Heinz Schon

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Heinz Schon im Kulturzentrum Ostpreußen Ellingen (1996)

Heinz Schon (* 3. Juni 1926 in Jauer , Niederschlesien ; † 7. April 2013 in Bad Salzuflen ) [1] war ein deutscher Archivar , Theateramtsleiter , Sachbuchautor und Publizist. Er uberlebte den Untergang der Wilhelm Gustloff 1945. Er war Zeitzeuge dieses Ereignisses und Archivar uber die sudliche Ostsee. Im Jahr 1986 verlieh ihm Bundesprasident Richard von Weizsacker das Bundesverdienstkreuz .

Seit fruher Jugend interessierte sich Heinz Schon fur die Seefahrt; im Jahr 1941 erwarb er das Seesportabzeichen A in Prieros , dann 1942 das Seesportabzeichen B in Seemoos am Bodensee und im Jahr 1943 das Seesportabzeichen C auf dem Segel schulschiff Horst Wessel . Wegen seiner zunehmenden Kurzsichtigkeit musste er von dem Segelschulschiff der Kriegsmarine abmustern, um bei der Handelsmarine anheuern . Seine Ausbildung zum Zahlmeister begann er im Herbst 1943 in Hamburg im Zentralburo der Hamburg-Sudamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft . Ab Februar 1944 war er als Schiffzahlmeisterassistent auf der ?Wilhelm Gustloff“ im Einsatz, einem ehemaligen KdF -Urlauberschiff, das zum Lazarettschiff fur die Kriegsmarine umgerustet worden war und als Wohnschiff der 2. U-Lehrdivision in Gotenhafen -Oxhoft lag.

Untergang der Wilhelm Gustloff

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Am 21. Januar begann das Unternehmen Hannibal und die Wilhelm Gustloff wurde wieder in Fahrt gebracht, mit dem Ziel die Fluchtlinge und Soldaten uber die sudliche Ostsee evakuieren. Auf der ersten Fahrt von Gotenhafen nach Kiel, mit moglicherweise uber 10.000 Personen am Bord, wurde die Wilhelm Gustloff am 30. Januar 1945 durch drei Torpedos des sowjetischen U-Boots S-13 versenkt. Vermutlich uber 9.000 Menschen starben bei dem Untergang des Schiffs, nur etwa 1.230 uberlebten.

Als die Krangung zunahm, wurde Heinz Schon uber Bord ins Meer gespult. Ein junger Matrose der Schiffsmannschaft, der spatere Angiologe Werner Schoop , zog ihn auf ein Floß und rettete ihm das Leben. Das Torpedoboot T 36 nahm die Schiffbruchigen aus dem Floß an Bord und brachte sie zum Hafen in Sassnitz . Heinz Schon reiste mit dem Zug am 3. Februar in Hamburg an, wurde am 17. Februar auf den Dampfer General San Martin abkommandiert und nahm an elf Rettungsfahrten mit Fluchtlingen uber die sudliche Ostsee teil.

Engagement als Zeitzeuge und Archivar

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Heinz Schon wurde am 16. Juni 1945 aus der Handelsmarine entlassen, reiste in die amerikanische Besatzungszone und studierte an der Verwaltungsakademie in Gottingen . Anschließend baute er dort eine Volkshochschule auf. Er heiratete im Juni 1947 und zog 1953 mit Familie nach Herford. In den Jahren 1953 bis 1990 war er als Werbeleiter, stadtischer Fremdenverkehrsdirektor und dann als Theateramtsleiter des Stadttheaters Herford angestellt. Er begrundete 1973 in Herford das Hoekerfest und hat fur das kulturelle und wirtschaftliche Leben in der Stadt Herford viel bewirkt. [2] 1969 ubersiedelte er in die Nachbarstadt Bad Salzuflen, Ortsteil Lockhausen , welcher im Rahmen der Gebietsreform am 1. Januar 1969 in Bad Salzuflen aufging.

Der Untergang der Gustloff ließ ihn bis zum Lebensende nicht mehr los. Bereits 1945 suchte er nach weiteren Zeitzeugen und Uberlebenden der Katastrophe und sammelte Berichte fur sein Gustloff-Archiv [3] sowie fur sein Ostsee-Archiv . Er debutierte 1952 als Sachbuchautor mit dem Buch Der Untergang der Wilhelm Gustloff . Es folgten weitere Bucher, Vortrage und Presseartikel. Er wirkte als Fachberater und Drehbuchmitarbeiter bei dem Film Nacht fiel uber Gotenhafen , der 1960 in deutschen Kinos erschien.

1965 richtete die Bundesregierung an der Ost-Akademie Luneburg eine ?Forschungsstelle Ostsee“ ein, deren Aufgabe es war, die Dokumentation uber die Ruckfuhrung von Fluchtlingen, Verwundeten und Soldaten mit Schiffen der Handels- und Kriegsmarine uber die sudliche Ostsee im Fruhjahr 1945 zu erarbeiten. Heinz Schon ubernahm ehrenamtlich den Teil uber die Handelsschifffahrt. Nach siebenjahriger Tatigkeit wurde die ?Forschungsstelle Ostsee“ kurz vor der Veroffentlichung uberraschend geschlossen. [4] Die von Heinz Schon erarbeiteten Materialien blieben vereinbarungsgemaß aus urheberrechtlichen Grunden in seinem Archiv. Er forschte weiter und veroffentlichte 1983 das 700-seitige Standardwerk Ostsee '45 ? Menschen, Schiffe, Schicksale , das laufend erganzt, erweitert und mehrmals aufgelegt wurde. 1984 verlieh ihm die Landsmannschaft Westpreußen e. V. den Marienburg -Preis .

In den Jahren 1985 und 1986 organisierte er im Ost seebad Damp , als Medienreferent im Kuratorium ? Erinnerungsstatte Albatros ? Rettung uber See “, die Begegnungen der Geretteten und Retter der Ostseeflucht. 1987 hatte Heinz Schon die ?Rettungsmedaille Ostsee 1945“ gestiftet, die in Damp an die Rettenden verliehen wurde. Bei einem Vortrag im Januar 1997 in Freiburg traf er seinen Lebensretter Werner Schoop (1924?2011), der ihn am 30. Januar 1945 aus der Ostsee auf ein Floß zog. 2002 hatte ihn Gunter Grass namentlich in seiner Novelle Im Krebsgang wie folgt erwahnt:

?Aber ausfuhrlich und aus zeitlicher Distanz tat das allein Heinz Schon. Er hat (…) den Wust der Zeitungsberichte von damals ausgewertet. (…) Da er den Untergang des KdF-Passagier-, dann Lazarett-, darauf Kasernen- und schließlich Fluchtlingstransportschiffes uberlebte, begann er nach dem Krieg alles zu sammeln und aufzuschreiben, was die Gustloff in guten und schlechten Zeiten betraf. Er kannte nur dieses eine Thema; oder es hatte einzig dieses Thema von ihm Besitz ergriffen. (…) Alles hatte er aufgelistet: die Anzahl der Kabinen, die Unmengen Reiseproviant, die Große des Sonnendecks in Quadratmetern, die Zahl der kompletten und der am Ende fehlenden Rettungsboote und schließlich (…) die Zahl der Toten und Uberlebenden.“

? Gunter Grass : Im Krebsgang. Eine Novelle ? in memoriam . Steidl Verlag , Gottingen 2002, ISBN 3-88243-800-2 , S.   61?62 .

Als der Fernsehfilm Die Gustloff gedreht wurde, war er als ?Gustloff-Experte“ im Marz 2007 bei den Drehtagen in Stralsund sowie im Mai bei Magic Media Company in Koln anwesend.

Heinz Schon starb im April 2013 in seinem letzten Wohnort Bad Salzuflen. Seinem Wunsch entsprechend wurde die Urne samt Gedenktafel am 10. Mai 2013 in der Ostsee am Wrack der Wilhelm Gustloff versenkt. [5] [6] Nach dem Tod von Heinz Schon fiel ein Teil des Gustloff-Archivs einem Wasserschaden zum Opfer, der Rest ging in den Privatbesitz des mit Schon befreundeten Tauchers Matthias Schneiders uber.

Publikationen (Auswahl)

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  • Der Untergang der Wilhelm Gustloff ? Tatsachenbericht eines Uberlebenden . Bearbeitung Walter Bockmann, Karina-Goltze-Verlag, Gottingen 1952, DNB 454444680 .
  • Ostsee ’45 ? Menschen, Schiffe, Schicksale . Motorbuch-Verlag , Stuttgart 1983, ISBN 3-87943-856-0 .
  • Die KdF-Schiffe und ihr Schicksal. Eine Dokumentation . Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 3-613-01192-1 .
  • Die Cap Arcona-Katastrophe. Eine Dokumentation nach Augenzeugen-Berichten . Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1989, ISBN 3-613-01270-7 .
  • Die letzten Kriegstage. Ostseehafen 1945 . Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-613-01654-0 .
  • Im Heimatsland in Feindeshand. Schicksale ostpreußischer Frauen unter Russen und Polen 1945?1948 . Arndt Verlag , Kiel 1998, ISBN 978-3-88741-198-5 .
  • SOS Wilhelm Gustloff. Die großte Schiffskatastrophe der Geschichte . Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-613-01900-0 .
  • Hitlers Traumschiffe. Die ?Kraft durch Freude“-Flotte 1934?1939 . Arndt Verlag, Kiel 2000, ISBN 3-88741-031-9 .
  • Flucht aus Ostpreussen 1945. Die Menschenjagd der Roten Armee . Arndt Verlag, Kiel 2001, ISBN 3-88741-035-1 .
  • Das Geheimnis des Bernsteinzimmers. Das Ende der Legenden um den in Konigsberg verschollenen Zarenschatz . Paul Pietsch Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-613-50401-4 .
  • Die Tragodie der Fluchtlingsschiffe. Gesunken in der Ostsee 1944?45 . Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2004; ISBN 3-613-02424-1 .
  • Mythos Neu-Schwabenland. Fur Hitler am Sudpol. Die deutsche Antarktisexpedition 1938?1939 . Bonus-Verlag , Selent 2004, ISBN 3-935962-05-3 .
  • Konigsberger Schicksaljahre. Der Untergang der Hauptstadt Ostpreußens 1944?1948 . Arndt Verlag, Kiel 2012, ISBN 978-3-88741-053-7 .
  • mit Armin Fuhrer : Erich Koch, Hitlers brauner Zar. Gauleiter von Ostpreussen und Reichskommissar der Ukraine . Olzog Verlag , Munchen 2010, ISBN 978-3-7892-8305-5 .
  • ( posthum ) mit Jurgen Kleindienst (Hrsg.): Pommern auf der Flucht 1945. Rettung uber die Ostsee aus den Pommernhafen Rugenwalde, Kolberg, Stettin, Swinemunde, Greifswald, Stralsund und Saßnitz . Zeitgut Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-86614-175-9 .
  • mit Karl Hoffkes , Sprecher Andreas Meese: Triumph und Tragodie der ?Wilhelm Gustloff“ . Just Entertainment, Hilversum 2009.

Verfilmung (Mitwirkung)

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Auszeichnungen / Ehrungen

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Commons : Heinz Schon  ? Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Britta Heitmann: Chronist der ?Gustloff“, Zeitzeuge und Buchautor Heinz Schon in Bad Salzuflen gestorben. Die Preußische Allgemeine Zeitung, 24. April 2013, archiviert vom Original am 24. September 2013 ; abgerufen am 6. Oktober 2013 .   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.preussische-allgemeine.de
  2. Hartmut Braun: Heinz Schon hat fur Herford viel getan. Neue Westfalische, 13. April 2013, abgerufen am 7. Oktober 2013 .
  3. Heinz Schon: Gustloff-Archiv <> Heinz Schon. Dokumentensammlung uber M/S ?Wilhelm Gustloff“. (PDF; 177 kB) 30. August 1988, archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 17. Oktober 2013 ; abgerufen am 16. Oktober 2013 .
  4. Erinnerungsstatte ?Albatros“ ? Rettung uber See (geschlossen). Bundesinstitut fur Kultur und Geschichte der Deutschen im ostlichen Europa, 30. Juni 2012, abgerufen am 6. Oktober 2013 .
  5. Meiko Haselhorst: Herford. Letzter Wunsch erfullt. Neue Westfalische.de, 22. Mai 2013, abgerufen am 6. Oktober 2013 .
  6. Meiko Haselhorst: Ruckkehr auf die "Gustloff" war sein letzter Wunsch. Die Welt, 25. November 2013, abgerufen am 14. Januar 2015 .