Johann Peter Miller
(*
26. April
1725
in
Leipheim
bei
Ulm
; †
29. Mai
1789
in
Gottingen
) war ein deutscher evangelischer Geistlicher und
Hochschullehrer
.
Johann Peter Miller war der Sohn des Pfarrers Johann Michael Miller (* 10. Oktober 1693 in Leipheim; † 16. Januar 1747 in Ulm) und dessen Ehefrau Maria Magdalena (geb. Rauschenmayer) (1695?1761); er hatte noch funf Bruder,
[1]
zu diesen gehorte:
Sein Cousin war
Gottlob Dietrich Miller
, Jurist und Mitgrunder des
Hainbundes
in
Gottingen
.
Johann Peter Miller war verheiratet mit Sophie Christiane (geb. Weygand) (* 1736), die Ehe blieb kinderlos; sein Schwager war der Leipziger
Buchhandler
und
Verleger
Johann Friedrich Weygand (1743?1806).
[2]
Er erhielt seinen ersten Unterricht von seinem Vater und besuchte darauf das Gymnasium in Ulm (heute:
Humboldt-Gymnasium
), an dem sein gleichnamiger Onkel
Johann Peter Miller
Subrektor
war.
Nach Beendigung des Gymnasiums
immatrikulierte
er sich 1745 an der
Universitat Helmstedt
und studierte bis 1747
Philologie
,
Philosophie
und
Theologie
; er besuchte unter anderem die Vorlesungen von
Johann Lorenz von Mosheim
, dessen
Privatsekretar
er wurde.
Mit Johann Lorenz von Mosheim, der Kanzler an der
Universitat Gottingen
wurde, ging Johann Peter Miller 1747 als Hauslehrer seiner jungeren Kinder dorthin. 1749 beendete er sein philologisches Studium bei Johann Matthias Gosner (1691?1761) mit einer Arbeit uber die Armenfursorge und -erziehung und
promovierte
zum
Magister
.
1750 kam er als
Rektor
an das
Gymnasium
(heute:
Gymnasium Julianum
) nach
Helmstedt
und wurde 1756 als Rektor an das Gymnasium (heute:
Latina
) nach
Halle
berufen.
1766 promovierte er an der
Universitat Halle
zum Dr. theol. und folgte einem Ruf als ordentlicher Professor fur evangelische
Dogmatik
und
Rhetorik
an die Universitat Gottingen. Seine Vorlesungen waren gepragt von der Dogmatik und Ethik Mosheims und umfassten außer Dogmatik, Moral, Rhetorik,
Pastoraltheologie
, Einleitung in die theologische Literatur und teilweise auch Erklarung des
Neuen Testaments
, dazu leitete er die
katechetischen
Ubungen der Studierenden im Gottinger
Waisenhaus
, mit dessen Verwaltung er beauftragt war. Er gehorte auch zu den Ersten, die Vorlesungen uber
Padagogik
an einer deutschen Universitat gehalten haben; einen Ruf zum
Oberkonsistorialrat
und Direktor des
Grauen Klosters
in
Berlin
lehnte er in dieser Zeit ab.
Zu seinen weitere Studenten gehorten unter anderem
Georg Christian Raff
[3]
,
Georg Christian Knapp
,
Anton August Heinrich Lichtenstein
,
Justus Christian Loder
und
Jacob Christoph Rudolph Eckermann
.
1769 wurde er von
Johann Jakob Griesbach
aufgesucht, der eine Forschungsreise durchfuhrte, um die Forschungs- und Lehrgewohnheiten der europaischen Universitaten zu studieren und besprach sich intensiv mit diesem.
[4]
Am 26. Mai 1789 hatte er wahrend einer Vorlesung einen
Schlaganfall
und verstarb drei Tage darauf; auf seinen
Lehrstuhl
folgte ihm
Karl Friedrich Staudlin
.
[5]
Seine Schrift
Chrestomathia Latina
erlebte in der Zeit von 1755 bis 1780 sechs Auflagen und auch seine
Historisch-moralischen Schilderungen
, die er in der Zeit von 1753 bis 1764 veroffentlichte, erschienen in der zweiten Auflage von 1781 bis 1789 in funf Teilen; seine
Erbaulichen Erzahlungen der biblischen Geschichten
, in der er 41 Geschichten aus dem Alten und 46 aus dem Neuen Testament erzahlte,
[6]
wurden auch ins
Schwedische
und
Finnische
ubersetzt.
In seinen theologischen Schriften behandelte er Arbeiten auf dem Gebiet der Moral, so unter anderem durch die Fortsetzung von Johann Lorenz von Mosheims
Sittenlehre der Heiligen Schrift
.
[7]
; Sein 1778 im Druck erschienener Auszug aus allen neun Teilen wurde auch ins Schwedische,
Danische
und Hollandische ubersetzt. Die zuvor 1752 ebenfalls in
Helmstedt
erschienene lateinische Fassung
Ioannis Laurentii Moshemii Institutiones historiae christianae in compendium redactae
wurde per Dekret der
romisch-katholischen Glaubenskongregation
vom 14. April 1755 auf den
Index
gesetzt.
[8]
Er veroffentlichte weiterhin Lehrbucher zur Dogmatik, Rhetorik, zur Katechese,
Kirchengeschichte
sowie Schriften uber Armenwesen und Mission, dazu gab er mit
Gottfried Less
1779 ein Gesangbuch heraus, das erstmals nur fur den Universitatsgottesdienst zusammengestellt worden war,
[9]
weiterhin veroffentlichte er in verschiedenen Zeitschriften. In seiner Schrift
Grundsatze einer weisen und christlichen Erziehungskunst
beschrieb er, noch vor der
philanthropistischen
Erziehungsbewegung, die in den 1770er Jahren begann, ein erstes Systemwerk der Padagogik.
Seine 1778 publizierte
Anweisung zur Catechesierkunst
war ein Grundlagenwerk fur die aufklarerische sokratische Lehrart und markierte mit dem Zusammenunterrichten und ihrer Gesprachsstruktur einen qualitativen Umbruch in der Erziehungsmethode.
Die Veroffentlichungen von Johann Peter Miller waren auf einen Ausgleich bedacht, zwischen lutherischer
Orthodoxie
und
Pietismus
einerseits und der
Aufklarungstheologie
andererseits,
[10]
hierdurch wurde er zum wesentlichen Anreger der beginnenden Aufklarungspadagogik, die sich unter seinem Schuler
Ernst Christian Trapp
schließlich zu einer eigenstandigen Disziplin entwickelte. Durch seine Veroffentlichungen gab er entscheidende Anregungen fur eine außere und innere Schulreform. In erster Hinsicht setzte er sich fur die Einrichtung von Real- und Industrieschulen (
Armenschulen
) ein sowie fur die Einrichtung von Seminarien fur die schulpraktische Ausbildung von Theologen an der Universitat, die in der Mehrzahl das Lehramt an den hoheren Schulen versahen, sowie fur die seminaristische Ausbildung von Lehrern fur das niedere Lehramt. Im Rahmen seiner Tatigkeit an der Waisenhauseinrichtung in Gottingen gestaltete er diese mit seinen Neuerungen um, sodass sie ihm als Musterschule diente.
Er entwickelte auch eine Initiative zu einer speziellen Kinder- und Jugendliteratur.
- De eo, quod circa curam pauperum observandum est
. 1749.
- De religione M. T. Ciceronis programma
. Helmstadium: Drimborn, 1751.
- Commentationes et Orationes Varii Argumenti
. Hamburg: Brandt, 1751.
- Singvlaris Dei Circa Scholas Providentia Ex Vetervm Genio Natali Asseritvr Et Natalis Dies Gymnasii Halensis C LXXXVIIII A. D. XXVIII Avgvsti M D CCLIV Celebrandvs Indicitvr A Ioanne Petro Millero A. M. Gymnasii Rectore
. Gebauer: Halae Magdeburgicae, 1754.
- Historisch-moralische Schilderungen zur Bildung eines edlen Herzens in der Jugend.
- Band 1
. Frankfurt und Leipzig 1756.
- Band 2
. Frankfurt und Leipzig 1756.
- Band 3
. Frankfurt und Leipzig 1759.
- Chrestomathia Latina
. Tiguri: apud Heideggerum et soc., 1759.
- Sitten-Lehre der Heiligen Schrift
.
- 6. Teil
. Halle und Helmstedt. 1765
- 7. Teil
. 1788. (neu verbesserte Auflage)
- 8. Teil
. Gottingen und Leipzig 1767.
- 9. Teil
. Gottingen und Leipzig 1770.
- Die Hoffnung besserer Zeiten fur Schulen
. Gebauer: Halle, 1765.
- Schule des Vergnugens
. Gebauer: Halle, 1765.
- Johann Peter Miller;
Johann Justinus Gebauer
:
Doctrinam De Gradibvs Beatitatis Fvtvrae Ivvenilis Pietatis Incitamentvm
. Gebauer: Hallae Magdeb., 1766.
- De orthodoxia cum dogmatica tum ethica conjugenda
. 1766.
- Oratio de theologo amabili
. Gottinga: 1766.
- Anleitung zur Kentnis der besten Bucher in allen Wissenschaften fur Anfanger
. Halle und Leipzig 1766.
- Anweisung zur Wohlredenheit, nach den erlesensten Mustern franzosischer Redner
. 1767.
- Erbauliche Erzahlungen der vornehmsten biblischen Geschichten
. Helmstedt 1753 und Stadthagen 1769.
- Kurze und deutliche Anweisung zur griechischen Sprache nebst einer auserlesenen Chrestomathie
. Leipzig 1769.
- Grundsatze einer weisen und christlichen Erziehungskunst
. Gottingen 1769 und 1771.
- Theologischmoralische Abhandlung vom Eide, Meineide und von Gelubden
. Weygand: Leipzig, 1771.
- Abhandlung von den Pflichten der Christen in Ansehung der Feinde, der Processe und der Zweykampfe
. Weygand: Leipzig, 1771.
- Vollstandige Einleitung in die theologische Moral
. Leipzig 1772.
- Systematische Anleitung zur Kenntnis auserlesener Bucher in der Theologie und in den damit verbundenen Wissenschaften
. Leipzig 1773.
- Lehrbuch der ganzen christlichen Moral
. Leipzig 1776.
- Ioannis Petri Milleri Chrestomathia Latina
. 1777 (
Digitalisat
)
- Anweisung zur Catechesierkunst
. 1778.
- Gottfried Less; Johann Peter Miller:
Neues christliches Gesangbuch
. Gottingen 1779 und Gottingen 1788.
- Unterhaltungen fur denkende Christen zur taglichen Vermehrung ihrer Ueberzeugung, Tugend und Gemuthsruhe.
- De missionibus pie sapienterque regundis
. 1787.
- Johann Peter Miller
: In:
Johann Georg Meusel
:
Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller
, Band 9. Leipzig 1809.
- Johann Peter Miller
. In:
Heinrich Doring
:
Die gelehrten Theologen Deutschlands im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert
, 2. Band. Neustadt an der Orla 1832.
- Julius August Wagenmann:
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.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 21, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 749 f.
- Johann Peter Miller
. In:
Friedrich Karl Gottlob Hirsching
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Historisch-Literarisches Handbuch
, 5. Band, 1. Teil. Leipzig 1800. S. 17 f.
- Dirk Fleischer:
Von der politischen Religionsduldung: Johann Peter Millers Verstandnis von religioser Toleranz
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Aufgeklartes Christentum ? Beitrage zur Kirchen- und Theologiegeschichte des 18. Jahrhunderts
/ Hrsg.: Beutel, Albrecht. Leipzig, 2010. S. 197?211.
- Rudolf W. Keck
:
Johann Peter Miller (1725?1789) an der Aufklarungsuniversitat Gottingen. Ausgangspunkt fur den Philanthropismus in Niedersachsen
. In:
Spataufklarung und Philanthropismus in Niedersachsen. Ergebnisse eines Symposions
. hrsg. von Rudolf W. Keck (
Veroffentlichungen des Landschaftsverbandes Hildesheim
. Hildesheim 1993, S. 180?199).
- Rudolf W. Keck:
Miller, Johann Peter.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994,
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Johann Jakob Griesbach (1745?1812): Protestantische Dogmatik im populartheologischen Diskurs des 18. Jahrhunderts
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Johann Heinrich Tieftrunk:
Religion nach Kant: ausgewahlte Texte aus dem Werk Johann Heinrich Tieftrunks (1759?1834)
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Katja E. A. Eichler:
Biblische Geschichten bei Rudolph Christoph Lossius und Kaspar Friedrich Lossius: eine Analyse zu Kinderbibeln in der Aufklarungszeit
. V&R unipress GmbH, 2011,
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Jesus Martinez de Bujanda
, Marcella Richter:
Index des livres interdits: Index librorum prohibitorum 1600?1966
. Mediaspaul, Montreal 2002,
ISBN 2-89420-522-8
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S.
620
(franzosisch,
Google-Digitalisat
in der Google-Buchsuche).
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Konrad Hammann:
Universitatsgottesdienst und Aufklarungspredigt: die Gottinger Universitatskirche im 18. Jahrhundert und ihr Ort in der Geschichte des Universitatsgottesdienstes im deutschen Protestantismus
. Mohr Siebeck, 2000,
ISBN 978-3-16-147240-4
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Christine Reents, Christoph Melchior:
Die Geschichte der Kinder- und Schulbibel: evangelisch ? katholisch ? judisch
. V&R unipress GmbH, 2011,
ISBN 978-3-89971-837-9
(
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[abgerufen am 23. August 2020]).