Dieser Artikel behandelt die Totung eines Menschen. Zu den Filmen siehe
Die Hinrichtung
.
Eine
Hinrichtung
, im Sprachgebrauch auch
Exekution
, ist die vorsatzliche
Totung
eines in der Gewalt der Hinrichtenden befindlichen gefangenen Menschen, meist als Vollzug einer von der
Justiz
eines
Landes
ausgesprochenen
Verurteilung
zur
Todesstrafe
. Werden Menschen durch staatliche Stellen widerrechtlich getotet, handelt es sich um
extralegale Hinrichtungen
. Der Begriff wird im weiteren Sinne auch fur die Totung eines Menschen durch nicht
hoheitlich
befugte Personen, Gruppen oder Organisationen verwendet, beispielsweise im Zusammenhang mit
Terrorismus
oder
Kriminalitat
.
Die Hinrichtungsarten oder Sterbearten durfen nicht mit der
Todesart
oder der
Todesursache
verwechselt werden. Zum Beispiel fuhrt Ertranken zum Ertrinken.
Zur Hinrichtung wurden oder werden folgende Methoden verwendet:
- Elektrischer Stuhl
(seit 1889 in den
USA
, nur noch in wenigen Bundesstaaten; fruher auch
Philippinen
)
- Enthauptung
mit dem
Schwert
(z. B.
Saudi-Arabien
)
- Erhangen
(
Galgen
; Todeseintritt durch
Genickbruch
, Unterbrechung des Blutstromes zum Gehirn oder
Ersticken
) (z. B.
Japan
)
- Erschießung
(Herz- oder
Kopfschuss
,
Genickschuss
), im militarischen Bereich wird die Bezeichnung
Fusilieren
verwendet (z. B.
China
,
Belarus
als letztes Land in Europa Genickschuss, USA)
- Steinigung
(z. B. bei Anwendung der
Scharia
des
Islams
) (z. B. Saudi-Arabien, Iran)
- Erstickung
(
?
Stickstoffhypoxie
“
, Verabreichen von Stickstoff per Maske) (seit 2024, USA)
- Vergiftung
(
Giftspritze
oder
Gaskammer
) (USA, Giftspritze in mehreren Bundesstaaten und Gaskammer in wenigen; China, Giftspritze)
Seit dem Jahr 2000 sind nach Kenntnis von
Amnesty international
folgende Hinrichtungsmethoden bei der Vollstreckung der Todesstrafe angewandt worden:
- Elektrischer Stuhl: USA (nicht alle Bundesstaaten)
- Enthauptung mit dem Schwert: Saudi-Arabien
- Hangen:
Agypten
,
Irak
,
Iran
, Japan,
Jordanien
,
Libyen
,
Pakistan
,
Singapur
,
Malaysia
und weitere Lander
- Erschießung: USA, Belarus,
Volksrepublik China
,
Nordkorea
,
Somalia
,
Republik China (Taiwan)
,
Usbekistan
,
Vietnam
und weitere Lander
- Steinigung:
Afghanistan
, Iran,
Sudan
, Teile
Nigerias
,
Somalia
- Giftspritze: Volksrepublik China,
Guatemala
,
Thailand
,
USA
Die Brutalitat historischer Hinrichtungsarten zeigt deutlich, dass diese Verurteilte nicht nur toten sollten, sondern darauf abzielten, ihnen zusatzliches Leid durch Folter zuzufugen.
- sukzessives Abtrennen von Korperteilen (
Lingchi
; in China bis 1905 legal)
- Ausweiden
, auch Ausdarmen genannt
- Bambusfolter
- Blutaar
, auch Blutadler ? ob diese Methode bei den Wikingern tatsachlich angewendet wurde oder eine Erfindung ist, ist aus heutiger Sicht unklar.
[2]
- Damnatio ad bestias
, im
Romischen Reich
warf man Verurteilte mitunter auch den ?wilden Tieren zum Fraß“ vor
- Damnatio ad ferrum
, Oberbegriff fur die Todesstrafe im
Romischen Reich
, beinhaltet aussichtslose Kampfe der Verurteilten gegeneinander (bis zum Tod aller Delinquenten) oder gegen einen (bzw. mehrere) Gladiator/en (
damnatio ad gladium
)
- Dezimation
Todesstrafe durch Auslosung, z. B. bei Meuterei im
Militarrechtswesen im antiken Rom
- Einfloßen geschmolzenen Metalls (meist
Blei
, aber etwa auch
Gold
) in der judischen Antike und anderen
altorientalischen
Kulturen
- lebendig Begraben
- Enthauptung
mit der
Guillotine
, dem
Richtschwert
oder dem
Richtbeil
- Enthauten
oder Schinden, mit Folter kombinierte Hinrichtungsart, von der Antike bis in die Fruhe Neuzeit
- Erstechen
- Erdrosseln
, in Osterreich von 1870 bis 1950 z. B. mit dem
Wurgegalgen
in
Spanien
bis 1974 auch mit der
Garrotte
- Erfrieren lassen
- Erschlagen;
Radern
,
Fustuarium
, Herabsturzen aus großer Hohe, zum Beispiel von Turmen, Brucken, siehe auch
Tarpejischer Fels
; seltener durch
Katapultieren
- Ertranken
- Estrapade
, Hinrichtungsart, die mit der Foltermethode
Pfahlhangen
verwandt ist
- Exekution durch Elefanten
- Fustuarium
, Anwendung im
Militarrechtswesen im antiken Rom
, u. a. bei Pflichtvernachlassigung
- Hexenproben, durch die Angeklagte der Hexerei uberfuhrt werden sollten, konnten zum Tod fuhren: die
Wasserprobe
(auch ?Hexenbad“) sowie die
Feuerprobe
- Beim
In die Asche werfen
musste man tagelang bis zum Tode in einem mit Asche gefullten Raum verweilen.
[3]
- Hangen, Ausweiden und Vierteilen
wurde in England bei
Hochverrat
und
Falschmunzerei
, in Italien auch bei Giftmord angewendet.
[4]
- Kannibalismus
- Kochen bei lebendigem Leib (=Sieden)
- Kolumbianische Krawatte
, auch unter dem Namen mexikanische oder sizilianische Krawatte bekannte Folter- und Hinrichtungsmethode
- Kreuzigung
- Little Ease
, diese aus England stammende Foltermethode konnte je nach Dauer der Anwendung zum Tod fuhren.
- Judenstrafe
, Sonderform des Erhangens, auch
verkehrtes Hangen
(an den Fußen aufhangen, oft auch zusammen mit Hunden), im Mittelalter in Sudeuropa, Deutschland und den Niederlanden angewendet
- Martern am
Marterpfahl
- Mazzolata
, auch
Mazzatello
[5]
(in Italien bis Anfang des 19. Jahrhunderts: Der Verurteilte wurde mit dem Gesicht zur Menge der Zuschauer gestellt, manchmal auch an ein Andreaskreuz gefesselt. Dann wurde ihm mit einer Keule der Kopf eingeschlagen. Wahrend er vornuber umfiel, wurde ihm die Kehle durchgeschnitten; erwahnt in
Der Graf von Monte Christo
.
)
- Radern
(Radebrechen)
- Richtbank
, Hinrichtungen auf der Richtbank oder dem
Richtblock
erfolgten in Kombination mit einem Beil
- Rosten zwischen Feuern oder in einem Feuerring
[6]
- Sacken
als Variante des Ertrankens (nach Einnahen des Delinquenten in einen Sack, gemeinsam mit einem lebenden Tier)
- Scaphismus
auch
Verwesen im Trog
oder
In-den-Trog-Setzen
mitunter wurde das Gesicht des Verurteilten zusatzlich mit Milch und Honig bestrichen; Maden und Wurmer zerfraßen den Korper.
[7]
[8]
- Schmauchen
(Schmeuchen, Schmauchen) langsames unterbrochenes
Ersticken
uber Qualm
- Offentliches
Sezieren
- Sizilianischer Bulle
(Hitzefolter durch Einschließen in einen befeuerten Ofen)
- Strecken (
Ausdehnung
,
Streckbank
)
- Sturzen in einen Abgrund
[9]
- Pfahlung
, der rumanische Furst
Vlad III. Dr?culea
wendete diese grausame Hinrichtungsart so gern an, dass sie mit fur seinen Beinamen ?Sohn des Teufels“ verantwortlich war
- Uber die Planke gehen
- Verbluten (u. a. beim Zersagen, Zerstuckeln und Vierteilen)
- Verbrennen;
Scheiterhaufen
- Verdurstenlassen und Verhungernlassen, korperliche Auszehrung (siehe auch
Hungerturm, -bunker
)
- Vergiften
(der moglicherweise bekannteste historische Fall war die Hinrichtung des
Sokrates
mit Hilfe des
Schierlingsbechers
)
- Vierteilung
? insbesondere bei
Konigsmord
im Mittelalter und der Fruhen Neuzeit angewendete Hinrichtungsart
- Zangenreißen
[10]
- Zermalmung
als Form des
Erstickungstodes
- Zerquetschen
(mit Elefanten, Steinen oder Geraten ahnlich der
Garrotte
)
- Zerreißen mittels
Estrapade
oder Wippgalgen
- Zersagen
- Zerstuckeln, chinesisch
Lingchi
, ?Tod durch tausend Schnitte“ insbesondere fur Hochverrater und Anfuhrer von Revolten in China
In manchen Fallen wird das Schauspiel einer offentlichen Hinrichtung vollzogen, ohne dabei tatsachlich jemanden zu toten:
- Wenn das Opfer bereits tot ist (posthume Hinrichtung), so geschehen zum Beispiel bei dem englischen Politiker
Oliver Cromwell
.
- Wenn das Opfer nicht in der Gewalt der staatlichen Institutionen war, wurden von der spanischen
Inquisition
geflohene Ketzer haufig
in effigie
, also in Gestalt einer Strohpuppe, verbrannt. Noch ist bei radikalisierten politischen Kundgebungen das Verbrennen oder Erhangen von Puppen zu beobachten, die besonders gehasste Personen darstellen. Ein weiteres Beispiel dafur ist die
Nubbelverbrennung
im rheinischen
Karneval
.
Offenbar ist in solchen Fallen die
Propagandawirkung
der Hinrichtung, also die drastische Darstellung des Missfallens der durchfuhrenden Partei gegenuber dem Hingerichteten, als Abschreckung oder verbindendes Gemeinschaftserlebnis noch vorhanden.
Von vielen Vollstreckungsmethoden der Todesstrafe setzten sich einige im Lauf der Geschichte langerfristig durch, losten einander ab oder wurden und werden parallel ausgeubt. Im
Alten Orient
war meist die Steinigung ublich, die ein Kollektiv ? meist die Sippe oder der Stamm ? durchfuhrte. Spater wurde von den Anklagern verlangt, die ersten Steine auf das Opfer zu werfen, um so ihre rechtmaßige Anklage zu unterstreichen und
Meineide
im Prozess zu erschweren. Im Iran wird die Steinigung fur Ehebruch teilweise noch durch den Staat ausgeubt.
Das Romische Reich loste kollektives Sippenrecht durch ein Staatsrecht ab. Hier war die Kreuzigung fur entlaufene Sklaven, Verbrecher ohne romisches Burgerrecht und Aufstandische die ubliche Hinrichtungsart. Staatsfeinde oder
Hochverrater
wurden im
Carcer Tullianus
der Stadt Rom haufig auch erdrosselt oder (seltener) enthauptet, danach, wie bei der Kreuzigung, auf der
Gemonischen Treppe
offentlich zur Schau gestellt, durch die Stadt geschleift und in den
Tiber
geworfen.
Das europaische
Mittelalter
behielt das Kreuzigen wegen des christlichen Glaubens an den gekreuzigten
Jesus Christus
nicht bei, sondern erfand dafur viele neue Methoden. Fur besonders schwere Straftaten waren Erhangen, Erwurgen mit einem Strick oder Radern ublich. ?
Ketzer
“ wurden haufig bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wobei sie meist schon am Qualm erstickten, bevor sie verbrannten. Anfangs war diese Strafe rechtlich streng begrenzt und daher selten, wurde aber in einigen Landern und Zeiten exzessiv angewandt, etwa wahrend der spanischen
Inquisition
und vor allem bei der
Hexenverfolgung
ab Ende des 15. Jahrhunderts. Die Enthauptung durch das Schwert war
Adeligen
oder anderen privilegierten Verurteilten vorbehalten.
Hinrichtungen vollzog damals ein einzelner dafur bestellter Beamter, der
Henker
oder
Scharfrichter
. Dieser ? auch als ?Meister Hans“ Bezeichnete ? war mitsamt seiner Familie in vielen Kulturkreisen geachtet. Der Kontakt zu ihm wurde gemieden und er stand auf der niedrigsten sozialen Stufe, obwohl die haufigen Todesstrafen als regelmaßiges Volksschauspiel offentlich gefeiert wurden.
[11]
Neuzeitliche
Verfahren folgten dem technischen Fortschritt. In Frankreich wurde 1792 die Guillotine als maschinelle Form des Enthauptens eingefuhrt und verbreitete sich von dort aus in Europa. Hinzu kam seit Erfindung der Schusswaffen die Erschießung. Seit etwa 1890 setzte sich daneben der Strang durch. Im 20. Jahrhundert kamen die Gaskammer, der Elektrische Stuhl und neuerdings die letale Injektion (todliche Giftspritze) hinzu.
Neuzeitliche Staaten verteilen die Hinrichtung oft auf mehrere Personen und verbergen so die individuelle Verantwortung dafur, etwa durch die maschinelle Auslosung eines Fallbeils, ein Erschießungs-
Peloton
oder einen
Zufallsgenerator
wie in den Hinrichtungskammern der USA: Zwei oder drei Ausfuhrende betatigen verschiedene Schalter, von denen nur einer das todliche Gift in die Blutadern des Verurteilten fließen lasst. So kann die Totung keiner Einzelperson zugeordnet werden. Im
Ersten Weltkrieg
stieg die Anzahl der Hinrichtungen an Zivilisten deutlich an. Vor allem im Osten und Sudosten Europas wurden Tausende Zivilisten, die man der Spionage oder des Verrats beschuldigte, ohne feldgerichtliche Verfahren hingerichtet. Erst in jungster Zeit wurden diese Ereignisse historisch untersucht.
Im Mittelalter wurden auch Arten der Folter angewandt, die schließlich zum
Tode
fuhrten.
Die einzelnen Hinrichtungsmethoden sind meist bestimmten Delikten zugeordnet, gelegentlich in Form
spiegelnder Strafen
. Bloße Lust an der Grausamkeit spielte wohl eine deutlich geringere Rolle, als der unbefangene, neuzeitliche Blick auf die Rechtspraxis des Mittelalters vortauscht. Todesurteile wurden oft offentlich weniger grausam vollstreckt, als sie tatsachlich waren. Betaubungsmittel wurden bei der Folter, beim Gottesurteil und bei der so genannten verscharften Hinrichtung eingesetzt. Das
Retentum
, eine Milderung, die in Form einer geheimen Klausel in das Urteil eingefugt wurde, konnte zum Beispiel bestimmen, dass der Hinzurichtende vor dem Radern heimlich zu erdrosseln sei, der Hexe solle vor dem Verbrennen ein Sack mit Schießpulver um den Hals gehangt oder dem Hinzurichtenden ein Betaubungsmittel eingegeben werden. Ein ?Taumelbecher“ als Gnadenakt wird bereits im Bibelbuch
Spruche
(31, 6f.) und bei
Christi
Kreuzigung
(Myrrhen- oder Gallenwein) erwahnt (
Lexikon des Mittelalters
Bd. 1, Sp. 2083).
Das letzte bekannte Beispiel der
Hinrichtungsmethode
des Zerstoßens der Glieder mit eisernen Keulen ist im Hannoverschen vom 10. Oktober 1828 beschrieben. Als Vergeltung fur den aus Habsucht begangenen Mord an Vater und Schwester wurde Andreas Christoph Beinhorn aus
Grone
auf einer Kuhhaut zum
Richtplatz
geschleift und dort, auf dem Leineberg in
Gottingen
, offentlich von unten auf geradert ? wie es in einem zeitgenossischen Flugblatt heißt ? ?mit Keulen zerschlagen und nachher sein Korper auf das Rad geflochten“ (wenn auch nur fur einen Tag).
[12]
Die letzte offentliche Hinrichtung in der Stadt
Wurzburg
fand am 2. November 1850 statt. ?Vor einer zahllosen Menschenmenge“ wurde der 30-jahrige Raubmorder Heinrich Schuhmann aus
Hofstetten
mit dem Schwert enthauptet.
[13]
Seit 1851 wurde in allen deutschen Staaten die offentliche Hinrichtung aufgehoben. Die letzten beiden offentlichen Hinrichtungen fanden dennoch am 14. Oktober 1864 in
Marburg
und am 21. Oktober 1864 in
Greiz
statt.
[14]
Im
Deutschen Reich
fand die Hinrichtung traditionell in einem umschlossenen Raum statt. Teilnahmeverpflichtung bestand fur zwei Personen des
Gerichts
der ersten Instanz, einen Gerichtsschreiber, einen Gefangnisbeamten und einen Vertreter der Staatsanwaltschaft. Der Ort, in dem die Hinrichtung stattfand, konnte zwolf ?ehrenwerte“ Burger abstellen, die freiwillig an der Hinrichtung teilnehmen konnten. Diese sollten die fruher ubliche Offentlichkeit darstellen, die jedoch mit vielen unangenehmen Begleiterscheinungen einhergegangen war. Der Verteidiger und andere Personen (
Geistliche
, Verwandte) konnten auf Antrag ebenfalls der Hinrichtung beiwohnen. Uber den Vorgang war stets ein Protokoll aufzunehmen. Der Leichnam des Hingerichteten war den Verwandten auszuhandigen, die ihn ohne großere Feierlichkeiten zu bestatten hatten.
Seit Einfuhrung des
Reichsstrafgesetzbuchs
von 1871 war als Hinrichtungsmethode im Deutschen Reich ausschließlich die
Enthauptung
vorgeschrieben gewesen (§ 13), welche in der Praxis mittels
Handbeil
oder
Fallbeil
durchgefuhrt wurde. Die Mehrzahl der nordlichen Lander (etwa
Preußen
) gebrauchte bis Mitte der 1930er Jahre das Handbeil, andere Lander (etwa
Bayern
und
Sachsen
) Fallbeile.
Durch das
Gesetz uber Verhangung und Vollzug der Todesstrafe
vom 29. Marz 1933 wurde neben der
Enthauptung
zudem wieder die Methode des
Hangens
zugelassen, welche aus Sicht der Nationalsozialisten besonders unehrenhaft war, doch wurde sie bis Ende 1942 im Kerngebiet des Deutschen Reiches nicht angewandt. Todesurteile von
Militargerichten
wurden stattdessen durch
Erschießung
und die von Zivilgerichten durch Enthauptung (seit einem
Fuhrererlass
vom 14. Oktober 1936 ausschließlich per Fallbeil
[15]
) vollstreckt. Um Hinrichtungen geheim und in großer Zahl abwickeln zu konnen, wurden im Dritten Reich ab 1937
zentrale Hinrichtungsstatten
errichtet, die an ausgewahlten Vollzugsstandorten in Form eines mehrere Raume umfassenden Hinrichtungstraktes bis 1945 bestanden.
Im Dezember 1942 wurden die fuhrenden Mitglieder des ?
Schulze-Boysen/Harnack-Kreises
“ auf Befehl Hitlers erhangt, worauf in Deutschland wieder regelmaßig Exekutionen auf diese Art durchgefuhrt wurden
[16]
(z. B. nach dem
20. Juli 1944
). Im Zusammenhang mit den zu erwartenden Todesurteilen wurde am 15. Dezember 1942 im Hinrichtungsraum der
Haftanstalt Berlin-Plotzensee
eine Eisenschiene mit
Fleischerhaken
angebracht,
[16]
und bis Mitte 1943 wurden Vorkehrungen zum Vollzug der Todesstrafe durch Hangen auch in nahezu allen anderen
zentralen Hinrichtungsstatten
des Deutschen Reichs getroffen. Der Galgen wurde dabei zumeist im selben Raum wie das Fallbeilgerat installiert.
Die Zahl der Hinrichtungen nahm in der
Zeit des Nationalsozialismus
drastisch zu, von 96 (1937) auf 1119 (1943). Die hohe Taktung bewirkte eine Auflosung des zeremoniellen Hinrichtungsprozesses:
- Hinrichtungen wurden nicht nur nachts und in den fruhen Morgenstunden vollstreckt, sondern auch tagsuber.
- Weder fur den Staatsanwalt noch den Gefangnisgeistlichen gab es eine Prasenzpflicht.
- Hitlers Anweisung
, verstarkt Erschießungskommandos einzusetzen, wurde kaum Folge geleistet, weil der Platz und das Personal dafur fehlten.
- Dem Wunsch des
Reichsjustizministeriums
, anstelle der uberlasteten Scharfrichter zum Tode verurteilte Gefangene zur Exekution heranzuziehen (und diese dafur zu begnadigen), wurde nicht entsprochen. In
Konzentrationslagern
geschah das dennoch; die exekutierenden Lagerinsassen bekamen dafur als Lohn typischerweise drei Zigaretten.
- Ab 1942 wurden Straftaten von ?fremdvolkischen“ Menschen nicht mehr durch Gerichte, sondern durch die
Gestapo
und die
SS
?erledigt“.
- Die Rolle der zentralen Hinrichtungsstatten ubernahmen zunehmend die Konzentrationslager.
Im
KZ Auschwitz I (Stammlager)
befand sich der Hinrichtungsplatz in dem von Mauern eingefassten Hof des
Blocks 11
. Weil die Exekutionen ohne Aufsehen stattfinden sollten, mussten die Lagerinsassen in ihren Baracken bleiben, bis die Erschießung zu Ende war. Nur in Fallen von Fluchtversuchen von Gefangenen waren die Hinrichtungen offentlich: Die Lagergemeinschaft musste mit ansehen, wie der gefasste Fluchtling erschossen wurde.
[17]
[18]
In
Tubingen
wurde am 18. Februar 1949 der 28-jahrige Raubmorder
Richard Schuh
mit dem
Fallbeil
hingerichtet. Dies war die vorletzte von einem westdeutschen Gericht angeordnete Hinrichtung.
[19]
Danach wurden noch am 9. Mai 1949 in Hamburg die beiden Morder Robert Amelung und Peter Steinhauer enthauptet.
[20]
Zwei Wochen spater, am 23. Mai 1949, wurde mit der Verkundung des
Grundgesetzes
die Todesstrafe in Westdeutschland abgeschafft.
Das letzte Todesurteil in
West-Berlin
wurde am 11. Mai 1949 gegen den 24-jahrigen Raubmorder
Berthold Wehmeyer
vollstreckt. Da das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sich bis 1990 nicht auf West-Berlin erstreckte, bedurfte es hier eines eigenen Gesetzes zur Abschaffung der Todesstrafe, das am 20. Januar 1951 in Kraft trat.
[21]
Ungeachtet dessen wurden auf westdeutschem Boden noch weitere Hinrichtungen vorgenommen, die meisten vom deutschen Henker
Johann Reichhart
, der im Dienst der US-amerikanischen Besatzungsbehorden stand. Im
Kriegsverbrechergefangnis Landsberg
, von 1946 bis 1958 unter US-amerikanischem Befehl, wurden 1945 bis 1951 insgesamt 285
[22]
von insgesamt 308 zum Tode verurteilte
Kriegsverbrechern
gehangt, am 7. Juni 1951 die letzten sieben, darunter
Oswald Pohl
,
Otto Ohlendorf
und
Werner Braune
.
[23]
Das letzte nicht-militarische Todesurteil in der DDR wurde am 15. September 1972 an dem Kindermorder
Erwin Hagedorn
aus
Eberswalde
vollzogen.
Die wahrscheinlich letzte Hinrichtung in Deutschland fand am 26. Juni 1981 in der
DDR
in der
Hinrichtungsstatte
im Gefangnis an der Alfred-Kastner-Straße in
Leipzig
statt: Der 39-jahrige
Stasi
-Hauptmann
Werner Teske
, dem vorgeworfen wurde, sich mit Akten in den Westen absetzen zu wollen (
Spionagetatbestand
), wurde durch den ?unerwarteten Nahschuss“ hingerichtet. Hierbei verkundete der Staatsanwalt dem vollig Ahnungslosen die beiden Satze ?Das Gnadengesuch ist abgelehnt. Ihre Hinrichtung steht unmittelbar bevor.“ Daraufhin trat der letzte deutsche Henker,
Hermann Lorenz
, unbemerkt von hinten heran und schoss Teske ohne weitere Umschweife mit einer Armeepistole in den Hinterkopf. Lorenz hat auf diese Weise etwa zwanzig Hinrichtungen vollstreckt und wurde spater zum
Major
befordert.
Hinrichtungen erfolgten in
Osterreich
bis in das 19. Jahrhundert hinein unter dem Gedanken der Abschreckung in der Offentlichkeit. Das Volk erlebte dieses Geschehen jedoch eher als Abwechslung im Alltagseinerlei.
[24]
Die letzte offentliche Hinrichtung nach einem ordentlichen Gerichtsverfahren in Wien fand am 30. Mai 1868 statt, als der 23-jahrige Raubmorder
Georg Ratkay
an den
Galgen
kam, der am 28. Mai 1868 seine Verurteilung erhalten hatte.
[25]
Auf der Richtstatte bei der Spinnerin am Kreuz brach dabei eine Zuschauertribune zusammen. Da auch diese offentliche Hinrichtung mit Schlagereien und Betrunkenen endete, wurden alle weiteren Hinrichtungen in Wien im ?Galgenhof“ des
Landesgerichts
durchgefuhrt. Ab spatestens 1870 kam dort der
Wurgegalgen
als staatlich approbiertes Hinrichtungsgerat zum Einsatz. Die spater im
Ersten Weltkrieg
1914?1918 erfolgten Hinrichtungen durch das Militar erfolgten
standrechtlich
.
Zwischen 1918 und 1933 war die Todesstrafe in Osterreich abgeschafft, wurde aber wahrend des
Standestaats
am 11. November 1933 uber das Standrecht wieder eingefuhrt. Als Hinrichtungsgerat diente wieder der Wurgegalgen. Zwischen 1933 und dem
?Anschluss“
an das
Deutsche Reich
1938 wurden in Osterreich
uber 40 Personen
hingerichtet.
Auch in den ersten Jahren nach der Wiedererrichtung der Republik 1945 wurden Personen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die Todesstrafe konnte von osterreichischen Gerichten sowie Gerichten der
Besatzungsmachte
verhangt werden. Fur die Aburteilung von Straftaten nach dem Kriegsverbrechergesetz und dem
Verbotsgesetz
gab es eigene
Volksgerichte
, die insgesamt 43 Todesurteile verhangten, von denen 30 vollstreckt wurden.
[26]
Die letzte Hinrichtung aufgrund osterreichischen Rechts erfolgte am 24. Marz 1950: An diesem Tag wurde der Raubmorder
Johann Trnka
im
Landesgericht fur Strafsachen Wien
gehangt. Die letzte Hinrichtung nach einem Todesurteil der alliierten Besatzungsbehorden fand in Osterreich im Februar 1955 statt.
Im zivilen Strafrecht der
Schweiz
war seit der fruhen Neuzeit die Enthauptung durch das Schwert die ubliche Hinrichtungsmethode. Ab 1798 wurde daneben die Guillotine verwendet, wobei einzelne
Kantone
den Verurteilten die Wahl zwischen Guillotine und Schwert gewahrten. Die letzten Enthauptungen durch das Schwert wurden am 6. Juli 1867 in
Luzern
an Niklaus Emmenegger und am 10. Januar 1868 in
Moudon
an
Heli Freymond
vollzogen.
Als letzter in einem zivilen Strafprozess zum Tode Verurteilter starb am 18. Oktober 1940 der 32-jahrige dreifache Morder
Hans Vollenweider
in
Sarnen
(
Kanton Obwalden
) unter der
Guillotine
.
Das Schweizer Militarstrafrecht sah die Todesstrafe weiterhin fur Landesverrat in Kriegszeiten vor. Auf dieser Basis wurden im Zweiten Weltkrieg 30 Personen zum Tode verurteilt; 17 davon wurden bis zum Kriegsende durch Erschießung hingerichtet.
[27]
Ein Fall einer solchen Hinrichtung ist Thema des Films
Die Erschiessung des Landesverraters Ernst S.
Am 20. Marz 1992 wurde dieser Gesetzesartikel nach einer parlamentarischen Initiative von Nationalrat
Massimo Pini
von der
Freisinnig-Demokratischen Partei
(
Kanton Tessin
) von der Bundesversammlung abgeschafft.
Verschiedene Hinrichtungsmethoden werden gesellschaftlich unterschiedlich bewertet. Wahrend einige den Verurteilten bewusst erniedrigen sollten, gelten andere wie das Erschießen beim Militar als ehrenhaft. Solche
Ehrbegriffe
stehen auch hinter freiwilligen Selbsttotungen von zum Tod Verurteilten, etwa als
Seppuku
(besser bekannt unter dem umgangssprachlichen, jedoch falschen Begriff ?Harakiri“) im alten Japan. Aufgrund dieser symbolischen Verknupfung der Todesart mit der endgultigen Bewertung des Hinzurichtenden schreibt das Gesetz fast immer vor, welche Hinrichtungsmethode auf welches Verbrechen steht und wie ein Todesurteil vollstreckt werden muss. Hierbei herrscht der Gedanke vor, ein ?niederes“ Verbrechen mit einer ?niederen“ Hinrichtungsform, eine als weniger gravierend erachtete Straftat mit einer vermeintlich ?wurdevollen“ Totungsart zu vergelten. Wo so differenziert wird, wird das Staatsrecht zur Todesstrafe meist vorbehaltlos vorausgesetzt.
In
Deutschland
war seit dem 19. Jahrhundert die Enthauptung fur Hinrichtungen gesetzlich vorgeschrieben. Sie wurde in den Einzelstaaten entweder durch das
Fall-
oder
Handbeil
vollstreckt. Nur militarische Kapitalverbrechen wurden mit Erschießen geahndet. Erst in der
Zeit des Nationalsozialismus
wurde fur bestimmte Straftaten das Erhangen als eine besonders entehrende Hinrichtungsart vorgesehen, zum Beispiel fur KZ-Haftlinge, ?Verrater“ und Verschworer wie die
Attentater vom 20. Juli 1944
.
Vor allem im aktuellen Sprachgebrauch der
Medien
hat sich die
Redensart
etabliert, jemand sei ?regelrecht hingerichtet“ worden. Die
ins Gegenteil gewandelte Bedeutung
besagt, dass das Opfer eben nicht als Folge eines juristischen und bestenfalls rechtsstaatlichen Verfahrens verurteilt und getotet wurde, sondern dass die Art der Totung vor allem in Bezug auf die Wehrlosigkeit des Opfers eine gewisse außerliche Ahnlichkeit zur Hinrichtung aufweist.
- Richard J. Evans
:
Offentlichkeit und Autoritat. Zur Geschichte der Hinrichtungen in Deutschland vom Allgemeinen Landrecht bis zum Dritten Reich.
In: Heinz Reif (Hrsg.):
Rauber, Volk und Obrigkeit.
Suhrkamp, Frankfurt 1984,
ISBN 3-518-28053-8
, S. 185 ff.
- Jost Auler
(Hrsg.):
Richtstattenarchaologie
. Archaeotopos, Dormagen 2008,
ISBN 978-3-938473-07-8
.
- Anton Holzer
:
Das Lacheln der Henker. Der unbekannte Krieg gegen die Zivilbevolkerung 1914?1918. Mit zahlreichen bisher unveroffentlichten Fotografien.
Primus Verlag, Darmstadt 2008,
ISBN 978-3-89678-338-7
.
- Thomas Waltenbacher:
Zentrale Hinrichtungsstatten. Der Vollzug der Todesstrafe in Deutschland von 1937?1945. Scharfrichter im Dritten Reich.
Zwilling-Berlin, Berlin 2008,
ISBN 978-3-00-024265-6
.
- Matthias Blazek:
Uber die Kriminaljustiz im Luneburgischen in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts.
In:
Journal der juristischen Zeitgeschichte
, Heft 2/2010, hrsg. v. Thomas Vormbaum. De Gruyter, Hagen 2010,
ISSN
1863-9984
, S. 67 ff.
- Matthias Blazek:
Die Scharfrichter seiner Majestat kopften weit mehr Menschen als vermutet ? Neue Rechtfertigungen der Todesstrafe/Erkenntnisse aus den Akten der Generalstaatsanwaltschaft im Niedersachsischen Landesarchiv.
In:
Journal der juristischen Zeitgeschichte
, Heft 3/2010, hrsg. v. Thomas Vormbaum, De Gruyter, Hagen 2010,
ISSN
1863-9984
, S. 118 ff.
- ↑
Amnesty International:
http://www.amnesty.org/
(englisch).
- ↑
Blutige und antike Hinrichtungsmethoden. Der Blutadler
Archaeo Now Abgerufen am 19. Juni 2021.
- ↑
Der Spiegel, Nummer 20/2009, S. 142.
- ↑
Aqua Tofana Chapter for Elsevier's "Toxicology in the Middle Ages and Renaissance" on an Italian poisoning case from the first half of the 17th century. By Mike Dash (engl)
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?Je langer sich die Hinrichtungen hinzogen, desto lauter wurden auch die Stimmen, die ein Ende der Hinrichtungen forderten. Fur Gnadengesuche gab es ein breites politisches Bundnis. Im November 1950 veroffentlichten alle Parteien von Stadt und Kreis Landsberg eine Resolution mit der Bitte um Gnade fur die Kriegsverbrecher.“
?Am 7. Januar 1951 sprachen die Bundestagsabgeordneten Dr. Richard Jager (CSU) und Dr. Seelos (BP) sowie Landtagsabgeordnete beider Parteien auf einer Kundgebung auf dem Landsberger Hauptplatz. Bei dieser Demonstration fanden sich mehrere tausend Menschen ein. Die Kundgebung endete im Eklat, als judische DPs aus dem Lager Lechfeld eine Gegendemonstration zum Gedenken der Opfer abhielten. Bei aller Anteilnahme der Bevolkerung fur die Tater gab es keine Bemuhungen um die Opfer des Nationalsozialismus. Am 31. Januar 1951 entschieden John McCloy, der amerikanische Hochkommissar, und General Thomas T. Handy, der Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkrafte in Europa, uber die Gnadengesuche. […] Eine Reihe prominenter Haftlinge ? zum Beispiel
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach
und
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? [wurden] bereits 1951 gnadenhalber entlassen.“
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