Innozenz X., Portrat von
Diego Velazquez
, 1649/1650
Portrat von
Wolfgang Heimbach
, 1646
Innozenz X.
(burgerlich
Giovanni Battista Pamphilj
; *
6. Mai
1574
in
Rom
; †
7. Januar
1655
ebenda) war von 1644 bis 1655
Papst
der
romisch-katholischen Kirche
.
Giovanni Battista
Pamphilj
wurde 1604
Auditor der Romischen Rota
. Ab 1625 war er
papstlicher Legat
in Frankreich und 1626 in Spanien. Im selben Jahr wurde er auch
lateinischer Patriarch
von
Antiochien
. Papst
Urban VIII.
nahm ihn im
Konsistorium
vom 30. August 1627 als
Kardinalpriester
von
San Eusebio
ins
Kardinalskollegium
auf. 1639 wurde er Prafekt der
Konzilskongregation
.
Am 15. September 1644 wurde der bereits 70 Jahre alte Kardinal Pamphilj durch das
Konklave
zum Papst gewahlt und nahm den Namen Innozenz X. an.
Papstwappen Innozenz' X.
Innozenz X. zog die
Nepoten
seines Vorgangers
Urban VIII.
aus der Familie
Barberini
zur Rechenschaft, doch diese flohen nach Frankreich zu Kardinal
Mazarin
. Auf dessen Einwirken hin wurde der Prozess 1646 niedergeschlagen. Indem er mit Kardinal
Panciroli
zuerst einen
Kardinalstaatssekretar
ernannte, der kein Verwandter war, und ihm dann einen weniger einflussreichen 22-jahrigen Kardinalnepoten,
Camillo Pamphilj
, zur Seite stellte, brach Innozenz mit der Tradition, einen Neffen (Nepoten) als wichtigsten Berater zu haben. Vielleicht sollte der
Papstname
Innozenz
(?der Unschuldige“) den Bruch mit dem
Nepotismus am Heiligen Stuhl
ankundigen oder wenigstens auf das mittelalterliche Vorbild des Romers
Innozenz III.
zuruckverweisen. Er machte Camillo auch zum General der papstlichen Armee und beauftragte ihn damit, der Nepotenfamilie
Farnese
in Parma das
Herzogtum Castro
zugunsten des
Kirchenstaats
wieder zu entreißen. Camillo legte den Kardinalshut aber schon drei Jahre spater wieder ab, um zu heiraten ? sehr zum Arger seiner Mutter
Olimpia Maidalchini
, der einflussreichen Schwagerin des Papstes, die ihren Sohn schon auf dem Weg zum Heiligen Stuhl gesehen hatte. Innozenz war uber die mangelnde Ernsthaftigkeit, die sein Neffe der Kardinalswurde entgegenbrachte, wenig erbaut.
Wahrend des Pontifikats Innozenz' X. wurde 1648 der
Westfalische Friede
geschlossen, der den Herrschafts- und Einflussbereich der Protestanten festschrieb. Das war eine empfindliche Niederlage fur die katholische Kirche, die stets die kaiserlichen Maximalforderungen (wie etwa 1629 das
Restitutionsedikt
) unterstutzt und mit weitergehenden Forderungen noch ubertroffen hatte. Der außerordentliche Gesandte des Papstes, sein kunftiger Kardinalstaatssekretar (und schließlich Nachfolger)
Fabio Chigi
, nahm von 1644 bis 1649 in
Munster
an den Verhandlungen teil; dabei versuchte er, als
Mediator
vermittelnd zwischen den beiden Hauptparteien, Habsburg-Spanien und Frankreich-Schweden, zu wirken
[1]
, scheiterte jedoch an der unnachgiebigen Haltung des Papstes, der ? fern des Kriegsgeschehens und der Verwustungen ? jegliche Kompromisse zum Nachteil der katholischen Kirche ablehnte. Daher musste Chigi am Ende gegen die unterzeichnete Ausfuhrung des Friedensvertrags protestieren und ihr seine Unterschrift verweigern, worauf auch der Papst diesen Vertrag in dem
Breve
Zelo domus Dei
vom 26. November 1648 verurteilte.
Im Krieg gegen den
Herzog von Parma
eroberten seine Truppen 1649 die Stadt
Castro
und machten sie nach der
Kapitulation
dem Erdboden gleich. Ihr Gebiet wurde dem
Kirchenstaat
eingegliedert; an Stelle der Stadt errichtete man eine Saule mit der Aufschrift ?Qui fu Castro“ (?Hier stand Castro“).
In einem Breve vom 17. Dezember 1649 ordnete Papst Innozenz X. eine breitangelegte Umfrage unter allen Ordensleuten Italiens an, in der Angaben uber die finanzielle und personelle Situation aller Konvente gesammelt werden sollten. Das Ergebnis dieser Datenerhebung stellt heute eine Fundgrube fur die Geschichtswissenschaft dar. Marcella Campanelli hat 1987 die fur diese Umfrage verfassten Berichte und Statistiken bezuglich der
Theatiner
ediert und ausgewertet.
Nach heutigen Kriterien ?
ex cathedra
“ verurteilte er mit der
Papstlichen Bulle
Cum occasione
1653 funf Lehrsatze des
Jansenismus
als
Haresie
. Dies blieb ohne großen Erfolg, da die Jansenisten die Verurteilung zwar anerkannten, aber behaupteten, die Satze stammten nicht von
Jansenius
.
Detail des Grabmals fur Innozenz X. in der Kirche
Sant' Agnese
in Rom
Innozenz X. wurde wahrend seines Pontifikats sehr von seiner Schwagerin
Olimpia Maidalchini
beeinflusst, die sich dadurch bereichern konnte. Der Papst ließ die Familienhauser an der
Piazza Navona
u. a. durch
Borromini
zu einem barocken Palast, dem
Palazzo Pamphilj
, umbauen, den er seiner Schwagerin schenkte. Neben dem Palast ließ er anstelle der mittelalterlichen Kirche
Sant’Agnese in Agone
einen Neubau im Barockstil errichten.
Als er im Sterben lag, ließ Kardinalstaatssekretar Chigi die zur Furstin erhobene Olimpia nicht mehr an sein Sterbebett vor. Doch soll sie noch in seiner Sterbestunde die papstlichen Gemacher geplundert und sich geweigert haben, eine standesgemaße Beisetzung in einer Familiengrablege zu finanzieren, da sie eine arme Witwe sei. Es soll sich drei Tage niemand um den Toten gekummert haben, bevor Chigi ihn schließlich nahezu ohne Zeremonie im Petersdom bestatten ließ. Die sterblichen Uberreste wurden 1677 nach Sant’Agnese in Agone uberfuhrt, der von Innozenz X. in Auftrag gegebenen Kirche an der Piazza Navona. Erst 1729 schuf Giovanni Battista Maini das marmorne Grabdenkmal uber dem dortigen Hauptportal.
Innozenz X. ist Gegenstand eines Gemaldes des spanischen Malers
Diego Velazquez
. Dieser wird dafur geruhmt, in genialer Weise die Gratwanderung zwischen Schmeichelei und Realismus zu meistern; so lasst er den Pamphilj-Papst in lockerem Selbstbewusstsein thronen und zugleich den Betrachter eiskalt anblicken. Der Papst soll das Bild mit den Worten
?troppo vero“
(?allzu wahr“) kommentiert haben. Es ist im
Palazzo Doria-Pamphilj
in Rom zu besichtigen, welcher mitsamt der bedeutendsten privaten Gemaldesammlung Italiens bis heute den Nachfahren von Camillo Pamphilj gehort.
- Guido Braun
:
Innozenz X. Der Papst als ?padre comune‘.
In:
Michael Matheus
/
Lutz Klinkhammer
(Hrsg.):
Eigenbild im Konflikt. Krisensituationen des Papsttums zwischen Gregor VII. und Benedikt XV.
WBG, Darmstadt 2009, S. 119ff.,
ISBN 978-3-534-20936-1
.
- Michael Tilly
:
Innozenz X.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990,
ISBN 3-88309-032-8
, Sp. 1295?1298
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
.
- Michael Ott:
Pope Innocent X.
. In:
Catholic Encyclopedia
, Band 8, Robert Appleton Company, New York 1910.
- ↑
Gerd Dethlefs:
Friedensappelle und Friedensecho. Kunst und Literatur wahrend der Verhandlungen zum Westfalischen Frieden.
Diss., Universitat Munster 1998, S. 151.