig am 20. Juni 1294 seine
Hommage
fur seine franzosischen Besitzungen, worauf es zum
offenen Krieg mit Frankreich
kam. Am 1. Juli 1294 ernannte Eduard I. seinen Neffen
Johann von der Bretagne
zum neuen Lieutenant von Aquitanien, wahrend St John das Amt des Seneschall von Aquitanien ubernehmen sollte. In dieser Funktion sollte er als Hauptberater von Johann von der Bretagne dienen. Im Oktober 1294 brach er mit einer Flotte und mit Truppen von
Portsmouth
aus nach Sudwestfrankreich aus. Dort eroberten sie einige kleinere Stadte, doch die Eroberung von
Bordeaux
scheiterte. Daraufhin teilte sich die englische Streitmacht. Wahrend ein Teil der Armee die
Garonne
hinaufsegelte, segelte St John mit einem Teil der Armee nach Suden, wo er am 1. Januar 1295
Bayonne
erobern konnte. Dort ließ er die Mitglieder des Stadtrats, die die Franzosen unterstutzt hatten, verhaften und nach England bringen. Gegen diese englischen Angriffe unternahmen die Franzosen 1295 Gegenangriffe unter
Karl von Valois
und 1296 unter
Robert II. d’Artois
. Die Englander konnten nur den sudlichen Teil von Aquitanien mit Bayonne halten. St John oblag dabei die Verteidigung und Versorgung der verbliebenen Stadte und Burgen.
Im Oktober 1295 wurde Johann von der Bretagne als Lieutenant durch Edmund of Lancaster abgelost, wahrend St John weiter Seneschall blieb. Lancaster erkrankte und starb am 5. Juni 1296 in Bayonne, sein Nachfolger wurde
Henry de Lacy, 3. Earl of Lincoln
. Keine der beiden Parteien konnte einen großeren Sieg erringen, so dass sich der Krieg in Plunderungen und Belagerungen erschopfte. Am 2. Februar 1297 eskortierten Lincoln und St John einen Versorgungskonvoi, der das belagerte
Bonnegarde
versorgen sollte. Dabei gerieten die Englander in einen Hinterhalt der Truppen von Robert d’Artois. Trotz tapferer Gegenwehr geriet St John mit zehn anderen Rittern aus England und der Gascogne in Gefangenschaft. Die Franzosen brachten ihn als einen der wichtigsten gegnerischen Kommandanten nach Paris, dann nach
Peronne
in Nordostfrankreich und in andere Orte. Das geforderte Losegeld von £ 5000 uberstieg St Johns Moglichkeiten. Sein Sohn John, der mit ihm in Aquitanien gekampft hatte, erhielt im September 1297 Gelder vom Zahlmeister des englischen Heeres und von Kaufleuten aus Bayonne, um die Kosten fur St Johns Gefangenschaft, die er selbst tragen musste, zu begleichen. Im Mai 1298 trug
Westminster Abbey
£ 250 zu dem Losegeld bei, und schließlich zahlten die
Frescobaldi
und andere italienische Bankiers 20.000
livres petits tournois
im Auftrag von Eduard I. an den franzosischen Konig, damit St John freikam. Nach dem
Vertrag von L'Aumone
wurde St John schließlich im Sommer 1299 freigelassen und kehrte nach England zuruck. Um einen Teil seiner Schulden zu begleichen, verpfandete er im November 1299 vier seiner Guter an die Bankiere
Buonsignori
aus
Siena
.
Nach seiner Freilassung kehrte St John nicht in die Gascogne zuruck, sondern diente Eduard I. in den Kampfen des
Schottischen Unabhangigkeitskriegs
. Bereits im November 1292 war er in Schottland gewesen, als er in
Scone
als Vertreter des minderjahrigen
Duncan, 9. Earl of Fife
zusammen mit Bischof
Antony Bek
von Durham
John Balliol
als neuen schottischen Konig einsetzte.
[2]
[3]
Im Januar 1300 ernannte der Konig St John zu seinem Stellvertreter in
Cumberland
,
Westmorland
,
Lancashire
,
Annandale
und den
Scottish Marches
bis
Roxburgh
. Im Juli nahm er zusammen mit seinem Sohn John an der Belagerung von
Caerlaverock Castle
teil, wo er den jungen Prince
Eduard
beaufsichtigte, fur den die Belagerung seine erste militarische Aktion war. Dazu erhielt St John weitere Amter in Schottland, darunter die Verwaltung von
Galloway
sowie das Amt des
Sheriffs
von
Dumfries
. Als
Knight Banneret
erhielt er fur sein großes Gefolge regelmaßig Soldzahlungen sowie Ersatz fur Pferde und andere Ausrustung, die er im Dienst des Konigs in Schottland benotigte. Im Februar 1301 gehorte er zu den etwa 100 Baronen, die in ihrem Brief an Papst
Bonifatius VIII.
dessen Recht bestritten, im Franzosisch-Englischen und im Englisch-Schottischen Krieg zu intervenieren. Im Marz 1301 gehorte er zusammen mit den
Earls of Warwick
,
Surrey
und
Pembroke
sowie mit
Hugh de Vere
der englischen Delegation an, die in
Canterbury
einen Frieden mit Frankreich und einen Waffenstillstand mit Schottland aushandeln sollte. Vor dem 16. Februar 1302 ergab sich ihm der schottische Magnat
Robert Bruce
, der vier Jahre spater erneut rebellierte und sich zum Konig der Schotten kronen ließ.
[4]
Als Dank fur seine Dienste in Schottland erhielt St John einige Besitzungen in Schottland und den nordlichen Scottish Marches. Diese Gebiete waren jedoch teils umkampft oder gar nicht in englischen Besitz, so dass sie nicht seine Verluste aufwogen, die er durch seine Gefangenschaft gehabt hatte. Im September 1300 erhielt er deshalb vom Konig 1000
Mark
jahrlich, solange er die ihm zugesagten Besitzungen in Galloway nicht in Besitz nehmen konne. Weitere Einkunfte erhielt er als Kommandant von
Cockermouth
und
Skipton Castle
in
Craven
sowie von
Lochmaben Castle
, wo er 1302 starb.
John de St John hatte vor dem 29. Juni 1256 Alice, eine Tochter von Sir Reginald fitz Peter geheiratet. Seine Frau uberlebte ihn, mit ihr hatte er mehrere Sohne. Sein Erbe wurde sein altester Sohn
John de St John
.
- ↑
Michael Prestwich:
Edward I.
University of California, Berkeley 1988,
ISBN 0-520-06266-3
, S. 340.
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Michael Prestwich:
Edward I.
University of California, Berkeley 1988,
ISBN 0-520-06266-3
, S. 370.
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Geoffrey W. S. Barrow:
Robert Bruce and the Community of the Realm of Scotland
. Eyre & Spottiswoode, London 1965, S. 69.
- ↑
Geoffrey W. S. Barrow:
Robert Bruce and the Community of the Realm of Scotland
. Eyre & Spottiswoode, London 1965, S. 172.