Investmentfonds

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Funktionsweise eines offenen Investmentfonds in Deutschland

Investmentfonds ist ein Fonds (ein bestimmter Geldmittelbestand ), der das Investmentvermogen oder Sondervermogen verwaltet, das eine Investmentgesellschaft nach ihren Vertragsbedingungen fur Anleger investiert hat.

Ein Anleger hat die Wahl, Aktien oder Anleihen direkt uber Kreditinstitute oder Broker zu kaufen oder Investmentzertifikate von einer Investmentgesellschaft zu erwerben, die wiederum fur ihr Investment- oder Sondervermogen eine Mischung verschiedener Aktien, Anleihen oder sonstiger Finanzinstrumente zusammenstellt. Der Vorteil des Investmentfonds besteht vor allem in seiner Risikodiversifizierung . Diese ist bei Mischfonds am besten, weil in samtliche Finanzinstrumente investiert werden kann; bei Aktienfonds dagegen ist die Risikostreuung auf Aktien beschrankt.

Die ersten Investmentfonds entstanden in Großbritannien, englisch ?Investment Trust“, der erste wurde 1868 von Philip Rose als Foreign & Colonial Government Trust gegrundet, heute der Foreign & Colonial Investment Trust . 1909 wurde der Scottish Mortgage Investment Trust gegrundet von Baillie Gifford, die Firma existiert noch heute (2023). [1] In den 1920er Jahren florierten die Investmentfonds in den Vereinigten Staaten. Ihre Zahl wuchs von 40 im Jahr 1921 auf 770 im Jahr 1929, ihre Aktiva betrugen 1929 ca. 7 Mrd. US-$. Die Fonds hatten einen schlechten Ruf: Inkompetenz, Gier und Unehrlichkeit lauteten die drei Hauptvorwurfe, die ihnen regelmaßig gemacht wurden. Haufig missbrauchten Finanzinstitute die Fonds, um Aktien aus Emissionen, die sie nicht im regularen Borsenmarkt untergebracht hatten, einem uninformierten Publikum zu verkaufen. Manchmal kauften die Fonds Anteile verbundener Fonds, um den Kurs in die Hohe zu treiben. Dies alles rachte sich 1929, im Borsenkrach sturzten die Kurse ins Bodenlose. [2] Das Image der Investmentfonds war so schlecht, dass man sie in ?Investment Companies“ umbenannte. Schließlich regulierte die Regierung den Markt. 1940 wurde nach einer Studie der SEC ( United States Securities and Exchange Commission ) der Investment Company Act erlassen. [3]

Rechtsgrundlage fur Investmentfonds ist das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das jedoch nicht von Investmentfonds spricht, sondern in § 1 KAGB von Investmentvermogen oder Sondervermogen. Den Begriff des Investmentfonds benutzt es lediglich im Zusammenhang mit den alternativen Investmentfonds (AIF) und dem Bezeichnungsschutz. Bezeichnungen wie ? Kapitalverwaltungsgesellschaft “, ?Investmentvermogen“, ?Investmentfonds“ oder ?Investmentgesellschaft“ oder eine Bezeichnung, in der diese Begriffe enthalten sind, darf nach § 3 Abs. 1 KAGB in der Firma , als Zusatz zur Firma, zur Bezeichnung des Geschaftszwecks oder zu Werbezwecken nur von Verwaltungsgesellschaften im Sinne des KAGB gefuhrt werden. Die Rechtsform von Investmentgesellschaften muss nach § 1 Abs. 11 KAGB eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft sein.

Die zum Sondervermogen gehorenden Vermogensgegenstande konnen nach Maßgabe der Anlagebedingungen im Eigentum der Kapitalverwaltungsgesellschaft oder im Miteigentum der Anleger stehen ( § 92 Abs. 1 KAGB). Die erstere Form ist die Treuhandlosung , die zweite Form begrundet Miteigentumsanteile der Anleger. Zwar ist die Verwaltungsgesellschaft bei ersterer Form Rechtsinhaber des Sondervermogens, dennoch haftet gemaß § 93 Abs. 2 KAGB das Sondervermogen nicht fur die Verbindlichkeiten der Verwaltungsgesellschaft. Dieser Haftungsausschluss wird komplettiert durch § 99 Abs. 3 KAGB, wonach das Recht der Kapitalverwaltungsgesellschaft, das Sondervermogen zu verwalten, mit der Eroffnung des Insolvenzverfahrens uber das Vermogen der Kapitalverwaltungsgesellschaft erlischt. Die Treuhandlosung ist fur Immobilien -Sondervermogen zwingend vorgeschrieben ( § 245 KAGB).

Erlischt das Recht der Kapitalverwaltungsgesellschaft, ein Sondervermogen zu verwalten, so geht gemaß § 100 Abs. 1 KAGB ? wenn das Sondervermogen im Eigentum der Kapitalverwaltungsgesellschaft steht ? das Sondervermogen auf die Verwahrstelle uber oder ? wenn es im Miteigentum der Anleger steht ? geht das Verwaltungs- und Verfugungsrecht uber das Sondervermogen auf die Verwahrstelle uber. Die Verwahrstelle hat das Sondervermogen abzuwickeln und an die Anleger zu verteilen (§ 100 Abs. 2 KAGB). Zudem gibt es ein investmentrechtliches Trennungs-, Verpflichtungs-, Belastungs- und Aufrechnungsverbot (§§ 92 Abs. 1 Satz 2, § 93 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 bis 6 KAGB). [4] Wegen dieses investmentrechtlichen Anlegerschutzes ist eine Einlagensicherung bei Investmentfonds nicht erforderlich.

In § 2 InvStG wird der Investmentfonds zum Rechtsbegriff erhoben, ohne jedoch legaldefiniert zu werden. Inlandische Investmentfonds gelten gemaß § 6 Abs. 1 InvStG als Zweckvermogen nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 Korperschaftsteuergesetz (KStG). Zweckvermogen sind Treuhandvermogen , welche die Investmentgesellschaft fur die Anleger halt. Sie unterliegen mit ihren inlandischen Beteiligungseinnahmen , inlandischen Immobilienertragen und sonstigen inlandischen Einkunften der Korperschaftsteuer (§ 6 Abs. 2 InvStG). Aktienfonds oder Immobilienfonds mussen mehr als 50 % ihrer Aktiva in Aktien oder Immobilien anlegen (§ 2 Abs. 6 und Abs. 9 InvStG).

Wesentliche Anlegerinformationen

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Wesentliche Anlegerinformationen sind bei Investmentzertifikaten von Investmentfonds oder Kapitalanlagegesellschaften als Emittenten dem Privatanleger vor Erteilung einer Wertpapierorder auszuhandigen. Sie enthalten eine Beschreibung des Investmentzertifikats, vor allem die Art des Investmentfonds und sollen den Anleger in die Lage versetzen, Art und Risiken des angebotenen Anlageproduktes zu verstehen und auf dieser Grundlage eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen ( § 166 Abs. 1 KAGB). Investmentfonds oder Kapitalverwaltungsgesellschaften haben gemaß § 268 Abs. 1 KAGB fur die von ihnen verwalteten geschlossenen Publikumsfonds den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen zu erstellen. Der Mindestinhalt der wesentlichen Anlegerinformationen ergibt sich aus § 270 KAGB, die Haftung fur fehlerhafte Anlegerinformationen aus § 306 Abs. 2 KAGB.

Je nach Schwerpunkt des Investmentfonds gibt es folgende Arten von Investmentfonds, die nach dem uberwiegenden Inhalt ihres Fondsvermogen benannt sind:

Fondsart Verwendungszweck des Fondsvermogens
Aktienfonds mehr als 50 % Aktien ( § 2 Abs. 6 InvStG )
Alternative Investmentfonds keine klassischen Finanzierungstitel oder Finanzprodukte
Dachfonds Dachgesellschaft fur andere Investmentfonds
Ethikfonds ethisches Investment , insbesondere nach okologischen Kriterien zusammengestellt
Garantiefonds Mischfonds , welche durch Sicherungsgeschafte eine Mindestrendite oder die vollstandige Kapitalruckzahlung zusichern , aber nicht durch formliche Garantie eines Dritten absichern
Geldmarktfonds uberwiegend Geldmarktpapiere
Hedgefonds uberwiegend alternative Investments
Immobilienfonds mehr als 50 % in Gewerbe- und/oder Wohnimmobilien und/oder Immobilienunternehmen ( § 2 Abs. 9 InvStG )
Immobilien-Spezialfonds nur fur institutionelle Anleger
Indexfonds bilden mit ihrem Fondsvermogen einen bestimmten Borsenindex nach
Infrastrukturfonds Infrastrukturanlagen
Laufzeitfonds das Fondsvermogen wird am Ende der Laufzeit zuruckgezahlt
Medienfonds Film- und Fernsehproduktion , Filmlizenzen
Mischfonds keine Festlegung auf bestimmte Anlageklassen , aber mehr als 25 % in Kapitalbeteiligungen ( § 2 Abs. 7 InvStG )
Private-Equity -Fonds Finanzierung von Eigenkapital oder Kapitalbeteiligungen
Rentenfonds mehr als 50 % Anleihen
Schiffsfonds uberwiegend Schiffsfinanzierung fur den Bau und Erwerb von Seeschiffen
Spezialfonds nur fur institutionelle Anleger
Waldfonds uberwiegend Forstwirtschaft , insbesondere Waldwirtschaft

Mehr als 50 % des Fondsvermogens muss ? analog zu § 2 Abs. 6 und Abs. 9 InvStG ? diejenigen Finanzinstrumente beinhalten, die dem Investmentfonds ihren Namen geben (also Aktien in Aktienfonds , Anleihen in Rentenfonds usw.).

Wahrend Spezialfonds lediglich fur bestimmte institutionelle Anleger oder Anlegergruppen aufgelegt werden, stehen Publikumsfonds jedem Anleger offen. Ob es sich um offene oder geschlossene Investmentfonds handelt, hangt meist vom Wirtschaftsobjekt ab, das sich uberwiegend im Fondsvermogen befindet. Langlebige Investitionsguter wie Immobilien oder Schiffe sind als Realguter im Regelfall fur geschlossene Fonds vorgesehen, kurz- bis mittelfristige fungible Finanzierungstitel ( Nominalguter ) wie Aktien oder Anleihen eignen sich eher fur offene Fonds. Typisch fur geschlossene Fonds ist, dass die Investmentzertifikate vom Fonds nicht zuruckgenommen werden und deshalb keine Marktliquiditat aufweisen, zumal ein funktionsfahiger Sekundarmarkt nicht existiert. [5]

Die Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Fonds ist auch bedeutsam fur die Erlaubnis als Kapitalverwaltungsgesellschaft, fur die zulassige Rechtsform des Fonds, die Genehmigung der Anlagebedingungen, erwerbbare Vermogensgegenstande und die Anlagestrategie . Investmentfonds mit Wertpapieren (OGAW) sind stets offene Investmentfonds, weil ein Ruckgaberecht besteht (Art. 1 Abs. 2b OGAW-Richtlinie ). Jeder Anleger kann gemaß § 98 Abs. 1 KAGB mindestens zweimal im Monat verlangen, dass ihm gegen Ruckgabe des Anteils sein Anteil an dem Sondervermogen aus diesem ausgezahlt wird. Allerdings kann in den Anlagebedingungen vorgesehen werden, dass die Verwaltungsgesellschaft die Rucknahme der Anteile aussetzen darf, wenn außergewohnliche Umstande vorliegen, die eine Aussetzung unter Berucksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen. Sondervorschriften gibt es nach § 255 KAGB fur Immobilienfonds. Im Gegensatz zu offenen Fonds ist bei geschlossenen Fonds die Ruckgabe der Investmentzertifikate nicht oder nur beschrankt moglich. [6]

Die Fondsvermogen und Sondervermogen der Investmentfonds werden im Rahmen der Portfoliotheorie und des Capital Asset Pricing Models als Portfolio angesehen, dessen Finanzinstrumente und Finanzprodukte einem Finanzrisiko unterliegen, das in ein systematisches und unsystematisches Risiko unterteilt wird: [7]

Art Merkmale Risikomaß Risikodiversifizierung Risikopramie
systematisches Risiko Gesetzesanderungen , Konjunktur , Anderung der Marktdaten , Marktentwicklung , Naturkatastrophen , Wetterrisiko Betafaktor Nein Ja
unsystematisches Risiko Unternehmensdaten wie Bonitatsrisiko , Geschaftsrisiko , Kreditrisiko , Produktrisiko , Rating , Reputationsrisiko , Unternehmenskrisen Alphafaktor Ja Nein

Das systematische Risiko besteht ausschließlich auf exogenen Einflussen, das unsystematische Risiko dagegen aus endogenen , die nur bei einem bestimmten Emittenten oder Kreditnehmer vorhanden sind.

Derartige Risiken mussen innerhalb der Risikopolitik durch das Risikomanagement identifiziert ( Risikoidentifikation ), analysiert ( Risikoanalyse ), quantifiziert ( Risikoquantifizierung ), bewertet ( Risikobewertung ) und bewaltigt ( Risikobewaltigung ) werden. Die Risikobewaltigung erfolgt durch Streuung im Portfolio etwa nach Anlageklassen , Bonitat , Branchen ( Branchenmix ), Fremdwahrungen , Kreditnehmern , Laufzeiten , Regionen , Risikoklassen oder Staaten sowie der Vermeidung/Beseitigung von Klumpenrisiko oder Verringerung der Kredithohe . Zudem konnen Sicherungsgeschafte unsystematische Risiken bei einzelnen Finanzprodukten/Finanzinstrumenten ganz oder teilweise eliminieren [8] wie etwa ein Credit Default Swap das Kreditrisiko .

Fur das Portfoliomanagement gibt es Fondsmanager , welche die Anlagevorschriften nach § 193 ff. KAGB zu beachten haben. Danach durfen bestimmte Wertpapiere (§ 193 KAGB) und Geldmarktpapiere ( § 194 KAGB) erworben werden, Bankguthaben mit einer Laufzeit von maximal 12 Monaten angelegt ( § 195 KAGB) oder andere Investmentzertifikate ( § 196 KAGB) erworben werden. Derivate sind nach § 197 KAGB nur zulassig, wenn sie von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten oder anderen Investmentanteilen abgeleitet sind. Der Kreis sonstiger Kapitalanlagen ist in § 199 KAGB eingeschrankt ( Wertpapierleihe , Pensionsgeschafte ). In § 206 bis § 210 KAGB sind Anlage-Limite fur Emittenten vorgegeben.

Wirtschaftliche Aspekte

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Investment- oder Sondervermogen des Investmentfonds sind kongruent refinanziert durch die ausgegebenen Investmentzertifikate . Das Portfoliomanagement uber Investment- oder Sondervermogen uben die Fondsmanager aus. Sie nehmen die Aufgaben der Marktbeobachtung insbesondere der Finanzmarkte , Marktanalyse und Asset Allocation wahr, die anhand einer Benchmark zum Kauf, Verkauf oder Halten einzelner Finanzinstrumente ( Basiswerte wie Wertpapiere) fuhrt. Bei der Asset Allocation ist darauf zu achten, dass eine gute Risikodiversifizierung mit vertretbarer Risikomischung durch hohe Granularitat bei vertretbarem Klumpenrisiko vorhanden ist. Sie beachten bei ihrer Risikodiversifizierung in die verschiedenen Anlageklassen die vorhandene Anlagestrategie , analysieren die Hebelwirkung des Investmentvermogens und das Ausmaß, bis zu dem dieses Leverage abgesichert ist ( § 29 Abs. 4 KAGB). Die Fondsmanager sind verpflichtet, die gesamte Performance zu uberwachen, um eine nachhaltige Wertentwicklung des Investmentvermogens sicherzustellen.

Wiktionary: Investmentfonds  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. The history of investment trusts. In: FT Adviser. Financial Times, 21. Marz 2019, abgerufen am 30. September 2023 (englisch).
  2. Youssef Cassis: Metropolen des Kapitals . Murmann, Hamburg 2007, ISBN 978-3-938017-95-1 , S.   231   f .
  3. Investment Company Regulation: The Intricacies of an "Enlightened Partnership". In: SEC Historical Society. 2023, abgerufen am 30. September 2023 (englisch).
  4. Dirk A. Zetzsche, Prinzipien der kollektiven Vermogensanlage , 2015, S. 841
  5. Siegfried G. Haberle, Das neue Lexikon der Betriebswirtschaftslehre , Band 1, 2008, S. 451
  6. Ellen Ashauer-Moll/Sonja Schwerdtner, Abgeltungsteuer: Kapital schutzen ? Steuern optimieren , 2015, S. 70
  7. Rudiger Gotte, Das 1x1 des Portfoliomanagementes , 2012, S. 89 FN 36
  8. Robert M. Grant, Moderne strategische Unternehmensfuhrung , 2013, S. 501