Jahresuberschuss

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Der Jahresuberschuss ist im Rechnungswesen die sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung ergebende positive Differenz aus Ertragen und Aufwendungen einer Rechnungsperiode . Ein negativer Jahresuberschuss heißt Jahresfehlbetrag . Beide Erfolgsgroßen werden auch unter dem neutralen Begriff Jahresergebnis zusammengefasst. Der Jahresuberschuss ist ein Gewinn nach Steuern , der an die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft ausgeschuttet oder thesauriert werden kann. Personengesellschaften ermitteln keinen Jahresuberschuss, sondern einen Gewinn, den die Gesellschafter individuell versteuern.

Allgemeines [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Gewinnerzielungsabsicht der Kaufleute wird durch den Jahresuberschuss verwirklicht. Zur Ermittlung des Jahresuberschusses wird gesetzlich verlangt, dass der Kaufmann am Schluss des Geschaftsjahres ( Bilanzstichtag ) die Aufwendungen und Ertrage in einer Gewinn- und Verlustrechnung gegenuberzustellen hat ( § 242 Abs. 2 HGB ). Aus dieser Gegenuberstellung ergibt sich der Jahresuberschuss:

.

Ubersteigen die Aufwendungen die Ertrage, ist der Jahresuberschuss negativ. In diesem Fall spricht man von einem Jahresfehlbetrag :

.

Die Gliederungsvorschriften des § 275 Abs. 2 HGB ( Gesamtkostenverfahren ) und Abs. 3 HGB ( Umsatzkostenverfahren ) sehen den Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag als abschließende Differenz aller Aufwendungen und Ertrage vor und schreiben diese Pflichtposition [1] zwingend als Nr. 17 bzw. Nr. 16 der Gewinn- und Verlustrechnung vor. Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag bilden den Endpunkt der Gewinn- und Verlustrechnung. [2]

Ermittlung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ermittlung des Jahresüberschuss
Ermittlung des Jahresuberschuss [3]

Ausgehend von den Umsatzerlosen werden alle erfolgswirksamen betrieblichen (?ordentlichen“) und außerordentlichen Aufwands- und Ertragspositionen nach der HGB-Gliederungsvorschrift in einer Summenrechnung mit Zwischenergebnissen zusammengefasst. Diese beinhaltet sowohl das Betriebs - als auch das Finanzergebnis sowie Auswirkungen von Steuern auf Einkommen und Ertrag. Letzte Positionen der Gliederung sind die sonstigen Steuern , denen als abschließender Summenposten der Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag unmittelbar folgt.

Der Jahresuberschuss nach § 275 Abs. 2 Nr. 17 HGB geht vom - gesetzlich nicht mehr vorgesehenen - Betriebsergebnis aus und berucksichtigt danach das Finanzergebnis und sodann die Positionen Nr. 14 Steuern vom Einkommen und Ertrag und Nr. 16 sonstige Steuern (in Klammern die Nummer der Position nach § 275 Abs. 2 HGB):

    Betriebsergebnis
  
    +/- 
Finanzergebnis
 (7, 9-13)
    = 
Gewinn vor Steuern

    - 
Steuern vom Einkommen und Ertrag
 (14)
    = Ergebnis nach Steuern (15)
    - 
sonstige Steuern
 (16)
    = Jahresuberschuss/
Jahresfehlbetrag
 (17)

Das Ergebnis nach Steuern erfasst also nur die Ertragsteuern , wahrend die sonstigen Steuern ( Kostensteuern ) erst danach berucksichtigt werden und letztlich zum Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag fuhren. Zudem sind Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag eine Bilanzposition im Eigenkapital nach § 266 Abs. 3 A Nr. V HGB, die sich als Jahresuberschuss eigenkapitalerhohend oder als Jahresfehlbetrag eigenkapitalmindernd auswirkt.

Verwendung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Gewinnverwendung ist nur fur Kapitalgesellschaften umfassend gesetzlich geregelt (in Klammern die Nummer der Position nach § 158 Abs. 1 AktG ):

   Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag
   + 
Gewinnvortrag
 aus dem Vorjahr (1) oder
   - 
Verlustvortrag
 aus dem Vorjahr (1)
   + 
Entnahmen
 aus der 
Kapitalrucklage
 (2)
   + Entnahmen aus 
Gewinnrucklagen
 (3)
   - Einstellungen in Gewinnrucklagen (4)
   = 
Bilanzgewinn
/Bilanzverlust (5)

Aktiengesellschaften mussen solange einen Teil ihres Jahresuberschusses zunachst in die gesetzliche Rucklage einstellen, bis diese 10 % des Grundkapitals erreicht hat ( § 150 AktG). Der verbliebene Uberschuss wird entweder in freiwillige Rucklagen eingestellt, als Gewinnvortrag in die Folgeperiode ubernommen oder an die Aktionare ausgeschuttet. Bei Aktiengesellschaften durfen Vorstand und Aufsichtsrat bis zu 50 % des Jahresuberschusses ohne Zustimmung der Hauptversammlung vorab in andere Gewinnrucklagen einstellen.

Der Jahresfehlbetrag kann nicht ?verwendet“ werden. Jedoch ist es moglich, einen Jahresfehlbetrag durch den Gewinnvortrag des Vorjahres und durch Entnahme aus den Rucklagen abzudecken und sogar in einen Bilanzgewinn zu verwandeln, beispielsweise um trotz eines negativen Ergebnisses eine Ausschuttung vornehmen zu konnen. Im Konzern ist zudem der Verlustausgleich durch Gewinnabfuhrungsvertrage moglich. Ohne diese Gegensteuerung vermindert der Jahresfehlbetrag das Eigenkapital.

Bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen ist die Gewinnverwendung im Handelsrecht nur fragmentarisch geregelt. Nach § 122 Abs. 1 HGB kann jeder Gesellschafter auf seinen Kapitalanteil eine Verzinsung von 4 % aus dem Gewinn als Gewinnentnahme verlangen, wahrend der einbehaltene Gewinn direkt den Kapitalkonten der Gesellschafter gutgeschrieben wird. Diese handelsrechtliche Regelung hat in der Praxis kaum Bedeutung, weil die Gewinnverteilung ublicherweise im Gesellschaftsvertrag geregelt ist. [4] Die Gesellschafter bestimmen daher unmittelbar und ausschließlich uber die Gewinnverwendung, denn es gibt ansonsten kein Organ , das wie die Haupt- oder Gesellschafterversammlung bei den Kapitalgesellschaften hieruber zu beschließen hat. Sie geschieht uber Entnahmen (auch Steuerentnahmen ), wahrend ein Verzicht hierauf zur Selbstfinanzierung fuhrt (bei Kapitalgesellschaften: ?Einstellungen in Gewinnrucklagen“). [5]

Kennzahlen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag ist im Rahmen der Bilanzanalyse Bestandteil von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen . Der Jahresuberschuss gehort mit zu den Hauptzielen der Bilanzpolitik . So kann beispielsweise das Jahresergebnis durch den Verkauf von Vermogensgegenstanden und die Auflosung stiller Reserven verbessert werden. Um diese Sondereffekte bei der Bilanzanalyse auszuschließen, kann der bereinigte Jahresuberschuss ermittelt werden. Weitere betriebswirtschaftliche Kennzahlen, die auf dem Jahresergebnis aufbauen ( EBIT , EBTA , EBITA und EBITDA ), rechnen außerdem zu Analysezwecken die Effekte der Besteuerung, der Zinsen und der Abschreibungen heraus.

Die Cashflow-Rentabilitat soll Aussagen daruber machen, wie hoch der Anteil der umsatzbedingten Einnahmeuberschusse am eingesetzten Gesamtkapital eines Unternehmens ist:

Um zu ermitteln, ob und wie sich der Einsatz des Eigenkapitals gelohnt hat, wird er dieser Position gegenubergestellt:

Mit der Kennzahl der Eigenkapitalrentabilitat misst der Unternehmer die Verzinsung des von ihm eingesetzten Eigenkapitals.

Gewinn nach Steuern [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Gewinn nach Steuern (Nachsteuergewinn; englisch Earnings After Taxes , EAT) bezieht sich auf den Gewinn , der nach Abzug der Ertragsteuern von einem Unternehmen erwirtschaftet wurde. Er entspricht handelsrechtlich dem Jahresuberschuss.

Allgemeines [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Unterscheidung zwischen Vorsteuer- und Nachsteuergewinn ist erforderlich, weil international der Unternehmensgewinn als Einkunftsart einer unterschiedlichen Besteuerung unterliegt (in Deutschland: Gewinneinkunfte ). Da die Gewinnbesteuerung weltweit erhebliche Unterschiede aufweist, macht es Sinn, bei Betriebsvergleichen die Vorsteuergewinne einander gegenuberzustellen, denn Steuern sind als Datenparameter durch die Unternehmen nicht beeinflussbar. Da aber nur der Gewinn nach Steuern zur Verwendung und Verteilung (Ausschuttung etwa in Form von Dividenden oder Einbehalt als Gewinnthesaurierung) zur Verfugung steht, stellt er ebenfalls eine wichtige Kennzahl dar.

Kennzahl [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Insbesondere bei der Analyse der Gewinnverwendung kommt der Gewinn nach Steuern zum Einsatz. Ein Unternehmen wird dann ein hohes Eigenkapitalwachstum erreichen, wenn sein Gewinn nach Steuern besonders hoch ausfallt. Er wird einerseits eine hohe Gewinnthesaurierung ermoglichen und andererseits durch hohe Ausschuttungen (Dividenden) auch zu einer hoheren externen Kapitalerhohung beitragen konnen. [6]

Die aus internationalen Rechnungslegungsverfahren IFRS oder US-GAAP stammende Kennzahl EAT steht fur das Jahresergebnis nach Steuern und ist mit der Kennzahl Gewinn nach Steuern identisch:

Anwendung in Controlling und Finanzanalyse [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Gegensatz zum Gewinn vor Steuern ist der Gewinn nach Steuern aufgrund seiner Abhangigkeit von Steuereffekten (wie zum Beispiel Steuernachzahlungen oder der Steuerminderung durch Verlustvortrage ) eher ungeeignet fur den Vergleich des Gewinns verschiedener Rechnungsperioden oder Unternehmen. Durch diese Abhangigkeit von der allgemeinen Steuersituation ist der Gewinn nach Steuern im Verhaltnis zum Umsatz ? nur bedingt ? ein Instrument zur Messung der Rentabilitat eines Unternehmens.

Abgrenzung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Gewinn/Verlust ist dann nicht mit dem Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag identisch, wenn das bilanzierende Unternehmen den Jahresuberschuss als Tochterunternehmen an die Muttergesellschaft abfuhren muss oder von ihr einen Jahresfehlbetrag ausgeglichen bekommt. Diese Ertrage oder Aufwendungen aus Gewinnabfuhrungsvertragen mussen irrefuhrenderweise in einer Position vor dem Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag ausgewiesen werden ( § 277 Abs. 3 HGB), [7] fuhren jedoch keinesfalls zur wirtschaftlich korrekten Darstellung von Jahresuberschuss/Jahresfehlbetrag bei der Tochtergesellschaft. Gewinnabfuhrungsvertrage sorgen in der Regel dafur, dass der Bilanzgewinn ?Null“ ist. In Wirklichkeit hat das Unternehmen jedoch Gewinne/Verluste erwirtschaftet, die von der Muttergesellschaft abgeschopft wurden. Das geschieht uber die ?Aufwendungen aus abgefuhrten Gewinnen“ und ?Ertrage aus Verlustubernahmen“, die nach § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB gesondert auszuweisen sind. Sie bilden den Korrekturposten fur die tatsachlich entstandenen Gewinne/Verluste.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Adolf G. Coenenberg , A. Haller, W. Schultze: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse: Betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche, steuerrechtliche und internationale Grundsatze ? HGB, IFRS, US-GAAP, DRS. 21. Aufl., Stuttgart 2009, ISBN 978-3791027708 .
  • Rudolf Heno: Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IFRS). 6. Aufl., 2009, ISBN 978-3790823769 .
  • Gunter Wohe , Aufsatz: Der Jahresabschluss. In: Einfuhrung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre. 24. Aufl., Munchen 2010. ISBN 978-3800637959 .

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Helmut Geyer/Bernd Ahrend, Crashkurs BWL , 2009, S. 200
  2. Helmut Weber, Rentabilitat, Produktivitat und Liquiditat , 1998, S. 28
  3. Robin Gey: Was ist Gewinn? - Junger Anleger Borsenwissen. Marquis Media GmbH, 13. April 2022, abgerufen am 13. April 2022 .
  4. Ulrich Pape, Grundlagen der Finanzierung und Investition , 2015, S. 228
  5. Horst Albach/Egbert Eymann/Alfred Luhmer/Marion Steven, Die Theorie der Unternehmung in Forschung und Praxis , 1999, S. 762
  6. Henner Schierenbeck/Michael Lister, Value Controlling: Grundlagen Wertorientierter Unternehmensfuhrung , 2002, S. 154 f.
  7. Hartmut Weber, Rentabilitat, Produktivitat und Liquiditat , 1998, S. 29