Interessentheorie

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Die Interessentheorie ist die alteste Lehrmeinung zur Abgrenzung von offentlichem Recht und Privatrecht . [1] Sie geht auf folgende Definition von Ulpian zuruck:

≪Publicum ius est quod ad statum rei Romanae spectat, privatum quod ad singulorum utilitatem.≫

?Das offentliche Recht befasst sich mit den Verhaltnissen des Gemeinwesens, das private Recht mit dem Nutzen der Einzelpersonen.“

? Ulpian , Digesten 1.1.1.2.

Danach sind Gegenstand des offentlichen Rechts also die Belange des Staates (wobei Ulpian sich auf den romischen Staat bezog), wahrend das Privatrecht dem Nutzen des Burgers dient. [2]

Der vermeintliche Vorteil dieser Theorie liegt in ihrer Schlichtheit. Praktisch ist sie jedoch in vielen Fallen unbrauchbar: Einerseits schutzt das offentliche Recht durchaus auch private Interessen, etwa dort, wo es dem Burger Rechte einraumt. Bestes Beispiel hierfur sind die Grundrechte des Grundgesetzes , die als Teil des Verfassungsrechts unstreitig dem offentlichen Recht angehoren, gerade aber nicht den Staat, sondern den Burger schutzen und mit offentlichen Interessen, etwa an der offentlichen Sicherheit, oft genug kollidieren. Auch auf der Ebene des einfachen Rechts schutzen zahlreiche Normen private Interessen, ein Beispiel ist der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung .

Andererseits dient das Privatrecht nebenbei auch offentlichen Interessen, so ist etwa ein Zweck privatrechtlicher Unterhaltsanspruche auch, die offentlichen Kassen vor Kosten zu bewahren. Auch handelt die offentliche Verwaltung teilweise in Formen des Privatrechts , dabei aber gleichwohl im offentlichen Interesse, beispielsweise wenn eine Gemeinde ihre Stadtwerke in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft ( juristische Person des Privatrechts ) organisiert.

  • Jorn Ipsen : Allgemeines Verwaltungsrecht , Carl Heymanns Verlag, Koln e.a. 2000, ISBN 3-452-24547-0 , Rn. 16 ff.
  • Hans Kelsen : Werke. Hrsg. von Matthias Jestaedt. In Kooperation mit dem Hans-Kelsen-Institut. Mohr Siebeck, Tubingen 2007 ff., ISBN 978-3-16-149420-8 ., Zur Lehre vom offentlichen Rechtsgeschaft (1913) , S. 247 ff (insbesondere S. 251, Anm. 16).
  • Paul Posener (Hrsg.): Rechtslexikon, Handworterbuch der Rechts- und Staatswissenschaften, II. Band: L-Z , Erich Weber Verlag, Berlin 1909, Stichwort Privatrecht und offentliches Recht.

Einzelnachweise

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  1. Christian Ernst , Jorn Axel Kammerer : Falle zum Allgemeinen Verwaltungsrecht , 3. Aufl., Munchen 2016, S. 7.
  2. Hans Kelsen : Werke. Hrsg. von Matthias Jestaedt . In Kooperation mit dem Hans-Kelsen-Institut. Mohr Siebeck, Tubingen 2007 ff., ISBN 978-3-16-149420-8 , S. 251 (Anm. 16).