Dieser Artikel behandelt den Hitlerjungen Herbert Norkus. Zum Segelschiff
Herbert Norkus
siehe
Herbert Norkus (Schiff)
.
Herbert Adolf Erwin Norkus
(*
26. Juli
1916
in
Berlin
; †
24. Januar
1932
ebenda
[1]
) war ein
Hitlerjunge
, der bei einer Propaganda-Aktion durch Kommunisten getotet wurde. Er wurde danach vom
Nationalsozialismus
als ?Vorbild fur den kampferischen Einsatz der Hitler-Jugend“ und als ?
Blutzeuge
der Bewegung“ dargestellt. Sein Todestag wurde zum Trauertag der nationalsozialistischen Jugend (?Tag des Heiligen“) erklart, an welchem der ?gefallenen“ Hitlerjugend-Mitglieder gedacht werden sollte.
Seine Eltern hatten 1915 geheiratet.
[2]
Sein Vater Ludwig Emil Friedrich Norkus, geb. 1889, von Beruf Schlosser, war 1915 im Ersten Weltkrieg schwer verwundet worden.
[3]
Er war tatig als kriegsversehrter Heizer in der
Chemisch-Technischen Reichsanstalt
, am
Tegeler Weg
in
Berlin-Plotzensee
, wo die Familie auch wohnte. Er gehorte vermutlich der
SA
an. Seine gleichaltrige Ehefrau Emma Elisabeth Norkus geb. Kurtz war zumindest bis zur Heirat als Konfiturenhandlerin tatig gewesen. Sie starb ein Jahr vor ihrem Sohn am 18. Februar 1931 in den Kuranstalten Westend in Charlottenburg im
Haus fur Gemutskranke
in der Nußbaumallee 38.
[4]
Herbert Norkus galt als unscheinbarer und normaler Schuler eines Gymnasiums.
[5]
Titelseite des NSDAP-Organ
Volkischer Beobachter
vom 27. Januar 1932 zum gewaltsamen Tod Norkus
Am Morgen des 24. Januar 1932 verteilte Norkus in
Berlin-Moabit
mit anderen Hitlerjungen Flugblatter einer nationalsozialistischen Propagandaveranstaltung. Eine Gruppe junger Kommunisten wollte das verhindern und verfolgte die Hitlerjungen. Norkus wurde zusammengeschlagen, erhielt Stichwunden und wurde im Flur des Hauses Zwinglistraße 4 in Moabit aufgefunden.
[5]
Er starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Am nachsten Tag erschien die
NSDAP
-Zeitung
Der Angriff
mit der Uberschrift: ?Wie der Hitlerjunge Herbert Norkus von Rotmord gemeuchelt wurde“.
Seine Beisetzung am 28. Januar 1932 auf dem Neuen St. Johannis-Friedhof in
Berlin-Plotzensee
wurde nach Polizeiangaben von 5000 Personen begleitet.
[5]
Drei direkt am Mord beteiligte 18- bis 19-jahrige Jungkommunisten, nach denen gefahndet wurde, fluchteten mit Unterstutzung der
Roten Hilfe
in die
Sowjetunion
. Anfang Juli 1932 wurden drei weitere Kommunisten, darunter der Moabiter
KPD
-Leiter
Georg Stolt
, und drei ehemalige SA-Leute, die mittlerweile zur Anhangerschaft des abtrunnigen Nationalsozialisten
Walther Stennes
gehorten und nach Aussagen im Prozess die Kommunisten zu dem Uberfall angestiftet hatten, wurden vom
Landgericht Berlin I (Preußen)
zu Gefangnis- bzw. Zuchthausstrafen zwischen ein und drei Jahren verurteilt.
Hitlerjugend marschiert von Norkus’ Grab zum
Reichsparteitag
in Nurnberg
Die Nationalsozialisten ergriffen den Tod des Jungen als gute Gelegenheit, um einen Mythos zu schaffen; so erschienen alleine drei Bucher um Norkus’ Leben.
Der Schriftsteller
Karl Aloys Schenzinger
nahm noch 1932 Norkus’ Leben als Vorlage fur einen Fortsetzungsroman mit dem Titel
Der Hitlerjunge Quex
, der zuerst im
Volkischen Beobachter
erschien, gleichzeitig aber auch als Buch verlegt wurde.
[5]
Im Roman ist der Protagonist statt Herbert Norkus jedoch der Sohn eines Kommunisten mit Namen Heini Volker, der gegen den Willen des Vaters Mitglied bei den Hitlerjungen werden will. Die Mutter verliert er bei einem gemeinschaftlichen
Suizidversuch
, den nur er uberlebt. Im Roman wird er auf dem Nachhauseweg nach einer Theaterprobe von Kommunisten uberfallen und stirbt eine Woche spater an den Verletzungen.
Hitlerjunge Quex
wurde 1933 mit
Heinrich George
verfilmt, Regie fuhrte
Hans Steinhoff
. Der Filmstoff wurde schon im April 1933 von der UFA angekauft.
[5]
Buch wie Film spielten eine erhebliche Rolle in der
nationalsozialistischen Propaganda
.
[6]
Von der Partei wurden die Kinder und Jugendlichen der HJ regelmaßig in die Kinos gefuhrt, so dass der Film eine enorme Zuschauerzahl hatte. Außerdem wurde der Film ab 1934 in
Jugendfilmstunden
eingesetzt, bis er im November 1942 ohne Begrundung abgesetzt wurde.
[5]
Ebenso erschien schnell ein Buch von Rudolf Ramlow mit dem Titel:
Herbert Norkus? Hier!
, welches sich nach eigener Darstellung mit ?Opfer und Sieg der Hitlerjugend“ befasst. Im Jahr 1934 erschien noch
Herbert Norkus und die Hitlerjungen vom Beusselkietz
, welches sich um die direkten Angehorigen und Mitglieder der HJ-Gruppe von Norkus dreht.
Daneben wurde Norkus in Propaganda-Liedern der Hitler-Jugend besungen, wie etwa in
Der helle Tag
von
Hans Baumann
:
?Fahnlein Norkus, zum Sturm! Singend tragen wir die Fahne in die Ferne, Herbert Norkus hebt sie hoher in die Sterne. Setzt sie auf jeden Turm ? Fahnlein Norkus, zum Sturm!“
?
Hans Baumann
:
Der helle Tag, 1938
Grundschule Zweitorstraße in
Viersen
-Bockert (Baujahr 1938), fruher ?Herbert-Norkus-Schule“, heute ein
Baudenkmal
[7]
Norkus war in der
Zeit des Nationalsozialismus
Namenspatron zahlreicher Schulen, Straßen und Platze
[8]
sowie des
Segelschulschiffs
Herbert Norkus
der deutschen
Kriegsmarine
. Die Ottostraße und der Ottoplatz in
Berlin-Moabit
, in deren Nahe Norkus starb, wurden in Norkusstraße und Norkusplatz umbenannt.
[9]
Auch in vielen anderen deutschen Stadten gab es eine Herbert-Norkus-Straße, unter anderem in
Frankfurt am Main
(heute: Carl-Heicke-Weg),
Dortmund
,
Garmisch-Partenkirchen
,
Gelsenkirchen
(heute: Schwedenstraße
[10]
),
Gorlitz
(heute: Schulstraße),
Goldap
,
Leverkusen
(heute: Otto-Wels-Str.),
Marburg
,
Olpe
(ursprunglich und heute wieder: Agathastraße),
Erkelenz
,
Rostock
und
Weimar
und einen Herbert-Norkus-Steig in
Teltow
. In
Danzig
wurde die
August-Bebel-Straße
in Herbert-Norkus-Straße umbenannt.
[11]
In
Mainz
war die
Herbert-Norkus-Kampfbahn
nach ihm benannt. Nach dem Krieg wurde daraus das
Bruchwegstadion
.
[12]
Das ehemalige
Lubecker Waisenhaus
, das seit 1929 eine
Jugendherberge
war, wurde zu Beginn des
Dritten Reichs
in
Herbert-Norkus-Heim
umbenannt.
[13]
Das Haus der Naturfreunde Oppau-Edigheim wurde in Herbert-Norkus-Heim umbenannt.
[14]
In
Waldenburg
/Niederschlesien gab es die Herbert-Norkus-Schule.
In Koln-Dunnwald wurde ein von Sozialdemokraten und Gewerkschaftern Anfang der 20er Jahre erbautes und in Eigenregie betriebenes, heute nach wie vor bestehendes ?Waldbad“ ? heute vom sog. Ortskartell geleitet ? ebenfalls in Herbert Norkus-Bad umbenannt.
Eine
neonazistische
?Kameradschaft Norkus“ in
Sachsen
hat sich nach ihm benannt.
Im Grimmaer Stadtwald wurde im Jahr 1935 das Norkus-Denkmal eingeweiht. Dieses bestand aus einem ca. 10 Meter hohen stilisierten Schwert mit Hakenkreuz-Emblem, welches aus einem Steinquader emporragte.
[15]
- Bernhard Sauer
:
Othmar Toifl (1898?1934). Kurt Dalueges geheimnisvoller Nachrichtenmann
, in:
Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft
64, 2016, S. 833?853 (
Digitalisat
).
- ↑
Sterberegister Berlin XIIb 1932, Nr. 150, Landesarchiv Berlin
- ↑
Heiratsregister Berlin XIIb 1915 Nr. 981, Landesarchiv Berlin
- ↑
Deutsche Verlustliste (Pr. 229) vom 21. Mai 1915, Listennummer 0498, Band 1915_IX, in der Sammlung Deutschland, Verlustlisten im 1. Weltkrieg, 1914?1919, abgerufen bei ancestry.de am 6. Februar 2023
- ↑
Sterberegister Berlin Charlottenburg II Nr. 386, Landesarchiv Berlin
- ↑
a
b
c
d
e
f
Vor 75 Jahren starb Herbert Norkus ? Berliner Zeitung vom 24. Januar 2007
abgerufen am 18. Oktober 2012
- ↑
Phil Langer:
?Es sollen drei Kreuze flattern uber dem Beusselkietz.“ ? Karl Aloys Schenzingers ?Der Hitlerjunge Quex“
.
(PDF; 210 kB), Seminararbeit an der Ludwig-Maximilian-Universitat Sommersemester 1999, Referat von Kurt Schilde auf dem 46. Deutschen Historikertag
- ↑
Stadt Viersen, Liste der Baudenkmaler.
Abgerufen am 30. Marz 2014
.
- ↑
Bonner Stadtmuseum zur Benennungspraxis im Nationalsozialismus
(
Memento
des
Originals
vom 1. August 2012 im Webarchiv
archive.today
)
Info:
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Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.bonn.de
- ↑
Norkusstraße
.
In:
Straßennamenlexikon des
Luisenstadtischen Bildungsvereins
- ↑
gelsenzentrum.de
- ↑
Institut der Danziger Straßenkunde
, abgerufen am 25. Dezember 2015.
- ↑
Rhein-Zeitung vom 14. Mai 2011: Die Herbert-Norkus-Kampfbahn
, abgerufen am 15. November 2012
- ↑
diverse Lubecker Adressbucher ab dem Ende 1933 erschienenen Jahrgang 1934
- ↑
Hans Denig:
Die Blaue Blume oder zwischen Rot und Grun
. Naturfreunde Rheinland-Pfalz (Hrsg.), Ludwigshafen 1995, S. 159?166
- ↑
Norkus-Denkmal im Grimmaer Stadtwald.
Abgerufen am 14. Juni 2023
.