Henry du Pre Labouchere
(*
9. November
1831
in
London
; †
15. Januar
1912
in
Florenz
) war ein britischer Politiker.
Labouchere wurde in London als Sohn einer
Hugenottenfamilie
geboren. Er hatte zwei jungere Bruder und sechs Schwestern. Sein Vater war Bankier und ermoglichte ihm, das
Eton College
und das
Trinity College (Cambridge)
zu besuchen. Nach dem Schulabschluss kam er durch Vermittlung der Familie in den diplomatischen Dienst. So arbeitete er von 1854 bis 1864 in den Botschaften von
Washington
,
Munchen
,
Stockholm
,
Frankfurt am Main
,
St. Petersburg
,
Dresden
und
Konstantinopel
. 1865 wurde er fur die Grafschaft Windsor als Liberales Mitglied ins Parlament gewahlt. 1867 trat er fur Middlesex an und beteiligte sich an einem Theaterprojekt. 1868 unterlag er bei der Wahl dem Kandidaten der Konservativen. Damit begannen 12 Jahre außerparlamentarischer Tatigkeit fur ihn.
Nach dem Ausscheiden von
John Forster
als Herausgeber der
Daily News
, die 1846 von
Charles Dickens
gegrundet worden war, beteiligte er sich ab 1870 maßgeblich am weiteren Aufbau dieser Zeitung. Im selben Jahr wurde die pazifistische Londoner Tageszeitung
Morning Star
von den
Daily News
ubernommen. 1870?1871 veroffentlichte er in den
Daily News
das
Tagebuch eines Belagerten in Paris
, das spater als Buch erschien (deutsch, Leipzig 1871).
Seit 1868 lebte er mit der Schauspielerin
Henrietta Hodson
zusammen, die jedoch noch verheiratet war. Labouchere setzte auf das Talent von Hodson und forderte sie. Das Theater wurde kein Erfolg und musste 1879 schließen. 1884 wurde die gemeinsame Tochter Mary Dorothea geboren. Das Paar heiratete erst 1887, nachdem der Ehemann von Hodson gestorben war.
[1]
Ab 1880 war er zusammen mit
Charles Bradlaugh
Parlamentsmitglied fur
Northampton
. Beide galten als liberal.
Labouchere hat sich außerdem durch seine lebhafte Teilnahme an den irischen Obstruktionsbestrebungen im Unterhaus besonders hervorgetan. Er unterstutzte auch
William Ewart Gladstone
.
Ein populares Spielsystem beim
Roulette
tragt seinen Namen, siehe
Labouchere
.
Er war mit
Henry de Labouchere, Lord Taunton
verwandt.
1876 grundete Labouchere die satirische Wochenschrift
Truth
(deutsch: Wahrheit) als Konkurrenz zu einem Blatt namens
The World
(deutsch: Die Welt), das er zuvor verlassen hatte. Die erste Ausgabe von
Truth
erschien am 4. Januar 1877.
[2]
Labouchere wurde in der Offentlichkeit als Gegner des
Frauenwahlrechts
und teilweise auch als
Antisemit
wahrgenommen. Es kam zu einigen juristischen Auseinandersetzungen wegen der Skandale, die er aufdeckte. Einer seiner Hauptgegner war der Zeitungsverleger
Edward Levy-Lawson
, Herausgeber des 1855 gegrundeten
The Daily Telegraph
.
[3]
Im Jahre 1890 erregte die Zeitschrift
Truth
internationales Aufsehen mit einem fiktiven Interview, das der Herausgeber mit einem Professor fur Hypnose fuhrte. Darin wird der Traum des deutschen Kaisers (?The Kaiser’s Dream“) beschrieben, in dem ? so die Interpretation ? der Untergang der europaischen Monarchien durch einen großen Krieg vorhergesagt wird. Dies wird von Verschworungstheoretikern so ausgelegt, dass Labouchere mit dieser Veroffentlichung seine Kenntnis von Geheimplanen fur den
Ersten Weltkrieg
offenbaren wollte. Die Zeitschrift veroffentlichte außerdem eine farbige Landkarte
Europas
, auf der das Untergangsszenario dargestellt wird. Eine deutsche Ubersetzung erschien jedoch erst 1927.
[4]
Zum damaligen Zeitpunkt erreichte
Truth
die Auflage von einer Million. Die letzte Ausgabe erschien 1957.
[2]
- Hermann Freiherr von Eckardstein:
Lebens-Erinnerungen und politische Denkwurdigkeiten.
P. List, Leipzig, 1919,
DNB
560438729
.
- ↑
Labby and Dora.
In:
labouchere.co.uk.
4. Juni 2010,
abgerufen am 26. Marz 2021
(englisch).
- ↑
a
b
Truth Closes Down.
In:
The Times
.
31. Dezember 1957, S. 6.
- ↑
Claire Hirshfield:
Labouchere,
Truth
and the Uses of Antisemitism.
In:
Victorian Periodicals Review.
Band 26, Nr. 3. Herbst 1993,
S. 134?142
,
abgerufen am 26. Marz 2021
(englisch).
- ↑
Eugen Lennhoff, Oskar Posner:
Internationales Freimaurerlexikon.
Amalthea, Zurich/Leipzig/Wien, 1932,
DNB
361156049
, unter dem Stichwort
Bodung-Verlag
.