Ilse Fromm-Michaels

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Ilse Fromm-Michaels ( Anita Ree , 1925)

Ilse Fromm-Michaels (* 30. Dezember 1888 in Hamburg ; † 22. Januar 1986 in Detmold ) war eine deutsche Komponistin und Pianistin .

Leben und Wirken

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Fromm spielte bereits als Kind Klavier und erregte im Alter von 8 Jahren die Aufmerksamkeit mit einer von ihr komponierten ?Romanze fur Klavier“. [1] Von Fachleuten als außergewohnliches Talent fruhzeitig entdeckt, begann sie mit 13 Jahren ihre Ausbildung an der Koniglichen Hochschule fur Musik in Berlin . Drei Jahre spater wechselte sie an das Stern’sche Konservatorium in Berlin und studierte Klavier bei James Kwast und Komposition bei Hans Pfitzner . Die hervorragende Pianistin spielte unter bekannten Dirigenten als Solistin mit Orchester. Zu diesen gehorten unter Anderen Otto Klemperer , ihr Mitstudent und Freund (1912), [2] sowie Arthur Nikisch , Max Fiedler , Fritz Steinbach , Wilhelm Furtwangler , Hermann Abendroth , Carl Schuricht , Eugen Jochum . [3] Auf den Programmen ihrer Solo-Klavierabende vor und nach dem Ersten Weltkrieg standen Werke von Max Reger , Hans Pfitzner , Paul Hindemith , Ferruccio Busoni , Philipp Jarnach , Igor Stravinsky , Arnold Schonberg , Darius Milhaud , Bela Bartok , Zoltan Kodaly , Anton Webern , Alban Berg , [4] ?um nur die zu nennen, deren Namen geblieben sind“ (Eva Weissweiler).

1915 heiratete sie den Juristen Walter Michaels.

1923/1924 konzertierte sie regelmaßig bei dem Veranstaltungszyklus Neue Musik in Hamburg, der von dem Musikwissenschaftler und -kritiker Hans Heinz Stuckenschmidt und dem Arnold-Schonberg -Schuler Josef Rufer initiiert wurde. Bei einem dieser Konzerte spielte sie unter der Leitung von Arnold Schonberg den Klavierpart von dessen Komposition Pierrot Lunaire .

?Die Tatigkeit Ilse Fromm-Michaels nahm einen großartigen Aufschwung, als die Schatten des Dritten Reichs auf ihr Leben fielen.“ [5] 1934 wurde ihre Marien-Passion op. 18 zwar noch im Reichssender Hamburg aufgefuhrt, doch durfte sie kurz darauf als Frau eines Mannes judischer Herkunft weder auftreten noch durften ihre Werke aufgefuhrt werden. In dieser Zeit entstanden ihre Sinfonie in c-Moll (op. 19, 1938) und Musica larga fur Klarinette und Streicher (1944). Walter Michaels, der die Zeit des Nationalsozialismus schwer traumatisiert nur knapp uberlebt hatte, starb kurz nach Kriegsende. Fromm-Michaels wurde noch 1945 an die Hamburger Musikhochschule berufen. 1946 wurde ihre Sinfonie von Hans Schmidt-Isserstedt mit dem Orchester des NWDR uraufgefuhrt und fand große Anerkennung bei der Kritik.

Grabstatte auf dem Friedhof Ohlsdorf

In ihren fruhen Kompositionen lasst sich ?eine Entwicklung von spatromantischen Klavierminiaturen zu großeren Klavierwerken mit expressiverer, freier Tonalitat und chromatischer Atonalitat“ ablesen. [6] ?Den Einfluss ihres Lehrers Pfitzner bezeichnete die Komponistin als eher gering und ging so weit, sich als kompositorische Autodidaktin zu bezeichnen.“ [6] Galt ab 1920 ihr kompositorisches Interesse vornehmlich der Kammermusik und dem Lied, wagte sie sich in den 30er Jahren auch an Werke mit Orchester, ?wobei ihr Kompositionsstil infolge der schwierigen Lebenssituation einer 'inneren Emigration' immer ernster wurde“ [6] und schließlich in volliges Verstummen mundete. Dies lag ihrer eigenen Aussage nach daran, ?dass sie sich außer Stande sah, nach den tragischen Erlebnissen wahrend des 'Dritten Reichs' zur Tagesordnung uberzugehen und die neue Zeit nach dem Umbruch kreativ in eine neue Tonsprache umzusetzen.“ [6] Ab 1949 war Fromm-Michaels ausschließlich als Professorin und Musikpadagogin in Hamburg tatig. 1951 wurde sie in die Freie Akademie der Kunste in Hamburg aufgenommen und 1956 mit der Plakette der Freien Akademie der Kunste in Hamburg sowie 1963 mit der Johannes-Brahms-Medaille der Stadt Hamburg ausgezeichnet. Sie starb im Alter von 97 Jahren in einem Seniorenheim in Detmold.

Ihr Sohn war der Klarinettist Jost Michaels .

Ilse Fromm-Michaels wurde auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg im Planquadrat O 18 im Bereich der Ringstraße/Cordesallee beigesetzt [7] .

Werke (Auswahl)

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  • op. 4: 4 Puppen fur Klavier
  • op. 5: 8 Skizzen fur Klavier (1908)
  • op. 6: Klaviersonate (1917)
  • op. 7: Walzerreigen fur Klavier (1917)
  • op. 8: Variationen uber ein eigenes Thema fis-Moll fur Klavier (1918/19)
  • op. 9a: 5 Wunderhornlieder
  • op. 9b: 4 winzige Wunderhornlieder
  • op. 10: Stimmungen eines Fauns fur Klavier
  • op. 11: 3 Kanons fur 3 Frauenstimmen
  • op. 12: Eulenspiegelei und eine eingerahmte Fuge fur Klavier
  • op. 15: Suite c-Moll fur Cello solo (1931)
  • op. 16: Passacaglia fur Klavier (1932)
  • op. 18: Marien-Passion fur Chor, Kammerorchester und Orgel (1932/33)
  • op. 19: Symphonie c-moll fur großes Orchester (ursprunglich als Streichquartett konzipiert) (1938)
  • Musica larga fur Klarinette und Streichquartett (1944)
  • 3 Rainer-Maria-Rilke -Gesange fur Bariton und Klavier (1948/49)
  • 2 parodistische Lieder
  • 20 Kadenzen zu Klavierkonzerten von Wolfgang Amadeus Mozart

Quelle: [8]

  • Karl Grebe: Lebenswerk einer Komponistin ? Ilse Fromm-Michaels zum achtzigsten Geburtstag; in: Jahrbuch "Zwanzig" (1968/69), hg. v. d. Freien Akademie der Kunste in Hamburg, S. 303 ff.
  • Claudia Friedel: Ilse Fromm-Michaels . In: Komponierende Frauen im Dritten Reich. Versuch einer Rekonstruktion von Lebensrealitat und herrschendem Frauenbild . Lit , Munster, Hamburg 1995, ISBN 3-8258-2376-8 , S.   389?401 .
  • Eva Weissweiler : Ilse Fromm-Michaels . In: Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart , Barenreiter, dtv Munchen 1999, ISBN 3-7618-1410-0 , ISBN 3-423-30726-9 , S. 356?361.
  • Babette Dorn: Lebenswege von Musikerinnen im "Dritten Reich" und im Exil. Hrsg. Arbeitsgruppe Exilmusik am Musikwissenschaftlichen Institut der Universitat Hamburg . von Bockel, Neumunster 2000, ISBN 978-3-932696-37-4 , S. 89?124 [9]
  • Babette Dorn:  Fromm-Michaels, Ilse. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart . Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 7 (Franco ? Gretry). Barenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2002, ISBN 3-7618-1117-9 , Sp. 199?201 ( Online-Ausgabe , fur Vollzugriff Abonnement erforderlich)

Einzelnachweise

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  1. Karl Grebe (s. Lit. Verz.) S. 304
  2. Ilse Fromm-Michaels in folgendem Buch mehrmals erwahnt: Eva Weissweiler : Otto Klemperer . Ein deutsch-judisches Kunstlerleben, Kiepenheuer & Witsch, Koln 2010, ISBN 978-3-462-04179-8 , hier S. 99.
  3. Eva Weissweiler 1999, S. 358.
  4. Weissweiler 1999, S. 358.
  5. Karl Grebe (s.Lit.Verz.) S. 307
  6. a b c d Babette Dorn: Artikel ?Ilse Fromm-Michaels“ . In: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Prasentationen , hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule fur Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 15. Februar 2018
  7. Prominenten-Graber
  8. Art. Michaels-Fromm, Ilse , in: Kurschners Deutscher Musiker-Kalender 1954. Walter de Gruyter & Co, Berlin 1954, Sp. 835?836. sowie Helmut Wirth: Art. Fromm-Michaels, Ilse , in: MGG 1 , Bd. 4, Sp. 1009?1010
  9. Inhaltsverzeichnis bei Deutsche Nationalbibliothek