Johann der Bestandige
(*
30. Juni
1468
in
Meißen
; †
16. August
1532
auf Schloss
Schweinitz
) war
Herzog
aus dem
Haus Wettin
und von 1525 bis 1532
Kurfurst
von
Sachsen
.
Er war der vierte Sohn des Kurfursten
Ernst
und folgte seinem Bruder
Friedrich dem Weisen
in der Herrschaft. Uber Johanns Kindheit und Jugend ist nur wenig bekannt. Vermutlich genoss er aber zusammen mit seinen Brudern am kursachsischen Hof eine gute Erziehung, wobei das Hauptaugenmerk sicherlich auf den erstgeborenen Friedrich als potentiellen Nachfolger auf dem Kurfurstenthron gelegt wurde. Nach dem Tod des Vaters 1486 ubernahm Friedrich zusammen mit seinem damals achtzehnjahrigen Bruder Johann die Regierung. Die anderen beiden Bruder
Albrecht
und
Ernst (II.)
traten in den Dienst der Kirche ein. 1513 vereinbarten Friedrich und Johann eine interne Landesteilung vorzunehmen. Seither regierte Johann einen Teil des Kurfurstentums von
Weimar
aus, wodurch die Stadt eine standige Residenz des Herzogs wurde.
[1]
Nach außen regierten sie jedoch Kursachsen und die ernestinischen Teile Thuringens bis zum Tod Friedrichs 1525, der als alterer der beiden Bruder die Kurwurde innehatte, zusammen.
Die gesamte gemeinsame Regierungszeit der beiden Bruder war von gutem Einvernehmen und kooperativer Zusammenarbeit gepragt. Keiner der beiden traf wichtige Entscheidungen, ohne den anderen vorher um Rat zu fragen. Dieses Vorgehen fuhrte zwar nicht selten zu einer Lahmung des Entscheidungsprozesses, auf der anderen Seite waren aber auch Streitereien zwischen den regierenden Fursten oder politische Alleingange nicht gerade dienlich fur eine effektive und erfolgreiche Politik gewesen.
Nach seiner zweiten Vermahlung mit
Margarete von Anhalt
(† 1521) teilten er und sein Bruder die kursachsischen Landereien untereinander auf. Johann ließ sich daraufhin in Weimar nieder, wo er seinen eigenen Hof grundete und von da an fur die thuringischen, frankischen und
vogtlandischen
Landesteile verantwortlich war. Da Johann noch nie ein großes Interesse an der Verwaltung und den Finanzen seines Staats gezeigt hatte, wurden diese, nachdem er seinen eigenen Hof erhalten hatte, vernachlassigt. Sowohl vor Friedrichs Tod als auch danach, als Johann die Verantwortung uber die Finanzen des gesamten Kurfurstentums hatte, wurde die Verwaltung als sehr korrupt beschrieben. Angeblich sollen sich Beamte auf Kosten des Kurfursten bereichert und Schriftliches nur sehr oberflachlich erledigt haben, weshalb sein Sohn und Nachfolger
Johann Friedrich
nach dem Tod des Vaters 1532 mit einem desolaten Finanzsystem und Verwaltungsapparat zu kampfen hatte.
Wegen Meinungsverschiedenheiten kam es 1530 bis Ende 1533 zur sogenannten
sachsischen Munztrennung
zwischen Johann und dem albertinischen Herzog
Georg dem Bartigen
. Johann vertrat die Auffassung, dass die hochwertigen sachsischen
Guldengroschen
der Bevolkerung schadeten, da sie von Wucherern außer Landes gebracht und dort fur geringerwertiges Geld eingefuhrt werden wurden, und forderte, den Silbergehalt der Munzen zu verringern. Der Herzog bestand im Gegensatz darauf, den bisherigen Wert der Munzen beizubehalten. Daraufhin wurde die gemeinsame
Schneeberger Munzstatte
auf dem Gebiet des Kurfursten stillgelegt. Die
Munzstatte Zwickau
, die 1530 vorubergehend wiedereroffnet wurde, und die
Munzstatte Buchholz
pragten ab dieser Zeit fur Johann nach leichterem Munzfuß. Unter seinem Nachfolger Johann Friedrich trat die fruhere Munzgemeinschaft wieder in Kraft.
Im Jahr 1531 erhob Johann
fur Turkenhulfe ?und andere drangsalige Sorgfaltigkeiten und Noth in Glaubens- und Religionssachen“
eine
Turkensteuer
.
[2]
Wie sein Beiname verrat, hatte er gegenuber der
Reformation
die gleiche positive Haltung wie sein Bruder. Christliche Glaubensgrundsatze wollte er zur Grundlage seiner politischen Entscheidungen machen. In politischen Fragen verhielt er sich aber oft zogerlich. Im Zusammenwirken zwischen ihm und Landgraf
Philipp von Hessen
, mit dem er aufgrund der gemeinsamen Konfession in enger Beziehung stand, war Philipp die treibende Kraft und sprach sich eher fur eine aggressive Außenpolitik aus. Johann dagegen hielt sich besonders in der Frage, ob man sich als Protestant gegen den Kaiser wehren sollte, sehr zuruck und stand lange Zeit auf der Seite Luthers, der ein Abwehrbundnis gegen die Katholiken nicht fur gut hieß, da es offiziell verboten war, sich gegen den Kaiser zu verbunden.
Als Landesherr
Martin Luthers
unterhielt Johann eine sehr enge, nahezu freundschaftliche Beziehung zu dem fuhrenden Theologen der Protestanten. Luther außerte sich ebenfalls haufig positiv uber Johann. Besonders fur sein Verhalten auf dem
Augsburger Reichstag 1530
lobte er ihn sehr: ?Ich glaube gewiß, daß der Kurfurst Johann von Sachsen den Heiligen Geist gehabt hat. Das hat er in Augsburg durch sein Bekenntnis trefflich bewiesen (…)“. Des Ofteren soll Johann gesagt haben: ?Sagt meinen Gelehrten, daß sie tun, was recht ist, Gott zu Lob und Ehre, und auf mich und mein Land keine Rucksicht nehmen.“ Durch sein Beharren auf dem protestantischen Glaubensbekenntnis soll er sogar die protestantischen Theologen davon abgehalten haben, sich zu nachgiebig gegenuber dem Kaiser zu verhalten.
1527 wurde die
Evangelisch-Lutherische Landeskirche
gegrundet, deren
Landesbischof
der Kurfurst war. Er gehorte 1529 zu den furstlichen Vertretern der protestantischen Minderheit (
Protestation
) auf dem
Reichstag zu Speyer
. Der 1531 zur Verteidigung der Reformation gegrundete
Schmalkaldische Bund
der evangelischen Reichsstande stand unter Fuhrung des Kurfurstentums Sachsen und
Hessens
. Nach seinem Tod wurde Johann neben seinem Bruder Friedrich in der Schlosskirche zu
Wittenberg
beigesetzt.
In den fast 40 Jahren, die Johann als Herzog uber Kursachsen regierte, wurde er oft durch die Person seines Bruders Friedrich verdeckt, der als Altester des Geschlechts und Trager des Kurhutes die kursachsische Politik maßgeblich bestimmte. Auch in unserer Zeit steht Johann zu Unrecht in der Geschichte und Politik Kursachsens zu Beginn der Reformation meist im Hintergrund und findet im Gegensatz zu seinem Bruder Friedrich und seinem Sohn und Nachfolger Johann Friedrich wenig Beachtung in Forschung und Literatur.
Die
Evangelische Kirche in Deutschland
wurdigt seine Bedeutung fur die Reformation jedoch mit einem Gedenktag im
Evangelischen Namenkalender
am 16. August.
Johann war in erster Ehe seit 1500 mit
Sophie von Mecklenburg
(1481?1503), Tochter von Herzog
Magnus II. zu Mecklenburg
vermahlt. Aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor:
- ? 1527 Prinzessin
Sibylle von Julich-Kleve-Berg
(1512?1554)
1513 heiratete er
Margarete von Anhalt
(1494?1521), Tochter des Fursten
Waldemar VI. von Anhalt-Kothen
, mit der er folgende Kinder hatte:
- ? 1536 Herzog
Philipp I. von Pommern
(1515?1560)
- Margarete (1518?1535)
- Johann (II.) (*/† 1519)
- Johann Ernst
(1521?1553), Herzog von Sachsen-Coburg
- ? 1542 Prinzessin
Katharina von Braunschweig-Grubenhagen
(1524?1581)
- Armin Kohnle
und
Manfred Rudersdorf
(Hrsg.):
Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Bestandigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext fruhneuzeitlicher Staatswerdung. Band 1: 1513?1517
, bearbeitet von Stefan Michel, Beate Kusche und Ulrike Ludwig unter Mitarbeit von Vasily Arslanov, Alexander Bartmuß und Konstantin Enge, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2017,
ISBN 978-3-374-04960-8
.
- Armin Kohnle
,
Manfred Rudersdorf
(Hrsg.):
Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Bestandigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext fruhneuzeitlicher Staatswerdung. Band 2: 1518?1522.
Bearbeitet von Stefan Michel, Beate Kusche, Ulrike Ludwig, Konstantin Enge, Dagmar Blaha und Alexander Bartmuß unter Mitarbeit von Saskia Jahnigen und Steven Bickel, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2022,
ISBN 978-3-374-04961-5
.
- Heinrich Theodor Flathe
:
Johann der Bestandige, Kurfurst von Sachsen
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 322?326.
- Thomas Klein
:
Johann der Bestandige.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974,
ISBN 3-428-00191-5
, S. 522?524 (
Digitalisat
).
- Martin Luther:
Ausgewahlte Werke. Tischreden.
Erganzungsreihe, dritter Band. Hrsg. von H. H. Borcherdt und Georg Merz. 3. Auflage. Munchen 1963.
- Ingetraut Ludolphy
:
Friedrich der Weise.
Gottingen 1984.
- Stefan Michel:
Kurfurst Johann von Sachsen (1468?1532) und die von Wittenberg ausgehende Reformation. Neue Beobachtungen zur Furstenreformation.
In:
Theologische Literaturzeitung
145 (2020), Sp. 493?508.
- Doreen von Oertzen Becker:
Kurfurst Johann der Bestandige und die Reformation (1513?1532). Kirchenpolitik zwischen Friedrich dem Weisen und Johann Friedrich dem Großmutigen
. Koln, Weimar, Wien 2017,
ISBN 978-3-412-50808-1
.
- Uwe Schirmer
:
Die ernestinischen Kurfursten (1485?1547).
In:
Frank-Lothar Kroll
(Hrsg.):
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- Gunther Wartenberg
:
Luthers Beziehungen zu den sachsischen Fursten.
In: Gunther Wartenberg (Hrsg.):
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- Gunda Wittiach:
Johann I., der Bestandige, Kurfurst von Sachsen.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 3, Bautz, Herzberg 1992,
ISBN 3-88309-035-2
, Sp. 174?175
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
.
- ↑
Axel Stefek:
Vor 500 Jahren: Weimar wird standige herzogliche Residenz.
In: Rathauskurier. Das Amtsblatt der Stadt Weimar. 24. Jg. Nr. 20 vom 23. November 2013, S. 6905?6906.
Rathauskurier Weimar 20/2013
(
Memento
des
Originals
vom 27. Februar 2016 im
Internet Archive
)
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@2
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- ↑
Otto Kius:
Das Finanzwesen des ernestinischen Hauses Sachsen im sechszehnten Jahrhundert
, Verlag Hermann Bohlau, Weimar 1863, S. 70
Digitalisat
, abgerufen am 27. Januar 2015.