John Wilkins
(*
1614
in
Fawsley
,
Northamptonshire
; †
19. November
1672
in
London
) war
Bischof
von
Chester
sowie Grundungsmitglied und erster Sekretar der
Royal Society
.
John Wilkins Vater war der Oxforder Goldschmied und Uhrmacher Walter Wilkins. John wurde am
Magdalen College
in
Oxford
ausgebildet, 1637 in Fawsley
ordiniert
und dort
Vikar
. Bald gab er die Stellung auf und wurde der
Kaplan
von Lord Saye and Sele, dann von Lord Berkeley und spater von Prinz Karl Ludwig, Neffe von
Karl I.
von England und spateren Kurfursten von der Pfalz
Karl I. Ludwig
.
Im
Englischen Burgerkrieg
war Wilkins ein Anhanger der republikanischen Partei, doch behielt er stets Verbindungen zu fuhrenden Royalisten. 1648 wurde er zum
Warden
(Leiter) des
Wadham College
in Oxford berufen. Die dazu notige Promotion in Theologie erlangte er Ende 1648. Mit einer Ausnahmegenehmigung heiratete er 1656 Robina Cromwell, die Schwester des
Lordprotektors
Oliver Cromwell
. 1659 berief ihn
Richard Cromwell
, dessen Sohn und Nachfolger als Lordprotektor, zum
Master of
Trinity College
in
Cambridge
. Nach der
Restauration des Konigtums
1660 verlor er diesen Posten. Bis heute ist er damit die einzige Person, die sowohl in Oxford als auch in Cambridge ein College geleitet hat. In der Folgezeit machte er seinen Frieden mit Konig
Charles II.
1662 wurde er zum Vikar von
St Lawrence Jewry
in London und 1668 zum Bischof von Chester berufen.
Wilkins interessierte sich sehr fur die Naturwissenschaften und wurde Grundungsmitglied und erster Sekretar der
Royal Society
. Ihm lag an der Popularisierung der neuen
heliozentrischen Weltsicht
von Kopernikus, Kepler und Galilei. Angeregt durch
Tommaso Campanellas
Apologia pro Galileo
veroffentlichte er 1638 und 1640 anonym zwei Bande, die in Deutschland als
Vertheidigter Copernicus
erschienen. In einem Kapitel untersucht er die Moglichkeit, eine Reise zu dem nach damaliger Auffassung bewohnten Mond zu unternehmen. Er erorterte vier Moglichkeiten, den Mond zu erreichen:
[1]
- mit Hilfe von
Engeln
- mit Hilfe von Vogeln
- durch vom Menschen selbst zu betatigende Flugel
- dank eines ?fliegenden Wagens“, der nach Wilkins’ Uberzeugung demnachst erfunden werden wurde
Dabei bezog sich Wilkins unter anderem auf Vorschlage des Spaniers
Domingo Gonsales
, der Hauptfigur in dem Roman
A Man in the Moone
von
Francis Godwin
.
[2]
Den Kopernikanischen Ansichten widersprach vehement Alexander Ross (1591?1654) in
The New Planet...
.
Zusammen mit
Robert Hooke
entwickelte Wilkins technisch-wissenschaftliche Apparate. Seine
Mathematical Magick
ist die erste ausfuhrliche Abhandlung in englischer Sprache.
1641 publizierte Wilkins anonym eine Abhandlung mit dem Titel
Mercury, or The Secret and Swift Messenger
. Es handelte sich um ein kleines aber umfassendes Werk uber
Kryptographie
, das von beiden Seiten im Englischen Burgerkrieg eifrig benutzt wurde. Als Anregung konnte wiederum eine Arbeit von
Francis Godwin
gedient haben.
Die Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts waren daruber besorgt, dass die naturliche Sprache wegen ihrer Ungenauigkeit den wissenschaftlichen Fortschritt hindert. In seinem wohl wichtigsten Werk
An essay towards a real character, and a philosophical language
(London 1668) entwickelt er deshalb eine universale philosophische Sprache. Er setzte sich damit das Ziel, das gesamte Wissen im Universum detailliert darstellen zu konnen ? genauer, als es mit Englisch oder einer anderen Sprache moglich war. Er entwickelte ein System von Tabellen und graphischen
Zeichen
, um die gewunschten Konzepte darstellen zu konnen.
Jorge Luis Borges
widmete diesem Buch den Essay
Die analytische Sprache von John Wilkins
, der
Michel Foucault
zu seinem Buch
Die Ordnung der Dinge
inspirierte.
[3]
- The discovery of a world in the moone, or, a discourse tending to prove that ’tis probable there may be another habitable world in that planet
, London 1638 (
E-Book
im
Projekt Gutenberg
)
- The Discovery of a New World, Or, A Discourse Tending to Prove, that 'tis Probable There May be Another Habitable World in the Moone: With a Discourse Concerning the Possibility of a Passage Thither
, London 1640 (
Digitalisat
)
- Mercury, or The secret and svvift Messenger: shewing how a man may with privacy and speed communicate his thoughts to a friend at any distance
, 1641 (
Digitalisat
)
- Mathematical Magick
, or, The wonders that may by performed by mechanichal [sic] geometry: in two books, concerning mechanical powers [and] motions, being one of the most easie, pleasant, useful, and yet most neglected, parts of mathematicks, not before treated of in this language.
London 1648.
- Gottselige Gedancken Uber die Zierliche Ordnung die bey der Fursehung und Regierung Gottes in allen unverhofften und beschwarlichen Zufallen zu verspuren ist:Allen betrubten Hertzen/ sonderlich zu diesen schwierigen und trubseligen Zeiten uberauß trostlich/ nutzlich und erbaulich
, Ursprunglich Von Herrn Johann Wilkins H. Schrifft Doctorn in Englischer Sprach beschrieben. Anjetzo aber Durch Johann Zollikofer/ Dienern der Kirchen zu Herisau in das Hochteutsche mit allem Fleiß ubersetzt; Basel 1672
- An essay towards a real character, and a philosophical language.
London 1668 (
Digitalisat
,
Volltext
).
- A discourse concerning the gift of prayer.
London 1674.
- Of the principles and duties of natural religion.
1693.
- Johannis Wilkins, Des furtrefflichen Englischen Bischoffs zu Chester Vertheidigter Copernicus, Oder Curioser und grundlicher Beweiß der Copernicanischen Grundsatze: In Zweyen Theilen verfasset und dargethan, I. Daß der Mond eine Welt oder Erde, II. Die Erde ein Planet seye; Zum Nutzen und zur Belustigung der Liebhaber der wahren Astronomie; Aus dem Englischen ins Teutsche ubersetzet
(von Joh. Gabr. Doppelmayr), Leipzig 1713 (
Digitalisat
)
- The mathematical and philosophical works of the Right Rev. John Wilkins, late lord bishop of Chester: to which is prefix'd the author's life, and an account of his works; in two volumes
, London, 1802
- Cliff S. L. Davies:
The Family and Connections of John Wilkins, 1614?72.
In:
Oxoniensia.
Band 69, S. 93?107 (
PDF
).
- Alexander Ross:
The new planet no planet: or, the earth no wandring star: except in the wandring heads of Galileans. Here out of the principles of divinity, philosophy, astronomy, reason and sense, the earth's immobility is asserted; the true sense of Scripture in the point, cleared; the Fathers and philosophers vindicated; divers theologicall and philosophicall points handled, and Copernicus his opinion as erroneous, ridiculous and impious, fully refuted by Alexander Rosse. In answer to a discourse, that the earth may be a planet [by J. Wilkins]
. London 1646.
- Werner A. Sommer:
John Wilkins (1614?1672). Glanz und Herrlichkeit einer Theologie in der Defensive.
In:
Im Spannungsfeld von Gott und Welt. Beitrage zu Geschichte und Gegenwart des Frey-Grynaeischen Instituts in Basel 1747?1997.
Hrsg. von
Andreas Urs Sommer
, Schwabe, Basel 1997, S. 211?223.
- ↑
Heinz Mielke
:
Der Weg zum Mond
. Verlag Neues Leben, Berlin, 2., erweiterte Aufl. 1971, S. 41.
- ↑
Maria Avxentevskaya:
Fliegende Streitwagen und exotische Vogel: Wie die Fantasten des 17. Jahrhunderts zum Mond gelangen wollten.
Max-Planck-Institut fur Wissenschaftsgeschichte
.
- ↑
Michel Foucault:
Die Ordnung der Dinge
. 1. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1974,
S.
17
.