Helene Kottanner(in)
(* um 1400; † um 1475) war eine konigliche
Kammerfrau
und
Schriftstellerin
. Ihr Bericht uber ihre Mitwirkung an den dramatischen Ereignissen anlasslich der Geburt des Thronfolgers
Ladislaus Postumus
im Jahre 1439/1440 in Ungarn ist eine der fruhesten deutschsprachigen Autobiographien einer Frau.
Sie durfte um 1400 geboren worden sein. In erster Ehe war sie mit Peter Szekeles verheiratet. Er war der Burgermeister von
Odenburg
, heute
Sopron
. Als dieser starb (um 1431), heiratete sie in
Wien
Johann Kottanner, der Kammerherr des Wiener
Dompropstes
war. Seit 1436/1437 ist sie am koniglichen Hofe als Erzieherin der zweiten Tochter Konig
Albrechts II.
und
Elisabeths
nachweisbar. 1439 begleitete sie die konigliche Familie als Kammerfrau der Konigin nach Ungarn.
Als Konig Albrecht II. im Oktober 1439 wahrend der Reise starb, hinterließ er die Konigin im funften Monat schwanger und die Thronfolge ungewiss, da bis dahin kein mannlicher Erbe geboren war. Hier setzen die autobiographischen Aufzeichnungen der Helene Kottanner ein. Laut ihrer Aussage wurde sie von der schwangeren Elisabeth beauftragt, aus der der Konigin gehorenden Plintenburg (
Visegrad
) die streng bewachte
Stephanskrone
an sich zu bringen, die zu diesem Zeitpunkt dort aufbewahrt wurde. Das gelang ihr mit einem ungarischen Komplizen in der Nacht vom 21. auf den 22. Februar 1440. Damit wollte die Konigin die Thronfolge des am folgenden Tag geborenen Sohnes
Ladislaus
gewahrleisten. Die Erbfolge der
Habsburger
in
Ungarn
war damit vorlaufig gesichert.
Uber die Ereignisse der Jahre 1439/1440 berichtete Helene Kottanerin in einer Aufzeichnung, die sie vermutlich um 1450 niederschreiben ließ. Wieweit die Verfasserin dabei ihre eigene Heldentat und Stellung bei Hofe wahrheitsgemaß schilderte, ist unklar; sie beschrieb sich selbst als treue Ratgeberin in allen Belangen fur ihre ?verwegene und weise“ Konigin.
Der autobiographische Bericht der Helene Kottannerin ist nur in einer deutschsprachigen Handschrift des 15. Jahrhunderts uberliefert (ONB Wien, Codex 2920). Die Handschrift umfasst 16 Blatter, wovon das erste Blatt nur zur Halfte erhalten ist. Nach Blatt 16 fehlen ein oder mehrere Blatter, da die Schilderung der Ereignisse dort mitten im Satz abbricht. In der Handschrift selbst ist der Name der Erzahlerin mehrfach mit K und einer großeren Lucke gegeben, der Name ihres Mannes ist jedoch einmal ausgeschrieben. In die erste Lucke hat eine spatere Hand den Namen Helene Kottannerin nachgetragen. Die Handschrift erfuhr im 19. Jahrhundert eine erste Edition durch einen anonymen Herausgeber, hinter dem der Wiener Gelehrte
Stephan Ladislaus Endlicher
vermutet wird. Der Textverlust entsprach bereits damals dem heutigen Erscheinungsbild, wie der erste Herausgeber im Druckbild andeutete, ohne naher darauf einzugehen. Der anonyme Herausgeber versah die Edition mit einem Vorwort, in dem er auf seine ?literarischen Vorsatze einer reichen und glucklichen Jugendzeit“ hinwies, mit geschichtlichen Anmerkungen und mit einer Zeittafel.
Der dramatische Bericht Helene Kottanners erfuhr mehrere literarische Bearbeitungen; einmal mit den Passagen, in denen sie sich wahrend ihres Weges zum Aufbewahrungsort der Krone den Anfechtungen des Teufels ausgesetzt glaubt, von
Heimito von Doderer
in dessen Roman
Die Damonen
(dort Namensschreibweise ?Kotanner“) als Teil einer Diskussion uber die Wahrnehmungsfahigkeiten von Menschen im Mittelalter.
[1]
Helene Kotanner wird auch in Doderers
Dissertation
behandelt.
[2]
Die dritte Episode
Die Meisterdiebin
der ersten Staffel der
ORF-III
-Produktion
Osterreich ? Die ganze Geschichte
, Erstausstrahlung am 28. Dezember 2023, widmet sich Helene Kottanerins Diebstahl der ungarischen
Stephanskrone
.
[3]
[4]
- Stephan Ladislaus Endlicher
(Hrsg., anonym):
Aus den Denkwurdigkeiten der Helene Kottannerin 1439. 1440
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digital
und
Digitalisat
bei
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(Hrsg.):
Vom Mittelalter zur Neuzeit (1200?1500)
(= ders. (Hrsg.):
Bilder aus der deutschen Vergangenheit
. Bd. 2,1). Leipzig, 1887, S. 353?372
- Karl Mollay (Hrsg.):
Die Denkwurdigkeiten der Helene Kottannerin (1439?1440)
(= Wiener Neudrucke 2). Osterreichischer Bundesverlag fur Unterricht, Wissenschaft und Kunst, Wien, 1971,
ISBN 3-215-72208-9
, S. 9?35
- Daniel Kufner:
Die Denkwurdigkeiten der Helene Kottannerin (1439?1440)
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pdf
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(Hrsg.):
Ich, Helene Kottannerin. Die Kammerfrau, die Ungarns Krone stahl
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- ↑
Heimito von Doderer:
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Heimito von Doderer:
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In:
Die moderne Welt: illustrierte Halbmonatschrift fur Kunst, Literatur, Mode.
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- ↑
?Osterreich ? Die ganze Geschichte“: Auftakt zu umfassendster ORF-Historienreihe.
APA-OTS
-Aussendung der
ORF
-Pressestelle, 22. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- ↑
Osterreich - Die ganze Geschichte (3/10): Die Meisterdiebin.
In:
tv.
ORF.at
.
Programm des
ORF III
am 28. Dezember 2023 um 20:15 Uhr in der Erstausstrahlung. Abgerufen am 28. Dezember 2023.