Die
iranischen
Prasidentschaftswahlen 2009
fanden am 12. Juni 2009 statt. Wahlberechtigt waren 46,2 Millionen Iraner ab 18 Jahren. Die iranische Wahlbehorde gab am spaten Nachmittag des darauffolgenden Tages Amtsinhaber
Mahmud Ahmadineschad
als Sieger bekannt. Demzufolge waren 62,6 Prozent der Wahlerstimmen auf ihn entfallen, wahrend sein starkster Widersacher,
Mir Hossein Mussawi
, 33,8 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte.
[1]
Mussawi außerte den
Verdacht der Wahlfalschung
und lehnt daher das Wahlergebnis ab.
Proteste gegen das offizielle Wahlergebnis
wurden von den sogenannten
Ordnungskraften des Iran
blutig niedergeschlagen. Die EU-Ratsprasidentschaft und die USA fordern eine Prufung der Manipulationsvorwurfe und außerten sich beunruhigt uber die Gewalt nach Veroffentlichung der Ergebnisse.
[2]
[3]
Aufgrund der andauernden Proteste ordnete der
Wachterrat
an, einen Teil der Stimmen neu zu zahlen. Dabei geht es um die Stimmzettel aus den ca. 50.000 Wahlurnen, die ?Gegenstand von Einwanden“ seien. Am 20. Juni verkundete der Wachterrat, zehn Prozent der Stimmen per Zufallsprinzip, in Anwesenheit von Vertretern der drei unterlegenen Kandidaten, neu auszahlen zu lassen.
[4]
Dem obersten legislativen Organ der Islamischen Republik lagen insgesamt 646 Beanstandungen der drei laut offiziellem Ergebnis unterlegenen Kandidaten vor. Neuwahlen hat das 12-kopfige Gremium ausgeschlossen.
[5]
Am 22. Juni erklarte der Sprecher des Wachterrats, Abbas Ali Kadkhodaei, dass es keine Aufzeichnungen uber großere Unregelmaßigkeiten bei der Wahl gegeben habe und daher bestehe nach Ansicht des Gremiums keine Moglichkeit, die Wahl zu annullieren.
[6]
Am 29. Juni erklarte der Wachterrat, nachdem er zuvor knapp zehn Prozent der abgegebenen Stimmen hatte neu auszahlen lassen, Mahmud Ahmadineschad offiziell zum Sieger der Wahl.
[7]
Internationale
Wahlbeobachter
waren im Iran nicht zugelassen.
[3]
Der ehemalige iranische Prasident
Mohammed Chatami
war lange Zeit ein aussichtsreicher Kandidat aus dem reformerischen Lager. Am 16. Marz 2009 erklarte er jedoch uberraschend, er werde seine Kandidatur zuruckziehen und stattdessen den gemaßigten Kandidaten
Mir Hussein Mussawi
unterstutzen. Chatami lag nach einer Umfrage aus dem Marz 2009 mit 51,7 % weit vor dem amtierenden Prasidenten Mahmud Ahmadineschad mit 15,1 %. Er selbst begrundete seinen Verzicht damit, die regierungskritische Wahlerschaft nicht spalten zu wollen.
[8]
[9]
Die beiden großten reformerischen Organisationen, die
Partizipationsfront des islamischen Iran
und die
Organisation der Mudschahedin der Islamischen Revolution
bekundeten daraufhin ebenfalls ihre Unterstutzung Mussawis.
Insgesamt ließen sich 475 Personen als Bewerber auf das Prasidentenamt registrieren, darunter 42 Frauen.
[10]
[11]
Der
Wachterrat
, ein geistliches Kontrollgremium, welches vom Staatsoberhaupt und Revolutionsfuhrer Seyyed Ali Chamene'i gesteuert wird, uberprufte, wie bei Wahlen im Iran vorgeschrieben, nach Artikel 115 der Iranischen Verfassung alle Kandidaten unter anderem auf ihre Zuverlassigkeit, Eignung und Unbescholtenheit sowie auf ihre Konformitat mit den Zielen der islamischen Republik Iran. Kein zugelassener Kandidat durfte einer Trennung von Staat und Religion zustimmen. Am 20. Mai 2009 ließ der Wachterrat vier Kandidaten offiziell zur Wahl zu.
[12]
[13]
Drei Wochen vor der Wahl untersagten die iranischen Behorden fur drei Tage den Zugriff auf das Online-Netzwerk
Facebook
, das uberwiegend die Anhanger von Mir Hossein Mussawi genutzt hatten, um seine Ansichten zu verbreiten.
[14]
[15]
Auch die Unterstutzer Ahmadineschads versuchten, uber das Internet und spezielle
Blogs
die Wahler zu erreichen, allerdings mit eher maßigem Erfolg.
[16]
Die Islamisierung der Gesellschaft, Kleiderordnungspflicht fur Frauen, erhebliche Einschnitte der Presse- und Meinungsfreiheit, sowie diplomatische Konfrontationen im
Atomstreit
, einer fortwahrenden Konfrontation mit Israel, den USA unter
George W. Bush
und Europa (
Holocaustleugnung
) wurden hier programmatische Positionen des Wahlkampfs vom Prasidentschaftskandidat Mahmud Ahmadinedschad respektive der nachfolgenden Regierung. Inflation, die wachsende Auseinanderentwicklung reicher und armer Schichten, und die außenpolitische Isolation wurden die wesentlichen Diskussionsfelder der Prasidentschaftswahlen 2009, die nach dem Ruckzug
Mohammad Ch?tamis
im Wesentlichen auf eine Konfrontation zwischen
Mahmud Ahmadineschad
und Mir Hussein Mussawi hinausliefen. Erstmals standen sich die Prasidentschaftskandidaten im Fernsehduell gegenuber und wurde der Staatsprasident Ahmadineschad vom ?Zentrum fur strategische Forschung“, das dem Schlichtungsrat unterstellt ist, scharf angegriffen. Besonders die Opposition nutzte moderne Medien wie Internet, SMS und Telefon zur Mobilisierung ihrer Anhanger, erstmals traten auch die Ehefrauen der Kandidaten, Zahra Rahnaward als Ehefrau des Kandidaten Mussawis und Fatemeh Karrubi vor die Offentlichkeit und sprachen uber Frauen betreffende Themen.
[17]
Nach dem Wahlsieg Ahmadineschads fuhrten Vorwurfe des Staatsputsches und der Wahlfalschung zu landesweiten Unruhen.
Der Amtsinhaber,
Mahmud Ahmadineschad
, stellte sich im Wahlkampf als persischer Nationalist mit stark islamischem Programm dar. Der gemaßigte Konservative
Mohsen Rezai
, der ehemalige Fuhrer der
iranischen Revolutionsgarde
, kritisierte Ahmadineschad im Vorfeld der Wahl heftig und bezeichnete seine Politik als ?Weg […] direkt in den Abgrund“. Er versprach, die ?miserable Wirtschaftspolitik“ zu andern und die ?falsche[n] Verhaltensweisen in internationalen Beziehungen“
[18]
zu korrigieren.
Der Geistliche
Mehdi Karroubi
wurde zu den Reformern gezahlt.
[19]
Er sprach sich fur gleiche Rechte fur die
Bahai
aus
[20]
und wollte im Fall seines Wahlsiegs Frauen in sein Kabinett berufen. Jeder Iraner sollte außerdem eine garantierte Leibrente von etwa 50 Euro monatlich erhalten.
[21]
Ob auch der Architekt und Kunstmaler Mir Hussein Mussawi zu den Reformern gerechnet werden durfte, war umstritten.
[22]
Der letzte Premierminister der Islamischen Republik Iran zahlte sich vor der Wahl ?sowohl zu den Reformern als auch zu den Konservativen“ und kritisierte ebenfalls die Wirtschaftspolitik Ahmadineschads.
[8]
Er stutzte sich nach eigener Aussage auf die ?Barfußigen und Habenichtse“, fur die die ?Werte der islamischen Revolution eine weitaus großere Bedeutung haben als das taglich Brot“.
[8]
Bei Wahlkampfauftritten wurde Mussawi haufig von seiner Frau
Zahra Rahnaward
begleitet, die an seiner Seite die Auflosung der islamischen Sittenpolizei und das Ende der Frauendiskriminierung im Iran forderte.
[23]
Kurz vor der Wahl wurden lediglich Ahmadineschad und Mussawi realistische Siegchancen eingeraumt.
[21]
Hatte kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht, waren die beiden Erstplatzierten zu einer
Stichwahl
angetreten, die verfassungsgemaß am 19. Juni 2009 stattgefunden hatte.
[24]
Beobachter wie der deutsch-persische Publizist
Bahman Nirumand
hatten den Wahlausgang noch Anfang Juni 2009 als ?vollig offen“ eingeschatzt.
[25]
Das klare Ergebnis bezeichneten die meisten westlichen Medien daher als ?uberraschend“.
[26]
Nach Angaben des Innenministers und Wahlleiters
Sadeq Mahsuli
lag die Wahlbeteiligung bei 85 Prozent;
[27]
sie erreichte damit einen neuen Rekord bei iranischen Prasidentschaftswahlen.
Nach Angaben der iranischen Behorden siegte Prasident Ahmadineschad in nahezu allen Provinzen. Lediglich in
West-Aserbaidschan
und
Sistan und Belutschistan
stimmten demnach mehr Menschen fur Mussawi als fur Ahmadineschad. Seine besten Ergebnisse erreichte Ahmadineschad in
Kerman
und
Semnan
mit jeweils uber 77 % der Stimmen. Geringer war die Zustimmung in den Gebieten mit
aserbaidschanischer
,
kurdischer
und
belutschischer
Bevolkerung in den nordlichen, westlichen und sudostlichen Randgebieten des Landes sowie in der Hauptstadt Teheran. Unter Beobachtern gelten v. a. die Ergebnisse in den Provinzen
Ardabil
,
Ost-Aserbaidschan
und
Lorestan
als Indizien fur eine Wahlfalschung. In der Provinz Ardabil hatte Ahmadineschad bei den Prasidentschaftswahlen 2005 lediglich 7 % der Stimmen gewinnen konnen, 2009 nach offiziellen Angaben hingegen deutlich uber 50 %. Ahnlich in Mussawis Heimatprovinz Ost-Aserbaidschan: 2005 erhielt Ahmadineschad hier 10 % der Stimmen, 2009 uber 56 %. In Lorestan erhielt Ahmadineschad 2009 angeblich knapp 71 % der Stimmen. 2005 hatte er hier mit 9 % noch eine Niederlage hinnehmen mussen, wahrend Kandidat Mehdi Karroubi in seiner Heimatprovinz mit 55 % der Stimmen triumphierte. Den amtlichen Angaben zufolge sturzte dieser 2009 auf 5 % der Stimmen ab.
[29]
Eine breite Mehrheit der in Deutschland lebenden Iraner stimmte offiziellen Angaben zufolge fur den Oppositionskandidaten Mussawi. Nach Angaben der iranischen Botschaft in
Berlin
erhielt Amtsinhaber Ahmadineschad unter den Auslandsiranern, die in Deutschland ihre Stimme abgaben, 1.246 von insgesamt 9.609 abgegebenen Stimmen, also 13 %, wahrend Herausforderer Mussawi auf 7.817 Stimmen, d. h. 81,4 % kam.
[30]
Weltweit gaben 234.812 Auslandsiraner ihre Stimme ab, davon votierten 78.300 fur Ahmadineschad, 111.792 fur Mussawi, 4.647 fur Karroubi und 3.635 fur Rezai.
[31]
Der
geistliche Fuhrer
des Iran, Seyyed Ali Chamene'i, gratulierte im iranischen Fernsehen am 13. Juni Ahmadineschad zu seinem Sieg: ?Dass 24 Millionen Iraner fur ihn gestimmt hatten, sei ein Anlass zum Feiern und eine Bestatigung fur die Republik. […] Der Wahlausgang sei ein Beweis, dass das Volk dem psychologischen Krieg des Feindes Widerstand leiste und dass es selbstandig bleibe.“ Er dankte dem Innenministerium, der Polizei und allen, die zum Wahlausgang beigetragen hatten.
[32]
Bereits vor der Wahl warnte der Vorsitzende des
Expertenrats
Ajatollah
Akbar H?schemi Rafsandsch?ni
in einem Brief an Revolutionsfuhrer Seyyed Ali Chamene'i vor Wahlfalschungen und ließ wissen: ?Morgen kann es dich treffen.“
[33]
Ebenso kursieren Dokumente aus ?anonymen Kreisen“ des Innenministeriums zu einem moglichen
Wahlbetrug
, in denen Mussawi als klarer Sieger galt.
[34]
Am 12. Juni, kurz nach 23 Uhr, letzte Wahllokale hatten noch geoffnet, verkundete die staatliche Nachrichtenagentur
IRNA
den ?erdrutschartigen“ Sieg von Ahmadineschad. Drei Stunden spater meldete das Innenministerium, 20 Millionen Stimmen seien bereits gezahlt worden und Ahmadineschad liege mit 69 Prozent weit an der Spitze.
Bahman Nirumand
bezweifelt, dass um 23 Uhr des Wahlabends uberhaupt eine Stimme ausgezahlt war, ebenso dass 5 Stunden nach Wahlschluss bereits 30 Millionen Stimmen gezahlt werden konnten.
[35]
Der Herausforderer Ahmadineschads,
Mir Hussein Mussawi
, aber auch iranische Journalisten, außerten nach Bekanntgabe des vorlaufigen Ergebnisses den Verdacht der Wahlmanipulation. Er sprach von einer ?Farce“, der er sich nicht beugen werde.
[36]
Außerdem kritisierte er die Offiziellen, deren Verhalten ?die Saulen der islamischen Republik“ gefahrde und die Tyrannei heraufbeschwore.
[37]
Als Indiz moglicher Einflussnahme durch das Innenministerium wurde gewertet, dass das Versenden von
SMS-Kurznachrichten
am Wahltag unterbunden war.
Al Jazeera
berichtete, dass Ahmadineschad in
Tabris
, der Heimatstadt Mussawis, amtlichen Angaben zufolge 57 % der Stimmen erzielt hatte. Der Sender nannte dieses Ergebnis ?außerst unwahrscheinlich“.
[38]
Karim Sadjadpour vom
Carnegie-Institut fur internationalen Frieden
verglich diese Niederlage gegenuber CNN mit einer Wahlniederlage
Barack Obamas
gegenuber
John McCain
unter den Afroamerikanern.
[39]
Dass Mehdi Karroubi als
Lure
in seiner Heimatprovinz nur von 20.000 Luren gewahlt worden sein soll, erscheint
Navid Kermani
?irreal“. ?Der Vorwurf betrifft nicht Manipulationen in einzelnen Wahllokalen. Es geht darum, dass im Innenministerium, wo die Ergebnisse zusammenliefen, die Zahlen willkurlich ausgetauscht worden sein sollen.“
[40]
Die Opposition rechnet vor, dass nach den Angaben der Wahlleitung Ahmadineschad rund 7 Millionen Stimmen mehr erzielte als bei seinem historischen Sieg 2005.
[41]
Mohammed Ali Abtahi
, der Wahlkampfleiter von Mehdi Karroubi, bezeichnet am 13. Juni die Wahl als ?riesiger Betrug“
[42]
und schreibt in seinem Blog, die Zahl der fur Karroubi abgegebenen Stimmen sei geringer als die Anzahl seiner registrierten Wahlhelfer.
[20]
Mohsen Rezai beschreibt auf seiner Webseite konkret den Vorwurf der Wahlmanipulation anhand zweier Ausschnitte des
staatlichen Fernsehens
. Das erste Bild, aufgenommen am Samstag, 13. Juni, um 09:47 Uhr, rechnet ihm 633.048 Stimmen zu, das zweite Bild, aufgenommen am selben Tag um 13:53 Uhr, verzeichnet 587.913 Stimmen fur Rezai.
[43]
Mir Hossein Mussawi
legte einen Bericht uber die Betrugsfalle zur Wahl vor, indem er bezweifelte, dass die Wahlurnen vor Beginn der Wahl leer gewesen seien und die Wahlzettel ohne Seriennummern waren, was es so im Iran noch nie gegeben habe.
[44]
Nach Angaben der
FAZ
wurden fur 40 Millionen Wahler 63 Millionen Wahlzettel gedruckt.
[45]
Der Staatsminister im
Auswartigen Amt
,
Gernot Erler
, erlauterte im
Deutschlandfunk
, es habe ?eine eigentlich viel zu fruhe Verkundung eines Endergebnisses gegeben, als noch gar nicht ausgezahlt sein konnte. In der Addition der Stimmenanteile habe es einmal 108 Prozent, einmal 94 Prozent gegeben.“
[46]
Keiner der iranischen
Großajatollahs
gratulierte Ahmadineschad zum Wahlsieg. Vier von ihnen (
Hossein Ali Montazeri
,
Naser Makarem Shirazi
,
Mousa Shubairi Zanjani
,
Mousavi Ardebili
) beschwerten sich offentlich uber Wahlbetrug. Der alteste und konservative Großajatollah
Lotfollah Safi Golpaygani
wiederum kritisierte beide Seiten im Wahlstreit. Er stellte fest, dass der
Wachterrat
in seinen Entscheidungen unparteiisch sein musse und nicht einen Kandidaten begunstigen durfe, die Opposition wiederum durfe nicht unnachgiebig auf ihren Rechten beharren.
[47]
In der mit Spannung erwarteten Freitagspredigt, am 19. Juni, nahm Chamene'i Stellung zu den Prasidentschaftswahlen. Er erklarte die Wahl fur rechtens
[48]
und stellte fest, dass die islamische Republik ?niemals Verrat begehen und die Stimmen der Menschen manipulieren wurde“. Die Rechtsstrukturen und die Wahlgesetze im Iran wurden keinen Wahlbetrug erlauben.
[49]
Gleichzeitig rief er alle Parteien auf, die Gewalt zu beenden,
[50]
und gestand ein, den Ansichten des Wahlsiegers Ahmadineschad naher zu stehen als denen der anderen Kandidaten.
[51]
Die renommierte britische
Denkfabrik
Chatham House
erstellte eine beachtenswerte Analyse, die die Unplausibilitat der Wahlergebnisse aufzuzeigen versucht.
[52]
Es gibt jedoch auch eine Studie, die Ahmadineschad gegen Vorwurfe des Wahlbetruges in Schutz nimmt.
[53]
Zwei Umfragen amerikanischer Meinungsforschungsinstitute (
World Public Opinion
und
Tomorrow Free Terror
), die eine Telefonbefragung mittels der staatlichen iranischen Telefongesellschaft vornahmen, erlangen ahnliche Zahlen, die der amtlichen Ergebnissen nahe liegen.
[54]
[55]
Infolge des Verdachts auf Wahlbetrug und Mussawis Weigerung, das Wahlergebnis anzuerkennen, gingen dessen Anhanger in vielen iranischen Stadten auf die Straße. Bereits einen Tag nach der Wahl kam es in
Teheran
zu Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Proteste entwickelten sich zu den großten Unruhen im Iran seit der
Islamischen Revolution
. Am 15. Juni beteiligten sich bis zu drei Millionen Iraner an Demonstrationen und Protestveranstaltungen. Die Sicherheitskrafte setzten teilweise Waffengewalt ein. Mehrere Menschen kamen ums Leben.
In den folgenden Tagen kam es immer wieder zu Demonstrationen und Zusammenstoßen mit den Sicherheitskraften. Die Regierung betonte die Rechtmaßigkeit des Wahlergebnisses, der Wachterrat gestand eine Neuauszahlung von 10 % der abgegebenen Stimmen zu. Mussawi lehnte diesen Vorschlag ab und forderte weiterhin Neuwahlen. Die Regierung reagierte mit einem Verbot der Proteste und versprach ein hartes Vorgehen gegen jeden, der sich diesem Verbot widersetzen sollte. Bei erneuten Auseinandersetzungen zwischen Mussawi-Anhangern und der Polizei kamen nach Regierungsangaben mindestens 10 Menschen ums Leben. Diese Zahl wurde im Laufe der nachsten Wochen auf 30 nach oben korrigiert; die Opposition spricht dagegen von 69 namentlichen Opfern.
[56]
Viele Oppositionelle wurden inhaftiert.
Oppositionelle berichteten, dass es nach der amtlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses zu mehr als 100 Verhaftungen kam. Betroffen waren unter anderem
Mohammad Reza Chatami
, ein Bruder des fruheren Prasidenten
Mohammad Ch?tami
,
Mohsen Mirdamadi
, der Generalsekretar der
Partizipationsfront des islamischen Iran
.
[57]
Neben den ehemaligen Kabinettsmitgliedern Mohammad Ch?tamis: Vize-Innenminister
Mostapha Tadschadeh
, Vize-Außenminister
Mohsen Aminsadeh
, Vizeprasident
Mohammed Ali Abtahi
,
[58]
Regierungssprecher
Abdolah Ramezanzadeh
und dem Berater
Said Hajjarian
[59]
waren auch Mitarbeiter Mussawis betroffen, so
Behzad Nabavi
(ehemaliger Bergbauminister unter Premierminister Mussawi) und die Berater
Mohammad-Reza Jalaipour
und
Saeed Laylaz
.
[60]
Weitere Festnahmen betrafen
Ebrahim Yazdi
, erster Außenminister der islamischen Republik Iran
[61]
und den
Nurnberger Menschenrechtspreistrager
Abdolfattah Soltani
.
[62]
Insgesamt wurden bis zum 17. Juni etwa 500 Oppositionelle, Journalisten und Intellektuelle verhaftet.
[63]
Neuere Zahlen vom 25. Juni gehen von uber 600 Verhafteten aus, die Opposition spricht von mehreren Tausend.
[64]
Einige politische Beobachter und Journalisten verglichen die Vorgange mit einem
Staatsstreich
.
[65]
[66]
[67]
Zu einer weiteren massiven Verhaftungswelle kam es am 28. Dezember 2009 nach Protestkundgebungen im Rahmen des schiitischen
Aschura
-Festes.
Wahrend die meisten westlichen Staaten Vorbehalte gegen die Rechtmaßigkeit der Wahl formulierten, gratulierten die
Hisbollah
,
Syrien
,
Afghanistan
und der Sekretar der
Arabischen Liga
bereits am nachsten Tag. Es folgten
Venezuela
,
Turkei
,
Russland
,
Nordkorea
,
China
,
Brasilien
und die
Vereinigten Arabischen Emirate
.
Am 24. Juni gratulierten
Algerien
,
Libyen
,
Senegal
und
Sudan
.
US-Außenministerin
Hillary Clinton
erklarte, sie wolle den Vorwurfen des Wahlbetrugs nachgehen, daher erkenne die USA einen Wahlsieg Ahmadineschads vorerst nicht an.
[68]
Die EU-Ratsprasidentschaft kommentierte das Wahlergebnis mit Skepsis: ?Die Prasidentschaft ist besorgt uber angebliche Unregelmaßigkeiten wahrend des Wahlprozesses und (…) die Gewalt, die direkt nach der Bekanntgabe der offiziellen Wahlergebnisse ausbrach.“
Israel
wies nach Verkundung von Ahmadineschads Sieg erneut auf die Gefahr einer nuklearen Bedrohung durch den Iran hin. Außenminister
Avigdor Lieberman
erklarte, ?die internationale Gemeinschaft musse nach der Wiederwahl von Prasident Ahmadineschad ?ohne Zugestandnisse“ gegen das iranische Atomprogramm und die Unterstutzung ?terroristischer Organisationen“ durch Teheran vorgehen.“
[69]
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vom 3. September 2010 im
Internet Archive
)
- ↑
Die verlorene religiose Ehre
taz.de vom 14. August 2009
- ↑
Vgl.
Mehr als 100 Oppositionelle verhaftet
Focus vom 14. Juni 2009; und
Kerusuhan di Iran ? Puluhan Demonstran Ditahan Deutsche Welle vom 14. Juni 2009
- ↑
Polizei nimmt Mussawi-Anhanger fest
Deutsche Welle vom 14. Juni 2009
- ↑
Leading Iranian reformist arrested, his office says
Reuters vom 16. Juni 2009
- ↑
Verhaftete Regime-Gegner in Iran
Die ZEIT online vom 18. Juni 2009
- ↑
Ebrahim Yazdi, Iran’s former foreign minister, thrown in jail
Times online vom 19. Juni 2009
- ↑
Nurnberger Menschenrechtspreistrager verhaftet
(
Memento
vom 24. September 2009 im
Internet Archive
) BR-online vom 18. Juni 2009
- ↑
Iran elections: mass arrests and campus raids as regime hits back
guardian.co.uk vom 17. Juni 2009
- ↑
Die Liste der verhafteten Reformer
taz.de vom 25. Juni 2009
- ↑
Protest gegen Ahmadineschad:Angeblich hunderte Festnahmen
FAZ vom 14. Juni 2009
- ↑
Massenkrawalle nach Wahl im Iran:Die Mogel-Mullahs
taz vom 14. Juni 2009
- ↑
Die Kinder der verratenen Revolution
Die Presse.com vom 14. Juni 2009
- ↑
Clinton will Vorwurfe uber Wahlbetrug prufen
Spiegel online vom 13. Juni 2009
- ↑
Nach Prasidentschaftswahl im Iran Internationale Zweifel am Wahlergebnis
(
Memento
vom 16. Juni 2009 im
Internet Archive
) Tagesschau vom 14. Juni 2009
Wahlen und Volksabstimmungen im
Iran
Konstitutionelle
Monarchie
(1906-1979)
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Islamische
Republik
(seit 1979)
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