Johann Schlottmann
(*
30. Mai
1726
in
Heringen (Werra)
; †
24. April
1795
in
Landau
bei Arolsen) war ein deutscher Orgelbauer, der im 18. Jahrhundert in
Oberhessen
wirkte.
Johann(es) Schlottmann wurde als Sohn von Johann Conrad Schlottmann, Pfarrer in Heringen, und der Pfarrerstochter Anna Katharina Rhode geboren. Auch sein gleichnamiger Großvater war Pfarrer. Am 3. Juni 1726 war Johann Georg Schlottmann Taufpate, ein Bruder des Vaters und ebenfalls Pfarrer. Uber Schlottmanns Ausbildung ist nichts bekannt.
[1]
Nach seinen Lehr- und Wanderjahren heiratete er am 28. Dezember 1752 Anna Maria Lampmann, mit der er 13 Kinder hatte. Neben
Johann Andreas Heinemann
war Schlottmann in der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts in Osthessen tatig. Das Leben war gepragt von Auseinandersetzungen um die ansassigen privilegierten Orgelbauer und den finanziellen Ruin infolge des Orgelneubaus in
Fritzlar
. Hier sah der Vertrag vom 26. April 1768 eine dreimanualige Orgel mit 38 Registern vor, die bis 1773 nur halb fertiggestellt wird.
[2]
Nach mehreren Klagen uber seine Saumigkeit wurde 1775 ein Konkursverfahren gegen Schlottmann eroffnet und seine Friedewalder Werkstatt versteigert. Er verlor seinen gesamten Besitz und blieb zeitlebens in finanziellen Schwierigkeiten und unter Termindruck.
[3]
Im Zuge des Orgelneubaus in Rauschenberg ubersiedelte die Familie 1775 nach Marburg und 1783 nach Spangenberg. Nach weiteren unvollendeten Orgelprojekten wie in der Stadtkirche Spangenberg, wo Schlottmann seit 1782 tatig war, kam es erneut zu Vorwurfen, die 1788 zu einer funfwochigen Festnahme und weiteren vier Wochen Gefangnisstrafe fuhrten. 1789 erteilte das Konsistorium Marburg ein Arbeitsverbot und verwies ihn des Landes. Die letzten Jahre verdingt Schlottmann sich hauptsachlich mit Reparaturdiensten in Hessen-Darmstadt.
[4]
Am 11. Januar 1791 schloss die Stadt Biedenkopf einen Vertrag uber einen Orgelneubau, weil sie irrtumlich davon ausging, der privilegierte Orgelbauer Heinemann sei verstorben.
[5]
Als das Werk 1792 unvollendet blieb und Schlottmann ?als ein Betruger heimlich entwichen“ sei, versteigerte die Stadt das von ihm zuruckgelassene Werkzeug.
[6]
Seine Frau starb im Jahr 1798.
Aus heutiger Sicht erklaren sich viele Vorwurfe gegen Schlottmann durch Rufschadigungen von Seiten seiner Konkurrenten und seinem Mangel an Wirtschaftlichkeit. Die wenigen erhaltenen Werke weisen in qualitativer Hinsicht keine Mangel auf und zeichnen sich durch ihre kunstlerisch eigenstandige Prospektgestaltung aus.
[7]
Neben seiner reich verzierten Rokoko-Orgel in der ehemaligen Kirche des
Klosters Spieskappel
St. Johannes der Taufer
(1769?1771) sind noch etliche Prospekte erhalten.
[8]
- Gerhard Aumuller
, Eckhard Trinkaus:
Orgelbau im Landkreis Waldeck-Frankenberg
. In: Friedhelm Brusniak, Hartmut Wecker (Hrsg.):
Musik in Waldeck-Frankenberg. Musikgeschichte des Landkreises
. Bing, Korbach 1997,
ISBN 3-87077-098-8
,
S.
144?202
.
- Gabriele Nina Bode, Michael Losse:
Die ?Wehrkirche“ in Niederasphe. Historisch-kunsthistorische Analyse einer mittelhessischen ?Dorfkirche“
. In:
Zeitschrift des Vereins fur hessische Geschichte und Landeskunde
.
Band
104
, 1999,
S.
37?76
.
- Franz Bosken
:
Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins
(=
Beitrage zur Mittelrheinischen Musikgeschichte
.
Band
7,1
).
Band
2
:
Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden.
Teil 1:
A?K
. Schott, Mainz 1975,
ISBN 3-7957-1307-2
.
- Franz Bosken, Hermann Fischer:
Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins
(=
Beitrage zur Mittelrheinischen Musikgeschichte
.
Band
29,1
).
Band
3
:
Ehemalige Provinz Oberhessen.
Teil 1:
A?L
. Schott, Mainz 1988,
ISBN 3-7957-1330-7
.
- Dieter Grossmann:
Orgeln und Orgelbauer in Hessen
(=
Beitrage zur hessischen Geschichte
.
Band
12
). 2. Auflage. Trautvetter & Fischer, Marburg 1998,
ISBN 3-87822-109-6
.
- Eckhard Trinkaus:
Orgeln und Orgelbauer im fruheren Kreis Ziegenhain (Hessen)
(=
Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen
.
Band
43
). Elwert, Marburg 1981,
ISBN 3-7708-0713-8
,
S.
283?298
.
- ↑
Trinkaus:
Orgeln und Orgelbauer im fruheren Kreis Ziegenhain (Hessen).
1981, S. 283.
- ↑
Trinkaus:
Orgeln und Orgelbauer im fruheren Kreis Ziegenhain (Hessen).
1981, S. 287 f.
- ↑
Aumuller, Trinkaus:
Orgelbau im Landkreis Waldeck-Frankenberg
. 1997, S. 136 f.
- ↑
Trinkaus:
Orgeln und Orgelbauer im fruheren Kreis Ziegenhain (Hessen).
1981, S. 295?297.
- ↑
Bosken:
Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins.
Bd. 2, Teil 1. 1975, S. 79.
- ↑
Trinkaus:
Orgeln und Orgelbauer im fruheren Kreis Ziegenhain (Hessen).
1981, S. 296 f.
- ↑
Grossmann:
Orgeln und Orgelbauer in Hessen
. 1998, S. 136 f.
- ↑
Eine knappe Werkubersicht findet sich bei Bode, Losse:
Die ?Wehrkirche“ in Niederasphe
. 1999, S. 74, ausfuhrlich bei Trinkaus:
Orgeln und Orgelbauer im fruheren Kreis Ziegenhain (Hessen).
1981, S. 283?298.
- ↑
Grossmann:
Orgeln und Orgelbauer in Hessen
. 1998, S. 136.
- ↑
Bode, Losse:
Die ?Wehrkirche“ in Niederasphe
. 1999, S. 59 f.
- ↑
Bosken, Fischer:
Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins.
Bd. 3, Teil 1. 1988, S. 67.