Jorg Arnold

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Jorg Arnold (* 28. Mai 1957 in Radebeul ) ist ein deutscher Jurist, der als Strafrechtswissenschaftler und Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut fur auslandisches und internationales Strafrecht in Freiburg arbeitet und fruher als Richter beim Obersten Gericht der DDR tatig war. Arnold war seit 1984 Inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit .

Nach Besuch der Erweiterten Oberschule arbeitete Arnold als Justizwachtmeister in Dresden . Anschließend studierte er bis 1981 an der Humboldt-Universitat zu Berlin Rechtswissenschaften . Im gleichen Jahr kehrte Arnold nach Sachsen zuruck und fungierte dort als Richterassistent an Kreisgerichten ? zunachst in Dresden, spater in Zittau, wo er 1982 schließlich zum Richter gewahlt wurde. 1985 gelangte er an das Oberste Gericht der DDR in Berlin und wurde im 2. Strafsenat eingesetzt. Von 1987 bis 1989 war Arnold als wissenschaftlicher Mitarbeiter an diesem Gericht tatig. 1989 wechselte er als Oberassistent an die Humboldt-Universitat, wo er 1986 mit einer Arbeit uber einen Aspekt des bundesdeutschen Strafrechts promoviert worden war (?Dissertation A“) und sich 1989 auch habilitierte (?Dissertation B“). [1] 1994 wurde er dort zum Privatdozenten ernannt. [2]

Seit 1991 ist Arnold am Max-Planck-Institut fur auslandisches und internationales Strafrecht in Freiburg im Breisgau tatig, seit 1995 als Forschungsgruppenleiter. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehoren europaisches Strafrecht , strafrechtswissenschaftliche Grundlagenforschung und juristische Zeitgeschichte. [2] Arnold beschaftigt sich vor allem mit dem sog. Transitionsstrafrecht , also mit der strafrechtlichen Bewaltigung von Systemunrecht. Von Arnold liegen zahlreiche Veroffentlichungen vor. Er ist einer der Herausgeber des ?wohl wichtigsten“ [3] Projektes des Instituts, des vielbandigen Werkes Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht. Arnold beteiligte sich 2005 ? neben Egon Krenz , Werner Großmann , Karli Coburger und anderen ? an einer Festschrift fur Erich Buchholz . [4] Im Rahmen seiner Veroffentlichungen kritisierte Arnold die Verurteilung von DDR-Richtern wegen Rechtsbeugung ? etwa durch die Strafverfolgung Robert Havemanns ? durch bundesdeutsche Gerichte und die Bestatigung dieser Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht . Er bezeichnete diese Praxis als politisch sanktioniertes Strafrecht und als Feindstrafrecht. [5]

2005 wurde Arnold zum Honorarprofessor an der Westfalischen Wilhelms-Universitat in Munster ernannt. Er ist als Rechtsanwalt zugelassen, seine Kanzlei befindet sich in Pfaffenweiler . [6] Arnold ist Mitglied im Vorstand des Republikanischen Anwaltinnen- und Anwaltevereins . [7]

Arnold war seit 1975 Mitglied der SED .

Tatigkeit fur das Ministerium fur Staatssicherheit

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Jahr 2013 wurde offentlich bekannt, dass Arnold sich 1984 als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) zu einer Tatigkeit fur das Ministerium fur Staatssicherheit der DDR verpflichtet hatte. Arnold berichtete seinem Fuhrungsoffizier laut den vorliegenden Gesprachsprotokollen uber aufkeimende kritische Diskussionen innerhalb des Obersten Gerichts und uber die Einfuhrung einer rudimentaren Verwaltungsgerichtsbarkeit Ende der 1980er Jahre. [8] Arnold hatte die Tatigkeit 1991 bei einem Vorstellungsgesprach mit dem damaligen Direktor des Freiburger Max-Planck-Institutes, Albin Eser , offenbart. Eser sah aber keinen Anlass, bei Arnold nachzufragen: ?Er habe sich damals gar nicht gewundert uber dessen Kontakte zum Ministerium fur Staatssicherheit“. Die Zentrale der Max-Planck-Gesellschaft war uber die Vergangenheit ihres Mitarbeiters indes nicht informiert. Nach einer Entscheidung der Ethikkommission der Gesellschaft legte Arnold die Tatigkeit offen. [9]

Fur Kritik sorgte der Umstand, dass Arnold sich beim Max-Planck-Institut ?mit genau dem Thema“ beschaftigt hat, ?mit dem er sich auch als IM beschaftigt hat: der DDR-Justiz“. Arnold habe die Aufarbeitung des DDR-Unrechts durch die bundesdeutsche Justiz jahrelang scharf kritisiert und in einem gleichnamigen Buch die Normalitat des Strafrechts in der DDR ?erfunden“, obwohl er zuvor als IM die Unabhangigkeit der Justiz untergraben habe. Ungewollt reprasentiere Arnold mit seiner Vergangenheit selbst die ?Normalitat des DDR-Strafrechts“. Festgestellt wird aber auch, dass Arnold in neueren Veroffentlichungen den gegen die bundesdeutsche Justiz erhobenen Vorwurf, sie habe gegenuber DDR-Burgern Siegerjustiz praktiziert, zuruckweist. [8]

Werke (Auswahl)

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  • Zum Wesen von Strafzumessungstheorien der BRD. In: Durchsetzungsprobleme des Volkerrechts. Kriminalitat, Strafrecht und Kriminologie im Imperialismus (Wissenschaftliche Schriftenreihe der Humboldt-Universitat zu Berlin). Humboldt-Universitat zu Berlin, Berlin 1983, S. 149?163.
  • Strafzumessung bei jugendlichen Ersttatern, dargestellt am Ausspruch und der Ausgestaltung der Verurteilung auf Bewahrung bei Eigentumsstraftaten und unbefugter Benutzung von Fahrzeugen. Dissertation A, Humboldt-Universitat zu Berlin 1986 (unveroffentlicht).
  • Die Kassation im Strafverfahren der DDR. Dissertation B, Humboldt-Universitat zu Berlin 1989 (unveroffentlicht).
  • Das Oberste Gericht und seine Reprasentanten. In: Autorenkollektiv unter der Leitung von Gunter Sarge : Das Oberste Gericht der DDR. Rechtsprechung im Dienste des Volkes. Staatsverlag der DDR, Berlin 1989, ISBN 3-329-00509-2 , S. 15?48.
  • Landesbericht Deutsche Demokratische Republik. In: Albin Eser, Barbara Huber: Strafrechtsentwicklung in Europa 4. Teil 1: Landesberichte 1989/92 uber Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur. Ed. iuscrim, Max-Planck-Institut fur Auslandisches und Internationales Strafrecht, Freiburg im Breisgau 1993, ISBN 3-86113-994-4 , S. 309?339.
  • Die Normalitat des Strafrechts in der DDR. Band 2: Die gerichtliche Uberprufung von Gestandnis und Gestandniswiderruf im Strafverfahren. Ed. iuscrim, Max-Planck-Institut fur Auslandisches und Internationales Strafrecht, Freiburg im Breisgau 1996, ISBN 3-86113-978-2 .
  • Kriminelle Vereinigung und organisierte Kriminalitat. In: Vincenzo Militello: Organisierte Kriminalitat als transnationales Phanomen : Erscheinungsformen, Pravention und Repression in Italien, Deutschland und Spanien. Ed. iuscrim, Max-Planck-Institut fur Auslandisches und Internationales Strafrecht, Freiburg im Breisgau 2000, ISBN 3-86113-927-8 , S. 87?178.
  • Wie die Politik das Recht opfert. Deutschland hilft beim verbotenen Angriffskrieg. In: Kai Ambos , Jorg Arnold: Der Irak-Krieg und das Volkerrecht. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-8305-0559-0 , S. 182?186.
  • Karl Marx und das Holzdiebstahlsgesetz. In: Jorg Arnold u. a.: Menschengerechtes Strafrecht. Festschrift fur Albin Eser zum 70. Geburtstag. Verlag C. H. Beck , Munchen 2005, ISBN 3-406-52462-1 , S. 25?48.
  • ?Tater mit gutem Gewissen.“ Impulse einer moralphilosophischen Untersuchung uber die DDR-Vergangenheit. In: Matthias Mahlmann : Gesellschaft und Gerechtigkeit. Festschrift fur Hubert Rottleuthner. Nomos Verlag , Baden-Baden 2011, ISBN 978-3-8329-6167-1 , S. 439?457.
  • Transitionsstrafrecht und Vergangenheitspolitik. In: Albin Eser, Ulrich Sieber, Jorg Arnold: Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht. Teilband 14. Duncker & Humblot , Berlin 2012, ISBN 978-3-428-13678-0 (gemeinsam mit Albin Eser).
  • gemeinsam mit Volker Eick (Hrsg.): 40 Jahre RAV. Im Kampf um die freie Advokatur und um ein demokratisches Recht . Westfalisches Dampfboot, Munster 2019, ISBN 978-3-89691-264-0 .
  • Prof. Dr. Jorg Arnold auf der Homepage des Max-Planck-Institutes fur auslandisches und internationales Strafrecht (abgerufen am 30. Mai 2013).

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Ministerium fur Staatssicherheit: Auskunftsbericht zu Jorg Arnold, auszugsweise wiedergegeben bei Sven Felix Kellerhoff : Freiburger Strafrechts-Professor war Stasi-Spitzel. In: Die Welt vom 11. April 2013 (abgerufen am 30. Mai 2013).
  2. a b Prof. Dr. Jorg Arnold ( Memento vom 18. Marz 2014 im Internet Archive ) auf der Homepage des Max-Planck-Institutes fur auslandisches und internationales Strafrecht (abgerufen am 30. Mai 2013).
  3. Sven Felix Kellerhoff: Freiburger Strafrechts-Professor war Stasi-Spitzel (abgerufen am 30. Mai 2013).
  4. Kai Homilius Verlag : Festschrift fur Erich Buchholz ( Memento vom 18. Marz 2014 im Internet Archive ) (abgerufen am 30. Mai 2013).
  5. Jorg Arnold: Bundesverfassungsgericht contra Einigungsvertrag. Der ?Mauerschutzenbeschluß“ auf strafrechtlichem Prufstand. In: Neue Justiz 1997, S. 115?121, hier S. 120.
  6. Bundesrechtsanwaltskammer: Bundesweites Amtliches Anwaltsverzeichnis. (abgerufen am 30. Mai 2013).
  7. Republikanischer Anwaltinnen- und Anwalteverein: Homepage (abgerufen am 31. Mai 2013).
  8. a b Christian Booß: Der Vertreter der ?Normalitat des DDR-Strafrechts“. In: Horch und Guck ? Zeitschrift zur kritischen Aufarbeitung der SED-Diktatur. Heft 1/2013, S. 70?71.
  9. Wulf Ruskamp: DDR-Experte des Max-Planck-Instituts war bei der Stasi. In: Badische Zeitung vom 3. Mai 2013 (abgerufen am 30. Mai 2013).