Johann Ignaz Schiffermuller

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Johann Ignaz Schiffermuller

Johann Ignaz Schiffermuller (* 2. November 1727 in Hellmonsodt ; † 21. Juni 1806 in Linz ) war Theologe, Professor fur Zivil- und Militar-Architektur [1] und daneben ein bedeutender osterreichischer Lepidopterologe (Schmetterlingsforscher) und Zoologe .

36 Blautone aus Versuch eines Farbensystems

Nach dem Besuch des Gymnasiums trat Ignaz Schiffermuller 1746 in den Orden der Gesellschaft Herz Jesu ein. Er studierte in Wien Theologie und beschaftigte sich daneben mit botanischen, mineralogischen und ornithologischen Studien und Numismatik . Nach der Priesterweihe wurde er Subregent im Seminar zu St. Pankraz . 1759 wurde er an das k. k. Theresianum in Wien berufen, wo er architektonisches Zeichnen fur Zivil- und Militarbaukunst 15 Jahre lang lehrte. Er beschaftigte sich daneben weiter mit den Naturwissenschaften, ganz besonders der Schmetterlingskunde, wodurch seine Vorliebe fur das Farbenstudium genahrt wurde. [2] In der Entwicklung wissenschaftlicher Farbnomenklaturen nimmt Schiffermuller eine prominente Stellung ein. Ausgangspunkt fur seinen Versuch eines Farbensystems war der Wunsch, fur die zahllosen Farben der Naturwelt eine standardisierte Taxonomie einzufuhren. Schiffermullers Pionierarbeit zeigt als Ganzes ein feines Gespur fur Farbnuancen und ihren exakten lexikalischen Ausdruck. [3] 1776 erschien sein uber 300 Seiten umfassendes Werk Systematisches Verzeichniß der Schmetterlinge der Wienergegend .

1777 (der Jesuitenorden war 1773 aufgehoben worden) ging Schiffermuller an das "Nordische Stift" in Linz, ein Internat fur katholische Kinder aus skandinavischen Landern (" Collegium Nordicum ") und erhielt den Titel Kaiserlicher Rat . Er legte fur das Collegium am Froschberg (beim heutigen Bergschlossl ) einen "okonomisch-botanischen Garten" nach dem System von Carl von Linne an, der vor allem Unterrichtszwecken dienen sollte, aber auch von zahlreichen botanisch interessierten Reisenden wie z. B. Friedrich Nicolai oder Franz de Paula Schrank besucht wurde. Nachdem 1787 das Stift aufgelost und der Garten verkauft worden war, ging Schiffermuller an das Dekanat nach Waizenkirchen und kam schließlich nach Linz als Titulardomherr zuruck, wo er 1806 starb. [2] [4]

Schiffermuller hinterließ eine handschriftliche Autobiographie ("Lebensbeschreibung"), die zum Ende seines Lebens entstanden ist. [5] [4] Ein Teil seiner umfangreichen Insektensammlung ging an das Kaiserliche Hof-Naturalienkabinett und verbrannte dort im Jahr 1848. [2]

Frontispiz von Denis und Schiffermullers Ankundung eines systematischen Werkes der Schmetterlinge der Wienergegend , 1775
Frontispiz von Denis und Schiffermullers Systematisches Verzeichniß der Schmetterlinge der Wienergegend , 1776

Versuch eines Farbensystems

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Altere Versuche fur ein Farbsystem hatten sich als mangelhaft erwiesen, deshalb gab Schiffermuller 1772 den Versuch eines Farbensystems und Ordnung der Farbenklasse heraus. Als mangelhafte Versuche nennt er z. B. Giovanni Antonio Scopoli (1723?1788) ( Entomologia Carniolica , 1763) und August Johann Rosel von Rosenhof (1705?1759) ( Insecten-Belustigung , 1746?1761). Zur Veranschaulichung seines eigenen Modells prasentierte Schiffermuller in tabellarischer Form eine hierarchische Klassifikation von 36 Blautonen mit 81 deutschen Namen, ihren lateinischen und franzosischen Aquivalenten und einer Farbkarte mit 36 handbemalten Mustern. Das Werk enthalt außerdem einen zwolfteiligen Farbenkreis, der die optischen Theorien Louis-Bertrand Castels (1688?1757) widerspiegelt. [3]

Systematisches Verzeichniß der Schmetterlinge der Wienergegend

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Zusammen mit Michael Denis sammelte und bearbeitete er die Schmetterlinge der Wiener Umgebung und veroffentlichte als Ergebnis im Jahre 1776 das Systematische Verzeichniß der Schmetterlinge der Wienergegend, herausgegeben von einigen Lehrern am k. k. Theresianum . Im Jahr 1775 gab es eine Ausgabe in geringer Hohe des Werkes unter dem Titel Ankundung eines systematischen Werkes von den Schmetterlingen der Wienergegend, herausgegeben von einigen Lehrern am k. k. Theresianum . Es unterscheidet sich nur gering von der spateren Ausgabe, unter anderem wurden auf zwei Tafeln die Abbildungen etwa spiegelbildlich vertauscht und dabei die Nummerierung von zwei Figuren vertauscht. Die Anderungen wurden im Text nicht nachvollzogen, so dass die Ausgabe von 1776 falsche Abbildungshinweise enthalt. Schiffermuller und Denis wollten ursprunglich ein umfassendes Werk zur Naturgeschichte der Schmetterlinge erstellen, das ihre ersten Stande (Ei, Raupe , Puppe ), die Nahrungspflanzen der Raupen und die Falter beschreibt. Dazu hatte Schiffermuller Miniaturmalereien von 400 Raupen gemalt. Aus dem umfassenden Werk wurde nichts, stattdessen wurde 1776 das ?Wiener Verzeichnis“ veroffentlicht, das 1150 Schmetterlinge behandelt und etwa 150 neue Arten auffuhrt, [2] [6] diese aber oft nicht beschreibt. [1] Das fuhrt dazu, dass die Autorschaft bei einigen Arten umstritten ist, da es keine gultige Erstbeschreibung im Sinne der Internationalen Regeln fur die Zoologische Nomenklatur gibt. [7] [8]

Schiffermuller gab als Herausgeber nur herausgegeben von einigen Lehrern am k. k. Theresianum an. Auf die Nennung des eigenen Namens verzichtet er, da einige Freunde eigene Beobachtungen beigesteuert haben und besonders Michael Denis viel beim Bestimmen und Ordnen geholfen hat, wie er an Linne schrieb. [1] Da das Werk damit anonym veroffentlicht wurde und die Ankundung von der Internationalen Kommission fur Zoologische Nomenklatur als eigenes Werk angesehen wird, werden die in diesen Buchern beschriebenen Arten mit geklammerten Autorennamen und dem Jahr der Ankundung zitiert: [ Denis & Schiffermuller ], 1775.

Im Systematischen Verzeichnis wendet er konsequent die von Linnaeus einige Jahre zuvor geschaffene binare Nomenklatur an, indem er diese bei der Artbenennung bevorzugt und hervorhebt, was ein entscheidender Beitrag zur Verbreitung der neuen Nomenklatur war. Schiffermuller war der Ansicht, dass alle Tiere und Pflanzen in ihren Erscheinungsformen verwandt seien und dass man immer wieder Ubergangsformen finden konne. Er nennt als Verbindung zwischen Fischen und Vogeln den Fliegenden Fisch, zwischen Vogeln und Vierfußern die Fledermaus. Direkt an die Vogel reiht er die Schmetterlinge uber die Schwarmer an, denen die Nachtfalter und Tagfalter folgen (der Stechapfelschwarmer ist der Totenkopfschwarmer ( Acherontia atropos )): [9]

?Man halte erstlich den Bau des Abend- und Nachtschmetterlinges gegen jenen des Tagschmetterlinges. Die ersten haben einen großen, dicken, schweren Leib, dicht mit Federchen besetzet, an dem man die Ringe oder Einschnitte nur wenig bemerket. Ihre Rollzunge ist meistens hornartig, ihre Augen gleichen mehr den Augen der Vogel, indem man an einigen sogar den Apfel ausnimmt, ihre Fuße haben eingreifendere Klauen. Der Stechapfelschwarmer giebt Selbsten einen zwitschernden Laut von sich...“

Die Ignaz-Schiffermuller-Medaille , die fur ein bedeutendes monographisches Werk mit taxonomischem und zoogeographischem Schwerpunkt vergeben wird, erinnert an Schiffermuller und sein Werk.

Die Unterart Pseudophilotes vicrama schiffermuelleri (Hemming 1929) aus der Familie der Blaulinge (Lycaenidae) und die Gattung Schiffermuelleria Hubner 1825 aus der Familie der Faulholzmotten (Oecophoridae) wurden nach ihm benannt.

Commons : Ignaz Schiffermuller  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Klaus Sattler: Das ?Wiener Verzeichnis“ von 1775 . In: Zeitschrift der Wiener Entomologischen Gesellschaft . 1969, S.   2   ff . ( zobodat.at [PDF; 3,9   MB ; abgerufen am 11. Januar 2014]).
  2. a b c d Emil Hoffmann: Ignaz Schiffermuller . In: Zeitschrift der Wiener Entomologischen Gesellschaft . Band   63 , Nr.   4/5 , 15. Oktober 1952, S.   57–65 ( zobodat.at [PDF; abgerufen am 11. Januar 2014]).
  3. a b Werner Spillmann (hg.): Farb-Systeme 1611?2007. Farb-Dokumente in der Sammlung Werner Spillmann . Basel: Schwabe 2009, S. 28?31; William Jervis Jones: German Colour Terms. A Study in their Historical Evolution from Earliest Times to the Present . Amsterdam, Philadelphia: John Benjamins 2013 (Studies in the History of the Language Sciences 119), S. 213?218.
  4. a b Christian Promitzer, Franz Speta : Naturgeschichte im josephinischen Linz. Ignaz Schiffermuller und der "okonomisch-botanische Garten" beim Bergschlossl . In: Archiv der Stadt Linz (Hrsg.): Historisches Jahrbuch der Stadt Linz . Band   1989 . Linz 1990, S.   45–66 ( ooegeschichte.at [PDF]).
  5. Oberosterreichisches Landesarchiv, Musealarchiv, Handschrift 197 (teilweise ediert in Promitzer/Speta [4])
  6. Ignaz Schiffermuller, der erste wissenschaftlich arbeitende Lepidopterologe, ein Sohn Oberosterreichs . In: apollo - Nachrichtenblatt der Naturkundlichen Station der Stadt Linz . Nr.   19 , 1970, S.   1–2 ( zobodat.at [PDF; abgerufen am 11. Januar 2014]).
  7. Nymphalis xanthomelas (ESPER, [1781]) - Ostlicher Großer Fuchs. In: lepiforum.de. Lepiforum e. V., abgerufen am 13. Marz 2020 (Anmerkung zur Nomenklatur).
  8. Nymphalis vaualbum ([DENIS & SCHIFFERMULLER], 1775) - Weißes L. In: lepiforum.de. Lepiforum e. V., abgerufen am 13. Marz 2020 (Anmerkung zur Nomenklatur).
  9. Malicky: Ein Besuch bei Ignaz Schiffermuller . In: Zeitschrift der Wiener Entomologischen Gesellschaft . Nr.   4 , April 1961, S.   1–4 ( zobodat.at [PDF; abgerufen am 11. Januar 2014]).