Hilfskreuzer
waren umgerustete, bewaffnete
Handelsschiffe
oder
Passagierdampfer
fur den
Handelskrieg
.
Zweck des Hilfskreuzer-Konzepts war es, durch Umrustung von Handelsschiffen der Flotte eines Landes schnell und ohne großen Materialaufwand weitere Kriegsschiffe zur Verfugung zu stellen. Dieser Umbau bestand meistens lediglich aus dem Einbau mehrerer Geschutze sowie der dazugehorigen
Feuerleitanlage
. Großere Veranderungen, wie das Anbringen von
Panzerung
oder die Umgestaltung der inneren Struktur eines Handelsschiffs mit großen Frachtraumen zum Kriegsschiff mit kleinen Raumen zur Schadensbegrenzung, wurden praktisch nicht durchgefuhrt, da sie zu zeitaufwendig gewesen waren und letztlich im Ernstfall nur einen geringen Nutzen gehabt hatten. Einem echten
Kriegsschiff
waren Hilfskreuzer ohnehin jederzeit an Kampfkraft und bis auf wenige Ausnahmen auch an Geschwindigkeit weit unterlegen.
Aus den Einschrankungen des Hilfskreuzers ergab sich auch sein Einsatzbereich. Er wurde meistens zu Aufgaben eingesetzt, bei denen die Gefahr eines Kontaktes mit feindlichen Flottenkraften relativ gering war, die Aufgabe kein vollwertiges Kriegsschiff erforderte oder diese in nicht ausreichender Zahl zur Verfugung standen. Die genaue Art des Einsatzes hing von den Aufgaben und der Strategie der Seestreitkrafte des jeweiligen Landes ab.
Abzugrenzen sind Hilfskreuzer vom
Kaperschiff
(
englisch
privateer
;
franzosisch
corsaire
), denn bei diesen handelte es sich im Regelfall um privat bewaffnete Schiffe, die nicht den offiziellen Marinestreitkraften eines Staates angehorten
[1]
(die gleichwohl aber mit dessen Ermachtigung agierten, siehe
Kaperbrief
), wahrend Hilfskreuzer Teil der offiziellen Marinestreitkrafte eines Landes waren beziehungsweise sind. Hinzu kommt, dass das Ausrusten von Kaperschiffen seit der
Pariser Seerechtsdeklaration
von 1856
volkerrechtlich
verboten ist
[2]
.
Hilfskreuzer gab es bereits zu Zeiten der
Segelschiffe
. Wahrend des
Sezessionskrieges
in den
Vereinigten Staaten
(1861 bis 1865) setzten die
konfoderierten Sudstaaten
bewaffnete Handelsstorer gegen die Schifffahrt der
Nordstaaten
ein; eines der erfolgreichsten Schiffe hierbei war die
Alabama
unter
Raphael Semmes
, die mit 71 aufgebrachten Schiffen
[3]
bis heute einer der erfolgreichsten Hilfskreuzer uberhaupt ist
[4]
. Weitere sehr erfolgreiche Handelsstorer der Konfoderierten waren die
Shenandoah
(36 gekaperte Schiffe
[5]
) und das Dampfschiff
Tallahassee
(29 gekaperte Schiffe
[5]
). Die Erfolge dieser Schiffe im Handelskrieg reichten allerdings nicht aus, um die deutliche wirtschaftliche und industrielle Uberlegenheit der Nordstaaten ausgleichen zu konnen.
Im Rahmen der
Balkankrise
erwarb die
russische Marine
im Mai 1878 drei Handelsschiffe ?
Hammonia
,
Holsatia
und
Thuringia
(siehe
Hammonia
-Klasse
) ? im
Deutschen Reich
und stellte im sie im Juni 1878 unter den Namen
Moskwa
,
Rossija
und
St. Petersburg
als bewaffnete Hilfskreuzer in Dienst
[6]
. Die Absicht russischerseits war es, diese Schiffe im Falle eines Konfliktes mit dem
Vereinigten Konigreich
auf den Weltmeeren gegen den britischen Seehandel einzusetzen
[6]
. Die Krise konnte indessen durch den fast zeitgleich einberufenen
Berliner Kongress
beigelegt werden und die drei Dampfer wurden nachfolgend, ohne dass sie zum Einsatz gekommen waren, abgerustet und spater als zivile Handelsschiffe eingesetzt.
Im
Spanisch-Amerikanischen Krieg
von 1898 setzten sowohl die
United States Navy
als auch die
Armada Espanola
Hilfskreuzer ein. So kamen auf amerikanischer Seite insgesamt neun Hilfskreuzer zum Einsatz, darunter auch die
Yosemite
. Auf spanischer Seite wurden mindestens drei Hilfskreuzer ausgerustet, eines der großten Schiffe war der bewaffnete Passagierdampfer
Patriota
[7]
. Wahrend die US-Schiffe allerdings nur wenige und kurze Gefechte bestritten und zumeist fur Blockade- und Truppentransportaufgaben eingesetzt wurden, sahen die spanischen Schiffe keine Einsatze. Auch im
Japanisch-Russischen Krieg
(1904 bis 1905) kamen Hilfskreuzer zum Einsatz, darunter mindestens zehn japanische und neun
[8]
russische Schiffe, wobei der russische Hilfskreuzer
Ural
1905 in der
Seeschlacht bei Tsushima
versenkt wurde.
Zahlreiche Hilfskreuzer wurden im
Ersten Weltkrieg
von den kriegfuhrenden Machten eingesetzt. Bereits vor dem Konflikt hatten fast alle fuhrenden Seemachte den Bau von großeren Passagierschiffen beziehungsweise von Schnelldampfern staatlich subventioniert
[9]
, um selbige im Falle eines Kriegsausbruches rasch requirieren und bewaffnen zu konnen. In der
Marine
von
Osterreich-Ungarn
wurden Hilfskreuzer als
Auxiliarkreuzer
bezeichnet.
In den beiden Weltkriegen setzte
Großbritannien
seine Hilfskreuzer zum Durchfuhren der
Seeblockade
gegen
Deutschland
ein, indem es sie die Zugange der
Nordsee
patrouillieren und alle dort passierenden Handelsschiffe kontrollieren ließ. Zudem wurden im Kontext der sogenannten
Northern Patrol
, die im Seegebiet zwischen
Schottland
,
Island
und den
Lofoten
operierte, Hilfskreuzer zur Uberwachung der Seewege eingesetzt; Ziel war es dabei, nach Moglichkeit deutsche Handelsschiffe und
Blockadebrecher
, die nach den deutschen Hafen zuruckkehren wollten, aufzubringen. Fur diese Aufgabe wurden zwar viele Schiffe benotigt, gleichzeitig aber keine echten Kriegsschiffe, da Handelsschiffe keine große Bedrohung darstellten und das Patrouillengebiet weit von den Basen der Deutschen Flotte entfernt war. Diese Aufgabe hatte ansonsten zahlreiche Kreuzer der
Royal Navy
gebunden und diese stark geschwacht. Eine weitere Aufgabe der britischen Hilfskreuzer war, vor allem in den Anfangsjahren des Zweiten Weltkrieges, der
Geleitschutz
von Konvois, um diesen ein Minimum an Sicherung zu geben, da fur die zahlreichen Konvois anfangs nicht ausreichend Kriegsschiffe zur Verfugung standen und diese daher nur den wichtigsten Konvois, wie z. B. Truppentransporte, zugeteilt wurden.
Im Gegensatz zu den britischen wurden die deutschen Hilfskreuzer als
Handelsstorer
eingesetzt. Sie sollten unerkannt die britische Blockade durchfahren und dann britische Handelsschiffe fernab vom Kriegsgebiet angreifen, damit die Royal Navy Schiffe aus dem Kriegsgebiet abziehen und zum Schutz ihrer Konvois einsetzen musste.
Von der vorgesehenen Aufgabe des Hilfskreuzers hing auch die Auswahl der Schiffe ab, die zu Hilfskreuzern umgebaut wurden. Fur Geleit- und Patrouillenaufgaben wurden auf alliierter Seite meistens große
Passagierschiffe
umgebaut, da diese uber eine relativ große Geschwindigkeit verfugten, auf entsprechende Hafenkapazitaten zuruckgreifen und die meisten anderen Handelsschiffe einholen konnten. Da diese Schiffe aber große Mengen von
Kohle
verbrauchten, waren sie fur das deutsche Einsatzkonzept der Handelsstorer ungeeignet, da diese langere Zeit fernab der eigenen Basen operieren sollten. Fur diese Aufgabe wahlte man kleinere und langsamere
Frachtschiffe
, die ausreichend Lagerraum fur Vorrate hatten, oder
Segelschiffe
(zum Teil auch motorisierte), die keinen (oder nur geringen) Bedarf an
Treibstoff
hatten.
Im
Zweiten Weltkrieg
wurden von der deutschen Kriegsmarine Hilfskreuzer als
Handelsschutzkreuzer
, spater als
Handelsstorkreuzer
(HSK) bezeichnet. Das Deutsche Reich rustete im Zweiten Weltkrieg 11, Großbritannien 56,
Italien
37,
Japan
14 und
Frankreich
11 Hilfskreuzer aus.
Die Bewaffnung der Hilfskreuzer bestand meist aus mehreren
Geschutzen
verschiedener Kaliber und
Torpedorohren
. Mitgefuhrt wurden mitunter auch bis zu zwei
Wasserflugzeuge
mit Schwimmern zu
Aufklarungszwecken
,
Minen
und leichte
Schnellboote
, die zum Legen von Minen oder zum Abschuss von Torpedos vorgesehen waren. Die deutschen HSK der Kriegsmarine wurden in
Schwere Hilfskreuzer
(ab 7.000
BRT
) und
Leichte Hilfskreuzer
(max. 5.000 BRT) eingeteilt. Es wurden im Zweiten Weltkrieg auf deutscher Seite ausnahmslos ehemalige Schnell- oder Kuhlfrachter mit leistungsfahigem Dampfturbinen- oder Dieselantrieb verwendet. Sie waren mit bis zu sechs Geschutzen Kaliber 15 cm, leichterer
Artillerie
(Kanonen bis 10,5 cm), einigen
Flugabwehrkanonen
und bis zu sechs
Torpedoausstoßrohren
bewaffnet.
In geringem Umfang setzte im Zweiten Weltkrieg auch die
Kaiserlich Japanische Marine
Hilfskreuzer als Handelsstorer ein, so etwa die beiden mit je acht
14-cm-Geschutzen
vergleichsweise schwer bewaffneten, umgebauten
Kombifrachter
H?koku Maru
und
Aikoku Maru
, die 1941/42 insgesamt funf alliierte Handelsschiffe mit rund 31.000 BRT aufbringen konnten. Nachdem die
H?koku Maru
am 11. November 1942 bei einem Gefecht gegen eine indische Korvette im
Indischen Ozean
versenkt worden war
[10]
und nachdem sich die Kriegslage fur Japan zunehmend verschlechterte, wurden fast alle Hilfskreuzer im Laufe des Jahres 1943 wieder umgebaut und wurden fast nur mehr in der Rolle als Versorgungs- und Transportschiffe eingesetzt
[11]
. Fast alle Schiffe gingen in den Jahren 1943 und 1944 verloren.
- Arnold Kludas:
Passagierdampfer als Hilfskreuzer: kurze Geschichte der Entwicklung einer Schiffsgattung
, In:
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, 1995, Ernst Kabel Verlag, Hamburg 1992, S. 151?162 (
Online-Version als PDF
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, New English Library London 1975.
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- ↑
Gebauer / Krenz:
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, S. 117.
- ↑
a
b
Pemsel:
Seeherrschaft
, S. 422.
- ↑
a
b
Kludas, Arnold:
Passagierdampfer als Hilfskreuzer. Kurze Geschichte der Entwicklung einer Schiffsklasse
. In: Zeitschrift des Deutschen Schiffahrtsmuseums. Nr. 18, 1995. Ernst Kabel Verlag, S. 152.
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In:
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13. April 2018,
abgerufen am 4. Dezember 2023
(englisch).