Jan Olaf Chmielewski
(*
8. Februar
1895
in
Nischni Nowgorod
; †
1. Dezember
1974
in
Warschau
) war ein polnischer Stadtplaner und Hochschullehrer.
Chmielewski wurde in Russland geboren, da sein Vater und Großvater hierher
verbannt
worden waren. Nach dem Tod des Vaters zog die Familie wieder nach Warschau. Im
Ersten Weltkrieg
meldete sich der 19-Jahrige zur
Piłsudski-Einheit
der
Polnischen Legionen
und geriet 1916 in russische Gefangenschaft. Bei Ausbruch der
Oktoberrevolution
befand er sich in
St. Petersburg
; Chmielewski meldete sich hier zur Kriegsmarine der
Roten Armee
und kehrte erst im September 1919 nach Polen zuruck. In Warschau studierte er dann ? unterbrochen von einer langeren Krankheit ?
Bauingenieurwesen
unter Oskar Sosnowski,
[1]
Rudolf ?wierczy?ski
[2]
und
Tadeusz Tołwi?ski
.
Ab 1930 arbeitete er unter Stanisław Ro?a?ski im
Buro fur die Warschauer Regionalplanung
(polnisch:
Biuro Planu Regionalnego Warszawy
); zeitgleich hatte er eine Assistentenstelle an der
Technischen Universitat Warschaus
bei Sosnowski und spater bei Tołwi?ski inne. Wahrend seiner Arbeit an einem neuen Stadtentwicklungskonzept lernte Chmielewski den etwa gleich alten
CIAM
-Vertreter
Szymon Syrkus
kennen. Gemeinsam stellten die beiden Stadtplaner das Projekt ?Warszawa funkcjonalna“ (polnisch:
Funktionelles Warschau
) im Jahr 1934 bei der CIRPAC-Gruppe in London vor.
Im Jahr 1936 ubernahm Chmielewski die Leitung des Warschauer Regionalplanungsburos. Gemeinsam mit
Bohdan Pniewski
wurde das Projekt
Dzielnica Marszałka Piłsudskiego (DMP, Stadtviertel des Marschall Piłsudski)
erarbeitet, welches jedoch nicht realisiert wurde. Spater entstand unter Chmielewski das Modell
Warszawski Zespoł Miejski (WZM)
, das die dichtbevolkerte Innenstadt auflockern soll. Nach Beginn des
Zweiten Weltkriegs
und der folgenden
Besatzungszeit
konnte Chmielewski, obwohl noch immer beim Magistrat der Stadt angestellt, nicht mehr planerisch tatig werden. Bei privaten, oftmals geheimen Treffen von polnischen Stadtplanern entstand in der Zeit die Idee, die
Ulica Marszałkowska
zu verbreitern und als zentrale Nord-Sud-Achse der Stadt auszubauen. Außerdem war er im Buro ?PAU“ von Szymon und
Helena Syrkus
tatig.
Ende des Jahres 1942 wurde Chmielewski bei einer Straßenrazzia verhaftet. Er wurde in das
Konzentrationslager Majdanek
eingeliefert, konnte jedoch im Fruhjahr 1943 von Freunden freigekauft werden. Wieder nach Warschau zuruckgekehrt, promovierte er im Untergrund. Wahrend des Krieges trat er in die
Polnische Arbeiterpartei PPR
ein und arbeitete ab 1944 fur den bei der
Lubliner Regierung
tatigen, spateren Politiker Michał Kaczorowski.
Kurz nachdem die Deutschen Warschau verlassen hatten, trat Chmielewski als Leiter der Stadtebauabteilung in das neugegrundete
Buro zum Wiederaufbau der Hauptstadt BOS
ein. Seine fruheren Uberlegungen zum WZM waren nun die Basis der Neuplanung und des Wiederaufbaus. Im Juni 1945 ubernahm er das ebenfalls neugebildete
Staatliche Hauptamt fur Raumplanung
(polnisch:
Glowny Urz?d Planowania Przestrzennego GUPP
), das sich mit der Landesplanung fur ganz Polen beschaftigte.
Ab 1947 war er Leiter des
Lehrstuhles fur Raumplanung
an der Technischen Universitat in Warschau; 1949 wurde er dort zum Professor ernannt. Kurze Zeit spater wurde von den neuen Machthabern zunachst das GUSS und in Folge auch Chmielewskis Lehrstuhl liquidiert. Mit Gleichgesinnten grundete der jetzt isolierte und einflusslose Stadtplaner das
Buro fur Grundsatzfragen der Raumplanung
(polnisch:
Pracownia Podstawowych Zagadnie? Planowania Przestrzennego
). Diese Gruppe beschaftigte sich von 1958 bis 1962 mit planerischen Uberlegungen, die uber das Stadtgebiet Warschaus hinausreichten. Ab 1962 arbeitete Chmielewski dann wieder an der Warschauer TU, er betreute das
Institut fur Grundsatzfragen in Architektur, Stadtplanung und Bauwesen
(polnisch:
Zakład Podstawowych Problemow Architektury, Urbanistyki i Budownictwa
) und wurde 1965 ? ein Jahr vor seiner Pensionierung ? erneut zum ordentlichen Professor ernannt.
- Niels Gutschow, Barbara Klain,
Vernichtung und Utopie. Stadtplanung Warschau 1939-1945
, Junius-Verlag,
ISBN 3-88506-223-2
, Hamburg 1994, S. 151 ff.
- ↑
Oskar Sosnowski (1880?1939) war ein polnischer Architekt und Denkmalschutzer.
- ↑
Rudolf ?wierczy?ski (1883?1943) war ein polnischer Architekt und Hochschullehrer.