Hilfskreuzer

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Der deutsche Hilfskreuzer SMS Seeadler bringt am 20. Marz 1917 vor der brasilianischen Kuste die franzosische Bark Cambronne auf. Darstellung von Willy Stower

Hilfskreuzer waren umgerustete, bewaffnete Handelsschiffe oder Passagierdampfer fur den Handelskrieg .

Zweck des Hilfskreuzer-Konzepts war es, durch Umrustung von Handelsschiffen der Flotte eines Landes schnell und ohne großen Materialaufwand weitere Kriegsschiffe zur Verfugung zu stellen. Dieser Umbau bestand meistens lediglich aus dem Einbau mehrerer Geschutze sowie der dazugehorigen Feuerleitanlage . Großere Veranderungen, wie das Anbringen von Panzerung oder die Umgestaltung der inneren Struktur eines Handelsschiffs mit großen Frachtraumen zum Kriegsschiff mit kleinen Raumen zur Schadensbegrenzung, wurden praktisch nicht durchgefuhrt, da sie zu zeitaufwendig gewesen waren und letztlich im Ernstfall nur einen geringen Nutzen gehabt hatten. Einem echten Kriegsschiff waren Hilfskreuzer ohnehin jederzeit an Kampfkraft und bis auf wenige Ausnahmen auch an Geschwindigkeit weit unterlegen.

Aus den Einschrankungen des Hilfskreuzers ergab sich auch sein Einsatzbereich. Er wurde meistens zu Aufgaben eingesetzt, bei denen die Gefahr eines Kontaktes mit feindlichen Flottenkraften relativ gering war, die Aufgabe kein vollwertiges Kriegsschiff erforderte oder diese in nicht ausreichender Zahl zur Verfugung standen. Die genaue Art des Einsatzes hing von den Aufgaben und der Strategie der Seestreitkrafte des jeweiligen Landes ab.

Abzugrenzen sind Hilfskreuzer vom Kaperschiff ( englisch privateer ; franzosisch corsaire ), denn bei diesen handelte es sich im Regelfall um privat bewaffnete Schiffe, die nicht den offiziellen Marinestreitkraften eines Staates angehorten [1] (die gleichwohl aber mit dessen Ermachtigung agierten, siehe Kaperbrief ), wahrend Hilfskreuzer Teil der offiziellen Marinestreitkrafte eines Landes waren beziehungsweise sind. Hinzu kommt, dass das Ausrusten von Kaperschiffen seit der Pariser Seerechtsdeklaration von 1856 volkerrechtlich verboten ist [2] .

Hilfskreuzer gab es bereits zu Zeiten der Segelschiffe . Wahrend des Sezessionskrieges in den Vereinigten Staaten (1861 bis 1865) setzten die konfoderierten Sudstaaten bewaffnete Handelsstorer gegen die Schifffahrt der Nordstaaten ein; eines der erfolgreichsten Schiffe hierbei war die Alabama unter Raphael Semmes , die mit 71 aufgebrachten Schiffen [3] bis heute einer der erfolgreichsten Hilfskreuzer uberhaupt ist [4] . Weitere sehr erfolgreiche Handelsstorer der Konfoderierten waren die Shenandoah (36 gekaperte Schiffe [5] ) und das Dampfschiff Tallahassee (29 gekaperte Schiffe [5] ). Die Erfolge dieser Schiffe im Handelskrieg reichten allerdings nicht aus, um die deutliche wirtschaftliche und industrielle Uberlegenheit der Nordstaaten ausgleichen zu konnen.

Der konfoderierte Hilfskreuzer Tallahassee (um 1864).

Im Rahmen der Balkankrise erwarb die russische Marine im Mai 1878 drei Handelsschiffe ? Hammonia , Holsatia und Thuringia (siehe Hammonia -Klasse ) ? im Deutschen Reich und stellte im sie im Juni 1878 unter den Namen Moskwa , Rossija und St. Petersburg als bewaffnete Hilfskreuzer in Dienst [6] . Die Absicht russischerseits war es, diese Schiffe im Falle eines Konfliktes mit dem Vereinigten Konigreich auf den Weltmeeren gegen den britischen Seehandel einzusetzen [6] . Die Krise konnte indessen durch den fast zeitgleich einberufenen Berliner Kongress beigelegt werden und die drei Dampfer wurden nachfolgend, ohne dass sie zum Einsatz gekommen waren, abgerustet und spater als zivile Handelsschiffe eingesetzt.

Im Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 setzten sowohl die United States Navy als auch die Armada Espanola Hilfskreuzer ein. So kamen auf amerikanischer Seite insgesamt neun Hilfskreuzer zum Einsatz, darunter auch die Yosemite . Auf spanischer Seite wurden mindestens drei Hilfskreuzer ausgerustet, eines der großten Schiffe war der bewaffnete Passagierdampfer Patriota [7] . Wahrend die US-Schiffe allerdings nur wenige und kurze Gefechte bestritten und zumeist fur Blockade- und Truppentransportaufgaben eingesetzt wurden, sahen die spanischen Schiffe keine Einsatze. Auch im Japanisch-Russischen Krieg (1904 bis 1905) kamen Hilfskreuzer zum Einsatz, darunter mindestens zehn japanische und neun [8] russische Schiffe, wobei der russische Hilfskreuzer Ural 1905 in der Seeschlacht bei Tsushima versenkt wurde.

Wahrend der Weltkriege

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Zahlreiche Hilfskreuzer wurden im Ersten Weltkrieg von den kriegfuhrenden Machten eingesetzt. Bereits vor dem Konflikt hatten fast alle fuhrenden Seemachte den Bau von großeren Passagierschiffen beziehungsweise von Schnelldampfern staatlich subventioniert [9] , um selbige im Falle eines Kriegsausbruches rasch requirieren und bewaffnen zu konnen. In der Marine von Osterreich-Ungarn wurden Hilfskreuzer als Auxiliarkreuzer bezeichnet.

In den beiden Weltkriegen setzte Großbritannien seine Hilfskreuzer zum Durchfuhren der Seeblockade gegen Deutschland ein, indem es sie die Zugange der Nordsee patrouillieren und alle dort passierenden Handelsschiffe kontrollieren ließ. Zudem wurden im Kontext der sogenannten Northern Patrol , die im Seegebiet zwischen Schottland , Island und den Lofoten operierte, Hilfskreuzer zur Uberwachung der Seewege eingesetzt; Ziel war es dabei, nach Moglichkeit deutsche Handelsschiffe und Blockadebrecher , die nach den deutschen Hafen zuruckkehren wollten, aufzubringen. Fur diese Aufgabe wurden zwar viele Schiffe benotigt, gleichzeitig aber keine echten Kriegsschiffe, da Handelsschiffe keine große Bedrohung darstellten und das Patrouillengebiet weit von den Basen der Deutschen Flotte entfernt war. Diese Aufgabe hatte ansonsten zahlreiche Kreuzer der Royal Navy gebunden und diese stark geschwacht. Eine weitere Aufgabe der britischen Hilfskreuzer war, vor allem in den Anfangsjahren des Zweiten Weltkrieges, der Geleitschutz von Konvois, um diesen ein Minimum an Sicherung zu geben, da fur die zahlreichen Konvois anfangs nicht ausreichend Kriegsschiffe zur Verfugung standen und diese daher nur den wichtigsten Konvois, wie z. B. Truppentransporte, zugeteilt wurden.

Im Gegensatz zu den britischen wurden die deutschen Hilfskreuzer als Handelsstorer eingesetzt. Sie sollten unerkannt die britische Blockade durchfahren und dann britische Handelsschiffe fernab vom Kriegsgebiet angreifen, damit die Royal Navy Schiffe aus dem Kriegsgebiet abziehen und zum Schutz ihrer Konvois einsetzen musste.

Von der vorgesehenen Aufgabe des Hilfskreuzers hing auch die Auswahl der Schiffe ab, die zu Hilfskreuzern umgebaut wurden. Fur Geleit- und Patrouillenaufgaben wurden auf alliierter Seite meistens große Passagierschiffe umgebaut, da diese uber eine relativ große Geschwindigkeit verfugten, auf entsprechende Hafenkapazitaten zuruckgreifen und die meisten anderen Handelsschiffe einholen konnten. Da diese Schiffe aber große Mengen von Kohle verbrauchten, waren sie fur das deutsche Einsatzkonzept der Handelsstorer ungeeignet, da diese langere Zeit fernab der eigenen Basen operieren sollten. Fur diese Aufgabe wahlte man kleinere und langsamere Frachtschiffe , die ausreichend Lagerraum fur Vorrate hatten, oder Segelschiffe (zum Teil auch motorisierte), die keinen (oder nur geringen) Bedarf an Treibstoff hatten.

Riss der Komet mit der Arado Ar 196
Der japanische Hilfskreuzer H?koku Maru im Hafen von Penang (Mai 1942).

Im Zweiten Weltkrieg wurden von der deutschen Kriegsmarine Hilfskreuzer als Handelsschutzkreuzer , spater als Handelsstorkreuzer (HSK) bezeichnet. Das Deutsche Reich rustete im Zweiten Weltkrieg 11, Großbritannien 56, Italien 37, Japan 14 und Frankreich 11 Hilfskreuzer aus.

Die Bewaffnung der Hilfskreuzer bestand meist aus mehreren Geschutzen verschiedener Kaliber und Torpedorohren . Mitgefuhrt wurden mitunter auch bis zu zwei Wasserflugzeuge mit Schwimmern zu Aufklarungszwecken , Minen und leichte Schnellboote , die zum Legen von Minen oder zum Abschuss von Torpedos vorgesehen waren. Die deutschen HSK der Kriegsmarine wurden in Schwere Hilfskreuzer (ab 7.000 BRT ) und Leichte Hilfskreuzer (max. 5.000 BRT) eingeteilt. Es wurden im Zweiten Weltkrieg auf deutscher Seite ausnahmslos ehemalige Schnell- oder Kuhlfrachter mit leistungsfahigem Dampfturbinen- oder Dieselantrieb verwendet. Sie waren mit bis zu sechs Geschutzen Kaliber 15 cm, leichterer Artillerie (Kanonen bis 10,5 cm), einigen Flugabwehrkanonen und bis zu sechs Torpedoausstoßrohren bewaffnet.

In geringem Umfang setzte im Zweiten Weltkrieg auch die Kaiserlich Japanische Marine Hilfskreuzer als Handelsstorer ein, so etwa die beiden mit je acht 14-cm-Geschutzen vergleichsweise schwer bewaffneten, umgebauten Kombifrachter H?koku Maru und Aikoku Maru , die 1941/42 insgesamt funf alliierte Handelsschiffe mit rund 31.000 BRT aufbringen konnten. Nachdem die H?koku Maru am 11. November 1942 bei einem Gefecht gegen eine indische Korvette im Indischen Ozean versenkt worden war [10] und nachdem sich die Kriegslage fur Japan zunehmend verschlechterte, wurden fast alle Hilfskreuzer im Laufe des Jahres 1943 wieder umgebaut und wurden fast nur mehr in der Rolle als Versorgungs- und Transportschiffe eingesetzt [11] . Fast alle Schiffe gingen in den Jahren 1943 und 1944 verloren.

  • Arnold Kludas: Passagierdampfer als Hilfskreuzer: kurze Geschichte der Entwicklung einer Schiffsgattung , In: Deutsches Schiffahrtsarchiv 18 , 1995, Ernst Kabel Verlag, Hamburg 1992, S. 151?162 ( Online-Version als PDF )
  • David Woodward: The Secret Raiders , New English Library London 1975.
  • Paul Schmalenbach: German Raiders: The Story of the German Navy's Auxiliary Cruisers, 1895?1945 . Naval Institute Press. Annapolis (MD), 1977.
Wiktionary: Hilfskreuzer  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Gebauer, Jurgen / Krenz, Egon: Marine-Enzyklopadie . Brandenburgisches Verlagshaus. Berlin 1998, S. 141.
  2. Gebauer / Krenz: Marine-Enzyklopadie , S. 141.
  3. Pemsel, Helmut: Seeherrschaft. Eine maritime Weltgeschichte von der Dampfschiffahrt bis zur Gegenwart . 2. Band. Weltbild-Verlag, Augsburg 1995, S. 422.
  4. Gebauer / Krenz: Marine-Enzyklopadie , S. 117.
  5. a b Pemsel: Seeherrschaft , S. 422.
  6. a b Kludas, Arnold: Passagierdampfer als Hilfskreuzer. Kurze Geschichte der Entwicklung einer Schiffsklasse . In: Zeitschrift des Deutschen Schiffahrtsmuseums. Nr. 18, 1995. Ernst Kabel Verlag, S. 152.
  7. Mitiuckov, Nick: Spanish Auxiliary Cruiser Patriota. In: The Spanish American War: Centennial Website. 2023, abgerufen am 2. Dezember 2023 (englisch).
  8. Armed Merchant Cruisers of Russian-Japanese War 1904 ? 1905. In: Navypedia: Converted Merchant Vessels. 2020, abgerufen am 2. Dezember 2023 (englisch).
  9. Dudszus, Alfred / Kopcke, Alfred: Das große Buch der Schiffstypen. Dampfschiffe, Motorschiffe, Meerestechnik von den Anfangen der maschinengetriebenen Schiffe bis zur Gegenwart . Transpress/Pietsch. Berlin, Stuttgart 1990. S. 155.
  10. Piekałkiewicz, Janusz: Seekrieg 1939 ? 1945. Bechtermunz, Augsburg 1998, S. 241.
  11. Hackett, Bob / Kingsepp, Sander u. a.: Tokusetsu Junyokan! ? Battle Histories of the IJN's Auxiliary Cruiser Commerce Raiders. In: Combinedfleet. 13. April 2018, abgerufen am 4. Dezember 2023 (englisch).