Heinrich ?Hein“ Severloh
(*
23. Juni
1923
in Metzingen (heute Gemeinde
Eldingen
); †
14. Januar
2006
in
Lachendorf
) war ein Soldat der
Deutschen Wehrmacht
im
Zweiten Weltkrieg
. Er wurde bekannt, nachdem er dem Publizisten
Paul Carell
gegenuber angegeben hatte, dass er als Maschinengewehrschutze wahrend der
Landung der Alliierten in der Normandie
am 6. Juni 1944 eine große Zahl US-amerikanischer Soldaten getotet und verwundet habe.
Heinrich Severloh war der Sohn eines Bauern aus der
Luneburger Heide
. Er wurde am 23. Juli 1942 zur
Wehrmacht
eingezogen und der Leichten Artillerie-Ersatzabteilung 19 in
Hannover-Bothfeld
zugeteilt. Am 9. August 1942 wurde er nach Frankreich verlegt und kam zur 3.
Batterie
des Artillerie-Regiments 321 der
321. Infanterie-Division
, wo er unter anderem als Meldereiter ausgebildet wurde. Im Dezember 1942 wurde er an die
Ostfront
verlegt, wo er beim ruckwartigen Teil seiner Division als Fahrer eines Pferdeschlittens eingesetzt wurde. Aufgrund kritischer Außerungen wurde Severloh im Marz 1943 zum Strafexerzieren verurteilt, wodurch er dauerhafte gesundheitliche Schaden davontrug. Es folgte ein langerer Lazarettaufenthalt, der bis Juni 1943 andauerte. Im Oktober 1943 wurde Severloh zu einem Unteroffizierslehrgang nach Braunschweig abkommandiert. Da seine Stammeinheit, die 321. Infanteriedivision, zwecks Neuaufstellung nach Frankreich verlegt worden war, musste er seinen Unteroffizierslehrgang abbrechen und zu seiner Einheit zuruckkehren. Im Dezember stieß Severloh wieder zu seiner Einheit, die mittlerweile zur
352. Infanterie-Division
umbenannt und in der Normandie stationiert worden war. Am 25. Dezember wurde er der neu aufgestellten 1. Batterie zugeteilt. Sein neuer Vorgesetzter war
Oberleutnant
Bernhard Frerking, dessen
Offiziersbursche
Severloh wenig spater wurde. Am 14. Februar bezog Severlohs Batterie bei der kleinen Ortschaft Houtteville acht Kilometer nordwestlich von
Bayeux
Stellung.
[1]
Severlohs letzter aktiver Einsatzposten war ein einfaches Schutzenloch am Strandabschnitt ?Omaha Beach“ in der amerikanischen Landungszone ?Easy Red“. Seine Vorgesetzten gaben ihm den Befehl, mit allen Mitteln die landenden US-Truppen abzuwehren. Dieses Schutzenloch war Teil eines mittelgroßen Stutzpunktes mit der Bezeichnung ?
Widerstandsnest 62
“. Der
Atlantikwall
war keine durchgehende Verteidigungslinie. Die deutschen Besatzer bauten an der Atlantikkuste diverse Verteidigungsanlagen bzw. ließen sie von Einheimischen und Zwangsarbeitern bauen.
Es bestand Funk- und Telefonverbindung, oft auch Sichtkontakt zwischen den einzelnen Stutzpunkten. So war es moglich, sich gegenseitig
Feuerschutz
zu geben.
Wahrend Oberleutnant Frerking aus seinem Betonbunker das Artilleriefeuer seiner Batterie lenkte, ubernahm Severloh das
MG42
. Mit dem Maschinengewehr und zwei Karabinern
Kar98
schoss er auf die angreifenden US-Soldaten. Bis etwa 15 Uhr verschoss er etwa 12.000 Schuss mit dem MG und 400 Schuss mit den beiden Karabinern. Die genaue Zahl US-Soldaten, die durch Severlohs Einsatz fielen oder verwundet wurden, ist nicht feststellbar. Severlohs eigene Angaben von etwa 2000 schatzen deutsche und amerikanische Militarexperten jedoch als unmoglich ein.
[2]
Die Gesamtzahl aller Toten, Verwundeten und Vermissten auf dem 8 km breiten Abschnitt Omaha Beach betrug an diesem Tag rund 2.400.
[3]
Die US-Truppen fanden letztlich direkt unterhalb des heutigen amerikanischen Soldatenfriedhofs an der
Pointe du Hoc
eine nur dunn besetzte Lucke zwischen WN 62 und WN 64 und konnten so WN 62 von hinten angreifen und ausschalten.
Nach dem Kampf bei Omaha Beach wurde Severloh verwundet. Er zog sich mit einem anderen Soldaten ins nahe gelegene Dorf
Colleville-sur-Mer
zuruck, wo sich das Widerstandsnest 63 befand, das aber lediglich einen unbewaffneten Bunker enthielt, in dem die
Gefechtsstande
ubergeordneter Einheiten untergebracht waren.
[4]
Mit vier amerikanischen Gefangenen, die er von diesem Unterstand zu einer Sammelstelle bringen sollte, sowie einigen weiteren deutschen Soldaten wurde er am 7. Juni 1944 von amerikanischen Truppen gefangen genommen. Sowohl bei den amerikanischen Gefangenen als auch bei den Soldaten, von denen Severloh gefangen genommen wurde, handelte es sich um Angehorige des 16. Infanterie-Regimentes der
1. US-Infanterie-Division
. Viele der Toten am Strand stammten von dieser Einheit, so dass Severloh es vorzog, niemandem von seiner Rolle am Vortag zu erzahlen.
[4]
Heinrich Severloh wurde noch im Juni 1944 als
Kriegsgefangener
in die
USA
verschifft. Erste Station war
Boston
, danach wurde immer wieder verlegt und bei der Ernte von Kartoffeln und Baumwolle eingesetzt. Ende Marz 1946 kehrte er mit dem Schiff im Rahmen eines Kriegsgefangenentransportes nach Europa (
Antwerpen
) zuruck. Im Mai wurde er nach England verschifft, wo er einmal 28 Tage wegen unerlaubten Besitzes von Lebensmitteln im Gefangnis verbringen musste. Auf ein Ersuchen seines Vaters an die englischen Militarbehorden wurde er 1947 freigelassen, da ihn sein Vater fur die landwirtschaftlichen Arbeiten im elterlichen Gehoft dringend benotigte. Am 22. Mai 1947 erreichte er sein Elternhaus in Metzingen.
[5]
Unmittelbar nach dem Krieg versuchte Heinrich Severloh nach eigenen Angaben, das Erlebte zu verdrangen. Nur seiner Frau Lisa vertraute er sich an.
[4]
Seine Geschichte wurde 1960 bekannt, als er sich an den umstrittenen Publizisten
Paul Carell
wandte, der sie fur sein Buch
Sie kommen! Die Invasion der Amerikaner und Briten in der Normandie 1944
nutzte
.
In den Folgejahren besuchte Severloh immer wieder den Kriegsschauplatz in der Normandie.
[6]
Anlasslich des 40. Jahrestages der Landung in der Normandie wurde am 6. Juni 1984 vom US-Sender
ABC
eine einstundige Reportage uber ihn ausgestrahlt. Dafur gab Severloh ihm ein vierstundiges Interview.
[7]
Severloh schilderte seine Erlebnisse im 2000 erschienenen Buch
WN62
, bei dem der Schriftsteller Helmut Konrad von Keusgen als
Ghostwriter
fungierte.
Severloh starb 2006 in einem Seniorenheim in
Lachendorf
bei
Celle
.
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Einer der Uberlebenden der Landung in der Normandie war der damals 19-jahrige amerikanische Soldat David Silva, der schwer verwundet wurde. Jahre nach dem Krieg fand Severloh Silvas Namen in dem Buch
Der langste Tag
von
Cornelius Ryan
uber die Invasion. Spater fand Severloh heraus, dass Silva, der wahrend der 1960er Jahre als
Militargeistlicher
in
Karlsruhe
stationiert war, sich in Deutschland aufhielt. Aus den damaligen Feinden wurden sehr enge Freunde, und beim Erinnerungstreffen der alliierten Siegermachte in der Normandie im Jahr 2005 trafen sich Severloh und Silva ein letztes Mal wieder.
Der Artilleriebeobachtungsbunker des
Oberleutnants
sowie das gesamte Widerstandsnest 62 existieren auch heute noch am Strand unterhalb des Dorfes Colleville in der Normandie und konnen frei besichtigt werden. Das Schutzenloch ist nur noch zu erahnen.
Am 5. Juni 2004 zeigte
VOX
die zweistundige
Spiegel-TV
-Dokumentation in Co-Produktion mit
CBC/Radio-Canada
:
Todfeinde von Omaha Beach ? die Geschichte einer ungewohnlichen Freundschaft
, des Filmemachers Alexander Czogalla.
- Hein Severloh:
WN 62 ? Erinnerungen an Omaha Beach Normandie, 6. Juni 1944
. Hek Creativ Verlag, Garbsen 2000,
ISBN 3-932922-11-5
.
- Franz. Ubers.:
WN 62 : memoires a Omaha Beach, Normandie, 6 juin 1944
. Heimdal, Bayeux 2004,
ISBN 2-84048-195-2
.
- Engl. Ubers.:
WN 62 : a German soldier's memories of the defense of Omaha Beach, Normandy, June 6, 1944
. HEK-Creativ-Verlag, Garbsen 2011,
ISBN 978-3-932922-23-7
.
- ↑
Hein Severloh:
WN 62 ? Erinnerungen an Omaha Beach Normandie, 6. Juni 1944
Seite 21 bis 49, H.E.K. Creativ Verlag Garbsen
- ↑
Glenn Frankel:
War and Emerging Remembrance.
In:
media.washingtonpost.com.
24. Juli 2004,
abgerufen am 4. September 2023
.
- ↑
D-Day: The Beaches.
In:
Dod.defense.gov.
Abgerufen am 22. April 2019
.
- ↑
a
b
c
Hein Severloh:
WN 62 ? Erinnerungen an Omaha Beach Normandie, 6. Juni 1944
Seite 76 bis 84, H.E.K. Creativ Verlag Garbsen
- ↑
Hein Severloh:
WN 62 ? Erinnerungen an Omaha Beach Normandie, 6. Juni 1944
Seite 91 bis 94, H.E.K. Creativ Verlag Garbsen
- ↑
Hein Severloh:
WN 62 ? Erinnerungen an Omaha Beach Normandie, 6. Juni 1944
Seite 101 bis 110, H.E.K. Creativ Verlag Garbsen
- ↑
Hein Severloh:
WN 62 ? Erinnerungen an Omaha Beach Normandie, 6. Juni 1944
Seite 140 bis 142, H.E.K. Creativ Verlag Garbsen