Hermann Adler
(geboren
2. Oktober
1911
in
Dioszeg
,
Osterreich-Ungarn
; gestorben
18. Februar
2001
in
Basel
) war ein deutscher judischer Schriftsteller und Publizist.
Hermann Adler wurde unweit von
Pressburg
in einem Ort mit betrachtlicher deutschsprachiger Minderheit geboren. Seit fruhester Jugend war sein Ideal der Sozialismus. Er besuchte die Schule in
Nurnberg
und die judischen Lehrerseminare in
Wurzburg
[1]
und
Breslau
und wurde an einer Schule fur lernbehinderte Kinder im Weberstadtchen
Landeshut
in
Niederschlesien
tatig. Er war inzwischen Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes. Nach der
Machtubergabe an die Nationalsozialisten
sollte er sich wegen ?Verfuhrung der deutschen Jugend“ verantworten. Durch die Hilfe eines Vorgesetzten gluckte ihm jedoch die Flucht in die
Tschechoslowakei
, 1939 nach
Polen
, 1940 uber das russisch besetzte
Lemberg
nach
Litauen
.
Nach dem deutschen Uberfall auf die Sowjetunion wurde er im
Ghetto Wilna
interniert. Mit seiner Frau Anita Distler, einst Altistin an der Wiener Volksoper, lebte er mehrere Monate lang versteckt in der Wohnung des aus Wien stammenden Feldwebels
Anton Schmid
, um dem Massenmord an Juden zu entgehen. Schmid wurde 1942 wegen seiner Hilfe fur Juden hingerichtet. Der israelische Filmregisseur
Nathan Jariv
drehte 1967 nach dem Drehbuch von Hermann Adler den ZDF-Fernsehfilm
Feldwebel Schmid
.
[2]
Adler erlebte in Wilna die sukzessive Ermordung der Ghettobevolkerung und konnte 1943 nach Warschau fliehen, wo er am
Aufstand im Warschauer Ghetto
teilnahm. Mit Hilfe des Unternehmers und Judenretters
Franz Fritsch
gelangten er und seine Frau auf abenteuerlichen Wegen von Warschau nach
Budapest
. Noch war
Ungarn
von Judendeportationen ausgenommen. In Budapest wurde das Ehepaar vom schwedischen Presseattache
Valdemar Langlet
in seiner Wohnung aufgenommen. Als inzwischen durch
Adolf Eichmann
auch in Budapest die
Endlosung
organisiert wurde, wurden die Adlers entdeckt und mit 1684 anderen Juden in das
KZ Bergen-Belsen
deportiert, wo Hermann Adler ein Opfer der
Menschenversuche durch KZ-Arzte
wurde. Derweil verhandelte das in Budapest ansassige ?Komitee fur Hilfe und Rettung“ (hebr.: ???? ????? ?????? ???????,
Waadat ha-Esra we-ha-Hazala
) mit Eichmanns Leuten.
[3]
Nachdem das Rettungskomitee vier Millionen Reichsmark gezahlt hatte, kamen 1668 Juden aus dem KZ Bergen-Belsen frei, die mit zwei als ?
Kasztner-Transport
“ bezeichneten Sonderzugen in die
Schweiz
gebracht wurden. Am 7. Dezember 1944 erreichte der Zug die Schweiz und die Adlers waren gerettet.
[4]
Seither lebte und arbeitete Adler als freier Schriftsteller in der Schweiz und wohnte in Basel. Er schrieb ein halbes Dutzend Gedichtbande, in denen er Zeugnis uber die Opfer ablegte, außerdem verfasste er Horspiele und Fernsehsendungen.
Die die litauische Ubersetzerin Austeja Merkeviciute und deutsch-iranische Literaturwissenschaftlerin Schirin Nowrousian engagieren sich fur eine Entdeckung der Werke Adlers in Litauen und fur eine Ubersetzung ausgewahlter Werke ins Litauische.
[5]
Schirin Nowrousian hatte einem 2017 erschienenen Beitrag zu Hermann Adler in der Zeitschrift
Full Bleed
des Maryland Institute College of Art (MICA) drei von ihr ubersetzte Gedichte Hermann Adlers beigegeben,
[6]
die ? soweit ersichtlich ? erste Ubersetzung von Texten Adlers ins Englische. Daraufhin stellte auch die Zeitschrift
Forward
Hermann Adler vor.
[7]
- Gesange aus der Stadt des Todes.
Oprecht, Zurich 1945.
- Balladen der Gekreuzigten, der Auferstandenen, Verachteten.
Oprecht, Zurich, 1946.
- Bilder nach dem Buche der Verheißung.
Verlag der Judischen Rundschau Maccabi, Basel 1950.
- Walter Habel:
Wer ist wer?
Band 1 (West), Berlin 1967, S. 7.
- Adler, Hermann.
In:
Lexikon deutsch-judischer Autoren
.
Band 1:
A?Benc.
Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, Munchen 1992,
ISBN 3-598-22681-0
, S. 60?61.
- Adler, Hermann
, in:
Ernst Klee
:
Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945
. Frankfurt am Main : S. Fischer, 2007,
ISBN 978-3-10-039326-5
, S. 11
- Jurgen Serke
:
Die verbrannten Dichter
. Beltz Verlag, Weinheim, erweiterte Aufl. 2002,
ISBN 3-407-80899-2
.
- ↑
Israelitische Lehrerbildungsanstalt Wurzburg
, bei
Alemannia Judaica
.
- ↑
Feldwebel Schmid
(
Memento
vom 10. Marz 2014 im
Internet Archive
)
- ↑
Uber die Grenze.
In:
www.jm-hohenems.at.
Judisches Museum Hohenems Osterreich,
abgerufen am 17. Oktober 2022
.
- ↑
Jurgen Serke:
Die verbrannten Dichter
. Beltz Verlag, Weinheim 2002,
ISBN 3-407-80899-2
,
S.
367
ff
.
- ↑
Felix Ackermann:
Die Saat auf den Grabern. Hermann Adler, ein deutscher Dichter im Wilnaer Getto.
In:
Frankfurter Allgemeine Zeitung.
21. September 2018, S. 14.
- ↑
Schirin Nowrousian:
Songs from the City of Death, Poems by Hermann Adler.
Abgerufen am 11. November 2022
.
- ↑
Jake Romm:
The Forgotten Holocaust. Poetry of Hermann Adler.
Abgerufen am 11. November 2022
.