Ibaditen

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Beni Isguen , heilige Stadt der Mozabiten

Die Ibaditen ( arabisch ???????? , DMG al-Ib???ya ) sind eine religiose Sondergemeinschaft des Islams , die weder dem Sunnitentum noch der Schia angehort. Von anderen Muslimen werden die Ibaditen den Charidschiten zugerechnet, sie selbst lehnen jedoch diese Zuordnung ab. Allerdings sehen sie sich als Erben der Muhakkima , aus denen auch die Charidschiten hervorgegangen sind. [1] Die Ibaditen folgen einer eigenen Rechtsschule , die sie auf Dsch?bir ibn Zaid zuruckfuhren. Ihr Name geht auf ?Abdall?h ibn Ib?d zuruck, dessen Identitat allerdings im Dunkeln liegt.

Die meisten Ibaditen leben heute in Oman auf der Arabischen Halbinsel . Das Sultanat Oman ist auch das einzige Land, in dem sie einen großeren Anteil an der Bevolkerung (ca. 45 %) bilden. Außerdem gibt es kleinere ibaditische Gemeinschaften im algerischen M'zab , auf der tunesischen Insel Djerba , in Libyen im Dschabal Nafusa und in der Stadt Zuwara sowie in den Kustengebieten Ostafrikas . Die Ibaditen in Algerien werden auch Mozabiten genannt. Insgesamt stellen die Ibaditen mit knapp zwei Millionen Anhangern nur eine kleine Minderheit unter den Muslimen dar.

Besonderheiten in Glaubens- und Normenlehre

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Grundlegend fur die ib?ditische Lehre sind die vier ?Wege der Religion“ (mas?lik ad-d?n): Hervortreten (?uh?r), Verteidigung (dif??), Selbstaufopferung (?ir??) und Geheimhaltung (kitm?n), die als Etappen innerhalb der Geschichte der eigenen Gemeinschaft aufgefasst werden, die sich aber wiederholen konnen und fur die jeweils eigene Regeln gelten. Sie werden auch verschiedenen Imamatstypen zugeordnet. [2] Eine weitere wichtige Doktrin ist die Lehre von Wal?ya und Bar?'a . Demnach haben die ibaditischen Glaubigen Loyalitat und Solidaritat (wal?ya) nur gegenuber den Mitgliedern der eigenen Gemeinschaft zu uben, allen anderen Muslimen gegenuber sollen sie dagegen Lossagung und Meidung (bar??a) an den Tag legen. Die Ibaditen sehen sich selbst als die ?Familie der Aufrechten“ (ahl al-istiq?ma) an, andere Muslime betrachten sie dagegen als kuff?r ni?ma (?Undankbare“), die es zu meiden gilt.

Besonderheiten der Ibaditen auf theologischer Ebene sind das Dogma der Erschaffenheit des Korans sowie die Ablehnung des ?Schauen Gottes im Jenseits“ (ru?yat All?h f? l-??ira) . [3] Beide Glaubenssatze verbinden sie mit der Mu?tazila .

Im Bereich der Normenlehre zeichnen sich die Ibaditen unter anderem dadurch aus, dass sie im Unterschied zu den Sunniten, aber wie die Schiiten das Streichen uber die Schuhe bei der kleinen Waschung ablehnen. [4] Hinsichtlich des Ritualgebets gibt es drei wesentliche Unterschiede: 1. beim Mittags- und Nachmittagsgebet beschrankt man sich bei den ersten beiden und letzten beiden Rak?as auf die Lesung der F?tiha , 2. Ibaditen lehnen den Qun?t ab und meinen, dass ein Gebet, das mit Qun?t vollzogen wurde, wiederholt werden muss; 3. nach ibaditischer Lehre ist es eine Fard -Pflicht, das Gebet auf der Reise zu kurzen. [5] Die wichtigste Besonderheit beim Fasten ist, dass die Ibaditen der Auffassung sind, dass der Glaubige im Zustand der großen Unreinheit (?an?ba) kein Fasten vollziehen kann, sondern erst eine Vollwaschung durchfuhren muss, damit sein Fasten gultig wird. In den anderen Lehrrichtungen wird diese Voraussetzung auf das Gebet beschrankt. [6] Unterschiede gibt es auch bei der Berechnung und der Verteilung der Zak?t . Sie soll vor allem an Ibaditen verteilt werden. [7]

Eine Besonderheit beim Eherecht ist, dass nach ibaditischer Lehre außerehelicher Geschlechtsverkehr zwischen zwei Personen ein permanentes Ehehindernis zwischen ihnen darstellt. Die sunnitischen Rechtsschulen halten es dagegen fur zulassig, dass die beiden Personen spater heiraten, wenn sie die Tauba vollzogen haben und zu einer rechtschaffenen Lebensweise zuruckgekehrt sind. [8] Im Bereich des Strafrechts gehoren zu den wichtigsten Besonderheiten, dass die Hadd-Strafen wahrend der Zeit der Geheimhaltung als ausgesetzt gelten und dass die Ibaditen wie die Zwolfer-Schiiten beim Qis?s und der Diya den Wert einer Frau halb so hoch bemessen wie den eines Mannes. [9]

Anfange und Verbreitung

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Anfange in Basra

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Die Anfange der ibaditischen Gemeinde liegen in der Stadt Basra , die ab den 680er Jahren ein Zentrum der Charidschiten war. Hier wirkte ab 679 der aus Oman stammende Gelehrte Dsch?bir ibn Zaid. Er war ein Schuler von ?Abdall?h ibn ?Abb?s und erteilte von Basra aus Rechtsgutachten , bei denen er sich vornehmlich auf Ra'y stutzte. Dsch?bir, der 712 starb, wird von den Ib?diten bis heute als eine ihrer wichtigsten Autoritaten betrachtet, allerdings war er wohl selbst noch kein Ib?dit, denn er wurde auch außerhalb ib?ditischer Kreise anerkannt. [10] Ob die Ib?diten zu jener Zeit diesen Namen uberhaupt schon fur sich benutzten und sich als Gemeinschaft nach außen klar abgrenzten, ist unklar.

Eine straffere Organisation der Gemeinschaft lasst sich erst um die Mitte des 8. Jahrhunderts erkennen, als Ab? ?Ubaida Muslim ibn Ab? Kar?ma zu ihrem Oberhaupt wurde. Als Selbstbezeichnung verwendeten die Ib?diten von Basra in dieser Zeit den Ausdruck ?Gemeinschaft der Muslime“ (Dscham??at al-muslim?n) , den anderen Muslimen erkannten sie nur den Status von ahl al- qibla , Leuten, die in die richtige Gebetsrichtung beten, zu. Ab? ?Ubaida baute seine Gemeinschaft zu einem Missionsnetzwerk um und schickte ?Wissenstrager“ (hamalat al-?ilm) genannte Werber in die verschiedenen Provinzen des islamischen Reiches, mit dem Auftrag, dort ib?ditische Gemeinden zu grunden. Die Sendboten traten nicht nur in arabischen Gebieten wie dem Hedschas oder Sudarabien und Bahrain auf, sondern auch in Agypten, Nordafrika, in Chorasan , in Choresm und sogar in Indien. Die meisten dieser Werber waren gleichzeitig als Handler tatig. Mit dem von ihnen erwirtschafteten Geld wurde in Basra eine Kasse gegrundet, mit der die Gemeinschaft finanzielle Selbstandigkeit erlangte. [11]

Die meisten Ibaditen gehorten arabischen Stammen an, die nicht besonders angesehen waren, deswegen hatte das Ideal der Gleichheit einen hohen Stellenwert in ihrer Propaganda. Wie die anderen Charidschiten waren die Ibaditen der Auffassung, dass das Imamat nicht auf den Stamm der Quraisch beschrankt sei, sondern jedem zustehe, den die Muslime zur Fuhrung ihres Staates auswahlten. Die hamalat al-?ilm predigten das Prinzip von al-Wal?ya wa-l-bar?'a , Freundschaft und Solidaritat mit allen, die im Geist des Islam lebten, und Lossagung von denjenigen, die die Gebote nicht einhielten. Bei letzteren dachte man vor allem an die Vertreter der umayyadischen Regierung. [12]

Errichtung von Imamaten

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In den verschiedenen Außenposten der ib?ditischen Gemeinde kam es ab 745 zu Aufstanden. Im Hadramaut wurde 746 ein erstes ibaditisches Imamat begrundet, dessen Truppen 747 Sanaa , die Hauptstadt Sudarabiens, sowie Mekka und Medina einnehmen konnten. Um 750 huldigten die Ib?diten von Oman al-Dschuland? ibn Mas??d, einem Nachkommen der dortigen ehemaligen Herrscherfamilie, als erstem ?Imam des Hervortretens“ ( im?m a?-?uh?r ). Und im Jahre 757 wahlten ib?ditische Berber bei Tripolis den Jemeniten Ab? l-Chatt?b al-Ma??fir? zum Imam. Mit seinen Anhangern konnte er in wenigen Monaten ganz Tripolitanien und Ifr?qiya erobern. Zwar brachen all diese Imamate schon nach kurzer Zeit wieder zusammen, doch entstand dafur 778 mit dem Rustamiden -Imamat von T?hart ein erster stabiler Staat mit ib?ditischer Ausrichtung. Er umfasste bis zum Anfang des 10. Jahrhunderts weite Gebiete des heutigen Algeriens.

In Basra selbst ubten die Ibaditen Geheimhaltung. [13] Die Fuhrung der basrischen Gemeinde ubernahm in der zweiten Halfte des 8. Jahrhunderts der ebenfalls aus Oman stammende Rab?? ibn Hab?b al-Far?h?d?. Er mischte sich auch in die Politik des Rustamiden-Staates ein, als es nach dem Tod des ersten Rustamiden ?Abd ar-Rahm?n ibn Rustam 784 dort zu Spannungen kam. Der Sohn des Herrschers, ?Abd al-Wahh?b, hatte sich bei dem Wahlgremium gegenuber einem anderen Kandidaten nur dadurch durchsetzen konnen, dass er das Versprechen gab, im Falle ihrer Unzufriedenheit zuruckzutreten. Nachdem er die Macht ubernommen hatte, hielt er sich nicht mehr an diese Bedingung, weil er meinte, dass ein Imam, wenn er einmal gewahlt ist, unumschrankte Autoritat genießt. Er ließ sich dies von Rab?? in einem Rechtsgutachten absegnen. Die Gegner des neuen Rustamiden-Herrschers sammelten sich um einen Berber, der bereits zum Wahlgremium gehort hatte, und sonderten sich als eine eigene Gemeinschaft, die Nukk?r genannt wurde, ab. [14]

Nachdem Rab?? ibn Hab?b neue hamalat al-?ilm in den Oman entsandt hatte, kam es dort zu einer Neubelebung der ibaditischen Bewegung. Er selbst kehrte vor seinem Tod im Jahre 786 in den Oman zuruck und ließ sich in der Stadt Nizwa nieder. [15] Nachdem im Dezember 793 ibaditische Kampfer der Ban? Yahmad aus dem Stamm Azd den abbasidischen Statthalter Omans besiegt hatten, wahlten sie auf einer Versammlung in Manh den zu den Ban? Yahmad gehorenden Muhammad ibn Ab? ?Aff?n zum neuen Imam und begrundeten damit das zweite ibaditische Imamat in Oman. Muhammad ibn Ab? ?Aff?n wurde schon zwei Jahre spater aufgrund seines harschen Auftretens gegenuber fruheren Gegnern wieder abgesetzt. Als wesentlich fahiger erwies sich al-W?rith ibn Ka?b (reg. 795?807), unter dessen Herrschaft der Oman relative Stabilitat erreichte. In seiner Zeit wanderten auch die fuhrenden Personlichkeiten der ibaditischen Gemeinde von Basra nach Oman aus, sodass dieser zum neuen religiosen Zentrum der Ibaditen wurde. [16]

Im Irak selbst bestanden noch kleinere ib?ditische Gemeinden in Kufa und Bagdad bis zum fruhen 9. Jahrhundert weiter. Einige Mitglieder dieser Gemeinden traten auch am Abbasidenhof in Erscheinung, so insbesondere der Theologe Ibn Yaz?d al-Faz?r?, der Ende des 8. Jahrhunderts an den Kal?m -Diskussionen der Barmakiden teilnahm. [17]

Geschichte der Ibaditen in den verschiedenen Regionen

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Nizwa , das Zentrum der Ibaditen in Oman

In Oman herrschten im 9. Jahrhundert nacheinander die ibaditischen Imame Ghass?n ibn ?Abdall?h al-Yahmad? (reg. 808?823), ?Abd al-Malik ibn Humaid (reg. 823?840) und al-Muhann? ibn Dschaifar (reg. 840?851). Letzterer konnte die Autoritat des Imamats auch auf den Hadramaut ausdehnen. [18] Tonangebende ibaditische Theologen waren hier in der ersten Halfte des 9. Jahrhunderts H?r?n ibn al-Yam?n und Mahb?b ibn ar-Rah?l, die in Briefen uber die Stellung des großen Sunders und die Beurteilung des Anthropomorphismus stritten. [19] Wahrend der Herrschaft von Imam as-Salt ibn M?lik (reg. 851?885) kam es in Oman zu heftigen politischen Auseinandersetzungen, die schließlich 885 zur Absetzung as-Salts und zur Einsetzung des Imams R?schid ibn an-Nadr fuhrten. Wahrend seiner Herrschaft verscharften sich die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien und nahmen zunehmend den Charakter eines Stammeskrieges an. Die tribalen Kampfe fuhrten schließlich dazu, dass 893 die Abbasiden mit Truppen intervenierten und dem zweiten ibaditischen Imamat ein Ende bereiteten. [20]

Nach dem Zusammenbruch des zweiten Imamats kam es innerhalb der ib?ditischen Gemeinschaft Omans zu heftigen Debatten uber dessen Ursachen, die schließlich zu einer Aufspaltung der Gemeinschaft in zwei Parteien ? diejenige von ar-Rust?q und diejenige von Nizwa  ? fuhrten, die auch unterschiedliche dogmatische, ethische und politische Positionen vertraten. Wahrend man in Nizwa eher pragmatisch orientiert war und sich auf den Kampf gegen außere Eindringlinge konzentrieren wollte, hielt man in ar-Rust?q an dem alten inneren Konflikt fest und exkommunizierte 1052 die Mitglieder der anderen Schule. Im 11. und 12. Jahrhundert wahlten sich beide Parteien auch eigene, miteinander rivalisierende Imame. Die Imamatskrise fuhrte dazu, dass sich viele arabische Stamme auf dem Gebiet der heutigen Vereinigten Arabischen Emirate , die Ib?diten gewesen waren, von dieser Richtung des Islams abwandten und schafiitische Sunniten wurden. [21]

Das Reich der ibaditischen Rustamiden im 9. Jahrhundert

Der Rustamiden-Staat umfasste im 9. Jahrhundert weite Teile der heutigen Staaten Algerien und Libyen sowie den sudlichen Teil des heutigen Tunesiens. Wichtigste wirtschaftliche Grundlage dieses Staates war der Transsaharahandel , der zum großten Teil in der Hand ibaditischer Handler lag. [22] Die Spaltung unter den nordafrikanischen Ibaditen, die nach dem Tode des ersten Imams eingetreten war, wurde jedoch nicht uberwunden, sondern verstarkte sich noch durch Differenzen auf theologischer und rechtlicher Ebene. Die Nukk?r , die sich nach Tripolitanien zuruckzogen, nahmen fur sich in Anspruch, der alten Lehre zu folgen, die Ab? ?Ubaida begrundet hatte, wahrend sie die vom Rustamiden-Staat propagierte Lehre, fur die der Name Wahb?ya gelaufig wurde, als Haresie betrachteten. Ende des 9. Jahrhunderts begannen sie mit umfassenden Propagandaaktivitaten und errichteten ein eigenes Imamat. Nach dem Untergang des Rustamiden-Staaten und der Grundung des fatimidischen Kalifats Anfang des 10. Jahrhunderts wurde ihre Lehre unter den Ibaditen vorherrschend. [23]

In den 940er Jahren organisierte der zu den Nukk?r gehorende Ab? Yaz?d Machlad ibn Kaid?d einen ib?ditischen Aufstand, der das Kalifat der Fatimiden fast zu Fall brachte. Um 968 brach in den Bil?d al-Dschar?d ein weiterer ibaditischer Aufstand gegen die Fatimiden aus. Der erste Anfuhrer dieses Aufstands, Ab? l-Q?sim Yaz?d ibn Machlad, wurde noch im gleichen Jahr getotet. Seinem Gefahrten Ab? Chazar aber gelang es, zeitweise Tripolitanien, Sudtunesien, die Insel Dscherba und die Oase Ouargla einzunehmen. Ab? Chazar verfugte uber eine Armee von 12.000 Berittenen, setzte an den verschiedenen Orten Statthalter ein und nahm Beziehungen mit den Umayyaden in Spanien auf. Doch auch dieser Aufstand brach nach einer Schlacht mit der fatimidischen Armee westlich von Kairouan in sich zusammen, womit die Ib?d?ya in Nordafrika endgultig ihre politische Rolle als staatstragende religiose Lehre verlor. [24]

Kleinere ibaditische Gemeinden blieben aber auf dem Gebiet des fruheren Rustamiden-Imamats erhalten. Hier bildete sich auch eine traditionsreiche ibaditische Gelehrsamkeit heraus, die allerdings zur wahbitischen Lehre zuruckkehrte. Zur zentralen religiosen und politischen Institution der Ibaditen in Nordafrika wurde die Halqat al-?Azz?ba . Ein ibaditischer Gelehrter aus dem Dschabal Naf?sa, Sulaim?n al-B?r?n? (1870?1940), spielte im fruhen 20. Jahrhundert eine wichtige Rolle bei der Organisation des berberischen Widerstands gegen die italienische Besetzung Libyens . Er setzte den Widerstand gegen die Italiener auch nach dem turkisch-italienischen Frieden von Ouchy (Oktober 1912) fort und wurde Ende 1916 von den Turken zum General-Gouverneur von Tripolitanien ernannt. Im November 1918 rief er zusammen mit drei anderen Gelehrten die ?Tripolitanische Republik“ aus. [25]

Durch Handler aus Oman verbreitete sich die ibaditische Lehre schon im 9. Jahrhundert auch in die Kustenregionen Ostafrikas. [26] Mitglieder omanischer Herrscherfamilien emigrierten in diese Gebiete, und manche von ihnen grundeten kleine Furstentumer. Eine weitere Phase der Verbreitung der ibaditischen Lehre ergab sich ab der Mitte des 17. Jahrhunderts, als die Omanis die Portugiesen aus den Kustengebieten Ostafrikas vertrieben. Nachdem Sultan Said ibn Sultan im fruhen 19. Jahrhundert eine omanische Oberherrschaft uber den Sansibar-Archipel errichtet hatte, wurden hier auch ibaditische Q?d?s eingesetzt. [27]

Ibaditisches Schrifttum

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Die Ibaditen haben eine eigene Hadith -Literatur. Wichtigste Hadith-Sammlung ist der Musnad von Rab?? ibn Hab?b. Bei den heutigen Ibaditen ist nicht die originale Version des Werkes in Gebrauch, sondern die Bearbeitung von Ab? Ya?q?b al-Wardschil?n? (gest. 1174), die zusatzliche Uberlieferungen von diesem enthalt und auch unter dem Titel al-??mi? a?-?a??? bekannt ist. Insgesamt enthalt sie 1005 Traditionen. Inhaltlich stimmt das Hadith-Material zum großen Teil mit dem Material in den sunnitischen Hadith-Sammlungen uberein, allerdings sind nur solche Hadithe aufgenommen, deren Isn?d uber Dsch?bir ibn Zaid auf den Propheten zuruckfuhrt. [28]

Sowohl in Nordafrika als auch in Oman entwickelte sich bei den Ibaditen ein umfangreiches theologisches und rechtswissenschaftliches Schrifttum. Einer der ersten theologischen Traktate der Ibaditen war das Kit?b Us?l ad-d?n von Tibgh?r?n (12. Jh.) aus dem Dschabal Nafusa . [29] Zu den bedeutendsten rechtswissenschaftlichen Werke der Ibaditen gehort der Mu?annaf von Ab? Bakr Ahmad ibn ?Abdall?h al-Kind? an-Nizw? (gest. 1162). [30] Er nimmt in der modernen Druckausgabe 32 Bande ein.

Mehrere Gelehrte der nordafrikanischen Ibaditen des Mittelalters wie Ab? r-Rab?? al-Wisy?n? (12. Jh.) [31] und Ab? l-Fadl al-Barr?d? (14. Jh.) [32] verfassten Sammlungen von Biographien ibaditischer Personlichkeiten. Anhand des Werkes von al-Barr?d?, das auch einen Abschnitt uber die fruhe islamische Geschichte enthalt, hat Laura Veccia Vaglieri versucht, die charidschitische Sicht auf den Konflikt zwischen ?Al? ibn Ab? T?lib und Mu??wiya I. zu rekonstruieren. [33]

Ibaditen in Deutschland

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Laut REMID leben etwa 270 Ibaditen in Deutschland , [34] deren Herkunftsland fast ausnahmslos der Oman ist. Insgesamt lebten in Deutschland am 31. Dezember 2019 laut Statistischem Bundesamt 485 omanische Staatsburger. [35]

  • Isam al-Rawas: Oman in early Islamic history . Reading 2000.
  • Pierre Cuperly: Introduction a l’etude de l'Ib??isme et de sa theologie . Office des publications universitaires, Alger, 1984.
  • Amr Ennami: Studies in Ibadhism (al-Ib???yah) . Muscat: Sultanate of Oman, Ministry of Endowments & Religious Affairs 2008.
  • Josef van Ess : Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. Eine Geschichte des religiosen Denkens im fruhen Islam . 6 Bde. De Gruyter, Berlin 1991?1997.
  • Heinz Gaube : The Ibadis in the region of the Indian Ocean . Section 1: East Africa . Olms, Hildesheim, 2013.
  • Tadeusz Lewicki : Art. al-Ib???ya in The Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. III, S. 648a?660b.
  • Wilferd Madelung: ?Abd All?h Ibn Ib?? and the origins of the Ib??iyya. In Barbara Michalek-Pikulska, Andrzej Pikulski (ed.): Authority, Privacy and Public Order in Islam : Proceedings of the 22nd Congress of L’Union Europeenne des Arabisants et Islamisants . Leuven 2006. S. 51?57.
  • Ulrich Rebstock: Die Ib??iten im Ma?rib (2./8.?4./10. Jh.). Die Geschichte einer Berberbewegung im Gewand des Islam. Berlin 1983. Digitalisat
  • R. Rubinacci: ?Il califfo ?Abd al-Malik b. Marw?n e gli Ib?diti“ in Annali dell' Istituto Universitario Orientale di Napoli. Sezione Filologico-Letteraria ? AION 5 (1953) 99?121.
  • Eduard Sachau: Uber die religiosen Anschauungen der Ibaditischen Muhammadaner in Oman und Ostafrika. In: Mittheilungen des Seminar fur Orientalische Sprachen zu Berlin 2, 2. Abt. (1899) 47?82. Digitalisat
  • Werner Schwartz: Die Anfange der Ibaditen in Nordafrika. Wiesbaden 1983.
  • Percy Smith: The Ibadhites. In The Muslim World 12 (1922) S. 276?288. Digitalisat
  • Rudolf Strothmann : Berber und Ib??iten. In: Der Islam 17 (1928) 258?279.
  • Brannon Wheeler: Ib??? Fiqh Scholarship in Context. In: Paul Cobb (ed.): The Lineaments of Islam. Studies in Honor of Fred McGraw Donner . Brill, Leiden, 2012. S. 321?349.
  • John C. Wilkinson: The Early Development of the Ib??? Movement in Ba?ra. In: G.H.A. Juynboll (ed.): Studies on the First Century of Islamic Society . Carbondale/Edwardsville 1982. S. 125?144.
  • John C. Wilkinson: Ib??? theological literature. In: M. J. L. Young, J. D. Latham, R. B. Serjeant (eds.): Religion, Learning and Science in the ?Abbasid Period . Cambridge University Press, Cambridge, 1990. S. 33?39.
  • John C. Wilkinson: Ib??ism: Origins and Early Development in Oman . Oxford University Press, Oxford 2010.
  • Miklos Muranyi : The first compendium of Ibadi law. The Mudawwana by Abu Ghanim Bishr b. Ghanim al-Khurasani (= Studies on Ibadism and Oman . Vol. 14). Georg Olms Verlag, Hildesheim / Zurich 2018, ISBN 978-3-487-15678-1 .
  • Mabrouka M’Barek: Ibadism . In: Ashish Kothari et al. (Hrsg.): Pluriverse. A Post-Development Dictionary . Tulika Books/Columbia University Press, New Dehli / New York City 2019, ISBN 978-81-937329-8-4 , S. 205?208.
  1. Cuperly: Introduction a l’etude de l'Ib??isme . 1984. S. 15.
  2. Vgl. dazu Smith: The Ibadhites 1922, S. 284 und Ennami: Studies in Ibadhism (al-Ib???yah) . 2008, S. 335?351.
  3. Zu letzterem vgl. Sachau: Uber die religiosen Anschauungen der Ibaditischen Muhammadaner . 1899, S. 71, 75 f.
  4. Ennami: Studies in Ibadhism . 2008, S. 165?167.
  5. Ennami: Studies in Ibadhism . 2008, S. 167?170.
  6. Ennami: Studies in Ibadhism . 2008, S. 170?172.
  7. Ennami: Studies in Ibadhism . 2008, S. 173?174.
  8. Ennami: Studies in Ibadhism . 2008, S. 174.
  9. Ennami: Studies in Ibadhism . 2008, S. 175?177.
  10. Vgl. van Ess: Theologie und Gesellschaft . 1992, Bd. II, S. 190 f.
  11. Vgl. van Ess: Theologie und Gesellschaft . 1992, Bd. II, S. 193?196.
  12. Vgl. van Ess: Theologie und Gesellschaft . 1992, Bd. II, S. 195.
  13. Vgl. dazu Josef van Ess II 197.
  14. Vgl. van Ess: Theologie und Gesellschaft . 1992, Bd. II, S. 198 f.
  15. Vgl. al-Rawas 134.
  16. Vgl. Lewicki 652b.
  17. Vgl. van Ess: Theologie und Gesellschaft . 1990, Bd. I, S. 405?411.
  18. Vgl. dazu al-Rawas 129?163.
  19. Vgl. John C. Wilkinson: The Imamate Tradition in Oman . Cambridge University Press, Cambridge, 1987, 164 f. und van Ess II 212.
  20. Al-Rawas 190?197.
  21. Zur Aufspaltung der omanischen Ibaditen in die Parteien von ar-Rust?q und von Nizw?, vgl. Wilkinson 2010, 334?43.
  22. Vgl. Lewicki: Art. al-Ib???ya in EI², S. 657a.
  23. Vgl. T. Lewicki: Art. al-Nukk?r in The Encyclopaedia of Islam Bd. VIII, S. 112b?114a.
  24. Vgl. Lewicki: Art. al-Ib???ya in EI² Bd. III, S. 656a.
  25. Vgl. Laura Veccia Vaglieri: Art. al-B?r?n? in The Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. I, S. 1070b?1071b.
  26. Vgl. Lewicki: Art. al-Ib???ya in EI² Bd. III, S. 653a.
  27. Vgl. Anne K. Bang: Sufis and scholars of the sea. Family networks in East Africa, 1860?1925 . RoutledgeCurzon, London and New York, 2003. S. 154?155, 161?165.
  28. Ennami: Studies in Ibadhism . 2008, S. 139?141.
  29. Vgl. Pierre Cuperly: Le Kitab Usul al-din de Tib?urin in Studia Islamica 56 (1982) 69?96, und Cuperly: Introduction a l’etude de l'Ib??isme . 1984. S. 73?91.
  30. Vgl. Wheeler: Ib??? Fiqh Scholarship . 2012, S. 323.
  31. Vgl. zu ihm K.S. Vikør: Art. al-Wisy?n? 3. in The Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. XI, S. 212b?213a.
  32. Vgl. zu ihm R. Rubinacci: Art. al-Barr?d? in The Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. I, S. 1053.
  33. Vgl. Laura Veccia Vaglieri: Il conflitto ?Al?-Mu??wiya e la secessione kh?rigita riesaminati alla luce di fonti ib??ite . Rom 1952.
  34. Mitgliederzahlen: Islam , in: Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V. (Abkurzung: REMID) , abgerufen am 29. Januar 2016
  35. Bevolkerung und Erwerbstatigkeit ? Auslandische Bevolkerung ? Ergebnisse des Auslanderzentralregisters , vom: Statistisches Bundesamt , Stand: 31. Dezember 2019
Wiktionary: Ibadit  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen