Instanz (Recht)

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Die Instanz ( Rechtszug , Rechtsgang ) ist das gesetzlich zustandige Gericht nach dem hierarchischen Aufbau der Gerichtsbarkeit in den einzelnen Gerichtszweigen . Der Zugang zur Gerichtsbarkeit eines bestimmten Gerichtszweigs ist der Rechtsweg . Moderne Rechtsordnungen gewahren effektiven Rechtsschutz durch ein mehrstufiges Verfahren, genannt Instanzenzug (auch Rechtsmittelzug ). Die Verfahrensordnungen gewahren beschrankte Uberprufung der Beschlusse, Verfugungen, Urteile als auch der Untatigkeit nachgesetzter Gerichte (nachgesetzter Gerichtsstand) von den diesen vorgesetzten Gerichten (vorgesetzter Gerichtsstand) durch Beschreiten des zustandigen Rechtszugs. Das Hintergericht (Hinterrichter) uberpruft die Entscheidung des Vordergerichts ( Vorderrichter ). Die Anfechtbarkeit von Gerichtsentscheidungen ist nach deren Art, nach Zeitablauf, Wertgrenze, Gegenstand, beschrankt. Die in Rechtskraft gediehenen (erwachsenen, ubergegangenen) (unanfechtbaren) Gerichtsentscheidungen sind von den Macht- und Rechtsunterworfenen als unabanderlich hinzunehmen. Sie sind in der Sache von der hohen Hand insoweit abgefunden.

Instanzenzug in Deutschland [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ein von der Verfassung garantierter Anspruch auf mehr als eine Instanz besteht in Deutschland nicht. Der Art. 19 Abs. 4 GG gewahrt effektiven Rechtsschutz in einem Verfahrensgang. Ein Anspruch auf Anhorung vor mindestens zwei Instanzen besteht aber gemaß Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europaischen Union, unter der Deutschland eine Partei ist und der dementsprechenden Praxis des Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte (EGMR). Ein Gang zur nachsthoheren Instanz wird allein durch die verfahrensrechtliche Zulassigkeit eines Rechtsmittels eroffnet und bei dessen Unzulassigkeit ausgeschlossen. Die drei Rechtsmittel sind Berufung , Revision und Beschwerde .

Gegen letztinstanzliche Entscheidungen ist in Deutschland bei Verletzung von Grundrechten die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht zulassig. Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch keine Erweiterung des fachgerichtlichen Instanzenzuges fur das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten oder Verwaltungsgerichten (sog. Superrevisionsinstanz ), sondern es handelt sich um einen außerordentlichen Rechtsbehelf , in dem nur die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts gepruft wird. [1]

Die sachliche Zustandigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz uber die Gerichtsverfassung (GVG) bestimmt.

Die Benennungen der Gerichte im Instanzenzug sind Untergericht (Unterrichter, fruher Aftergericht, Afterrichter ), Mittelgericht (Mittelrichter), Obergericht (Oberrichter), Oberstgericht (Oberstrichter, nur in Bayern vorhanden) und Hochste Gerichte als Bundesgerichte (Bundesrichter als hochste Richter).

Die Instanzenzuge in Deutschland sind nach allen Verfahrensordnungen der Gerichtszweige entweder zweistufig oder dreistufig. Die ordentliche Gerichtsbarkeit umfasst das Zivilrecht und das Strafrecht .

Zivilrecht [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In burgerlich-rechtlichen Streitigkeiten ist Gericht erster Instanz in der Regel das Amtsgericht , wenn der Streitwert 5000 Euro nicht ubersteigt ( § 23 GVG ). Das Amtsgericht ist in den Fallen des § 23 Nr. 2 GVG streitwertunabhangig zustandig. Die Berufungsinstanz ist das Landgericht ( § 72 Abs. 1 GVG), ausnahmsweise das Oberlandesgericht als Rechtsmittelinstanz ( § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG). Die Berufung in Zivilsachen ist zulassig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro ubersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat ( § 511 ZPO ).

In Streitigkeiten uber Anspruche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 5000 Euro ubersteigt, ist im ersten Rechtsgang das Landgericht zustandig (mehrere Ausnahmen, § 71 GVG). Berufungsinstanz ist das Oberlandesgericht. Die Revisionsinstanz ist der Bundesgerichtshof . Ausnahmen gelten fur Bayern, das das Bayerische Oberste Landesgericht unterhalt.

Fur Musterfeststellungsverfahren liegt die erstinstanzliche Zustandigkeit bei den Oberlandesgerichten.

Wird die Berufungsinstanz ubersprungen, spricht man von Sprungrevision (§ 566 ZPO).

In Familien- oder Kindschaftssachen ist das Amtsgericht erste Instanz. Beschwerdegericht ist das Oberlandesgericht und Rechtsbeschwerdegericht der Bundesgerichtshof.

Strafrecht [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Berufungsinstanz gegen die erstinstanzlichen Urteile der Strafrichter bzw. Schoffengerichte des Amtsgerichts ist das Landgericht ( § 312 StPO , § 74 Abs. 3 GVG ). Revisionsinstanz ist in diesen Fallen das Oberlandesgericht ( § 333 StPO, § 121 Abs. 1 Nr. 1b GVG). Sprungrevisionen zum Oberlandesgericht sind zulassig ( § 335 StPO, § 121 GVG). Ausnahmen gelten fur Bayern, das das Bayerische Oberste Landesgericht unterhalt.

Revisionsgericht gegen Urteile nach erstinstanzlicher Zustandigkeit des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts ist der Bundesgerichtshof , § 333 StPO, § 135 Abs. 1 GVG; Ausnahme nach § 121 Abs. 1 Nr. 1c GVG.

Fachgerichtsbarkeit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Gerichtszweige auf besonderen Rechtsgebieten werden Fachgerichtsbarkeiten genannt.

Arbeitsgerichtsbarkeit

Die Gerichtsbarkeit in Arbeitssachen wird ausgeubt durch die Arbeitsgerichte, die Landesarbeitsgerichte und das Bundesarbeitsgericht (Gerichte fur Arbeitssachen). In dem dreistufigen Gerichtsaufbau die ublichen Berufungs-, Beschwerde- und Revisionsinstanzen. Sprungrevision vom Arbeitsgericht zum Bundesarbeitsgericht ist zulassig.

Sozialgerichtsbarkeit

Das Gericht erster Instanz in der Sozialgerichtsbarkeit ist das Sozialgericht . Berufung zum Landessozialgericht . Revisionsinstanz ist das Bundessozialgericht . Sprungrevision ist zugelassen.

Sonderfall: Das Bundessozialgericht entscheidet in erster und letzter Instanz uber nichtverfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen Bund und Landern oder zwischen verschiedenen Bundeslandern in Sozialversicherungsangelegenheiten .

Finanzgerichtsbarkeit

Die Finanzgerichtsbarkeit ist zweistufig. Erste Instanzen sind die Finanzgerichte der Lander als obere Landesgerichte (§ 2 FGO). Zweite Instanz als Revisionsinstanz ist der Bundesfinanzhof in Munchen.

Verwaltungsgerichtsbarkeit

Gerichte erster Instanz in der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind die Verwaltungsgerichte der Lander. Berufung zum Oberverwaltungsgericht. In einigen Landern werden die Oberverwaltungsgerichte auch Verwaltungsgerichtshofe genannt. Letzte Instanz (Revisionsinstanz) ist das Bundesverwaltungsgericht . Die Verwaltungsgerichtsordnung gewahrt das Rechtsmittel der Sprungrevision.

Sonderfalle:

  1. Ist das Oberverwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof erste Instanz (nach § 47 , § 48 VwGO ) so besteht lediglich die Moglichkeit der Revision zum Bundesverwaltungsgericht.
  2. Das Bundesverwaltungsgericht kann erste und letzte Instanz nach § 50 VwGO sein.

Instanzenzug in Osterreich [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Gerichte sind auch in Osterreich in mehreren Stufen organisiert . Die Gerichtsorganisation in Osterreich ist durch eine Zweiteilung in die ordentliche Gerichtsbarkeit (fur Straf- und Zivilrecht) und die Gerichte des offentlichen Rechts (fur Verfassungs- und Verwaltungsrecht) gekennzeichnet.

Straf- und Zivilrecht [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die ordentliche Gerichtsbarkeit gliedert sich in Bezirksgerichte , Landesgerichte und Oberlandesgerichte sowie den Obersten Gerichtshof. Entscheidungen von Gerichten konnen grundsatzlich mit Rechtsmitteln angefochten werden. Rechtsmittel sind Berufung , Rekurs und Beschwerde .

Grundsatzlich entscheidet uber ein Rechtsmittel das im Instanzenzug ubergeordnete Gericht. In Zivilsachen ist gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts unter bestimmten Voraussetzungen noch ein weiteres Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof vorgesehen. In Strafsachen ist grundsatzlich nur ein zweistufiger Instanzenzug eingerichtet.

Offentliches Recht [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Gerichte des offentlichen Rechts, der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof , arbeiten einzugig.

Instanzenzug in der Schweiz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Gerichte sind in der Schweiz uberwiegend auf kantonaler Ebene organisiert. Sie umfassen alle den Bundesgerichten vorgeschalteten Instanzen. Im Zivil- und Strafrecht sind dies

je nach Kanton auch Kantonsgericht (in gewissen kleineren Kantonen mit nur einem einzigen Gericht erster Instanz), Kreisgericht, Landgericht, Regionalgericht oder Zivilgericht bzw. Strafgericht genannt. Ihnen vorgeschaltet sind im Zivilrecht die oft auf kommunaler Ebene angesiedelten Friedensrichter oder Vermittler .
in anderen Kantonsgericht , daher kann dieser Begriff je nach Kanton ein Gericht erster oder zweiter Instanz bezeichnen. Im Kanton Basel-Stadt Appellationsgericht, im Kanton Tessin Appellationsgericht (zivilrechtliche Streitigkeiten) bzw. Appellationshof (strafrechtliche Streitigkeiten) und im Kanton Genf Cour de justice .
  • eine dritte Instanz, namlich das Kassationsgericht , wie sie einige wenige Kantone (Zurich, St. Gallen) kannten, ist mit den 2011 in Kraft getretenen eidgenossischen Prozessordnungen ( ZPO und StPO ) entfallen

Es bestehen vielfach auch Fach- oder Spezialgerichte, teilweise auch mit eigenem Instanzenzug.

Die Judikative auf Schweizer Bundesebene besteht aus dem Bundesgericht (BGer) mit Sitz in Lausanne und Luzern (zwei sozialrechtliche Abteilungen), dem Bundesstrafgericht in Bellinzona (seit April 2004) sowie dem Bundesverwaltungsgericht (seit Januar 2007) und dem Bundespatentgericht (seit Januar 2012) in St. Gallen .

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Verfassungsbeschwerde bundesverfassungsgericht.de, abgerufen am 4. Mai 2021.