Jean-Marie Roland de la Platiere,
Terrakotta
-Buste von
Joseph Chinard
(1789)
Jean-Marie Roland de la Platiere als Innenminister (1792); Stich von
Nicolas Colibert
Jean-Marie Roland de La Platiere
(*
18. Februar
1734
in Thizy bei
Villefranche-sur-Saone
; †
10. November
1793
in Bourg-Beaudouin bei Rouen) war ein franzosischer Wirtschaftsfachmann und Politiker wahrend der Franzosischen Revolution, der an der Seite seiner Ehefrau
Madame Roland
zur Gruppierung der
Girondisten
gehorte. Zwischen Marz 1792 und Januar 1793 war er Innenminister unter dem Konig und in der
ersten franzosischen Republik
.
Jean-Marie Roland entschied sich als junger Mann fur einen Beruf im Fachbereich Handel und Manufakturen. Zunachst interessierte er sich fur seine Region Beaujolais und dann fur einen Betrieb in Aubenas (Ardeche), der 1752 als konigliche Manufaktur mechanisiert wurde. Als ausgezeichneter, anerkannter Experte gehorte er schon bald zum Corps der Inspektoren. 1780 wurde er zum Inspektor der Manufakturen in
Amiens
ernannt, und in diesem Jahr heiratete er die zwanzig Jahre jungere
Jeanne-Marie Phlipon
. In Amiens publizierte er Arbeiten mit den Titeln
l'Art du fabricant d'etoffes en laine
und
l'Art du fabricant de velours de cotton
. In dieser Zeit unternahm er mit seiner Frau auch eine Studienreise nach England. 1784 avancierte Roland zum Inspektor der Manufakturen in
Lyon
. Als Anhanger revolutionarer Ideen wurde er 1790 in den
conseil General de la Commune
der Stadt gewahlt und von diesem 1791 nach Paris geschickt, um dort die
Nationalversammlung
uber den beklagenswerten Zustand des Handels und der Manufakturen in der Region von Lyon zu informieren.
Roland lebte einige Monate in der Hauptstadt, besuchte dort den Jakobinerklub und machte unter anderem Bekanntschaft mit
Jacques Pierre Brissot
,
Francois-Nicolas-Leonard Buzot
,
Jerome Petion de Villeneuve
und
Maximilien de Robespierre
. Ende 1791 ubersiedelte er mit seiner Frau und seiner Tochter Eudora nach Paris.
Madame Roland
, ebenfalls an der Politik interessiert, empfing in ihrem
Salon
bald viele politisch einflussreiche Manner. Bei ihr traf sich der innere Kreis der Girondisten. Dank des Einflusses seiner Frau wurde Jean-Marie Roland im Marz 1792 vom Konig zum Innenminister ernannt.
In seinem Brief vom 10. Juni forderte Roland den Konig dringend auf, sein Veto gegen die Dekrete uber die
eidverweigernden Priester
und uber die Einberufung der
Foderierten
zuruckzunehmen.
Ludwig XVI.
beharrte auf seiner Weigerung und entließ am 13. Juni neben Roland auch die girondistischen Minister
Etienne Claviere
und
Joseph Servan
.
Nach der Suspendierung des Konigs am 10. August 1792 durch die Gesetzgebende Versammlung, beschloss diese die Bildung eines vorlaufigen Vollzugsrats, in dem Jean-Marie Roland wieder fur die Innenpolitik zustandig war.
Wegen der ihm aussichtslos erscheinenden militarischen Lage bereitete Roland Ende August die Evakuierung der Regierung in ein Gebiet sudlich der Loire vor und stieß dabei auf den entschiedenen Widerstand von
Georges Danton
. Wahrend der
Septembermassaker
in den Pariser Gefangnissen ließ er ohnmachtig den Dingen ihren Lauf.
Im September vom
Departement Somme
in den
Nationalkonvent
gewahlt, verzichtete Roland auf Bitten der Versammlung auf sein Abgeordnetenmandat, um sein Amt als Innenminister in der neu eingerichteten Republik zu behalten.
[1]
Als Innenminister auch fur Teilbereiche der Wirtschaft zustandig, unterstutzte er eine liberale Wirtschaftspolitik. So hob der Konvent im Dezember 1792 die Reglementierung aus dem Monat September auf und beschloss wieder den freien Getreide- und Mehlhandel. ? Am 20. November wurde in den Tuilerien ein eingemauertes, geheimes Wandfach entdeckt; die darin aufbewahrten Schriftstucke bewiesen Geheimverhandlungen des Konigs mit den Feinden der Revolution. Dies brachte auch Roland in Bedrangnis: Die
Montagnards
warfen ihm vor, dass er alle die
Gironde
kompromittierenden Schriften habe verschwinden lassen. Das Verlangen der Girondisten, im Prozess gegen den Konig das Volk zu befragen, verscharfte den Konflikt mit den Montagnards. Erschopft durch die immer heftiger werdenden Angriffe der
Bergpartei
und der
Sansculotten
, aber auch privater Probleme wegen, trat Jean-Marie Roland am 23. Januar 1793 als Innenminister zuruck.
Roland wollte Paris verlassen, aber der Konvent verweigerte ihm die Erlaubnis. Nach der Verhaftung fuhrender Girondisten am 2. Juni gelang ihm die Flucht in die Normandie nach Rouen. Am 10. November 1793 erfuhr er von der
Hinrichtung
seiner Frau, die auf eigenen Wunsch in Paris geblieben war. Roland marschierte auf der Straße in Richtung Paris und totete sich am Abend mit seinem
Stockdegen
.
Albert Soboul
charakterisierte ihn als ?rechtschaffenen und bescheidenen“ Mann.
[2]
Seit 1780 war er korrespondierendes Mitglied der
Academie royale des sciences
.
[3]
- ↑
Roland reste au ministere de l'Interieur
(franzosisch)
- ↑
Soboul S. 203
- ↑
Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe R.
Academie des sciences,
abgerufen am 22. Februar 2020
(franzosisch).
- Der vorliegende Artikel folgt inhaltlich weitgehend der franzosischen Fassung und damit Alain Decaux, Andre Castelot (Hrsg.):
Grand dictionnaire d'histoire de France
. Perrin, Paris 1979.
- Albert Soboul:
Die große Franzosische Revolution
.
Ein Abriss ihrer Geschichte (1789 ? 1799)
. 5. Auflage, Athenaum-Verlag, Frankfurt am Main 1988.
- Francois Furet, Mona Ozouf (Hrsg.):
Kritisches Worterbuch der Franzosischen Revolution
. 2 Bde., Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996.