Hitzkirch
(im
luzerndeutschen
Ortsdialekt
Hitzchiuch, Hitzchuuch
[h?tsχ???χ]
,
[6]
[h?tsχ??χ]
[7]
) ist eine
politische Gemeinde
im
Wahlkreis Hochdorf
,
Kanton Luzern
,
Schweiz
.
Sie liegt im Luzerner
Seetal
zwischen
Hallwilersee
und
Baldeggersee
, rund 20 km nordlich (jeweils Luftlinie) von
Luzern
, 25 km sudwestlich von
Zurich
und 60 km sudostlich von
Basel
. Seit der Gemeindefusion im Jahr 2009 mit
Gelfingen
,
Hamikon
,
Mosen
,
Muswangen
,
Retschwil
und
Sulz
ist Hitzkirch mit uber 5900 Einwohnern einwohnermassig die drittgrosste Gemeinde im Seetal, flachenmassig die grosste.
Hitzkirch wurde bekannt durch die
Obstverwertung Hitzkirch,
spater Granador AG, und das Kantonale Lehrerinnen- und Lehrerseminar. Als Kulturdenkmaler gelten das
Schloss Heidegg
in
Gelfingen
, die Alte Schmitte und der Megalithturm in
Richensee
, die fruhbarocke Pfarrkirche von Hitzkirch und die
Deutschritterordenskommende
mit dem Rittersaal. Als Aussichtspunkt, Wander- und Skilanglaufgebiet beliebt sind die Hohen des
Lindenbergs
in
Hamikon
,
Muswangen
und
Sulz
.
Zur fruheren Gemeinde gehorten ausser dem Dorf noch die Weiler
Bleulikon
(1 km nordlich;
553
m u. M.
) und
Richensee
(1 km sudwestlich;
470
m u. M.
) sowie einige Hausergruppen und Einzelgehofte. Die Nordwestgrenze des Dorfs bildete der
Garbibach,
die Sudgrenze der
Schliessbach
. Sudlich von Richensee fliesst der
Aabach
aus dem Baldeggersee und mundet nach vier Kilometern bei Mosen in den Hallwilersee.
Der tiefste Punkt der heutigen Gemeinde liegt in Mosen (
450
m u. M.
), der hochste am
Lindenberg
(
878
m u. M.
).
[8]
Von der Gemeindeflache wird ein Anteil von 64,4 % landwirtschaftlich genutzt. 10,9 % sind Siedlungsflache, und 24,2 % sind mit Wald und Geholz bedeckt (Stand 2015/2016).
[9]
Hitzkirch grenzt seit der ≪Fusion Hitzkirchertal≫ an
Aesch
,
Beromunster
,
Ermensee
,
Hohenrain
,
Romerswil
und
Schongau
im Kanton Luzern sowie die Gemeinden
Beinwil (Freiamt)
,
Buttwil
und
Geltwil
im
Kanton Aargau
.
Die Einwohnerzahl der heutigen Gemeinde Hitzkirch wuchs zwischen 1798 und der Mitte des 19. Jahrhunderts stark (1798?1850: +32,6 %) und sank danach bis 1900 auf einen Tiefpunkt (1850?1900: ?18,3 %). Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs gab es eine Stagnationsphase. Zwischen 1941 und 1980 folgte eine Zeit mit stetem, aber geringem Bevolkerungswachstum (1941?1980: +18,9 %). Dank zwei starken Wachstumsphasen zwischen 1990 und 2000 sowie seit 2010 ist die Einwohnerzahl seit 1980 deutlich gewachsen (1980?2020: +74,3 %). Bald durfte die Marke von 6000 Einwohnern uberschritten werden (Ende 2021 5959 Einwohner).
Quellen: 1798?1837: Helvetische und kantonale Volkszahlungen
[10]
; 1850?2000 Volkszahlungsergebnisse, 2010 ESPOP, 2020 STATPOP; heutiges Gemeindegebiet
Ende 2020 zahlte die Gemeinde 5916 Einwohner. Davon waren 4967 Schweizer Staatsangehorige und 949 (= 16,1 %) Menschen anderer
Staatsangehorigkeit
. Die grossten Zuwanderergruppen kommen aus
Deutschland
(203 Menschen), dem
Kosovo
(139),
Italien
(64),
Nordmazedonien
(52),
Eritrea
(51),
Polen
(45),
Portugal
,
Serbien
(je 28),
Osterreich
(25),
Ungarn
(23),
Sri Lanka
, der
Turkei
,
Kroatien
(je 22) und
Rumanien
(21).
[11]
[12]
Kirche in Hitzkirch
Die altesten Funde stammen aus der Zeit von 8000 bis 5000 v. Chr. Unter der Kirche von Hitzkirch wurden Reste eines romischen Gutshofs und Alemannengraber aus dem 7./8. Jahrhundert gefunden. 1084 wird ein erstes Gotteshaus erwahnt. Der Ort wird unter dem Namen
de Hiltis-chilche
1230 in der Heiratsgutsurkunde von Graf Hartmann dem Alteren von
Kyburg
erstmals unter der heutigen Bezeichnung genannt. Die Bedeutung des Ortsnamens ist ≪Kirche des Hilti≫.
[7]
Die Kyburger herrschten von 1173 bis 1263. Nach ihrem Aussterben ubernahmen die
Habsburger
die Herrschaft. Diese mussten sie 1415 endgultig abgeben, die Gegend wurde durch die Stadt
Luzern
erobert. Bis dahin hatte Hitzkirch zum habsburgischen Amt Richensee gehort. Bereits 1425 mussten die Luzerner ihre Vorherrschaft wieder aufgeben, und der Ort kam bis 1798 zu den
Freien Amtern
des Aargaus.
Unter der Leitung der 1237 gegrundeten
Deutschritterordens
-Kommende Hitzkirch
trat 1528 das Hitzkirchertal zum
neuen, reformierten Glauben
uber, wurde aber bereits 1532 gewaltsam wieder rekatholisiert. Seit diesem Zeitpunkt werden die Hitzkircher auch Wagglitaler genannt. 1653 beteiligte sich die Gemeinde aktiv am Grossen
Bauernkrieg
. Das Hitzkirchertal wird in ≪Harte≫ und ≪Linde≫ gespalten. 1665 brannte das Dorf ab, es gab ein Todesopfer. Heute erinnert eine Inschrift am Dorfbrunnen an dieses Ereignis.
1798 kam der Ort zum neu gegrundeten
Kanton Baden
, wurde aber 1803 wieder im Austausch mit
Merenschwand
dem Kanton Luzern zugeteilt. Es erfolgte 1806 die Aufhebung der Deutschritterordenskommende. Bis heute erinnert das Wappen von Hitzkirch noch an die Deutschritter: Es vereinigt das Luzerner Wappen mit dem schwarzen Kreuz der Deutschritter.
1832 wurde die Sekundarschule in Hitzkirch eroffnet. Der Alte Friedhof bei der Kirche wurde zu klein fur die standig wachsende Bevolkerung Hitzkirchs, also verlegte man ihn 1837 an seinen neuen Standort.
Das kantonale Lehrerseminar nahm 1868 seinen Betrieb in den Raumlichkeiten der
Kommende
auf. 1883 wurde die Gemeinde durch die Seetalbahn erschlossen, welche schon seit 1868 geplant war.
Die Gemeinde wurde dem neu geschaffenen
Amt Hochdorf
angegliedert. 1897 erfolgte der Zusammenschluss des bis dahin selbstandigen Stadtchens
Richensee
mit der Gemeinde Hitzkirch. Im Dorf wurde 1906 das elektrische Licht eingefuhrt.
Luftbild von
Walter Mittelholzer
(1923)
In Richensee wurde 1972 das Zivilschutzausbildungszentrum gebaut, das bis Ende 2005 genutzt wurde.
Der wirtschaftliche Aufschwung der 1970er-Jahre fuhrte zu einer starken Ausweitung des Wohngebiets. Entlang der Strasse nach Richensee entstanden erste Wohnblocks und an den Hangen des Lindenbergs oberhalb des Dorfes vor allem Einfamilienhauser. Etwa zur gleichen Zeit ist am westlichen Dorfrand das funfstockige Wohn- und Geschaftshaus
Zentrum
mit Grossverteiler-Filiale, Kleidergeschaft und Arztpraxis gebaut worden. Waren bis Ende der 1980er-Jahre die meisten Laden an der Luzerner- und Aargauerstrasse sowie unterhalb der Dorfkirche zu finden, verschob sich das Dorfzentrum in den 1990er-Jahren nach dem Bau des Alters- und Pflegeheims Kreuzmatt und weiterer Wohn- und Geschaftsgebaude mit Gemeindekanzlei, Dorfcafe, Poststelle, Polizeiposten und weiterer Laden und Geschafte endgultig in die Umgebung des
Zentrums
.
2003 feierte man die 200 Jahre beim Kanton Luzern, als jungste Gemeinde, und stellte deshalb einen Gedenkstein am Hiltiplatz auf. Im ehemaligen Lehrerseminar wurde 2007 die
Interkantonale Polizeischule Hitzkirch
(IPH) eroffnet.
In den 2000er-Jahren wurde die Frage aktuell, ob sich Hitzkirch mit benachbarten Gemeinden zu einer grosseren Einheit zusammenschliessen sollte. Ein erstes Fusionsprojekt mit den zehn Gemeinden
Aesch
,
Altwis
,
Ermensee
,
Gelfingen
,
Hamikon
,
Mosen
,
Muswangen
,
Retschwil
,
Schongau
und
Sulz
wurde am 21. Mai 2006 von den Stimmburgern in einer Urnenabstimmung abgelehnt. Ein Folgeprojekt mit den sechs Gemeinden Gelfingen, Hamikon, Mosen, Muswangen, Retschwil und Sulz wurde hingegen am 25. November 2007 angenommen und per 1. Januar 2009 vollzogen. Seit dem 1. Januar 2021 gehort auch Altwis zur Gemeinde Hitzkirch.
Folgende funf Personen sind fur die Legislaturperiode 2020?2024 gewahlt:
[13]
- David Affentranger (
CVP
): Gemeindeprasident
- Rebekka Renz (CVP): Bildung, Kultur und Sport
- Daniel Eugster (
SP
): Finanzen und Steuern
- Lukas Elmiger (CVP): Bau, Umwelt, Wirtschaft
- Hugo Beck (
FDP
): Gesundheit und Soziales
Bei den
Kantonsratswahlen 2023
des
Kantons Luzern
betrugen die Wahleranteile in Hitzkirch:
Mitte
32,49 %,
SVP
30,33 %,
FDP
14,41 %,
SP
(mit JUSO) 12,92 %,
Grune
(mit JG) 5,56 %
glp
4,28 %.
[14]
Bei den
Schweizer Parlamentswahlen 2023
betrugen die Wahleranteile in Hitzkirch:
Mitte
32,7 %,
SVP
31,4 %,
FDP
13,3 %,
SP
9,0 %,
GPS
4,9 %,
glp
4,8 %,
EVP
0,5 %.
[15]
Die Bewohner Hitzkirchs waren in der fruhen
Neuzeit
vor allem in Landwirtschaft, Weinbau und Kleingewerbe tatig. Im 16. und 17. Jahrhundert sind Maler, Kramer, Glaser, Uhrmacher, Schuhmacher, Gerber und Sattler nachgewiesen. Als im 18. Jahrhundert die Verkehrswege in Richtung Bern und Zurich sowie Luzern und Lenzburg an Bedeutung gewannen, liess sich auch ein Handler nieder. Carl Anton Corragioni erbaute 1761 das Barockhaus unterhalb der Dorfkirche.
[16]
Nach der Eroffnung der Seetalbahn und des Bahnhofs Richensee im Jahr 1883 baute die 1902 gegrundete Obstverwertungsgenossenschaft ostlich des Bahnhofs ihre ersten Betriebsgebaude. Die Mosterei vergrosserte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts stark. Sie ubernahm einige Getrankehersteller und fusionierte mit anderen. So entstanden 1987 die
Granador AG
und 2005 die Unidrink. 2008 wurde die Firma in
Ramseier Suisse AG
umbenannt und der Sitz nach
Oberkirch
verlegt. Das ehemalige Granador-Gebaude steht seit damals leer. Es stehen verschiedene Losungen zur Diskussion: vom Verkauf bis zur weiteren wirtschaftlichen Nutzung.
Nach missgluckter Ansiedlung einer Schuhfabrik in den 1960er-Jahren liessen sich in den 1970er-Jahren verschiedene Industrieunternehmen hauptsachlich an zwei Standorten nieder: Westlich der Seetalbahn bauten ein Luftungs- und Klimageratehersteller und ein Autohandler, im Feld an der Strasse nach Ermensee entstanden die Verwaltungs- und Produktionsgebaude von
Manometer AG
(Messgerateherstellung) und eines Werkes zur Herstellung und Weiterverarbeitung von Hartmetallen. Bis Ende Jahrhundert bauten diese stark aus, und es folgte der Bau weiterer Betriebs- und Verwaltungsgebaude vor allem vom einheimischen Gewerbe.
Hitzkirch ist gut ans Netz des offentlichen Verkehrs angeschlossen. Es hat eine eigene Haltestation an der
Seetalbahn
Luzern?Lenzburg. Die Gemeinde ist Ausgangspunkt der Buslinien Hitzkirch?Schongau und Hitzkirch?Muswangen.
Das Dorf und der Ortsteil
Richensee
liegen an der Hauptstrasse von Luzern nach Lenzburg, der Weiler Bleulikon abseits der Hauptverkehrswege. Die nachstgelegenen Autobahnanschlusse sind Sursee (A2) und Buchrain (A14) sowie Emmen-Nord (A2).
Am
Auffahrtstag
gibt es die Tradition eines Umrittes.
[17]
- Johann Caspar Bagnato
(1696?1757), Baumeister des Barocks, schuf die Deutschritterkommende Hitzkirch
- Johann Baptist von Eptingen
(1714?1783), leitete die Deutschordenskommende Hitzkirch
- Josef Roos
(1851?1909), Lehrer, Eisenbahnverwaltungsangestellter und Mundartautor, besuchte das Lehrerseminar in Hitzkirch
- Jakob Xaver Muller
(1869?1933), Politiker, Abgeordneter im Nationalrat der Schweiz, besuchte das Lehrerseminar in Hitzkirch
- Ludwig Fischer
(1877?1962), Lehrer und Dialektologe, besuchte das Lehrerseminar in Hitzkirch
- Alfred Bogli
(1912?1998), Geograph, Mineraloge und Hohlenforscher, war am Lehrerseminar Hitzkirch tatig, starb in Hitzkirch
- Joseph Roosli-Fahndrich
(1935?2018), Komponist, Kirchenmusiker und Musikpadagoge, besuchte das Lehrerseminar in Hitzkirch
- Walter Haas
(* 1942), Professor fur germanistische Linguistik, besuchte das Lehrerseminar in Hitzkirch
- Thomas Bucheli
(* 1961), Meteorologe und Fernsehmoderator, wuchs in Hitzkirch auf
- Michael Thali
(* 1967), Rechtsmediziner, wuchs in Hitzkirch auf
- Damian Muller
(* 1984), Politiker, wohnt in Hitzkirch
- Stefan Kne?evi?
(* 1996), Fussballspieler, begann mit dem Fussballspielen beim FC Hitzkirch
- ↑
Generalisierte Grenzen 2023
.
Bei spateren Gemeindefusionen Flachen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
- ↑
Generalisierte Grenzen 2023
.
Bei spateren Gemeindefusionen Flachen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
- ↑
Standige Wohnbevolkerung nach Staatsangehorigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022
.
Bei spateren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
- ↑
Standige Wohnbevolkerung nach Staatsangehorigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022
.
Bei spateren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
- ↑
Standige Wohnbevolkerung nach Staatsangehorigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde
(
Memento
vom 1. Januar 2015 im
Internet Archive
) (Standige Wohnbevolkerung)
- ↑
Sprachatlas der deutschen Schweiz
,
Band V 1b.
- ↑
a
b
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen
,
S. 447.
- ↑
Hohenangaben gemass der Karte des
Geoportals Kanton Luzern
.
- ↑
Bodennutzung nach Nutzungsarten 2015/2016.
LUSTAT Statistik Luzern, 19. April 2022,
abgerufen am 25. Januar 2024
.
- ↑
Robert Gubler, Bevolkerungsentwicklung und wirtschaftliche Wandlungen im Kanton Luzern. Tabelle I. n. S. 112
- ↑
Standige und nichtstandige Wohnbevolkerung nach institutionellen Gliederungen, Geburtsort und Staatsangehorigkeit
(Bundesamt fur Statistik STAT-TAB)
- ↑
Auslandische Wohnbevolkerung nach Nationalitat, Aufenthaltsstatus und Bevolkerungstyp
(LUSTAT Statistik Luzern)
- ↑
Reto Bieri:
Lukas Elmiger zieht in den Hitzkircher Gemeinderat ein.
Luzerner Zeitung
, 8. November 2020,
abgerufen am 8. November 2020
.
- ↑
Kantonsratswahlen: Starke der Parteien 2023
(LUSTAT Statistik Luzern)
- ↑
Nationalsratswahlen 2023.
Bundesamt fur Statistik,
abgerufen am 25. Januar 2024
.
- ↑
Othmar Wey und Waltraud Horsch:
Hitzkirch (Gemeinde).
In:
Historisches Lexikon der Schweiz
. Abschnitt
Mittelalter und Neuzeit.
- ↑
Auffahrtsumritt