Hermann Parzinger

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Hermann Parzinger, 2024

Hermann Parzinger (* 12. Marz 1959 in Munchen ) ist ein deutscher Prahistorischer Archaologe und Spezialist fur die Kultur der Skythen . Seit dem 1. Marz 2008 leitet er als Prasident die Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz .

Hermann Parzinger wurde 1959 in Munchen geboren. Er studierte von 1979 bis 1985 Vor- und Fruhgeschichte , Provinzialromische Archaologie und Mittelalterliche Geschichte an der Universitat Munchen , an der Universitat des Saarlandes in Saarbrucken sowie an der Universitat Ljubljana ( Slowenien , 1982). Seine Magisterarbeit schrieb er 1984 zum Thema Die Stellung der Laibacher Uferrandsiedlungen im aneolithischen und fruhbronzezeitlichen Kultursystem der mittleren Donaulander . Im Jahre 1985 wurde er bei Georg Kossack uber die Chronologie der Spathallstatt- und Fruhlatenezeit promoviert und fur diese Forschungsarbeit mit dem Reisestipendium des Deutschen Archaologischen Instituts ausgezeichnet, das ihn ein Jahr lang durch Lander des Mittelmeerraums und des Nahen Ostens fuhrte.

Von 1986 bis 1990 war Parzinger Hochschulassistent am Lehrstuhl fur Vor- und Fruhgeschichte der Universitat Munchen, wo er 1991 habilitiert und zum Privatdozenten ernannt wurde. Von 1991 bis 1994 war er Zweiter Direktor der Romisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archaologischen Instituts in Frankfurt , 1992 erfolgte die Umhabilitation zum Privatdozenten an der Universitat Frankfurt . 1995 wurde er als Grundungsdirektor der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archaologischen Instituts nach Berlin berufen. Anfang 2003 trat Hermann Parzinger die Nachfolge von Helmut Kyrieleis als Prasident des Deutschen Archaologischen Instituts (DAI) an. Dieses Amt hatte er bis zum 28. Februar 2008 inne. Neuer Prasident des DAI wurde der Althistoriker Hans-Joachim Gehrke .

In seiner Zeit als Direktor (1995?2003) und spater Prasident (2003?2008) am Deutschen Archaologischen Institut fuhrte er zahlreiche Ausgrabungen durch, darunter in der keltiberischen Hohenburg Castro Soto de Bureba ( Spanien ), in neolithischen bis bronzezeitlichen Siedlungsplatzen bei Kırklareli ( Turkei ), in der spatchalkolithischen bis fruhdynastischen Metallurgiesiedlung von Arisman ( Iran ), in dem skythenzeitlichen Heiligtum von Bajkara ( Kasachstan ), in der spatbronze- und fruheisenzeitlichen Siedlung in der westsibirischen Waldsteppe bei Tschitscha ( Russland ) und in dem mehrperiodigen Graberfeld von Suchanicha am Jenissei (Russland). Von 1997 bis 1999 leitete er ein interdisziplinaren Forschungsprojekt der VW-Stiftung zur fruhen Zinngewinnung in Zentralasien mit Ausgrabungen in Usbekistan und Tadschikistan . Weltweit bekannt wurde Parzinger durch die Entdeckung eines skythischen Furstengrabes mit fast 6000 Goldobjekten im Juli 2001 bei Ar?an in der sudsibirischen Republik Tuwa . Diese bedeutenden Funde wurden im kulturhistorischen Kontext vom 6. Juli bis 1. Oktober 2007 im Berliner Martin-Gropius-Bau im Rahmen der Ausstellung ?Im Zeichen des Goldenen Greifen. Konigsgraber der Skythen“ ausgestellt. [1] [2] Ein weiterer Sensationsfund im Sommer 2006 war Parzingers Entdeckung einer Eismumie eines tatowierten skythischen Kriegers in der Permafrostzone des Altai -Hochgebirges, unter anderem mit erhaltenen Kleidungsstucken (zum Beispiel Pelzmantel, Filzkappe, Leinenhose) und holzernem Kompositbogen . [3] [4]

Hermann Parzinger wurde am 8. Juni 2007 einstimmig zum Prasidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz , der großten deutschen Kultureinrichtung, gewahlt. Er trat damit am 1. Marz 2008 die Nachfolge von Klaus-Dieter Lehmann an. [5] [6]

Parzinger war auch im neuen Amt partiell noch der archaologischen Forschung verbunden. So war er unter anderem am Berliner Exzellenzcluster ?Topoi. Formation and Transformation of Space and Knowledge in Ancient Civilizations“ beteiligt und fuhrt dabei Ausgrabungen im Sudosten Kasachstans durch. In einem weiteren interdisziplinaren BMBF -Forschungsprojekt beschaftigte er sich mit palaogenetischen Untersuchungen zur Mobilitat reiternomadischer Bevolkerungsgruppen in Eurasien.

Im Mai 2015 wurde Parzinger zu einem der drei Grundungsintendanten des Humboldt Forums im Berliner Schloss berufen. Zum 1. Juni 2018 wurde Hartmut Dorgerloh vom Stiftungsrat des Humboldt-Forums zum Generalintendanten berufen, damit endete die Grundungsintendanz von Neil MacGregor , Horst Bredekamp und Hermann Parzinger. [7]

Er ist Mitglied in zahlreichen Gremien, Kuratorien und Beiraten, u. a. in den Hochschulraten der Universitaten Frankfurt a. M. und Konstanz , im Kuratorium der Hypo-Kunsthalle und des Deutschen Museums in Munchen, im Programmbeirat der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn , im Kuratorium der Kulturstiftung der Lander und im Advisory Board einer Graduate School der Universitat Kiel .

Parzinger ist Mitglied des Research Center of Ancient Civilization der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Peking , Korrespondierendes Mitglied der Real Academia de la Historia in Madrid (2003), Ordentliches Mitglied der Geisteswissenschaftlichen Klasse der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften , Mitglied der Sektion Kulturwissenschaften der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina sowie korrespondierendes Mitglied des Archaeological Institute of America , der British Academy und seit 2016 auswartiges Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften . [8]

Daneben hat Parzinger noch zahlreiche weitere Amter inne, beispielsweise ist er Prasident des Deutschen Verbandes fur Archaologie , Ko-Vorsitzender der Arbeitsgruppe Kultur im Lenkungsausschuss des Petersburger Dialogs , Sprecher des Deutsch-Russischen Museumsdialogs, Vorsitzender der Mitgliederversammlung des Forums Transregionale Studien e.V. in Berlin und Vorsitzender des Beirats des Zentrums fur Baltische und Skandinavische Archaologie in Schleswig .

Hermann Parzinger ist Vorstandssprecher der Deutschen Digitalen Bibliothek . [9] 2013 wurde er in den Senat der Deutschen Nationalstiftung berufen. [10] Parzinger ist ferner seit Mai 2018 Geschaftsfuhrender Prasident von Europa Nostra . [11]

Parzinger war in erster Ehe mit der spanischen Prahistorikerin und Althistorikerin Rosa Sanz Serrano verheiratet. Seit dem 16. Juni 2017 ist er in zweiter Ehe mit der Archaologin und LWL -Kulturdezernentin Barbara Ruschoff-Parzinger verheiratet.

In seiner Freizeit ist er Judoka und Trager des Schwarzen Gurtels (2. Dan ). Er nahm an Welt- und Europameisterschaften teil. Im Einzel wie mit der Mannschaft war er mehrfach Berliner Meister, zuletzt 2009, 2010 und 2011 bei den u30. 2005, 2006 und 2009 war er in der Klasse -81 kg jeweils Funfter der Deutschen Meisterschaften u30. 2015 in Bad Belzig, 2022 in Hamburg und 2024 am Nurburgring gewann er jeweils die Bronzemedaille bei den Deutschen Meisterschaften u30. Schon 1997 gelang ihm mit der Mannschaft des Budo-Club Randori Berlin der Aufstieg in die Regionalliga.

Ehrungen und Auszeichnungen

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Hermann Parzinger mit dem Orden ?Pour le Merite“ (2014)

Bislang veroffentlichte er 20 Monographien und uber 230 wissenschaftliche Aufsatze zu archaologischen Themen von der Steinzeit uber die Eisenzeit bis zur Theoriediskussion sowie Forschungsgeschichte und ist Herausgeber verschiedener Zeitschriften- und Monografienreihen . Seit 2007 publiziert er vermehrt auch zu Themen der Kultur- und Wissenschaftspolitik.

  • Chronologie der Spathallstatt- und Fruhlatene-Zeit. Studien zu Fundgruppen zwischen Mosel und Save (= Quellen und Forschungen zur prahistorischen und provinzialromischen Archaologie. Band 4). Weinheim 1988, ISBN 3-527-17533-4 .
  • mit Rosa Sanz: Die Oberstadt von Hattu?a. Hethitische Keramik aus dem zentralen Tempelviertel. Funde aus den Grabungen 1982?1987 (= Bo?azkoy-Hattu?a. Band 15). Berlin 1992, ISBN 3-7861-1656-3 .
  • Studien zur Chronologie und Kulturgeschichte der Jungstein-, Kupfer- und Fruhbronzezeit zwischen Karpaten und Mittlerem Taurus (= Romisch-Germanische Forschungen. Band 52). Philipp von Zabern, Mainz 1993, ISBN 3-8053-1501-5 .
  • Der Goldberg. Die metallzeitliche Besiedlung (= Romisch-Germanische Forschungen. Band 57). Philipp von Zabern, Mainz 1998, ISBN 3-8053-2463-4 .
  • mit Rosa Sanz: Das Castro von Soto de Bureba. Archaologische und historische Forschungen zur Bureba in vorromischer und romischer Zeit . Rahden/Westf. 2000, ISBN 3-89646-014-5 .
  • mit Viktor Zajbert, Anatoli Nagler, Alexander Plesakov: Der große Kurgan von Bajkara. Studien zu einem skythischen Heiligtum (= Archaologie in Eurasien. Band 16). Philipp von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-3273-4 .
  • mit Necmi Karul, Zeynep Eres, Mehmet Ozdo?an : A?a?ı Pınar I (= Archaologie in Eurasien. Band 15 / Studien im Thrakien-Marmara-Raum. Band 1). Philipp von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-3269-6 .
  • mit Nikolaus Boroffka: Das Zinn der Bronzezeit in Mittelasien I. Die siedlungsarchaologischen Forschungen im Umfeld der Zinnlagerstatten (= Archaologie in Iran und Turan. Band 5). Philipp von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-3135-5 (ausfuhrliche Rezension von Soren Stark in Orientalistische Literaturzeitung Band 105, 2010, Heft 1, S. 97?104).
  • Die Skythen (= Beck’sche Reihe. Band 2342). C. H. Beck, Munchen 2004, ISBN 3-406-50842-1 .
  • mit Heiner Schwarzberg : A?a?ı Pınar II. Die mittel- und spatneolithische Keramik (= Archaologie in Eurasien. Band 18 / Studien im Thrakien-Marmara-Raum. Band 2). Philipp von Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3541-5 .
  • Die fruhen Volker Eurasiens. Vom Neolithikum bis zum Mittelalter . C.H. Beck, Munchen 2006, ISBN 3-406-54961-6 .
  • mit Konstantin V. Tschugunov und Anatoli Nagler: Der Goldschatz von Arschan . Schirmer/Mosel, Munchen 2006, ISBN 3-8296-0260-X .
  • als Herausgeber mit Wilfried Menghin , Manfred Nawroth und Anatoli Nagler: Im Zeichen des Goldenen Greifen. Konigsgraber der Skythen . Prestel Verlag, Munchen 2007, ISBN 978-3-7913-3855-2 .
  • als Herausgeber: Gero von Merhart, Daljoko. Bilder aus sibirischen Arbeitstagen . Bohlau-Verlag, Wien/Koln/Weimar 2009, ISBN 978-3-205-78188-2 .
  • als Herausgeber mit Thomas Flierl : Humboldt-Forum Berlin. Das Projekt . Verlag Theater der Zeit, Berlin 2009.
  • mit Konstantin V. Tschugunov und Anatoli Nagler: Der skythenzeitliche Furstenkurgan von Ar?an 2 in Tuva (= Archaologie in Eurasien. Band 26 / Steppenvolker Eurasiens. Band 3). Philipp von Zabern, Mainz 2010, ISBN 978-3-8053-4223-0 .
  • Die Kinder des Prometheus. Eine Geschichte der Menschheit vor der Erfindung der Schrift. C. H. Beck, Munchen 2015, ISBN 978-3-406-66657-5 .
  • Abenteuer Archaologie. Eine Reise durch die Menschheitsgeschichte . C. H. Beck, Munchen 2016, ISBN 978-3-406-69639-8 .
  • Verdammt und vernichtet. Kulturzerstorungen vom Alten Orient bis zur Gegenwart. C. H. Beck, Munchen 2021, ISBN 978-3-406-76484-4 (Rezension von Thomas Macho [21] )
  • Jens Schneeweiß, Manfred Nawroth, Henny Piezonka und Heiner Schwarzberg (Hrsg.): Man sieht nur, was man weiß. Man weiß nur, was man sieht. Globalhistorische Perspektiven auf interkulturelle Phanomene der Mobilitat. Festschrift fur Hermann Parzinger zum 65. Geburtstag. Marie Leidorf Verlag, Rahden 2024, ISBN 978-3-89646-689-1 .
Commons : Hermann Parzinger  ? Sammlung von Bildern
  1. ?Das Gold von Tuva“. Interaktiver Themenkomplex der ZDF-Produktion ?Schliemanns Erben‘, 2006
  2. ?Im Zeichen des Goldenen Greifen. Konigsgraber der Skythen“, Ausstellung im Martin-Gropius-Bau zu Berlin ( Memento vom 4. Marz 2009 im Internet Archive )
  3. Der Krieger aus dem mongolischen Eisgrab ( Memento vom 11. Januar 2012 im Internet Archive )
  4. ?Die Ruckkehr der Eismumie“. ZDF-Produktion? Schliemanns Erben Spezial‘, 2008
  5. ?Pressemitteilung des DAI zur Wahl von Prof. Dr. Hermann Parzinger zum Prasidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz“, 8. Juni 2007 ( Memento vom 5. Marz 2008 im Internet Archive )
  6. ?Parzinger wird Prasident der Preußen-Stiftung“ . In: Tagesspiegel . 24. April 2007 ( archive.org ).
  7. Nicola Kuhn: Generalintendant des Humboldt-Forums Hartmut Dorgerloh ist Berlins neuer Schlossherr. In: www.tagesspiegel.de. 15. Mai 2018, abgerufen am 26. Mai 2018 .
  8. Auslandische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Parzinger, Hermann. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 21. November 2020 (russisch).
  9. Das ist die Deutsche Digitale Bibliothek! , Video vom 28. November 2011 erstellt vom TVT creative media GmbH im Auftrag des Beauftragten der Bundesregierung fur Kultur und Medien, zuletzt abgerufen am 6. Dezember 2012
  10. Hermann Parzinger in die Nationalstiftung berufen , in: Berliner Morgenpost, 6. November 2013, S. 18.
  11. Europa Nostra News vom 8. Mai 2018: Prof. Dr. Hermann Parzinger from Germany appointed as new Executive President of Europa Nostra , abgerufen am 23. Mai 2022
  12. ?Pressemitteilung zur Wahl von Prof. Dr. Hermann Parzinger zum Ehrenburger der Stadt Germering“, 20. Dezember 2008
  13. BAnz AT 22.11.2012 B1
  14. Hermann Parzinger erhalt das Große Verdienstkreuz mit Stern , idw vom 25. September 2012
  15. Die Welt Nachrichten vom 27. Februar 2013 Parzinger erhalt Akademie-Preis fur Geisteswissenschaften , abgerufen am 27. Februar 2013
  16. Stiftung Preußischer Kulturbesitz Pressemitteilung vom 26. Juni 2013: Hermann Parzinger zum Mitglied der American Philosophical Society gewahlt
  17. AAAS: Foreign Honorary Member elected 2014 , abgerufen am 24. April 2014.
  18. Homepage Stiftung Preussischer Kulturbesitz News vom 11. September 2015: Italien ehrt Hermann Parzinger , abgerufen am 12. September 2015
  19. Marsilius-Vorlesung mit Hermann Parzinger. Abgerufen am 1. Februar 2019 .
  20. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA) Pressemitteilung 194 vom 8. Juni 2021: Orden Pour le merite wahlt neue Kanzler , abgerufen am 7. Juni 2021.
  21. Frankfurter Allgemeine vom 20. Mai 2021: Buch uber Kulturzerstorungen. Statuen sterben auf verschiedene Weisen , abgerufen am 5. Juni 2021.