Isidor von Kiew
(* zwischen 1380 und 1390 in
Thessaloniki
[1]
,
Byzantinisches Reich
; †
27. April
1463
in
Rom
,
Kirchenstaat
) bzw.
Isidoros
, in Sud- und Westeuropa auch bekannt als
Isidor von Thessaloniki
, war ein griechischer
Bischof
, Gelehrter und Kirchenpolitiker im 15. Jahrhundert sowie Anhanger der
Kirchenunion
von Florenz und
Kardinal
.
Als Isidor gegen Ende des 14. Jahrhunderts geboren wurde, stand seine Geburtsstadt Thessaloniki bereits erstmals kurzzeitig unter Herrschaft der
osmanischen Turken
(1387?1391, 1394?1402, endgultig 1430?1912). Der Sohn griechischer oder hellenisierter bulgarischer Eltern erhielt eine umfassende klassische Ausbildung in Konstantinopel, wurde Priestermonch und 1433?1436 Abt des Konstantinopler Demetriosklosters. 1434 wurde er als Mitglied und Sprecher einer griechischen Gesandtschaft von Kaiser
Johannes VIII.
zum
Konzil von Basel
gesandt, um die Union mit den Lateinern vorzubereiten und die Unterstutzung des Abendlandes im Kampf gegen die Turken zu gewinnen.
1437 wurde Isidor vom Okumenischen Patriarchen
Joseph II.
zum
Metropoliten
von
Kiew
und ganz
Russland
bestimmt (mit Sitz in
Moskau
). Sein 1437 unterlegener Gegenkandidat war der vom Großfursten
Wassili II.
geforderte Russe Jona, Bischof von
Rjasan
(ab 1448 Metropolit von Moskau). Isidor trat sein Amt in Moskau am 2. April 1437 an. Schon am 8. September 1437 reiste er ab, um am Konzil von
Ferrara-Florenz
teilzunehmen. Mit Kaiser Johannes VIII., Patriarch Joseph II., zahlreichen orthodoxen Bischofen, darunter Metropolit
Bessarion von Nikaia
, einer griechischen und einer von Isidor geleiteten russischen Delegation nahm der Metropolit 1438 an den Arbeiten des Konzils teil. Dort entzweite er sich bald mit seinen russischen Reisebegleitern wegen seiner Parteinahme fur die vom byzantinischen Kaiser gewunschte und herbeigefuhrte Kirchenunion, die schließlich vom
nach Florenz umgezogenen Konzil
am 5. Juli 1439 unterzeichnet und am folgenden Tag proklamiert wurde. Isidors Achtung auch gegenuber der lateinischen Kultur und der romischen Kirche fand keine Mehrheit unter orthodoxen griechischen oder slawischen Glaubigen. Im Westen lehnten die Anhanger des Konzils von Basel (tatig bis 1449), darunter die katholischen Bischofe in Polen-Litauen, die Florentiner Union ab.
Papst
Eugen IV.
ernannte Isidor am 17. August 1439 zum
Legaten a latere
fur Litauen, Livland, Polen und ganz Russland. Im Konsistorium vom 18. Dezember 1439 erhob er Isidor schließlich zum
Kardinal
der romischen Kirche. Von Budapest aus schrieb Isidor als papstlicher Legat 1440 eine Botschaft an Russen, Serben und Wallachen zugunsten der Union von Florenz, die auf dem Prinzip der Gleichheit zwischen lateinischem und griechischem Glauben und Ritus beruhe und sie auch verwirklichen solle. Im westlichen Teil der russischen Metropolie, auch in Kiew, fuhrte Isidor die Union nicht ohne Widerstande ein.
[2]
Bei seiner Ankunft (19. Marz 1441) in Moskau proklamierte er im
Kreml
die Kirchenunion, wurde daraufhin vom Großfursten
Wassili II.
als Metropolit abgesetzt und ins Gefangnis gesteckt, durfte aber am 15. September 1441 fliehen, wurde in
Twer
erneut fur einige Monate inhaftiert und konnte nach zwischenzeitlichem Wirken in Polen 1443 Rom erreichen. Schon im August 1443 sandte ihn Papst
Nikolaus V.
als Legat fur Griechen und Slawen erneut in den Osten. In Konstantinopel nahm Isidor am 12. Dezember 1452 an der aufwendigen liturgischen Proklamation der Kirchenunion in der Hagia Sophia teil und sodann 1453 auch an der militarischen Verteidigung der Stadt gegen die osmanische Belagerung.
Isidor war der letzte griechische Metropolit im
Großfurstentum Moskau
, das kirchlich ab 1448, mit der Bestellung des Russen
Jona
zum neuen Metropoliten, vom Patriarchat in Konstantinopel unabhangige Wege ging. Im polnisch-litauischen Anteil der traditionellen Kiewer Metropolie amtierten von Konstantinopel beauftragte ?Metropoliten von Kiew und Ganz Russland“ noch langere Zeit, so 1459 bis 1472 der Isidor-Schuler Gregorios, zuvor Abt des Demetriosklosters in Konstantinopel, und 1633?1647
Petro Mohyla
.
Nach dem Fall Konstantinopels 1453 konnte Isidor, angeblich durch Kleidertausch, der Gefangennahme entkommen und nach Rom zuruckkehren. Bereits 1451 war er von Papst Nikolaus zum
Kardinalbischof von Sabina
ernannt worden. Von 1451 bis 1457 fungierte er kirchenrechtlich zugleich als Administrator der russischen Metropolie. Papst
Pius II.
erhob ihn 1459/60 zum lateinischen
Erzbischof
von
Korfu
und Negroponte sowie als Nachfolger des
Gregor III. Mammas
zum griechisch-katholischen (Exil-)Patriarchen von Konstantinopel (nicht zu verwechseln mit den
lateinischen Patriarchen
gleichen Titels). Isidor starb am 23. April 1463. Im eroberten Konstantinopel hatten die Turken bereits ab
Gennadios Scholarios
(im Amt 1454 bis 1456) Gegner der Union von Florenz als Okumenische Patriarchen eingesetzt. Gesamtkirchlich gesehen, verlosch die von Isidor geforderte Union in den Jahren 1470 bis 1500.
- Giovanni Mercati
:
Scritti d’Isidore il Cardinale Ruteno, e codici a lui appartenuti che si conservano nella biblioteca apostolica Vaticana (Studi e Testi 46)
(Studi e Testi 46). BAV, Rom 1926.
- Otto Kresten
:
Eine Sammlung von Konzilsakten aus dem Besitze des Kardinals Isidors von Kiew
(Osterreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse. Denkschriften, Band 123). Wien 1976.
- Luigi Silvano:
Per l’epistolario di Isidoro di Kiev (II): la lettera al Doge Francesco Foscari dell’8 luglio 1453
. In:
Orientalia Christiana Periodica
84 (2018) 99?132.
- ↑
Nach anderen auf der
Peloponnes
, naherhin in
Monembasia
.
- ↑
V. Pryymych:
Unionsgesprache bei den Konzilien des 15. Jh.
Regensburg 2018, 221-231.